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Die Richtung meiner Studien lief mich ei⸗ nen anderen Weg einſchlagen; ich verfuchte es, den intereſſanten Gegenſtand aus dem Standpunts te des Hiftorikers zu betrachten, und nach einigen vorangehenden Nachrichten über die Stadt Nepo» muf und den grünen Berg, die Frage zu beants worten: ober ed wohl komme, daß einer der Jüngften Heiligen der Eatholifchen Kirche einer fo weit verbreiteten Verehrung genieße * Mehr als zweihundert fih auf ihn beziehende Abhandlungen H N * vi in — Er welche die Fünigliche Univerjitätsbibliothet zu Prag befist, wurden ſorg⸗ fältig von mir durchforſcht; wobei fih die Ma— terialien zu der Schilderung jenes Feſtes gleic)- ſam von felbft darboten, das, nach der Heiligs fprehung des böhmifchen Landespatrons, im J. 1729 zu Prag gefeiert wurde. Prüfende Lefer, die ich meinen. Berfuchen wünfche, werden fich hoffentlich überzeugen, daß ich durchaus keine Aeußerung niederfhrieb,, für deren Gültigkeit nicht irgend eine bewährte, ober boch in ihrer Urt ſchätzbare Autorität haftet; zus gleich. dürfte aber audy den Sachverſtändigen mans ches -Eigenthümliche meiner eigenen Forſchungen ſchon gegenwärtig erkennbar feyn, obwohl tiefes fultate einer faft I 5jährigen Archivs⸗ und Bi btiothef3arbeit hier nur flüchtig angebeufet um nicht unmittelbar felbft, vorgelegt werden konnten. Bon bejonderer Wichtigkeit würde mir bie gründliche Beleuchtung jenes Verfahrens erfcbei- nen, welches ib in Bezug auf die Darſtellung der früheren Bildungs» Verhältniffe Böhmens au⸗ zuwenden verfuchte. Dies glaube ic), für das Beachtenswerthefte meines Buches: halten zu dür— fen, wenn es fid) um die Ermittelung ‚feines kriti— & ai ſchen Standpunktes handeln foll; denn das Be⸗ r IE: nußen aller gedruckten Landeschronifen aus der früheren Zeit, ich meyne die eines Cosmas, feiner Fortſetzer, des Abtes Peter von Königsfaat, fo wie der Domberien Fran z und Benes von | Weitmühl, — war unerläßlibe Pfliht, und Fann mithin nicht als Cigenthümlichfeit hervorges hoben werden, — Eben fo würde man es mit Recht getabelt haben, wären die gedrudten Chroniken, Schriften und einzelnen Abhandlungen eines Otte tofar von Horned, Aeneas Sylovius, Hagek, Dubravius, Balbin, Han merfhmid, Becztowfy und Berahaus er, — eines Dobrowſky, Pelzel, Dob- ner, Pubitſchka, Voigt, Schaller, Duirin Jahn, die von Palady herausges gebene Zeitfchrift des böhmifchen National» Mus feum3 und Aehnliches mehr, hier nicht gründlich berücfichtiget worden. — Weit weniger bekannt Dagegen, ja zum heil bisher noch völlig unbe— nußt,. find die eingefchalteten Auszüge aus dem . älteſten, bis auf Sohann von Lurenburg und Ka ri den IV. hinaufreihenden Stadtbuche des Prager Magiftrated, und jene zu Prag ber findlihen Bilderhandſchriften der Eöniglichen-Unis verfität, des National» Mufeums, des Kreuzher— renfliftes und des Heren Prof Schufler, der m ren Schilderung ich beifügte, um das häusliche und ruhige Bürgerleben der Vorzeit dadurd) anz ſchaulicher zu machen, als es font möglich ge- weſen wäre. Bei noch größerem Zeitaufwande würde das vorliegende Werk, *) allerdings an Vollſtändig⸗ keit und Intereſſe gewonnen haben; Doch wäre die nur durch das fortgefeßte Erforfchen unges druckter Urkundenſchätze möglich geweſen, da der bis jetzt für die Sittenkunde der Karoliniſchen Periode zu Tage geförderte hiſtoriſche Stoff, ziem⸗ lich erſchöpfend von mir verarbeitet ſeyn dürfte. Der ſpäteren Zeit muß es überlaſſen bleiben, dies ſe Mittheilungen zu ergänzen und allmälig zu vervollſtändigen; und ich ſelbſt hoffe dafür ebens falls auf’s neue thätig feyn zu Fünnen , nachdem ich meine früherhin zu Wien, Berlin, Breös lau und Dresden Jahre lang und müheroll °F) Die ihm beigegebenen Portraite Kaiſer Karl des | IV. und der Gemalin Kaifer Wenzel des IV, Sohanna, find durdy den Herrn Akademie = Direk- tor Bergler nad) den alten Steinbüften gezeichnet worden, welche fid) auf. der Emporkirche des Pra⸗ ger Domes befinden, Die Abbildung der Burgen Zebrak und Tocznik verfuchte der Verfaſſer an Ort und Stelle zu entwerfen, IX gefammelten Materialien gefichtet haben werde; nachdem ich Gelegenheit fand, fie dur) neue — zu München, Heidelberg und in den Rheins gegenden anzuftellende Forſchungen zu ergän— zen, und ic) diefe Unterfuchungen auf jener Reife durch den gefammten ffandinavifhen Norden ges hörig begründen Eonnte, welche ich noch diefes Jahr mit meinem Freunde Wehfer unternehme, falls keine bedeutenden Hinderniffe eintreten follten *), = Sn meinem hiftorifh topographifchen Werke über die Stadt Prag, fo wie in einer Denkichrift über die Burg Karlftein, welde zum Drud bereit liegen, **) ift außerdem manches Beach tenswerthe aus Karl des IV, Zeit erläutert wors den, das hier keinen Raum mehr finden konnte. *) Außer den Unterfuhungen für germanifche Vors %* — zeit beabſichtige ich auf dieſer Reiſe insbeſondere: ſo viel als möglich jenen Handſchriften, Urkunden und Büchern nachzuforſchen, welche während des dreißigjährigen Krieges aus Böhmen nach Schwe⸗ den kamen. Auch darf man ſich der Hoffnung überlaſſen, daß Schwedens wahrhaft aufgeklärte und liberale Staatsmänner dieſen Zweck für löb⸗ lich, und als dem Intereſſe der Wiſſenſchaft ges mäß, anerkennen und huldreich unterftügen werden, Diefe Bücher erfiheinen fehr bald im Verlage der Galverfhen Buchhandlung zu Prag, * x — Uebrigens bitte ich dies Buch als einen Berz fuch anzufehen, der einem zweiten weit größeren Unternehmen freundlihes Entgegenfommen bes reiten möge: das heißf einer pragmatiſchen Befhihte des Ritterweſens und der Bolksentwidelung des deutſchen Mittelalters, deren Vorarbeiten mich bes reitö feit mehr als zwölf Fahren in den Ardiven und Bibliotheken mehrerer Länder beſchäftigten. | Prag, 1329. Der Berfaffer. Di le — und das Srchloſt Grünberg. Mia ohne tiefe Empfindung betritt: der gemüthli— che Wanderer jenen Drt, wo entweder ein hoher Geiſt wirkte oder der einem Manne das körperliche und gei⸗ ſtige Leben gab, den die Welt mit Achtung und Ver⸗ ehrung nennt, den fie unter die ausgezeichnetften: Sterblichen zählt, dem: fie taufend Beweiſe der freis willigften Huldigung darbringt, Solche Gefühle bemädjtigen ſich unwillkührlich des‘ Keifenden, der den grünen Berg befucht, und von ihm herab in dag enge- Thal niederfiehty in welches das Städtchen Nepomuf zwifchen Obſtpflanzungen, Wiefen und Felder hineingelagert if, *). Sein Aus - *) Beide liegen im Klattauer Kreife, ungefähr: 10° Meiten von Prag entfernt. | A 2 ge haftet gern an diefem Drte und lenkt ſich von den . Ketten der bairifchen Grenzgebirge, welche fih am Horizonte erheben, immer mieder zu ihm hin; denn fo unſcheinbar der Fleden vor feinen Füßen aud) ift, fo wenig er dem Gefchichtsforfcher in feinen heutigen Denkmälern bdarbietet, — eben fo lebhaft führe fich die Phantafie doch durch die gefchichtlichen Ereigniffe angeregt, melche jener Eleine Ort einjt in’s Leben treten ließ; denn auf der Zinne diefes grünen Ber: 928 ftand im Jahre geg, d. hd. neun Sahre vor _ feinem Märtyrer = Tode, der zweite Bifchof Prags und erfte Apoftel der Preußen, der heil, Adale bert, als er mit feinen fünf frommen Gefährten, "aus Rom in die Heimath zurückkehrte, die von man: cher Noth heimgefucht wurde. Sechs Jahre, fo ers zählt die Sage, hatte dem Lande bereits der Regen gemangeltz da ſank dee heit. Biſchof auf feine Knie inbrünftig betend und erhob ſich dann begeiftert : von bier aus nach jeder Himmelsrichtung dem geliebten Böhmen feinen Segen fpendend. Darauf, „als der Berg den Thau des Segens nun gettunfen,” thürm— ten Wolken fi zufammen und goßen bald fo reiche Ströme nieder , daß die faft verfchmachteten Gefilde wieder auflebten und fich plöglich Alles um den jegis gen Standort des Priefters zur frifchen Blüthe ent= nn | 5 faltete. Don diefer Zeit an nannte man biefe weit ragende Anhoöhe den grünen Berg (zelenaͤ hora). Beinahe viertehalb Jahrhunderte ſpäter, d. h. um das Jahr 1330, keimte und: blühte hier ein zwei⸗ tes geiſtigeres Leben, deſſen Ruhm im Herzen from⸗ mer Gemüther für alle Zeiten geſichert iſt. Sohans nes, mit dem unverbürgten Zunamen Hafyl, wurs de in dem Städtchen Nepomuk von unbemittelten Eltern geboren, und zwar wie es heißt in jenem Haus fe, das man fpäter ineine Kirche verwandelte, deren Altar auf derfelben Stelle befindlich feyn ſoll, wo man früher die Wiege des Heiligen fah, O Seliger! deffen Leben die mädtige Hand des Geſchickes fo leitet, daß der enge, unbekannte Raum, welhen das kaum erwachte Dafeyn in Anſpruch nimmt, — einſt zum Heiligtum wird, vor dem felbft das Fältere Herz ſich ergriffen fühle, wenn es ſich nicht im abfichtlichen Troße zu beherrſchen fucht ! Solche Erfeheinungen find ſtaunenswerth und groß; aber ach, wie. ſchwer iſt es auch, den größten aller Triumphe, den Sieg über fich felbft zu erringen! — In einem zweiten Thale unter dem grünen Ber— ge, mit dem Dorfe Klofter, deſſen Namen fpre: chend ift, wurde bereits im 12. Jahrhunderte, in das maliger Waldesnacht ein Eifterzienferftift erbaut, wo— 4 rin auch der Knabe Johannes feinen erften Unter: richt erhielt. Noch gegenwärtig fieht man zahlreiche Trümmer diefes, den 25; April 1420 dur) die Huf: ſiten zerſtörten Baues, der gegen 300 Mönche bez herbergte, von denen etwa die Hälfte ihren. Tod in den Flammen fanden. Den Ueberreften nach, war das Klofter von bedeutendem Umfange; Dubravius, Boregk, Peffina und andere berichten, daß die hiefiz ge: Hauptliche zu St. Margaretha, ı4 Kapellen hatte, von. denen ſich noch vor 30 Jahren jene mehr oder minder erhalten zeigten, welche dem hei⸗ ligen Bernhard, Johann dem Täufer, Rochus und der heiligen Maria Magdalena geweiht waren. Noch jetzt lebende Augenzeugen wiſſen von den kunſtreich verzierten und ausgedehnten Trümmern des großen Conventes, von den ſechs gothiſchen Bogen der Abs tet, von einzelnen Statuen, Altären, Weihbrunn⸗ keſſeln, von einigen ſteinernen Schneckenſtiegen und Wappenbildern zu erzählen; aber alle dieſe merkwür⸗ digen Einzelnheiten find nunmehr verfhwunden, feit die benachbarten Landfeute auch noch diefe Mauern. zum Aufbau ihrer Häufer verwendeten und jene be: achtenswerthen Weberrefte vandalifch zerflörten. Hätte das Städthen Nepomuk in den Jahren ı400, 1595 und 2714. nicht duch feindliche Anz i le ‚RE MER, falle und Feuersbrünſte fo bedeutend gelitten; fo wür: de der jegige Gefchichtsforfcher fchtwerlich ganz vergeb: lich nad beachtenswerthen Urkunden fragen, welche des Drtes Vorzeit betreffen Er würde menigftens Manches aufzufinden vermögen, das ſich, wenn aud) nicht mehr auf dem heiligen Adalbert, doc auf den heiligen Sohannes bezöge ;. er würde ſelbſt genügendere Berichte Über den vom Kaifer Marimilian II. gefrön: ten Dichter David Grinitius, fonft Kuczera genannt, einziehen Eönnen, der bier geboren wurde, Co aber ift man, mit Ausnahme eines Altargemäldes von Karl Skreta, auf bloße Rückerinnerungen und die höchft anmuthige Umgebung der Eleinen Stadt befchräntt, welche unfern der [hönen Park: und Wald: Anlagen von Zinkau und Blattna liegt, die in der That fehenswerth find und einen befondern Ausflug von Prag aus verdienen, | Werfen wir einen Blick auf Nepomuk, ımd den grünen Berg, wie diefe Orte im Jahre 1729 d. h. zur Beit der Seiligfprehung ihres erſten Schutzpa⸗ trones geſchmückt erfchienen; fo verdient jenes Ehren: gerüft. einer rühmlihen Erwähnung, welches man ‚damals dem heil, Johannes auf dem grünen Berge 300 Schuh hoch und 295 Schuh breit in Form ei: ner Kiche errichtet hatte, Kunftreich gearheitete Wol⸗ 6 * — EN ” Een, auf welchen der Heilige emperſchwebte, ſchienen das Gotteshaus faſt gänzlich zu bedecken. Sie ſtie— gen über dem thronenden Papſte gen Himmel, zu deſſen beiden Seiten man Scenen aus Johannes Les ben dargeſtellt erblickte, und zwar mit ſo vielem Schönheitsſinne, mie die noch vorhandenen Abbils dungen beweiſen, daß fie unftteitig einem erfahrenen Künſtler ihr Dafeyn verdanken mußten. Ein Jahr fpäter unternahm die Stadt Nakonitz eine große Wallfahrt nach Nepomuk und dem heiligen Berge, welche in ihrer Art viel Ei⸗ genthümliches hatte, weshalb ein kurzer Auszug aus der gleichzeitigen, bereits ſehr ſelten gewordenen Schil⸗ derung hier anı rechten Orte ſeyn dürfte. | Die Proceffion eröffnete ein. Reiter mit einer Fahne, worauf der heilige Johannes abgebildet war, neben ihm ritten junge Männer mit Pauden und Trompeten. Dann Eamen „die Deutgeifter” des heiligen Berges und des heil. Sohannes ; mehrere Fahnen und fehr viele deutfche Sungfrauen folgten. — Auf einer Tragbühne ſah man jegt die Statue der heil. Jungfrau und Märtyrin Aurea, von eis nigen hundert deutfchen Mädchen begleitet , denen durch weiße Kleider, Blumenguirlanden und reiche Krändze noch höherer Jugendglanz verliehen zu feyn 4 7 fhien; fo daß fie einen ftarfen ‚Gegenfag zu dem alten Pilger bildeten, der einer Fahne und einigen hundert deutfchen verheiratheten Frauen voranging, Die zweite Tragbühne führte die Statue der heil. Barbara, abermals von Frauen umringt. Ihnen Schloß fih ein ſogenannter Marianifcher Liebhaber *) an, Eoftbar ‚gekleidet ‚ den Namen der Jungfrau vor fih tragend ; auch hier bemerkte man einen Greis in Dilgerkleidern, ahnen und viele böhmifche Jung—⸗ frauen. — Auf der dritten Tragbühne fand, von fehs Mädchen getragen und einigen hundert böhmifchen Sungfrauen begleitet, die Bildfäule der heil, Jungfrau von Mautz dahinter zogen Pilger, Fahnen, wie auch ‚mehrere hundert böhmifche Srauen einher, und zwar unmittelbar vor der vierten Tragbühne, mit dem Standbilde der heil. Anna, . der Mutter Maria’s, von den ſchönſten Mädchen der Stadt Laun getragen und von vielen böhmifchen Weibern umringt. Dann kamen aud) hier wiederum - Pilger , Fahnen und viele böhmifhe Weiber , fo wie der- Deutgeift der Stadt Rakonitz, und ein Mufik: dor. — Auf der fünften Be war die *) D. h. ein Maria’s Verehrung beſonders ecaelenet Jüngling. 8 Statue der Madonna des heiligen Berges zu fehen, vor’ mweldyer fechs Fadelträger in fpanifcher Kleidung ‚mit weißen Fackeln gingen; von ſechs Sungfrauen getragen und von weißen Kreuzen begleitet. Dahin: ter ſtrömten, im bunten Gemiſch unzählige deutfche und böhmifhe Mädchen und Frauen, aug deren Schaaren Fahnen emporragten. Ihnen ſchloſſen fich an: der Deutgeift des heil. Johannes von Nepomuk als Tröfter der Armen, Almofen austheilend ; Fahnen, deutfche Jünglinge und Muſikchöre. — Sechste Bühne: die Statue des Heiligen als VBeichtvater, von böhmifchen jungen Männern geführt. — Stier. bente Bühne: der Heilige in Pilgertracht, nad Bunzlau reifend, um dort in der Marienkirche fich geiftige Stärke zu erflehen, umringt von vielen deute Shen Männern und Fahnen. — Achte Bühne: Johannes zum Tode verurtheilt, begleitet von einer Schaar deutſcher Jünglinge. — Neunte Büh— ne: Johannes gebunden auf die Brücke geführt; böhmifhe Männer und Fahnen folgten. — Zehn: te Bühne: Johannes in den Fluthen der Moldau ſchwimmend, dabei viele böhmifche Sünglinge , Fah⸗ nen, die ſämmtliche Rakonitzer und Launer Bürger⸗ (haft, einige Muſikchöre, die Miniſtranten, die Klerifei und überhaupt die geſammte anmwefende Geift: Q lüchkeit in Plavialen , unter der Leitung eines pras ger Domherren. — Die Verehrung des heiligen Adalbert und Jo⸗ hannes iſt in Nepomuk und ſeiner Umgebung ſo groß, daß man überall auf allen Plätzen, Straßen, Feldwegen ꝛc. die Statuen dieſer beiden Märtyrer antrifft 5 auch zeigt man außerdem eine St. Adal⸗ bertsquelle, und ein nad) diefem — benanntes Bad. *) Aus allem diefem erhellt der RE Sinn der behmifhen Vorzeit zur Genüge; und Nepomuk hat *) Nicht minder verehrt der fromme Glaube hier, eben To wie zu Nebylowig, Neratowis u. ſ. f. noch einige andere Gedächtnißzeichen diefes Heili— gen, z. B. die Eindrüde feiner Fußftapfen in Stein (ſ. Balbin’s Miscellaneen, Lib. 1. C. XD. — Aehnliche Abdrücke findet das Wolf noch in mans chen andern Gegenden Böhmens, z. B. die des heiligen Wolfgang zu Chudenig, des heil, Güns ther zu Piwonka, des heil, Prokop unfern rag in der Profopiushöhle, des heil. Swan zu ©t, Sohann unter dem Felfen, — Auch foll in ben Selfenklüften des fchönen Margarethenwaldes auf der Herrſchaft Neuhaus, der’fich bis an die Grens ze Defterreihs erſtreckt und großartige. Granit: maffen hat, der heil, Fabian gelebt haben, So ſpricht die Volksſage. —— 10 x in dieſer Hinficht eben fo vollfommenen Anfprud; auf die rege Zheilnahme gemüthreicher Wanderer, als fie Zetin, Bunzlau, Prag, die Profophöhle oder St. Johann unter dem Felfen verdienen, an welche Orte ſich die ſinnreichen Legenden von den Landespa— tronen Böhmens anknüpfen, an die heilige Ludmilla, den heiligen Wenzel, Adalbert, Beit, Sigismund, Prokop und Iwan. * Po ii, Ä Beiträge zur Charakteriſtik de6 Königes WMenzel, um ſein Verfahren gegen den heiligen Johannes v. Ne⸗ pomuk einigermaßen zu erklären, ee i BR Im Jahre 13983, und zwar am Vorabende der Himmelfahrt Chrifti, wurde — nad) der gewöhnlichen Angabe — der heilige Sohannes von Nepomuf, auf Befehl König Wenzels von der Prager Brüde in die Wellen der Moldau herabgeftürzt. ; | Wenzel hatte damals erft ein Alter von 22 Jah: ren erreicht, dern cam 26. Februar 1361 war er zu Nürnberg von-der Königin Anna geboren worden. "Dies Ereigniß ſchien Kaifer Karl IV, eines der glüd: fichften feines Lebens zu feyn, weshalb er den böh: mifchen Ständen bei diefer. Gelegenheit ſchrieb: Ihr Reichen und Armen, ihr Jungen und Alten jauch— zet, denn ſeht, der Eöniglihe Stamm erzeugte ein 12 neues Reiß ꝛc. Wir haben endlich einen Prinzen ! Auf ihm fol unfer Königreich wie auf einem ſtarken Seifen begründet ſtehen.“ — Um bdiefen Zweck zu er: reichen, wünfchte Karl dem Sohne den beften Erzie: „ber feiner Zeit zu geben, und lud deshalb Staliens ausgezeichneten Dichter und Alterthumsfenner Pe: trarca dringend ein, längere Zeit in Prag zu vers weilen. Wiewohl der ſchöne Plan nicht zur Aus: - führung Fam, fo wußte der Kaifer doch nun andere - Männer an den Hof zu ziehen, und äußerte ſich 1563 in einer öffentlichen Rede, gegen Prags in jeder Hinz fiht ausgezeichneten Erzbifhof Arneſt: „Ich will Sorge tragen, daß auch Wenzel, mein Sohn, mit ben edlen Regierungsgrundfägen befannt werde. Des- halb wählte ich bereits gefehickte, fromme, weiſe und in der Staatskunft erfahrene Männer aus, an bes ren Spitze du fiehen fouft, um dem jungen Fürſten zu rathen und ihn in die Geheimniffe der zweckmä⸗ figften Landes = Vermaltung einzuweihen.“ Allerdings that ein ſolches Beſtreben Noth, denn Menzel war bereits am 15. Juni 1363 (alfo erſt 2 Jahre, 3 Monate und 19 Tage alt) in der Prager Schloßkirche zu Skt. Veit auf das Keierlihfte zum Könige von Böhmen gekrönt worden, und führte, kaum fünf Sabre alt, bereits die Titel: König in - * = 15 Böhmen, Markgraf von Braten und Lauſitz, Herzog zu Luxenburg und in Schleſien, wie auch Graf zu Sulzbach und des heil, römiſchen Reiche oberfter Schent: und Kammermeifter. Sm Auguft 1570 vermählte fih der neun und ein halbes Fahre alte König Wenzel, zum erftien Male und zwar in Nitenberg mit der Prinzeffin Sohanna, Tochter des Herzogs Albrecht von Baiern. eine “glücklichen Ansagen fehienen fi immer erfreulicher zu entfalten; er nahm an wiſſenſchaftlichen Beftrebuns gen regen Antheil, begleitete den kaiſerlichen Vater bei allen größeren Reiſen und war ſtets mit den aug- gezeichnetiten Männern: feiner Zeit in Verbindung, fo dag Karl im Jahre 1376 in öffentlicher Ver: fammlung , die Arbeitſamkeit, die guten Sitten und fonftigen trefflichen Eigenfhaften des jungen Fürften rühmen Eonnte; und ſich der Prager Erzbiſchof Jo— hann bewogen fühlte, zwei Sahre fpäter in der für den verftorbenen Kaifer gehaltenen Keichenrede zu Aus - Bern: „Obwohl der erlauchte Kaifer ſtarb, fo ift es in einer Hinficht do, als lebte er noch; weil er einen ihm ganz ähnlichen Sohn zurückließ, einen Vertheidiger feines Pa einen Belohner Freunde,” Wenzel befaß in ber That viele gute Eigenſchaf⸗ 14 ten, die auch von bem Proreftor der Prager Univer: ſität M.Nicol. Troilus in einer den 24. Sept. 1612 öffentlih im Carolinum gehaltenen Lobrede her⸗ vorgehoben wurden, Er unterftügte Wiffenfchaften und Künfte, that viel für die Prager Univerfität und ließ einen Theil der Domkirche zum heil. Veit voll: enden, Auch dus Marienbild, welches noch heut in der Schloßfapelle zu Brzezenitz aufbewahrt wird, be: fahl er auodrücklich zu feiner religiöſen Erbauung im Jahre 1396 zu verfertigen, # h Aber bald fahen fid) die Grundfäge feiner Sur. gend fo heftig beſtürmt, daß fie der Leidenfchaftliche Eeit weichen mußten, die den jugendlichen Regenten immer mehr übermannte, nachdem die erfahrenen Räs - the feines Vaters allmälig abftarben und er fih von Menfchen umgeben fand, welche unter der Larve des treuen ae fein Vertrauen erſchlichen und *) Es if J Holz gemalt und führt die Aufſchrift: Hec ymago gloriose Virginis Marie de- picta est procurante Serenissimo Principe ‘et Domino Domino Wenceslao Ro- manorum. et Bohemie illustrissimo Rege ad similitudinem imaginis que habetur in ‘ Rudnicz, quam S. Lucas propria ma- nu depinxit, Anno Domini MCGELXXXX sexio,. 15 mehr auf ihren Privatborthel, als auf das SUN Wohl bedacht waren. Edmund Dynter, welcher um das Jahr Ai2 einige Zeit am Hofe Wenzels lebte und mithin aus eigener Erfahrung ſchrieb, verſichert in ſeiner großen boelgiſchen Chronik: „ES wurde dem Könige zwei⸗ mal mit Gift vergeben, obwohl ihn jedesmal die Kunſt der Aerzte rettete. Seit dieſer Zeit blieb ihm aber eine Erhitzung der Leber und innerliche Trockenheit zurück, die ihn ſtets zum Trinken reizte. Er that es bisweilen ſehr mäßig, und dann war er der ange— nehmſte und verſtändigſte Geſellſchafter; oft trieb ihn der Reiz dagegen auch wieder bis zur Unmäßigkeit, die ihn wüthend und höchſt gefährlich machte und ſei⸗ nen Charakter plöglich zu verändern fchien.” In folhen Unfällen: von Wuth geftattete ſich Menzel Handlungen , welche ihn fpäterhin zwar wies der mit tiefer Neue erfüllten, deren Folgen ihn jes doch in ein Labyrinth von Unannehmlichkeiten. vers wickelten, die 3. B. auch feine Gefangenfchaft her beiführten. Zweimal traf ihn. diefes Loos : vom.g. Mai bis 7. Auguft 1394, wo. er auf feinem eigenen Prager Schloße feſtgehalten wurde, und dann vom 29. April des 1402 bis den 11. Nov. des ı4oz Sahres; wo manihn anfänglich in das fehlechte Ge⸗ N ı6 ur fängniß des altftädter Nathhaufes zu Prag gefperrt, dann auf das öſterreichiſche Schloß Schwamberg und endlich nach Wien geführt hatte. — Die allgemeine Unzufriedenheit ſtieg am Ende ſo weit, daß im Aus guſt 1400 von den Churfürften des deutfchen Wei: ches das Dekret der Entfegung von der Kaiſerwürde gegen ihn erlaffen wurde. In diefer Urkunde heißt es ausdrüdlih : „Er (König Wenzel) hat aud, das erſchrecklich und unmenfchlid lautet, mit feines ſelbes Hand und mit anderer Uebelthäter, die er bei ſich hat, ehrmwürdige und biedere Prälaten, Pfaffen und geift: liche Leute ermordet, ertränkt, gebrannt mit Fackeln und fie jämmerlich und unmenſchlich wider. Necht ges tötet,” | | R Die meiften Chroniften der fpäteren Zeit find mit Behauptungen ‚gegen den König angefüllt, die nicht härter lauten Eönnen, obwohl fie, die Schattenfeite doch allzuſehr hervorzuheben feheinen. Martin Zeis Ler behauptet in feinem Reifebuche durch Hoch- und Niederdeutſchland (Straßburg 1632, Seite 176): „Von Wenzels Abenteuern und wunderlichem Les ben wäre ein ganzes Tractätlein zu ſchreiben.“ Da: gegen fagt ein Nürnberger Chronift : „Er war ein ungeſchaffen, ungeſchickter Menſch, der Leib krumm, das Gemüth dumm, weibiſch, und von den Fürſten | , . 17 verworfen worden.” - Aventin meint: „Er zeigte ſich ungefchidt, laſterhaft, grauſam und faul; er ſaß - in einem Winkel des herziniſchen Waldes, wie eine Schlange verrät, und iſt nie in das deuffche Neich gekommen.” Cuspintan ruft fogar aus: „Wen- zel hat eher einen Strid um den Hals als eine Krone verdient, Man follte ihn vielmehr unter die Poffenreiffer , als in die Zahl: der Könige fegen.” Der Verfaffer des „iegt lebenden Königreiches Böh⸗— men” (1712. 4.) bezeichnet Wenzel’n als „einen unflätigen Wütherich, neben deſſen Seite ftets fein Gevatter Henker herging.“ — Hagek berichtet: „Bann dem Könige etwa einer der Prager Schöp: pen ober Rathsperſonen nicht gefiel, fo Fam er mit feinem Gevatter, dem Scharfrichter , vor fein Haus geritten, ließ ihn herausfordern und alss bald vor feines Haufes Thürſchwelle enthaupten ; -fols ches pflegte er Über handsweilen alfo vorzunehmen. Es ijt vor ihm Fein Prager Burger, wann er auch der allerbefte und gerechtefte geachtet worden, nicht ſicher geweſen. Bisweilen lud er einen aus dem Heren = oder Kitterftande zu fih auf den Wyſſehrad auf die Erbſen, aufs Altbier oder zum Bade ein; wann er dann erſchien, fo ließ er ihm ſpeiſen, daß er in Ewigkeit weder zu effen noch zu trinken mehr 18 begehrte ; welches dann in diefer und anderer Unords nung den Herren, Nittern und Pragern mächtig bes ſchwerlich vorgefallen.” — Und nicht ohne Verwuns derung lieft man in Martin Boregk's böhmifcher Chronica (Wittenberg 1597. Fol.) Seite 336 die Worte: „Der König erdachte einen neuen Griff wider diejenigen, die er ihme zuwider ſeyn vermeis nete, ‚und ließ unter dem Schloſſe Wyffehrad an der Multau eine betrügliche Badſtuben, weil er oft babete, zurichten; in welcher an etlichen Dertern des - Bades auf dem Boden, die. Breter betrüglidy zu— fammen gemacht waren, daß wann man auf diefelben mit einem Fuße trat, fie leichtlich Tosgingen. Und welche er nun unter denjenigen, die er zum Bade einladen ließ, um’s Leben bringen wollte, ließ er durch dieſe Löcher alfo in das Waſſer fallen. Er - war auch fo gar wilde und blutbegierig ‚daß er ſtets einen Henker bei fich hatte, welchen er feinen Ge: vatter nennete, weil er demſelben ein Kind aus der Taufe gehoben hatte. Dem war er ſo gar zugethan, daß er ihn oft mit ſich führen ließ, denſelben hieß abſteigen und ſahe zu, wie er mit denjenigen, die er ihme in Straf zu nehmen befahl, ge und - handelte,” — A Re REM. 19 So viel iſt gewiß, daß — Wenzel ein lei⸗ denfehaftlicher Freund der Jagd mar, wie dieg ſchon Petrarca behauptet *). Er zog deshalb den Aufenthalt in den einſam und ziemlich wild gelegenen Burgen Bürglitz, Kaͤrlſtein, Zebrak und Tochnik dem Verweilen zu Prag vor; und war ſehr oft mit großen böſen Hunden umgeben, von denen einer im Jahre 1385 den königlichen Hofmeiſter Konrad Kra⸗ girz ſo gefährlich biß, daß er kaum mit dem Leben” davon Fam. Nach der Verfiherung Edmund Dyns ter's, welcher den König perfönlich Eannte, wurde. fogar die Königin in eben demfelben Sahre von einem diefee Hunde töbtlich verwundet, Dynter erzählt - außerdem: daß Wenzel einen Koch, der einige Speis fen fchlecht zubereitet hatte, fpießen ließ; daß er dem eigenen Scharfrichter den Kopfrabfchlug; daß er wähz vend der Jagd einen Mönch mit der Armbruft er ſchoß, und zu den Worten: Wenceslaus, al- ter Nero! melde jemand an eine Wand gefchries ben hatte, eigenhändig hinzufügte: Si non fui, adhuc ero! *) Wenceslaus Caroli filius' vivente patre electus est Imperator. Hie j juvenis. robus- tus venator quid aclurus sit ignoro. 20 - Dies Alles Elingt fchredlih genug, und wenn auch anzunehmen ift, daß manche - Parteiftimmen die Sehltritte und Grauſamkeiten Wenzel's abſichtlich vergrößerten: ſo können jene Anfälle von blinder Wuth dennoch nicht abgeläugnet werden, welchen der König nur allzu oft ausgeſetzt war, mochten ſie nun entweder durch ſein unmittelbares Verſchulden oder zufolge jenes Unglücks herbeigeführt worden ſeyn, aes ſeine Gegner durch Gift über u zu vers hängen ae II. Der Heilige Aohannes wird von der Prager Brücke hberabges ſtürzt. Hirte während der Regierungszeit König Wenzel's noch der hiſtoriſche Sinn in Böhmen geherrſcht, wie er ſich unter Karl IV. zeigte, wo Marignola, Pul⸗ kawa, Benes von Weitmühle und Neplachö die merk: würdigeren Landesereigniſſe niederſchrieben: ſo würde man wahrſcheinlich über das Leben und den Tod des heil. Johannes von Nepomuk gleichzeitige und vera bürgte Nachrichten aufzuweiſen, und die mündlichen Meberlieferungen mit untrüglichen Urkunden zu bes glaubigen vermögend ſeyn. So aber find faft alle böhmifche, Chröniken aus dem letzten Dritttheile des XIV. Jahrhunderts ſehr unvollftändig, wozu der zer=: ſtörende Huſſitenkrieg ebenfalls mitgewirkt Haben moch⸗ 22 te. — In Bezug auf den Helllgen iſt man demnach größtentheils auch nur auf mündliche Traditionen bes ſchränkt, welche aber fo weit hinaufreicken, und be: reits vor Sahrhunderten fo einftimmig von Taufenz . den angenommen, und- durch fpätere Dokumente unterftügt wurden, daß fie auch der firenge Hiſtori⸗ ker gelten laſſen muß. Johannes bezog die Prager Univerſität wahr⸗ ſcheinlich um das J. 1350, und ſtudirte alſo unter ihren erſten Profeſſoren, welche größtentheils in Pas - eis miffenfhaftlich gebildet wurden. Als feine Lehrer bezeichnet man die Böhmen Jenko oder Sohann und Friedmann von Prag, den Franzoſen Heinrih Vo- liere von Novo-Ponte, den Weftphalen Wigtold von Osnabrück, die Sachſen Hermann Gheſing von Winterſwick und. Dietrich von Wider. — ‚Die aka: demifchen Würden eines Magiſters der Univerfität und Doktors des Eanonifhen Rechtes, ertheilte ihm der Prager Erzbifchof Arneft als Univerfitätskanzler 5 und im J. 1572, wurde er zum Prediger an der Prager Teynkirche ernannt ‚ eine Auszeichnung ‚bie er nur dem allgemeinen Vertrauen danken Eonnte, da man ihn zum Nachfolger der berühmten Kanzelreds ner Konrad von Stiefna und Sohann Milizius- bes flimmt hatte. — Drei Fahre fpäter verliehen ihm 25 dee Prager Erzbifhof Sohann Oczko von Wlaſſjm, und. die Prälaten des Metropolitankapitels eine Dom: : herenftelle an der Hauptficche zum heil. Veit, Bald . darauf wurde ihm das Bischum von Leitomifchel ' und dann die Probftei auf dem Wyffehrad angetras gen, mit welcher die oberfte Kanzlerwürde und wie behauptet wird , damals das Einfommen’von g0000 ungrifchen Gulden verknüpft war Sohannes lehnte jedoch beides ab, um dafür das Amt eines Eöniglie chen Almoſenpflegers und jenes eines Beichtvaters der Königin Johanna, Wenzeld Gemahlin, anzus nehmen. | \ Diefer ehrenvolle Beruf war es, welcher den Heiligen als Märtprer fterben ließ. König Wenzel, von Eiferfucht geplagt, wünſchte nämlich die Beicht— geheimmniffe feiner Gemahlin zu erfahren, und vers fuchte jedes Mittel der Mitde und dann des heftige ften Zornes, um jenen Zweck zu erreichen. Doch Sohannes blieb feinem Berufe unerfchütterlich treu, und 309 den gewiſſen Zod einer Pflichtverlegung vor, Er unternahm eine Mallfahrt zu dem Ma: tienbilde nach Altbunzlau, und wollte dort, wie ein geiſtvoller Prälat erzählt *), dort, wo Böhmens *) Der Domkuftos und Fürft = Erzbifchöflihe Konfte 24 Abel, ber heilige Wenzel, unter den Selig des Bruders ſeinen Geiſt aufgegeben hatte, großmüthig für die Tugend ſterben lernen. „Vom Schutze Ma⸗ riens begleitet, fährt der Herr Verfaſſer fort, dem Geiſte nach mehr im Himmel als auf der Erde, eilte er von Altbunzlau nach Prag zurück, oder vielmehr feinem Tode entgegen, Es war: ‚on Abend. Kö: nig Wenzel lag eben müffig am Fenſter, und fah | ihn kommen. Sogleich ließ er ihn vor ſich kommen, und drang mit der größten Wuth in ihn: „Du mußt fterben, fpradh er, wenn du mir nicht gleich Ules erzählft, was dir die Königin gebeichter hat. Es ift um dich gefchehen, — ich ſchwöre zu Gott! - du mußt Waffen trinken !? Unerſchrocken „wie ſchon früher, entgegnete der Heilige: lieber tauſendmal zu ſterben, als ſo etwas nur zu denken! Kaum war dieſes ausgeſprochen, fo befahl der König den heili⸗ gen Mann in das nächte Zimmer zu ſchleppen und forgfältig zu verwahren. Sobald es Nacht geworden war, führte man ihn an Händen und Füſſen gebuns ftorialratd Herr W. F. Neumann in feinem ſchätzbaren Werke: „Hundertjährige Subelfeier der‘ Heiligſprechung des heil, Johannes von al (Prag 1829, 8.) 25; den aus dem Königshofe in aller Stille auf die Brüs de, und ftürzte ihn da, wo jet dag. heilige — | ſteht, in den Moldaufluß hinab.” Die Gründe für die Nichtigkeit diefee Angabe mag man in) Berghauer’s Proto -Martyr, Theil I, Seite 354 ff nachleſen. Bu jener Zeit, als die ‚gegenwärtig auf der-Prager Brüde fiehende Sohans nes = Bildfäule errichtet wurde , follte damit blos ans gedeutet werden: „der Heilige iſt nicht fomohl von diefem Orte, als überhaupt nur von diefer Brüde berabgeftürzt worden.” Auch fagt dies ja die Auf: ſchrift der Statue deutlich genug: Divo Joanni Nepomuceneo A, D. MCCCLXXXUL 5 Ex Hoc Ponte Dejecto. *) Mer fih von den Folgen der Grauſamkeit des Koͤniges näher zu unterrichten, und ſein Gemüth *) Berghauer ift bei dieſer Gelegenheit der Meinung: Sive igitur in hoc, aut alio loco pontis submersus Martyr colatur, ubique bene co- litur, totus enim pons martyrio ejus honorificatus est Locus in- dividualis subinersionis magis erudilionis gratia a doctis exquirilar. B 26 frommen, durch dies Ereigniß angeregten Gefüh: ten hinzugeben wiünfcht, dem empfehlen wir die. er⸗ wähnte Schrift des Heren Canonicus Neumann, welche jeder billigen Anforderung vollfommen ent— fpricht, | | IV, Undeutungen über die ſehr verbreitete V erehrung des heiligen Johannes von Nepomuk. W. die Schriften genauer kennt, welche vor und nach der im Jahre 1729 erfolgten Ganonifation *)- des | heiligen Zohannes von Nepomuk , tiber dag Leben dieſes Schußpatrons Böhmens erfchienen, d. h. mer die Werfe eines ieh agef, Dubrapius, Boregk, Poprody, Bontanus, Salius, Seffius, Caraffa, Grugerins, Peffi na, Adelsreitter, Macarius, Denfdes niuß, Balbinus — und die betreffenden Auffäge vieler böhmifchen Gelehrten aus dem; Testen Viertel des XVIII Sahrhunderts gründlich ftudiert hat: dem werden manche Bemerkungen: ‚über sden: eigentlichen Gegenftand der vorliegenden) Abhandlung nicht: ent= gangen ſeyn, wiewohl fies vereinzelt, und gleichfam *) Der Sancnifations-Proceß währte beinahe g Jahre. | 52 a 28 nur im Vorübergehen mitgetheilt wurden. Es gibt indeß noch andere Quellen, aus denen in diefer Bes ziehung umfaffendere Belehrung zu fhöpfen iſt: es “ find jene unzählige Predigten, Keftreden, Panegy: riken und Andachtsbücher, es find insbefondere die zu Nom geführten Canonifations = Akten, deren Stu: dium demjenigen unerläßlich bleibt , der die merfwür: dige Erſcheinung der ſo ungemein ausgedehnten Feier des Heiligen zu erklären bemüht iſt, und ſich nicht mit dem hundertmal Wiederholten begnügen, fons dern als ſelbſtſtändiger Forſcher auftreten will. Daß ſolche Forſchungen ſich nur in Prag mit einigem Er⸗ folge anſtellen laſſen, dürfte einleuchtend ſeyn; we— nigſtens wäre es dem Verfaſſer dieſer Zeilen, in je: dem anderen Drte unmöglic geblieben, auch nur dns Wenige feinen Lefern vorlegen zu können, was er gegenwärtig mit dem Wunſche niederfihreibt : die: fe Andeutungen für) einen Verſuch gelten zu. laffen, der Eein anderes Verdienft in Anfpruh nimmt, als jenes: det Zuverläfigkeit des Mitgetheilten. Die Verehrung des Heiligen reicht weit über die Zeit feiner Selig = und Heiligſprechung hinauf; bald nach feinem Tode (1385) galt er wenigftens in Böh— men für das Vorbild der Standhaftigkeit und des | Stillſchweigens, für den Beſchüter des guten Nah: 29 mens, und den Vertheidiger ber Ehre mider alle falfhe Nachrede. Man bezeichnete ihn als den ers ſten Blutzeugen Chrifti, der fein Leben für die Uns verleglichkeit des dreifachen Siegels aller Beichtge: heimniffe opferte, der als Erz» Märtyrer der Kirche (ex odio fidei) geftorben fey. Man bemunderte in | ihm den Kampf des ſchwachen Einzelnen gegen den Andrang Auferer Gewalt; fühlte ſich durch den Ges genfsg von glänzenden Merheifungen und der fhärfz ſten Marterpein, an die Stärke des reinften Wil lens, und an überirdifchen Briftand gemaknt ; — und bevor er noch durch Roms Ausſpruch als erfter Ver: fechtee des Beichtſiegels, als Erz = Märtyrer des BVeichtgeheimniffes galt, hatte ihn die Volksſtimme als folchen ausgerufen, Eine ähnliche Erfcheinung war in der Kirche noch nicht da gewefen 5; mit Rede Eonnte demnach de Marne in dem Buche „Der Märtyrer des Beichtgeheimniffes” behaupten: „Er „beſaß alle jene Tugenden, wodurch große Heilige „geſchaffen werden in dem Dunkel der Einſamkeit, „IApoſtel in den. Uebungen des heiligen Eifers, und . „Märtyrer bei gemaltthätigen Strafen. Ueberdies „war die Urſache feiner bis zum Tode treuen Auge „dauer eine vollig neue, und da die Frömmigkeit „des Beichtgeheimniffes noch Feine Tyrannen bemaff: 59 „net hatte, fo mar für biefes unverlegliche Grundgefeg der geheiligten ——— bis dahin noch kein „Opfer verlangt worden.“ Schon die geäußerten Anſicten erklären zum Theil die weit und breit geltende Fromme Chrerbies _ tung für den Heiligen , die noch überhand nahm, feit die Fefuiten ihn als den zweiten Schugpatren ihs res Drdens anerkannten. Diefe Behauptung erhellt uns ter. anderen auch aus dem von dem Sefuiten Wies lend sim J. 1738 zu Antwerpen herausgegebenen Merke: „das Leben von dem glorreichen Märtyrer Johannes Nepomueenus,” wo man Seite 187 liest: „Seine ‚Heiligkeit Clemens XI. gab aus befonderer „Gunſt für den Orden der Zefuiten demfelben ben Zheiligen Sohannes von Nepomuk zum Schugpeilis „gen -gegen alle feine Läfterer - und falfchen Beſchuldi⸗ ger.” — Der fechste Ordens = General der Sefuis ten, Pater Franciskus befahl daher den Ruhm des Heiligen überall zu verkündigen; und fo errichtete man zuerft in Antwerpen in dem Profeßhaufe der Jeſuiten eine Statue von weißem Marmor mit der Unterſchrift: DIVVS Ioaunes nepoM VCenVs .s0Cletatls IesV patronVs, 51 (Heiliger Johann von Nepomuk, Patron der Ge: ſellſchaft Jeſu), welche bei dem größten Zuftrömen der Menge feierlich eingeweiht und dann ftets fehr verehrt wurde. Nunmehr liefen es ſich die Jefuiten eifrig ans gelegen feyn, dem Heiligen in allen Provinzen ihres Ordens Capellen und Kirchen zu erbauen , oder we⸗ nigftens Bildfäulen zu ſetzen; und fomit wird, «6 leicht begreiflih , da er bald felbft in anderen Weltz theilen zahlreiche Werehrer fand. . Wiewohl fein Andenken vor dem erſten Viertel des XVIII. Jahrhunderts nicht in den Kirchen öͤf— fentlich gefeiert werden durfte, da die Einwilligung des päpſtlichen Stuhles früher dazu erforderlich war: fo begann doch, wie gefagt, ſchon fehr früh feine Verehrung , und die Prager Erzbifchöfe duldeten fie nit nur, fondern- unterftügten fie ſogar. Das Role hielt ihm feit langer Zeit für einen Heiligen, befuchte vol. Andacht feine Grabflätte, wendete fih zu ihm als zu einem Fürbitter, hatte Gebete an ihn in böh— mifcher und deutſcher Sprache bei „feinem Grabe aufgehangen, die es mit Eifer ablas, opferte ihm Kerzen und ſonſtige Geſchenke, hatte fein Bild mit einer Strahlenkrone umgeben laffen , | und zählte ihn gleichſam fchon zu den "früheren, Heiligen. der Kirche, 3? * obwohl er, der Zeit der —— nach, einer ihrer jüngſten iſt. In der ſpäter nichergetifferien Corporis⸗ Ehriſti⸗ Kirche der Prager Neuſtadt, verehrte man ein im Jahre 1532 gemaltes Bild: des Heiligen, das Berg⸗ bauer in feinem Proto-Mar iyr *) Band 2. Seite 121 abbilden ließ; eben fo wurde auf Befehl Kaifer Ferdinand I. in. der Prager Domkirche über der Cas pelle des heiligen Sigismund, im Jahre 1552 ein Gemälde angebracht ‚welches 1630 von den Prager Malern Urih Maſchaw und Mathing Mayer nur erneuert warb: Chriftus am Kreuze, darunter die Sandespatronen Böhmens: der heil, Veit, Wenzel, Adalbert, Zwan, Prokop, und zugleich auch So: hannes von Nepomuk ; anderer Gemälde aus etwas ſpäterer Beit bier nicht zu erwähnen , von denen Berghauer a... 9. ©, 123 ff. Nahricht gibt. — So oft Kaifer Ferdinand I. nach Böhmen kam, eilte er, von feinem gefammten Hofitaate begleitet , an- *) Dieb Bud ift, als das Hauptwerk zur Geſchich⸗ te des Heiligen, :befonders zu empfehlen. Sein Titel lautet: Proto - Martyr Poenitentiae ejusque Sigilli Gustos semper fidelis di- vus Joannes Nepomucenus etc. 8b. I. Augsburg 1750 35. II. dafelbft 1761 Fol, 33 dachtig zu dem Grabe des. Heiligen ; nicht minder tha= ten dies Ferdinand II, wie auch die fpäteren Regenten und Exiferlichen Prinzen, welche, gleich dem Volke, manche fromme Gaben hier niederlegten, die noch in fpäterer Zeit zu fehen waren. — Schon vor der Seligſprechung drängte ſich das Volk, felbft während der. Kriege, ſo ſehr zu der, berühmten Grabſtätte herbei, daß man fie mit einem ſtarken Eifengitter verwahren mußte; viele gemalte, filberne und gols dene Votivtafeln hingen über ihr, fo mie auch 93 filderne , zum Theil vergoldete Lampen, von denen mehrere flet3 brennend erhalten wurden. Manns⸗ hohe Kerzen, unzählige Almofen und fonflige Ge⸗— fhenfe brachte man von allen Seiten dar; felbft aus den: entfernteften Orten famen ganze Gemeins "den hieher, von ihren Predigern geführt, um ing: befondere bei allzuttocdener Witterung an dem Gras be Regen zu erbitten u. f. w. Berthold Georg Pon: tanus verfertigte 1602 einen lateinifchen Lobgeſang auf den Heiligen; und im I. 1640 ließ Freiherr, Kranz von Sternberg, aus dem Geburtshaufe des Heiligen in der Eleinen böhmifchen Stadt Nepomuk, eine bedeutende Kirche erbauen , worüber der Jeſuit Se rus 1641 eine Schrift herausgab: „Fama Post- huma des feel. Johannis von Nepomuk,” d. h. B 3 \ ä ein Leben des ausgezeichneten Prieſters in Tateinifher, boöhmiſcher und deutfcher Sprache, mit Kupfern, wel⸗ che nad Zeichnungen des berühmten Malers Kart Skreta gearbeitet waren. Peſſina von Cechorad, Domherr der Prager Skt. Veitskirche, ſpricht in ſeiner 1673 zu Prag erſchie⸗ nenen Schilderung des Domes, Phosphorus Septi- eornis genannt, in mehreren Stellen von ihm, den er als das „Geſlirn der Domtirche” bezeichnet, dabei auf feine allgemeine Verehrung hindeutend, In dem, 1703 zu Prag gedrudten „Leben des ſeeligen Johan⸗ nid von Nepomuk“ findet ſich Seite 41 die Stelle : „Alle, welche die heiligen Patronen des Königreichs (als da feyn der Heil. Veit, Wencestaus, Sigiemund, Adalbert) zu verehren und ihre heiligen Körper zu bes grüßen anfommen, fie mögen feyn hohen oder nies dern Standes, Prälaten, Domhekren, Pricfter, Ne: ligiofen, und andere Manns: und Weibsperfonen, mit ‚einem Worte, Alle, Kleine und Große, verrichten ih⸗ te Andacht Enieend auch bei dem Grab des feeligen Johannis; und wird Feiner nicht gefehen werden, wel: cher ohne Chrerbietung und dem heiligen — * erwieſene Ehr vorbeiginge.” | Us ein nicht minder beachtenswerthes für ſeine frühe Verehrung , , gab der gojährige Graf 53 Wenzel Ignatius Wratislaw v. Mitro wis nach— ſtehende Erklärung zu den Akten der Heiligſprechung: „Ferdinandum III., wie auch Ferdinandum IV., rö⸗ miſche Könige, gleichfalls die Kaiſerin Eleonoram, Ferdinandi III. Ehefrau aus Mantua gebürtig, Leo— poldum J., deſſen Ehefrau Eleonoram Magdalenam von Neuburg, Joſephum J., und den glorreich regies renden durchlauchtigſten Kaiſer Karl VI. und deffen durchlaugptigfte Kaiferin und Chefrau Elifabetham, habe ich bei dem Grab. diefes Heiligen mit meinen eigenen Augen Enien geſehen; wie auch. die Prinz zeffin, eine Braut des königlichen Prinzen Sacobi Sobieſky aus Polen, welche ich felbft als, verordnes ter Abgefandter von Leopoldo I. in Polen geführet,, und allhier zu Prag zu dem Grabe des heil. Johan⸗ nis von Nepomuk und denen anderen heiligen Schutz⸗ patronen dieſes Königreichs begleitet hab?., Anbei den annoch heutigs Tags regierenden Churfürſten aus Baiern, den Churfürſten von Trier und auch den Churfürſten und Pfalzgrafen Carolum deſſen Brus der; gleichfalls den erbnehmenden Fürſten Gaſto— nem des Großherzog v. Etrurien, die annoch heut les bende Markgräfin von Baden und deren Schweſter, eine Ehefrau des Großherzogen Gaſtonis; tie auch die Fürſten Liechtenſtein, Lobkowitz, Dietrichſtein, — Eckenberg, Schwarzenberg, Löwenſtein, Wertheim; ferner Ihro Eminenz den Cardinalen von Harrach und deſſen andere nachkommende Prager Erzbiſchöfe: wie auch Ihro Eminenz den Cardinalen und Her⸗ zogen von Sachſen⸗Zeiz als Erzbiſchofen zu Gran; den Cardinalen von Colonicz, den Gardinalen von Althan, und unzählbare andere Bifchöfe und Erzbis ſchofe, weltliche und geiftliche Fürften. Und dieſes haben die hiefigen Erzbifhöfe nicht nur gewußt und geſtattet, fonder auch felbften, derlei Verehrungen die: ſem Heiligen ergeiget ; und diefes Alles habe ich felbften gefehen,, und von den Anderen gehöret, welche ein Gleiches gefehen. Und diefes ift Allen Eundbar und bewußt, und habe ich gar nichts im. en oder wider dieſes geſehen, noch weniger gehöret.” Nach ſolchen Zeugniſſen wird man verſucht zu warum Johannes von Nepomuf erſt beinahe viertehalb hundert Jahre nach ſeinem Tode heilig ge⸗ ſprochen wurde, warum man nicht länge Zeit vors ber den Proceß der Canoniſation einzuleiten verfuchs „te? Darauf antwortete . ein ehemaliger Schriftſteller: teil der Heilige nicht als Böhmens Schutzpatron ‚allein erfcheinen, fondern fein Ruf fich erft in einem großen Theile der Chriftenheit ausbreiten follte, die dann insgefammt darauf drang; auch fen es befier, zu e -„ 57 fragen: warum fo fpät? als Überhaupt nur: wars um? Andere Gründe , die nit ohne. Gewicht find, führe: Sohann Florian Hammerfhmid in feinem nur handfpriftlich vorhandenen fateinifchen. Werke an: „Der heilige .Sohann von Nepomuk, Canonicus der Prager Metropolitankicche zu Skt. Veit uf. w.” (in der fürſtlich Kobkowig’fhen Bibliothek zu Prag) worin er fid) äußert: „Man darf fih nicht wuns dern, daß die erlauchten Vorgänger der Prager Erzs bifchöfe nicht auf feine Heiligfprehung hinarbeiteten, weil das Andenken an die Huffitenftürme, noch immer im frifchen Gedaͤchtniſſe lebte; weil der erz⸗ biſchöfliche Sitz kaum wieder hergeſtellt war, und die Bewohner des Königreiches ſich abermals in zwei Partheien trennten, in die Katholiken und Utraqui⸗ ſten. Dieſe Erſcheinungen waren überdieß nur das Vorſpiel zu: der traurigen” und nicht genug zu bes jammernden Tragoedie, deren Nachfpiel mit der Schlacht am weißen Berge beendigt zu ſeyn ſchien; aber auch nachher ſtanden der ſchwediſche Krieg, die Peſt und endlich die unaufhörlichen — mit den Türken jener Heiligſprechung im Wege.’ WU =2 Zwar hatte’ Kaifee Zerdinand III. deshalb ofe Unterredungen mit dem Cardinal und Erzbiſchof von Prag, Ernft Grafen von Harrach; doch verſchoben 38 | ſowohl Kriege, als endlich auch der Tod des gaifers dieſen Plan, der bei drei römiſchen Päpſten in Anz regung kam. Clemens XL, der, wie es hieß, die Acten der Heiligſprechung bereits unterfchrieben hatte, ſtarb plötzlich; Innocens XIII. fprach ihn wenigftens den 31. Mai 1721 felig, doc erſt Benedict XIII. vollzog die. Canoniſations-Bulle. —8 Am 4 Juli 1721 de h. einige Wochen nad. dem Act der —— chung, wurde der verehrte Leichnam feierlich zu Prag erhoben, und in einem Sarge von Kryſtallglä⸗ ſern öffentlich abwechſelnd von den Domherren, den Prälaten und Aebten des Königreiches, den Mitglies dern der vier Facultäten der Prager Univerfität, und endlich. von, den Prager Pfarrern bei einer Procefz ſion umhergetragen, welcher faſt alle Stände des Königreiches, nebſt unzähligen, Städtern und Lands Ieuten beimohnten , ſo wie dies auch .die Kaiferin Eliſabeth Chriſtina nebſt ihrem geſammten Gefolge that. Ganz Prag war damals in einen Freudentau⸗ mel verſenkt, überall hörte man Jubelgeſchrei und Frohlocken; doch eben ſo auch in der Domkirche, welche die ——— nicht, faſſen fonnte, das raufchen= vehee Scufer, Galle Gebete, * Tab Ihränen des - innigften Eifer fließen. Zaufende von Sadeln, Wachs: 39 kerzen und Lampen brannten in allen Kirchen und Strafen. Von allen Bergen um Prag ftrahlten wäh⸗ rend der ganzen Octave des Feſtes zur Nachtzeit Freudenfeuer herab, fo wie auch die Stadt auf das glänzendſte erleuchtet ward, und man mit einigen hun: dert Glocken bie ent) Geremonie jedesmal ein⸗ läutete. Obgleich ſchon vor dieſem Ereigniffe die andäch tigen Empfindungen für den Heiligen überall hervor— traten; fo geſchah dies doch nach feiner Seligſprechung um fo lebhafte. So hatte man 3 B. ihm zu Eh⸗ ten im Jahre 1716 in der Prager Domtirhe 7034 Meſſen gelefenz 2717 fand dies mit 6920, und 2718. dagegen mit 7192 flatt. Doc flieg die Zahl ders felben 1721 fogleich auf 50,672 ; und fie betrug“ von 1723 — 1727, alfo binnen fünf Sahren, die bedeu⸗ tende Anzahl von 327,000 Meffen, und während dies ſes Luſtrums fanden ſich7 ‚286,477. Communicanten am Grabe des Seligen ein.) — Der Wunſch: ihn heilig geſprochen zu ſehen, wurde mit jedem Tage x *) ©, Die Geſchichts Beſchreibung von dem Leben, ER Marterpein und Wunderwerken des heiligen Io> hann von. Nepomuk, Prag 1730, 4» Seite 27 5 > Kt 3 J 40 | ki tebhafter, und für ſehr viele Perfonen aus allen Stän⸗ den zur angelegentlichſten Herzensſache. Regierende Fürſten, die erſten Prälaten der Kirche, Univerſitä⸗ ten, ganze Körperſchaften, Magiſtrate u. ſ. w. wand⸗ ten ſich deshalb bittend an den Papſt; und Berg: hauer theilt in dem zweiten Bande ſeines Proto- Martyr Seite 383 ff. ſämmtliche lateiniſche Briefe wörtlich mit, welche in dieſer Angelegenheit nach Rom geſandt wurden. Man findet hier die Geſuchſchrei⸗ ben von Kaifer Karl VL, feiner Gemahlin Eliſabeth, Friedrich Auguſt IL, König von Polen, von, Wolf⸗ gang. Cardinal von Schrattenbach aus Neapel, dem Cardinal Schönborn von Speier , und dem Gardinal Cſaky v. Colocfa, Ferner ſchrieben: die Gardinäle von Eifäß ,„ damals in Medhlingen, und von Althan aus - Wien; eben fo der Großherzog’von Florenz, die Churs fürften von. Mainz, Cöln, Trier und von der. Pfalz , der Erbprinz von Sachſen Friedrich Auguft mit feis ner Gemahlin Maria Jofepha geb. Erzherzogin von Defterreich ; die Erzbifchöfe und Biſchöfe von Wien, Breslau, Münfter, Paderborn , Bafel, Freiſingen, Eichſtädt und Brüxen; die Domcapitel von Leitmes riz und Königingräz ‚ die meiften böhmiſchen und mährifchen Uebte, die Vorſteher fait ſämmtlicher Or⸗ den in Böhmen, Mähren und Schleſien; die Jeſuiten . aller deutfchen Provinzenz die Prager und Bresfauer Univerſität u. ſ. w. Der Prager Fürſt-Erzbiſchof Graf von Küenburqg leitete das Geſchäft, wozu (ab⸗ geſehen von den Summen, welche einheimiſche Fürſten und die Beherrſcher von Baiern’; Sachſen, Zlorenz und Toscana, welche der Adel und die Geiſtlichkeit ers legten) das Land Böhmen 54,851 fl, beitrug, movon aufdie Stade Prag 16,552 fl. kamen; eben: fo zahlte Schleſien 16,666 fl. und Mähren 19,086 fl. wie dies aus den von Berghauer befannt — * Ir ſtücken hervorgeht. Benedict XIII, feierte die Canonifation n den 19. | März 1729 auf das glänzendfte zu Nom, und bes flimmte den 16. Mat zum Feſttage des Heiligen, Bald’ erfcholl die Kunde davon durch die meiften ka⸗ tholiſchen Ränder und verbreitete überall dankbare Ans erkennung: „Diefe Nachricht — fagt de Marne in feinem Märtyrer des Beichtgeheimniffes — nach welcher Böhmen und Deutfchland fo Tange Zeit ſeufz⸗ ten, wurde hier von den Großen und von dem Vol» “2 9 lo Fidei Sicherſteller der Glaubwür⸗ digkeit) bei derſelben war der ausgezeichnete Pro⸗ ſper Lambertini, ſpäterhin als Papſt Be: nebict XIV, — | — .42 fe mit der allgemeinjten Sreude empfangen.” Und eben fo äußert fich der Proto : Notarius Apoftolicus M. U J. Drefer in feiner den 17. Suni 1771 gehaltenen. Lobrede auf den. ‚Heiligen : „O wie groß wars damals das Entzücken der Stadt und ihrer Um: gebungen? Wie jubelte das Königreich ! wie -vielen Städten und Provinzen gereichte 8 zum Troſte! O wie iſt des gefammten Clerus, des gefammten Volkes freubige Dankbarkeit‘ mit Worten zu befchreiben! Ein . | halber: hriftlicher Welttheit firömte entweder herbei, oder fühlte fih doch in Wonne aufgeregt, fobald die Nachricht von der Heiligfprechung des Prager Cano⸗ nicus von der. Metropolitankicche, des unvergeßbaren Johannes von Nepomuk erſcholl!“ u. ſ. w. Prag, das in ſeinen Mauern bereits ſo viele, der katholiſchen Kirche theuere Ueberreſte heiliger Männer und Frauen bewahrte » hatte jetzt in religiöſer Bezie⸗ hung, einen neuen Schatz gewonnen, der unaufhör⸗ lich zahlloſe Schaaren frommer Pilger herbeizog, und den man bald ſo ausſchließend verehrte, daß Keyßler in ſeiner, 1730 verfaßten Reiſebeſchreibung, Theil 2. Seite 1288 behaupten konnte: „der heil. Johann von Nepomuk mahet anjetzt in Böhmen faſt alle an⸗ dere Heilige vergeſſen. Ob er gleich ſelbſt von einer Brücke verunglückte, fo iſt er doch insbeſondere der 2 — 45 Beſchützer derſelben, und innerhalb wenigen Jahren wird man in den öſterreichiſchen Erb⸗ und anderen benachbarten Landen, kaum eine einzige Brücke mehe zu Geſicht befommen, auf, welcher fein Bildniß nicht erſchiene.“ — Wie ſehr ſich dieſes beſtätigte, zeigte ſich von Tag zu Tage immer mehr und mehr 3 daher be= richtet Berghaner, Theil 2. Seite 220 des Proto- Martyr: „Es gibt keinen Stand, kein Alter, wels he fern Bild nicht verehrten. Ich bin der feſten Ueberzeugung , daß durch ganz Böhmen fomohl in. den Städten, Burgen, Flecken, Dörfern und Weilern kein Haus, beftimmt aber. Feine Kirche zu finden ift, mo das Abbild diefes heitigften Märtyrers nicht mit der zaͤrtlichſten Hochachtung verehrt wird.” — Und auf gleiche Weife äußert fich der Priefter Joh. Raymund in’ _ einer den 15. Mai 1780 in der dem Heiligen geweih⸗ ten Neuftädter Kirche Skalka, gehaltenen Feftrede: „Sm. dem ganzen. Umkreiſe unferes Böhmerlandes, deffen auserwählter Befhüger und Sürfprecher bei Gott) von langen Zeiten her, Sohann von. Nepomuk: ift,, findet man in ihm wohl eine Stadt ,„ wo nit ein Tempel oder Altar unter feinem Namenserrichtet * ein Haus, wo nicht fein Bildniß bewahrt; eine: Brücke, die nicht, mit feinem Chrenmale gesiert ; ‚einen Chrijten., ber nicht mit Liebe ihm zugethan wäre ? Zuförderſt an dem 44 | Tage, ber zu ſeinem Feſtbegängniſſe von der Kirche be: - Slimme worden ift, wie groß und wie mannigfaltig find da nicht die Ehrenbezeigungen ‚ mit denen man feine Gunft und Hilfe zu gewinnen ſucht? Melcher Zus fammenfluß des Volkes‘, das aud) ven weit entles genen Drten in diefe Herptftadt eilt, um ihn bei feiner heit. Grabftätte zu ehren? Welche inbrünflige Andachtsfiufzer derer, die von der zärtlichften Liebes⸗ - neigung zu ihm eingenommen, fid feiner mächtigen Fürbitte anempfehlen 2 Welche zahlreiche Befuche dev Orte, die durch die Stanthaftigkeit feiner Marter ges beiliget worden waren!” u. f. w. — Diefe Kirche der Prager Neuftadt „in Skalka“ genannt, war das ers ſte, dem Deiligen geweihte Gotteshaus, worüber fich bei ihrer fünfzigjährigen Subelfeier der eben. erwähn⸗ te Prieſter und Sonntagsprediger des Ordens des heil. Johannes von Jeruſalem, Johannes Raymund in ſeiner Rede folgendermaßen ausſprach: „Obwohl das Grabmahl des Heiligen von alten Zeiten her ver⸗ ehrt, und er um ſeine Fürſprache bei Gott in verſchie⸗ denen Anliegen und Nöthen angefleht wurde: ſo war dennoch bei dem Anfange des vorigen Jahrhunderts noch kein ‚öffentliches Gotteshaus zu feinem Ge⸗ dächtniß errichtet. Erſt gegen das Ende des verfloſ⸗ fenen Jahrhunderts d. h. im Jahre 1691, wur⸗ \ 45 de zu feiner Ehre eine Gapelle erbaut, und wo? Eben hier an diefer Anhöhe, die deshalb den Namen Skalka, welches fo viel als Petra, ein Felfen, heißt, befommen hat. Wenn mir alfo gegenmärtig in dieſem Königreiche und in der chriſtlichen Melt, fo viele zum Andenken des Heiligen, errichtete Tempel ‚und Ehrengebäude finden: Eönnen wir nicht fagen, daß hier der Dre fey , wo. man das erfte Beiſpiel und Mufter davon fah?. Bald war hier der Zulauf des Volkes fo groß, daß der Raum, um dasfelbe zu faffen, ſich viel zu enge zeigte. Schon wurden . allda der Feſttag des heiligen Landesbeſchützers und die darauf folgenden fieben Tage auf eine recht aus⸗ nehmend erbauliche und feierliche Weiſe begangen; ſchon trugen einige feiner frommen Verehrer reichli— che Geſchenke und Almoſen an, um die Andacht noch mehr zu befördern und weiter empor zu bringen; ſchon entſtand da jene rühmliche und gottſelige Ver— bindung oder Brüderſchaft, die, unter der Anrufung und dem Schutze der Himmelskön'gin, zur Vermeh⸗ tung der Ehre des heil, Johannes von Nepomuk noch bis auf den heutigen Tag befieht ; ſchon wurde eben ‚biefe Verbindung fpäterhin durch eine andere von z00 aus dem männlichen, ımd 700 aus dem weiblichen Geſchlechte, und nach dieſem auch von 500 allein aus kan ⸗ 46 Kee dem Priefterftande vermehrt; fihon ging man endlich. mit Gedanken und Entwürfen um, jene Gapelle in ein größeres und prüchtigeres Gebäude zu verwandeln In der That man fäumte nit, man griff zum Werke felbft, und vor fünfzig Jahren eben geſchah es, daß der. erſte Grundſtein zu dieſem ſchönen Got⸗ teshauſe, in welchem wir uns gegenwärtig befinden; von dem zu jener Zeit lebenden hieſigen hochwürdig⸗ ſten Weihbiſchofe und Biſchofe zu Tiberias auf feier⸗ liche Weiſe gelegt wurde.” Noch zahlreicher als die hier erwähnte Brüder⸗ ſchaft unter dem Namen des Heiligen, war eine zweite, in der Prager Domkirche ſelbſt gegründete, die eben fo, wie all' ihre vielen Schweſter-Verbin⸗ dungen im Lande oder in benahbarten Staaten, den Zweck hatte: „den: Heiligen: ftets zu preiſen, feine . Ehre wo möglich zu vermehren, und aud die Ehre des Nächten nicht zu verlegen; Gott zu loben in feinen Heiligen, den Nebenmenfchen zu erbauen durch das Beifpiel, und das Seelenheil zu befördern durch die Nachfolge.” — Alle Mitglieder dieſer Verbin⸗ bung, Männer fowohl, als Frauen, trugen das Bildniß ihres Schutzpatrons in Geſtalt eines Agnus Dei oder geiſtlichen Denkpfennigs an der linken Sei⸗ te der Bruſt auf dem Herzen; es mar bald kleiner 47 bald größer; entweder geſchnitzt, gegoffen oder ge— ſtochen, bald fehr glänzend, bald weniger reich vers ziert , ganz den Vermögensverhältniffen jedes einzelz ‚ten Teilnehmers entfprechend. In dem bereits erz wähnten Werke des miederfändifchen Sefuiten Mies lens, liest man darüber Seite 179: „die ausge⸗ geichnetften Merfonen des Landes, ſowohl Geiſtliche als Weltliche, tragen insgeſammt auf ihrer Bruſt ein Bild des Heiligen in Medaillienform , oder einen Ning an der Hand, der zum Ruhme und der Ver: breitung feines Namens geweiht wurde. Und biefe Urt religiöfer Verehrung ift von einem Ende des Königreiches bis zum andern gebrauhlih; niemand kann den Beginn berfelben beflimmen, und es ift Fein Beiſpiel aufzuftellen, daß ſich ihr irgend ein Bifchof des Meiches jemals entgegengeftellt hätte.” Die unfterblihe Kaiſerin Maria Thereſia ließ ſich, während ihres Aufenthaltes in Prag im J. 1742, felbft in: die Prager Sohannes = Brüderfchaft aufnehmen, wie dies aus dem zweiten heile deg von Zelante herausgegebenen Buches: „Merkwürs diges Andenken aller, von Zeiten des von Churbatern ufurpirten Böheimbs und der unter dem franzöſiſchen Joch geftandenen Prager Städte, vorgefallenen Bes gebenheiten” 2c. (Reipzig 2743 , Seite 215) mit N - 48 a ‚ nachſtehenden ‚Morten berichtet wird: „Die uralte Brüderfchaft Corporis » Chrifti, welche mit fehr vielen. römiſchen Kaifern als ihren Mitgliedern prangt , hat ſich die allerhöchfte Gnade ausgebeten: daß ſich Die Königin. mit Ihro Föniglichen Hoheit und der durchs laucptigften Erzherzogin Maria Anna » ihrer Con⸗ fraternität einzuverleiben gerubten; : zu dem Ende brachte man ein neugefertigt prächtiges Brüderfchaftgs buch in die Metropolitanfiche. - Um diefe Gnade feufzte auch) die Brüderfhaft St. Johannis Nepomus ceni; die.legte aber erhielt. den Preis. Es wurde zwar ihrer beider Bitte gewillfahrt 3 Ihro Majeſtät ſchrieben ſich jedoch in dieſe letztere eigenhändig ein: unter allerhöchſt Ihro Wahlſpruch Justitia et Cle- menlia, mit Gerechtigkeit und Milde, findet ſich der glorreiche Name Maria Thereſia. Diefem chriſt⸗ mildeſten Vorſpiel folgten allerhöchſtdero Herr Eheges mahl; er hatte den Sinnſpruch: In te Domine spe- ravi, auf dich, Herr, habe ih gehofft, vorgefegt, und höcft feinen Namen Francieeus unterzeichnet. Der Heine Engel Maria Anna konnte wegen der allerzärtlichſten Jugend zivar nicht aus eigenen Kräfs ten, feine mwohlmeinende Gedanken mit der Feder ‚ausdrüden, trug dennoch aber das ruhmwürdigſte Verlangen ‚, ein folches zu bewerkſtelligen. Dieſe fo 49 innigfte Meinung nun in den Stand zu bringen, ge⸗ ruhten Ihro Eöniglihe Majeſtät aus mütterlicher Liebe das zarte Händlein zu ergreifen, dasſelbige zu führen, und nach vorſtehenden Wörtern: „Domi- nus spes mea a juventute mea, der Herr ift meine Hoffnung von meiner Jugend an, den geheim: nißvollen Namen Maria Anna aufzuzeichnen.” Der böhmifhe Sefuitenorden ließ es ſich fort: während angelegen feyn: bei ‚den dramatifchen Ues bungen feiner Schüler, einzelne Scenen aus dem Leben des heil. Sohannes von Nepomuk öffentlich darzuftelen, welche ſtets großen Beifall fanden, wies wohl fie faft durchgängig höchſt geſchmacklos zuſam⸗ mengewürfelt waren. Doch auch in neuerer Zeit d. h. den 16. Mai 1797, und dann wiederholt, wur⸗ de das fünfactige hiftorifhe Zrauerfpiel „Sohann von Nepomuk“ auf der Eöniglichen Nationalbühne in Prag mit Theilnahme gefehen. Bald verfchwand es je: doch von dem Schauplage, was Viele bedauerten, wiewohl die ſchärfere Kritit mit jenem Verſchollen⸗ Bleiben einverflanden ſeyn dürfte, Außer dem fchriftlihen und dramatifchen. Dar: ftelungsvermögen, war es inöbefondere auch die Kunft des Pinſels und Meißels, welche von jeher . das Andenken des Heiligen zu feiern fuchte, In un: G 50 zähligen Kirchen Böhmens umd anderer Ränder fin: den ſich Abbildungen desfelben, und wie viele taus fend Brüden, öffentliche Plätze, Häufer u. f. w. tragen nicht Ähnliche Leiftungen zur Schau, die bald mehr, bald minder gut gearbeitet find? Es ift eben fo unmöglich als zwecklos ein Verzeichniß ders felben anfertigen zu wollen; nur einige böhmifche Künftter aus früherer und fpäterer Zeit, welche nes benbei auch Grzeugniffe diefer Art fehufen, mögen weiter unten genannt werden, Aus Allem bis jegt Geäußerten geht bereits her: vor , daß fich die Feier des Heiligen nicht auf Böh—⸗ men allein befchränkte, Nein! fchon um das Jahr 1720 tar fein Nuf durch ganz Europa erfchollen, und bereits damals fang man in Kirchenliedern: qui vult signa et prodigia, accedat Joannem Ne- pomucenum. Zaufende von Statuen und Bildern, ‚von Ebrenfäulen und Altären aus Hol, Silber, anderem Metall, Marmor und dal. fah man in den Gotteshäuſern, auf den Wegen, öffentlichen Plägen, Strafen, vorzüglich aber auf den Brüden, und bies nicht allein in Böhmen, fondern insbefondere auch in Schlefin, Mähren und Batern, in De: ſterreich, Steiermark, Tyrol und Ungarn, dann nicht minder in Pohlen, den Niederlanden, in Stas / - N A ; j N U ne a a \ 5* lien, Frankreich, Spanien und Portugal, Die mei⸗ ſten bedeutenderen Städte dieſer Länder ſtifteten un= ter ſeinem Namen Brüderſchaften und feierliche Um— gänge, und es wurde faſt zur Gewohnheit, in Tes ftamenten reiche Legate zum Bau neuer, dem Heili⸗ "gen gemweihter Capellen oder Kirchen auszufegen. An Zeugniſſen „ welche dieſe Behauptung unterſtützen, fehlt es nicht, doch begnügen wir uns, aus der be: deutenden Zahl der von uns zufammengefragenen, nur einige, und zwar in chronologifcher Ordnung, hier einzufchalten, um dadurch auf die immer mehr anwachſende Verehrung des Heiligen hinzumeifen. Bemerkenswerth ift unter andern eine Stelle aus des Prager Nechtsgelehrten Franz Soahim Pomiena im I. 1720 erfchienenen Lobrede auf Johann von Nepomuk; Vitae et Famae par passus elc. Sie lautet: „Ehedem hatte nur das -breiftädtige Prag den Heiligen: gekannt, Nur die Mellen der Moldau murmelten und raufchten zum Johannäifchen Wun— berruhme , und den Schuß eines ſolchen Schirm: herrn, fehlen ber Schooß der hereynifhen Wälder allein bewahren zu wollen, Aber nicht lange darauf, fo fprach Kama von den merkwürdigen Anzeichen feiner Heiligkeit, und ihre Tuba fehmetterte den Ruf — und Johannes Namen aus der Nachbar: € 2 52 ſchaft bis zu den entfernteflen Völkern. Bon den Bergen herab trugen günſtige Lüfte das Lob unferes Schutzpatrons leicht dahin auf zarten Schwingen, und in allen Thälern wurde das Echo wach und rief taufendmal den gepriefenen Namen Johannes. Schon feierten ihn die hochherzigen Ungarn , ſchon nannte ihn das Volk der Sarmaten, Madrid bewunderte, Paris liebte ihn, und mas auch der bloße Neid ents gegnen mochte, Rom felbft wurde aufmerkfam. Sept hängen überall durch das weite Europa Johannes⸗ Bilder, Statuen ftehen, Altüre erheben ſich, man betritt geweihte Heiligthümer und Tempel, worin fein Muhm erfhallt, dringen mit hohen Zinnen in die Lüfte. Böhmen bewahrt einen Schag, den ein Metttheil ihm beneidet und zu beſitzen wünſcht. Doch Europas Grenzwächter, hohe Alpenhörner, felſige Meergeſtade verhindern es nicht die Glorie des Heili⸗ gen fi noch weiter ausdehnen zu laſſen. Schiffe irren um die Vorbirge des maurifchen Afrika, des nen Sohannes ein Caſtor, ein Schugherr wurde. Zu ‚Cairo erfchallen Eoptifche Lobhymnen; in Peking ſpricht ſich die Bewunderung für ihn ſineſiſch, zu Nanga⸗ zach in japaniſchen Liedern aus. Ja ſelbſt die neue Welt kennt die ee des Heiligen als einen - alten Cultus.“ x 55 Aehnliches äußert P.Lucas vom heil. Nikolaus, der in einer den zZ. Auguſt 1721 zu Tyrnau ges haltenen Rede ausruft: „Die gefammte Chriftenheit iſt unter den Schug des heil. Johannes von Nepo— muf geflohen. Urfach, (d. h. daher) daß dieſer tapfere Ritter höchſt feierlich in Böheimb, fromm eifrig in Oeſterreich, andächtig in Pohlen, chriſtlöblich in His⸗ panien und Wälſchland verehret wird. Urſach, daß ihm in allen chriſtlichen Ländern Altäre gebauet, Ca— pellen geſtiftet, Triumph- und Ehrenſäulen aufges richtet ſeynd. Urſach, daß ihm zu Barcelona in Hiſpanien und auch in Pohlen, die Andächtig = Erz gebenen zu feinen Ehren Gapellen gebaut und ges- fiftet. Urſach, daß die Joanni befonders verpflich- teten Wiener unter dem Schutz Mariä unbefleckter Empfängniß, eine. Brüderſchaft nach feinem Nahmen in der Domkirche des heil. Stephani angeſtellet. Ur⸗ ſach, daß das geſammte Europa ihn vor undenkli⸗ chen Jahren für einen Heiligen erkennet, verehret und angerufen” u, ſ. w. | Der 1722 zu Prag herausgefommene „Joanna— iſche Gnadenfhag” iſt ©. 67 der Meinung: »Mu- mera stellas, si potes, Gen, ı5, zähle die Ster= ne wofern du kannſt: fo zähle auch die Bildniffe des heit. Sohannes in allen Orten und Ländern! Wo iftein 54 chrifttiches Neich, Land oder Provinz, wo eine Stadt, Markt oder Dorffchaft, wo eine nahmhafte Straße; 200 eine Kirche oder Kapelle, wo ein Haus oder Wohnung, in welchem nicht das hohe Ehrenbild des heil. Sohannes von Nepomuk zu fehen wäre?’ — Und das Behauptete findet durch die italienifche Rede des P. Coft. Matheo Cal donaz zi ebenfalls Unter ffügung , welche diefer Sstalieneer den 15. Dftober 1729 in ber Prager Domkirche hielt: „Die ges fammte Chriftenheit und felbft das Gebiet der Bars - baren Eennt feinen Drt, welcher feinen Namen nicht ‚mit befonderer Achtung feiert. Und wer, der Kunde hat von diefem wunderbaren Schuge, wer follte ihn nicht zu feinem geliebteften Schirmherrn erwählen ? Um’ gegenwärtig von den Kirchen, den Oratorien und gemweihten Gapellen zu fchweigen — gibt es wohl ein Haus, das nicht irgend ein rinnerungszeichen an den Liebling der Kirche oder fein Bildniß bewahr⸗ te? Man fhmüct die Bruft mit feinem Abbilde und die erlauchteften Perfonen Eennen feinen höheren! Schmuck als diefen, dem fie durch Diamanten, Pets Ion, Gold und Silber eine äußerliche Zierde mehr zw geben bemüht find.” — „Es werden aller Orten (lieft man in der Gefhichtsfhreibung des Heiligen, Prag 1730, A, Seite gg) die Menge feiner Bild: ) 55 nuffen gefehen, eine überreiche Dahl deren aus Silber, Erz ; allerlei Steinen und Holz ausgearbeitete Eh⸗ renfäulen und unzählbare Altäre, auf denen Brücken und öffentlichen Wegen, auf denen Stadtmärkten, in denen Gaffen und in denen Gotteshäufern und Kirshen; gleihfam Johannes nur ein allgemeiner Schutzherr und Beſchirmer wäre. Und ift diefe Ans dacht im ganzen Deutfchland , Spanien, Pohlen, Hungarn, Defterreih, Mähren, Schleſien, Baiern und Flandern alfo ausgerufen , daß bald außerhalb der Eatholifhen Welt, einige Völker zu ſuchen wä⸗— ren, welche diefen heiligen und glorreihen Märtyrer nicht verehrten. Auch die anfehnlichfte Herrfchaften ſelbſten erfreuen fich Über deffen heilige Bildnuß, wel—⸗ che fie in Eoftbariften und auf das zierlichfte ausgear— beiteten Anhängnuffen öffentlich an der Bruft tragen und damit prangen.” - Dr. Son, Proſtowſky bemerkt in einer den 16. Mai 1734 in der Veitskirche gehaltenen Rede : „sum Genuß der Sohannäifhen Gaben firömen von allen Seiten die Schaaren frommer Pilger herz bei. Königreiche, vereinigte Provinzen beugen bier ihre Kniee, und eine ganze Welt drängt fih in das Land der Böhmen. Zur Ruheſtatt des Heiligen ge: langen die Seufzer ganzer Bölkerfchaften Edle, 56 - Bürger und das Volk flehen ihn als ihren DVertheis diger an, wünſchen ihn zum Beſchützer und hegen keinen höheren ——— als ihn zum Schirmherren zu gewinnen.” Ehen fo erklärt ſich ie bereits oben erwähnte Prieſter Joh. Raymund den ı5. Mai 1790: „Begebt euch bis an die äußerſte Grenze des. katho— lifchen Europa, und nachdem ihr eure Blicke über das ganze römifche Reich, Über Pohlen und Lithauen, Eifaß und Lothringen, Italien und Frankreich, Pors tugal und Spanien verbreitet habt; fo bleibt einen Augenblid bei den am weiteſten entfernten Provin« zen und Landfhaften ftehen, und ihr werdet gemahr . werden: wie die Gabe dee Wunderzeichen,, die une ferm Heiligen ertheift wurde, mit dem Lobe feines Namens über die Meere fegte 5 feine Heiligkeit in die neue Welt bringe, ihn in dem weiten Königs" reihe Meriko berühmt mache, und ihm aller Or⸗ ten die Verehrung zuziehe, welche bie Kirche den größten. und vornehmften Freunden und Ausermählten Gottes zu beftimmen pflegt.” Der neapolitanifhe Jeſuit Eudociuß Per fici fohrieb ein großes epifches Gedicht in acht Büchern , eine Nepomuceneis , welche dem böhmis [hen Sefuiten : Provinzial von dem römiſchen Ge: ’ i 57 neral = Affiftenten des Ordens, P. Lindtner, gefchenft murde, worauf fie der Präfekt des Pra—⸗ ger Glementinums P. Meffyely, zum Druck befördern ließ. Die Dichtung beginnt mit den Morten: 2 | Sacra, novaeque cano foecunda silentia pal- mae, Indigelumgue choros inveclum Herva recenti - Necdum ullum ducente via etc. und enthält in ihrem dritten Buche Vers 170 fe folgende hieher gehörige Zeilen, morin lebhaft genug die allgemeine , nicht ohne Enthufiasmus verbreite= te Feier des Heiligen bezeichnet wird, der taufend Brücken zu befihirmen feine , deſſen Bildfäulen vor Thoren, Pforten und Gebäuden, auf Straßen, Aeckern und Bergen, an Seen und in Wäldern ſtehen: ER — — — — centunr turrilis moenibus urbes Assurgunt, centum praecinctae molibus arces; Decurrunt ceutum divisi pontibus amnes; Cernere erat, simulacra, arcus, altaria, templa, Vrbibus hinc mediis, castellis, arcibus, illine Pontibus in summis, subter labentibus undis, Cz a. e Et Nepomuceni venerantibus ora Patroni; Ipsi etiam portarum aditus, aedesque, viaeque, Ipsi etiam montes, silvaeque, agrique, lacusque Joannis titulo, Joannis honore coruscant ; Et quidquid pietas habet ingeniosa per orbem, . Hie tibi laeta videt, Joannis nomine solvi elc. In Wien wurde den 16. Mai 1722 und wähe end der Dectave des Feftes, die Stephansfirche dem Heiligen zu Ehren auf das Eoftbarfte mit rothem Da= maft und vielen Kerzen ausgefhmüdt, — Zwei Jah— te fpäter führte man auf der über. den Donauarm zwifchen dem rothen Thurmthor und der Leopoldftadt ‚erbauten Brücke eine majeftätifche Triumphpforte auf, worin acht Abende nach einander ftets 6o hohe Wache: kerzen und 40 große Rampen brannten , und bei dem außerordentlichſten Menfchen-Zuftrömen mehrere Mus fiechöre ihre Harmonien -erfhallen ließen. Aehnliches fand fodann alljährlich im Wien zur Feier des heil, Sohannes von Nepomuk ſtatt; und andere Städte blieben in diefer Beziehung nicht zurüd. So hatte man 3. B. 1729 vor der Domkirche zu Bres⸗ lau ein hohes Ehrengerüft mit vielen hiftorifchen und allegorifchen Gemälden errichtet, und den Dom feldft durch mehrere tauſend Lawpen erleuchtet. — Schon — 59 716 wurde in Ungarn das Werk gedruckt: Nepo- muczeni Szent Jànosnak Elete, Halala Tiszte- lete etc. (d. h. des heiligen Sohann von Nepomuk . geben, Tod, Ehre 10); und 10 Jahre darauf beſtimm⸗ te der Temeswarer Erzbiſchof, Graf Nadasdi, daß jeden 16. Mai das Feſt des Heiligen durch das ganze Bas nat gefeiert werden fol. Zu Zemeswar errichtete man. ihm eine Chrenfüule, und meihte fie durch gläns - zende Proceffionen ein. — Vorzüglich ſchnellen Ein: gang fand diefe Verehrung in Baiern, und zumal in Regensburg , wo der gemöhnliche Prediger des Stiftes Niedermünfter, P. Clemens Burghaufer, den 26. Auguſt 1729 in einer Öffentlichen Rede behaups tete: „Es ift faft kein Heiliger-im Reich der Him— mel, der mit folhem Andachtseifer von der ganzen ; Melt, fonderlih in Deutfchland und Böheim verehre- wird, Mariam die allerfeligfte Zungfrau ausgenom⸗ men, als der heil. Nepomucenus. Verehrt wird er von infulirten Kirchenprälaten, hochwürdigſten Biſchö⸗ fen, gepurpurten Cardinälen und römiſchen Päpften ; verehrt von fürftlichen,, Eöniglichen , ja Eaiferlichen Standesperfonen , die ſchriftlich um die Befchleunis gung der Canonifation des Heiligen eingelangt, Die jegt glückfelig regierende Kaiferin Eliſabeth hat in zweien an den päpftlichen Hof erlaffenen ae 64 60. ben angezogen: daß fie nicht ohne fonderlichen Troſt ihres Geiftes, das Bildniß des heil. Nepomuceni bei ſich trage und mit diefem-prange, wie andere Ritters orden mit ihren insignibus, In dem zweiten Send⸗ ſchreiben thut ſie Anregung von dem mächtigen Schuß Nepomuceni , welcher auch in auswärtigen Ländern die Faiferlihen Armeen befchirmet, jenſeits des Ges birgs und über Meer; nennet ihn bald tutelarem einen Schugheren, bald Thaumaturgum einen Wun⸗ dermann; bald einen hochanſehnlichen Fürbitter bei Gott, der mit Heiligkeit und Mirakeln ſchimmert ꝛc. — Verehrt wird Nepomucenus in unſerm lieben Va⸗ terland Baiern, wo dieſer heilige Mann als ein Lan⸗ despatron erfiefen; verehrt wird Johannes abfonders ih in Prag bei feinem heifigen Wundergrab.” u, ſ. tv. — Zu Salzburg beiden Franciskanern errichtete ‚ man ihm im Jahre 1722 einen Eoftbaren Altar. Auf gleiche Meife verbreitete fich diefer Cultus durch die unter öfterreichifchee Hoheit flehenden Nieder lande; denn in dem 1758 zu Antwerpen befannt gemachten Leben des Heiligen liest. man Seite 186ff.: “ er werde ſowohl in Löwen, als in Brüffel, Gens ıc. ſehr gefeiert, fein Bild fey in vielen Häufern ber ges fammten Niederlande zu finden, und er felbft täglich als Fürbitter angerufen. De Marne behauptet da= 61 - her in dem Märtyrer des Beichtgeheimniffes ꝛc. Seite 213: „Von diefer Zeit an verbreitete fich die Vereh⸗ rung des Heiligen immer mehr, ftatt abzunehmen, wie dies wohl bisweilen zu gefchehen pflegt. Sie drang aus Deutfchland durch ganz Europa, insbefondere nach Brüffel und in alle übrigen Theile der Niederlande, zum wahren Nuhme des Höchſten und zur Erbaus ung des Volkes.” Daß Johannes v. Nepomuk auch bald in Franke reich verehret wurde, dafür fpricht zum Theil fehon das eben erwähnte Werk; doch fand er noch weit mehr Anerkennung in Stalien, wo Antonius Paffi, Eanonicus von Trident und Secretär der Eniferlichen Geſandtſchaft zu Rom, das Leben und die Acten der Canoniſation dieſes Heiligen herausgab und der päpfts liche Stempelfchneider Hamerani zu Rom ihm zu Ehren im Jahre 1729 eine Medaille prägte, Auf der einen Seite berfelden fieht man das Bild und den Namen Papft Benedict XIII., auf der andern den heil. Johannes von Nepomuk, dem ein Engel die Krone auffegt, mit der Um und Unterſchrift: APOTHEOSIS IN LATERANO S, JOAN. NEPOM. MDOCCXXIX. 62 Faſt auf allen, oder doch den Hauptbrüden im Ge: biete von Rom, Parma, Modena, Pavia, $lo: ren; und Mailand errichtete man ihm Statuen ; dasfelbe gefhah im J. 1723 zu Meffina auf der Brüde vor dem Auguftinerklofter. So war auch die Königin Amalia Walpurgisvon Neapel fehr bemüht, die Verehrung des Heiligen im ganzen Königreiche ein zuführen, und fie fliftete ihm außer der fhönen Kirche zu Portici noch manche andere Gotteshäufer und Bild: ſäulen. Ein Gleiches gefhah zu Genua; ja fogar in Belgrad und auf der Inſel Elba, bereits in der Mitte des XVII. Sahrhunderts, wohin deutfhe Ma⸗ troſen und Seefoldaten diefen kirchlichen Dienft vers pflanzt hatten, der auch bis na Stavonien und Al: banien und andie Küften des adriatifihen und mittelländifchen Meeres vorgedrungen war, Bon Spanien galt dasfelbe ; denn am 3. Mai 1770 ſchrieb der königlich fpanifhe Raths-Advocat Joan. Joſ. Pacheco und Gusmann aus Nebula in der ſpaniſchen Provinz Andaluſien an den Dechant bes Prager Domkcapiteld einen lateiniſchen Brief, der 2772 gedruckt erfchien. und worin. e8 heißt: „In unferem Erzbisthume Sevilla hat ſich die Andacht zu dem heiligen Sohannes von Nepomuk fehr weit aus- gebreitet. Selbſt in der Stadt Sevilla werden ihm in verſchiedenen Pfarr⸗- und Klofterfirchen, Gapellen und Altäre geweiht; und jährlich verrichtet man ihm zu Ehren an verfchiedenen Orten die neuntägige Ans dacht, Beſonders ift in der Pfarrkirche zur heiligen Maria Magdalena dafür mit Bewilligung des geift: . Tichen Amtes eine Brüderfchaft geftiftet worden. Sn den Flecken Palma, Aramena, Hudva, St. os hannes a Portu und in vielen andern vermehrt ſich die Verehrung dieſes Heiligen von Tag zu Tage ꝛc. Es fey Ihnen genug zu miffen, daß in unferem ganz zen Erzbisthume, nach Gott und der feligften Sunge frau, Eein Heiliger mehr geehrt Rue als der heilige Sohannes von Nepomuk.” Im J. 1744 ließ die Königin von Portugal Maria Unna Sofepha, Tochter Kaifer Feopold I. zu | Liffabon vor der Brücke von Alcantara eine ſchöne Bildſäule des Heiligen errichten. Auch theilt Berg— hauer a. a. O. Bd. II. Seite 223 ein Schreiben deutſcher Miſſionäre aus dem indifhen Hafen Sc Maria mit, worin ſie dringend Abbildungen des heil. Johannes verlangen, um fie unter das Volk vertheis fen zu Eönnen, und in welhem fie erzählen: fie hätz ten zu feinen Ehren in einem Jahre eine ‚breifache kirchliche Feier veranjtaltet, - und zmar mit folchem Zulaufe des Volkes, daß bei den Feſten des heiligen 65. © 64 | Ignatius, Kaverius und Aloyfius niemals fo viele Bes fucher erfihienen wären. Und endlich fagt in dem, "1750 zu Prag im A berausgefommenen Merke Über den Heiligen, der Verfaffer auf Seite 250: „In Neufpanien und in ven zweien vornehmz fien Städten diefes Königreiches, Mexico und Puebla Ungelorum genannt, wird der Fefttag diefes Wunder: thäters mit neuntägiger amdächtiger Vorbereitung und hohem Amt, in Gegenwart der Magiftrate, des Adels, der Drdensgeiftlichen und unzahlbaren Volkes auf das prächtigfte begangen. ein von dem Pater Zohan: ne Antonio.de Oviedo aus der Gefellfchaft Sefu in derfelbigen Landesfprache befchriebenes Leben wird alle dorten durchblättert und gelefen.” Diefe Zeugniffe liegen ſich noch ungemein ver: mehren, da bie Literatur der Über den Heiligen ges ſchriebenen Werke bereits fehr bedeutend anwuchs. Es wird indeß ſchon das Mitgetheilte genügen : den Lex “fern eine der merfwürdigften Erfcheinungen des from— men Eifers ziemlich deutlich vorzuführen, die um fo auffallender iſt, da fie einer Zeit angehört, welche als phantafielos verrufen ift und gewöhnlich nur für die Periode, der geiftigen —— und der Geſchmack⸗ loſi ik gilt. | | Le 9 Das Feſt ver Weiligfprechung des heiligen Johannes von Nepomuk, gefeiert zu Prag im Jahre 1729, und nach gleichzei⸗ tigen Berichten geſchildert. Vorbereitungen zum Feſte. DD. Nachricht von der zu Nom erfolgten Canoni⸗ fation des heil. Johannes von Nepomuk war ſchon im März 1729 durch ganz Böhmen bekannt gewor⸗ den, und hatte nicht allein in dieſem Lande, fondern felbft in einem großen Theile Deutfchlands . die leb⸗ haftefte Freude erregt, wohin ebenfalls bald die Kuns de gelangte, daß man die Eirchliche Feier diefes Ereig⸗ niſſes vom 9. bis 16. October in der Hauptſtadt des | Königreiches mit dem größten Glanze zu vollziehen Willens ſey. Prags Erabifchof, Zerdinand Graf v. Küenburg, erließ den 9. September eine gedruckte 66 Bekanntmachung, worin die Ordnung des achttägi⸗ gen Feſtes zur Kenntniß des Volkes gebracht und ges nau beftimmt wurde, welche religiöfen Feierlichkei— ten in ſtrengbemeſſener Reihenfolge ftatt finden, und welche geiftlichen Orden oder fremden Proceflio: nen diefen oder jenen Zag den Umgang halten follten, Die Erwartung unzähliger Menfchen fah fich dem⸗ nach tägliy immer mehr und mehr gefpannt ; das Tangerfehnte Feft blieb das Gefpräh aller Familien, und man traf von jeder Seite her Vorkehrungen, es fo glänzend als möglich begehen zu helfen; was um fo weniger befrembden konnte, als das öffentliche Les ben damals geringe Abwechslung darbot, und man fi Eeiner Begebenheit zu entfinnen vermochte, die auf dag Gemüth fo bleibend eingemirkt hätte, als es fich Jeder von diefen Tagen der finnigen Luſt verſprach. Bald fhien das halbe Königreich fi nach Prag ergoffen und faft jedermann die Heimath verlaffen zu haben, um der weit verkündigten Octave in Prag beizumohnen. Ale Gafthäufer waren mit Fremden überfüllt, jeder Familienzirkel war durch herbeigeftrömte Gäfte verdoppelt und verdreifacht worden ; die ausgedehnte Stadt ſchien nun plöglih um die Hälfte zu: Elein für ihre Einwohner und viel zu arm an Herbergen zu = 67 feyn ; ein großer Theil des Volkes fchlief während der freundlichen Herbftnächte in den Kreuzgängen der Klös ſter, auf den Stufen der Kirchen, in offenen Hallen, oder auf den Seitengängen der Brüde; durch alle Straßen erfhallten fromme Lieder zum Lobe des Heiz ligen; jede kleinere oder größere Proceffion hatte ihre Muſikchor bei ſich, deffen Trompeten vorzüglich laut fihmetterten; feltfame Karoffen und bemalte Spiegel: wagen aller Art, mit neugierigen Neifenden gefüllt, . rücten langfam vorwärts, durch. das wachfende Ge: dränge aufgehalten; bunte Trachten in reicher Ver⸗ fchiedenheit und Abwechslung feffelten das Auge; und vor allen Sieg: und Ehrengerüſten, die an jeder Kir: che und an vielen Palläften prangten , fammelte ſich die gaffende Menge, auf deren Gefichtern fich Freude und Sehnfuht nah dem — des großartigen FROM malte, Beginn u Feſte s. "Kaum dämmerte der. Abend des achten Octobers, fo begann von mehr als hundert Thürmen das Ge: läute fämmtliher Gloden, da die Vigilien des er fies jetzt angebrochen waren, und mit dem folgenden Morgen die Detave ihren Anfang nehmen follte, wie es auch in der That gefhah; denn fehr früh am-g» - 68 | Dftober zog das Negiment Singen, neu gekleidet, mit fliegenden Fahnen und Elingendem Epiele auf den Hradſchin in das Nefidenzfchloß , und ftellte fich in. feinem innerften Hofraume auf, Ihm folgten eben fo raufchend dreizehn Bürger ⸗Compagnien, welche die Pläge in der Nähe der Staubbrüde, des erzbis fhöflihen Pallaftes und des Nathhaufes befegten. Das nahe, aufdem Berge Sion gelegene Präs ‚monfteatenferflife Strahow war zum Sammelpunfte der Hauptprozeſſion beftimmt worden, damit fie die - erforderliche Ausdehnung gewinnen könne. Um zus gleich den Glanz der Feierlichkeiten zu erhöhen, und den Vereinigungsort der gefammten Beifllichkeit, des Adels, der Univerfität, der Magiſtrats- und Stans deöperfonen entfprechend zu ſchmücken, hatte der Abt vor feinem Stifte eine Art Zriumphpforte errichten laffen, Ao Schuh hoch und 20 Schuh breit, woran man viele Snfhriften und Embleme bemerkte, z. B. das fombolifirte Böhmen, die Domfirche, das Pra⸗ ger Univerfitätsgebaude , und das ſtrahower Kloſter ſelbſt. Mit Palmen- und Lorberzweigen erblickte man alle Säulen bis zu den Gapitälern hinauf ums _ rounden 5+ doch zeichneten ſich das Bild des Heiligen und einzelne Darftelungen aus feiner Martyrgefhich: — te am meiſten aus. Uebrigens verdeckte einen Theil — | 69 dieſes Ehrengerüſtes ein großer, aus der Höhe der Kirche herabſchwebender Baldachin von grünem Das maſt, deſſen Seitenvorhänge aus Goldſtoff beſtanden. Unter ihm prangte ein Altar, worüber vier Erpftalles _ me Kronleuchter ihren Glanz verbreiteten und ein hohes Zabernafel beftrahften , worin fich ein Abbild der Zunge des Heiligen befand. Aller Orten hatte man Eoftbare Steine, edle Metalle, Blumen, Sam: ‚met, Seidenftoffe , Spigen und Bänder. angebracht, inöbefondere aber auf der Johannes-Bildſäule, die bald im feierlichen Zuge umher getragen wurde, Denn nachdem bereits feit 5 Uhr des Morgens, und zwar bei dem ungeheuerften Zudrängen des Vol⸗ kes, in der Kirche des Strahows feierliche Meflen gelefen, und Reden in deutfcher und böhmifcher Spra= che gehalten worden waren, und der Erzbiſchof dag gefungene Hochamt geendigt hatte, feßte fih, früh um halb g Uhr, bei dem Braufen des Blodenges läutes von ganz Prag und dem Löfen der Geſchütze, ir Prozeflion nah der Domkirche in Bewegung. Eröffnet wurde fie durch den Pfarrer zu St. Mar— tin, der gleihfam- den Wegweiſer machte; dann folgten die Fahnen der drei Prager Städte, dahin— ter ein bedeufendes Muſikchor mit Trompeten und Pauken ; und nun in langem Zuge die fümmtlichen 7 * 70 Mitglieder der verſchiedenen geiſtlichen Orden: die Trinitarier, die Kreuzherrn mit dem rothen Herzen, die Carmeliter, die alt- und neuſtädter Serviten, die Paulaner, barfüſſigen Auguſtiner, Capuziner, Franciscaner, Hiberner, die Auguſtiner von St. Thomas, Minoriten, die altſtädter und kleinſeitner Dominicaner, ſo wie die Prämonſtratenſer. Ihnen ſchloß ſich abermals ein Muſikchor an, und nun ſah man ſämmtliche Magiſtrats-Perſonen der Prager Städte; darauf die verſchiedenen Facultäten der Uni⸗ verſität, denen von 19 Männern die aus Rom hie⸗ her geſandte, 20 Schuh hohe und 14 Schuh breite Fahne von rothem, reich mit Gold verzierten Da⸗ maſt nachgetragen wurde. Zwei reich beſetzte Muſik⸗ höre, 150 Perſonen ſtark, folgten unmittelbar dar⸗ auf; dann Famen bie erzbifchöflichen Alumnen und Gonvictoren , die Subdiaconen, Diaconen, fämmtlie che Pfarrer der Prager Städte in rothfammtenen luvialen, die Altariſten und Beneficiaten der Dom⸗ kirche. Sechs Prieſter trugen hierauf die lebensgro⸗ fe, koſtbar ausgeſtattete Statue des Heiligen, mel: her die Vicariften und Conſiſtorialräthe folgten, nicht minder das erzbifchöfliche Comitat, die ſämmtlichen Prälaten des Königreich mit Eoflbaren Pluvialen und Infeln, die Canonici der Domkirche mit Pluvia⸗ J Kr. fen und Infeln von Goldftoff, die Bifchöfe von Leitme⸗ riz und Königgräz, und endlich der Erzbifhof, in einem goldenen , reich mit Diamanten befegten Ge= fäß die Zunge des Heiligen vor fih tragend, — Mit diefem Zuge der GeiftlichEeit vereinigten fich alle Ver: maltungsbehörden : die Eöniglichen Statthalter, alle Beifiger der verfchiedenen höheren Dicafterien, der einheimifche und fremde Adel, und endlich die unge— heure Maffe des übrigen Volkes, welche fih im une Überfehbaren Zuge nachdrängte. — Soldaten bilde: ‚ten zum Theil ein breites Spalier, zum Theil bes gleiteten fie die Prozeffion felbft. Die gefammte Cle⸗ riſei und der Magiftrat trugen weiße MWachskerzen 5 die höheren Beamten hingegen brennende Faden. — Fortwährend fepmetterten die Trompeten und wir⸗ beiten die Trommeln, und die Chöre der Bürger: Compagnien liefen ihre Jubelmuſik ertönen. — Ein gleichzeitiger WBerichterftatter *) erzähle von diefem Umzuge: „Viele hochadelige, hochwürdige, hochgee lehrte und infulirte Häupter und Prälaten haben “ihre, hohe Würde und Purpur tragende Schultern untergebogen, und den heiligen Leib diefes triumphi—⸗ renden chriſtlichen Helden in Begleitung des hohen, * ) Der Leitmerizer Feiertagsprediger P. Georg Söldner, 7 auch durhlauchtigften und zahfreichen Adels , in Ans wefenheit vieler taufend und taufend Menfchen faft aller Landen, unter mehr ald taufend Giegesfahnen, unter unaufhörlichem Pauken - und Trompetenfchalf, Elingendem Feldſpiel 8 den auserleſenſten Stimmen⸗ und Saitenmuſik, unter Frohlocken und Jubelge⸗ ſchrei eines unzählbaren Volkes, unter unabläßlichen Dank: und Lobgefängen ‚ Eurz zu fagen, unter allers lei Freuden: und Chrenbezeigniffen, folhen unfern ‚glorreichen Obfieger und großen Diener Gottes Jos annem Nepomucenum , in der weltberühmten Stadt Prag mit öffentlichem ‚Sieg: und Chrengepräng, als in einem prächtigen Triumph, geführt.“ — Durch eine vor der Domkirche aufgeführte Ehrenpforte, hö⸗ her und koſtbarer als jene des Strahows war, zog die andächtige Menge nun in die Metropolitane ein, und füllte jeden Raum derſelben bis zum Ueberma⸗ Fe aus, | De Elan Schmud der Metropolitan: Xirche— Wenn man weiß, daß mehr als zwanzig gleichzei⸗ tige Schilderungen oder vielmehr Programme des Jo⸗ hannes⸗Feſtes erſchienen, daß ſich darin der beſte Stoff für IR auch unſern Literatur Freunden lesbare 75 Darftellung auffinden kaffen müffe, zumal da bie Schriftſteller, welche um den Beginn des XVILL, Sahrhunderts lebten, ihre Freude am Eleinlichen Aus— malen fanden. Aber leider gefchah dies mit fo mes nigem Geſchmack, mit fo geringem Takt und einem fo gänzlichen Mangel an Schönheitsfinn, daß e8 feis ne unbedeutende Aufgabe bleibt, aus dem Muft ih⸗ rer trodenen Notizen Manches herauszufinden , was nur einigermaßen bie Beftandtheile zu einem anſchau⸗ lichern Gemälde liefern Eönnte, — Glänzend genug . mochte ſich wohl das Aeußere der Veitskirche zeigen, denn ihr Schmud [dien aus allen Winkeln und Eden der Deeorationskunft zufammengetragen und maſſen⸗ weiſe aufeinander gehäuft zu ſeyn; aber freilich war hiee nur Ueberladung und nicht jene Einfachheit zu bemerken , die, wenn fie angemefjen, d. h. großartig . ‚verwendet wird, das in folchen Fällen einzig Richtige iſt, und den umverdorbenen Naturmenfchen eben fo zu ergreifen vermag, als den geläuterten Sinn des Kunſterfahrenen. | | Man hatte an der Vorderfeite der Metropolitane von dem Prof. Joh. Ferd. Schorr ein 75 Zuß hohes, auf die Heiligfprehung des Landes = Schußpatrons fich beziehendes Frescogemälde verfertigen laffen, das nad) der Belagerung Prags im Jahre 1757 von Je D 74 feph Bayer und 1772_von Wenzel Kramolin wieder hergeſtellt wurde, und noch gegenwärtig für eine be— achtenswerthe Arbeit gilt. — Vor der Kirche ſelbſt ober war ein Sieg: und Ehrengerüſt aufgeführt wor— den,’ aus] mehreren hintereinander erbauten Triumph: pforten beftehend. Hier fah der erffaunte Pilger eis nen hohen Vorbau und dann mehrere Schaubühnen mit Thürmen, deren Schilderung verfucht werden fol. Vier allegorifche Statuen fihienen das Vorge rüſte zu fohügen, oder vielmehr die Hauptmomente = aus dem Leben des Heiligen zu verfinnlichen ; es wa⸗ ten die Nächitenliebe , Verleumdung , Verfhmwiegen: heit und Hingebung, umgeben mit hiftorifhen Mas lereien, aber auch mit perfonificieten Ideen und mit Inſchriften in deurfcher und lateiniſcher Sprache. ‚Dann gelangte man zur erſten Shaubühne, dem eigentlichen Mittelpunfte des Chrengebäudes, mit eis ner achtedigen, 73 Schuh hohen Capelle, deren obes res Gefimfe von vier, mit Attributen verfehenen Se⸗ raphinen getragen wurde. An ihren Wänden hatte man Gemälde, Lampen und Kerzen angebracht, ſo wie auch Palmen und Lorberzweige, Lilien und Ro— ſenſträuße. Bon der Dede hing hinter einem Kry⸗ flallglafe das Bild des Heiligen nieder, mit zahlreis hen Edelſteinen befegt, und «8. fehlte ebenfalls hier * 75 nicht an erläuternden Deviſen. Ueber oder hinter dies fem Monumente fiel der Bli auf einen aus großen Kragfteinen zufammengefügten Bau, der fich an die nabe fiehende Gapelle des heiligen Adalbert lehnte, und deffen Spige eine von Gold fhimmernde Glorie fhmüdte, worin fi) die Zunge des Heiligen in eis nem mit. Edelfteinen verzierten Kryſtallgefäße befand. Zur Seite flanden manderlei Sinnbilder, 3. B. die | vier , feit Sohannes Geburt verfloffenen Jahrhunder⸗ te u. fe we Unter diefer Bühne aber führte eine Art Pforte hindurch mit einem Goldteppich und mit aus Blumen verfertigten Allegorien gefchmüdt ‚mo: durch auf die Tugenden des Heiligen hingedeutet wer— ben follte, indem die Sonnenblume feine Treue bes zeichnen follte; die Lilie — volllommene Reinheit ; die roth und weiß gefärbte Zulpe und Nelke — Ries be und Unſchuld; die Kaiferfrone — frommes Selbft« gefühl; die Paffionsblume — Ergebung in die Mare tyrpein; ein ſtachliger Roſenſtrauß — Abwehrung une hriftlicher Gefinnungen; durch den Mind bemwegte ‚wohlriehende Blumen — Ausbreitung guter Lehren ; die Umaranthe als Zeichen der Beftändigkeit ‚md das DVeilchen als befcheidenes , zulegt dennoch aner— Eanntes Verdienft, — Ueber dem Ganzen ſchwebte ein Adler der Sonne zu. Da % 75. a \ Nun beiwunderten die Schaulufligen einen andern Kunftbau, d. h. vier 26 Schuh hohe, oben mit hel⸗ len Sternen verfebene Thürme, melche die eben be: fchriebene Gapelle umgaben, An dem erften Thurs me trat das Bild der Jungfrau befonders hervor, näms lich eine Kopie der Statue’ der Prager Teinkicche 5 außerdem ein zweites des Papftes Innocenz XIII, wie er das Abbild des Heiligen fegnet; dann der pers - fonifizirte Glaube und Gottesdienft mit vielen Sinn⸗ bildern: ein fegelndes Schiff, das. furchtlos die ho= ben Wellen theilt 5 die duch Molken brechende Sons ne, der mühfam zu erfteigende Olymp; auffahrende Raketen, welche glänzen und das Auge erfreuen ꝛ⁊c. ‚Die gegenüber flehende Seite diefes Thurmes zeigte das Standbild -Kaifer Karl VI., ihm zur Seite die Stärke und Beſtändigkeit, fämmtliche Mappen aller öfterreichifchen Länder; die Nachbildung der Doms Fire, ringsum von Luftfeuer umftrahlt, und darz über der Name bes heiligen Schußpatrons. — Der zw eite Thurm bildete in der untern Abtheilung eine vollbtättrige Laube, worin der Maler den heil. Jos feph dargeftellt hatte; nicht minder den Papft Benes dict XIII., wie er dem Cardinal von Althan die nach⸗ geſuchte Ganonifationsbulle überreicht 5 zur Seite die päpftlihen Wappen; fünf Sterne auf ‚ aus dem n 77 Maffer hervorragenden, Palmenzweigen; in den Wol⸗ Een ein Adnus Dei; unten Fama, , die Gottheit der Ziber und Aehnliches mehr. Die andere Seite zeige te das Eunftreich entworfene Porträt des Prager Erz: bifchofs, die Wappen der Domfirche, des Domcapi⸗ tels und aller übrigen Bisthümer und Domcapitel ber andern.Gathedral: oder bifchöflichen Kirchen Böh— mens; meiter unten eine Proceffionze. — Den drit: ten Thurns hatte der Architect mit ber Bildfäule des heil. Wenzel und mit vielen Symbolen zu ſchmücken gefucht, denn hier erblictte man das Königreich Böh⸗ men, die drei Prager Städte und die zwölf Kreife des Königreich, jeder feine eigenthümlichen Erzeugniffe dem Heiligen überreichend. So brachte z. DB. der altbunzlauer Granaten und Rubinen; der Eö: niggräser Vögel, insbefondere Fafanen ; der hrudimer feine Kryſtalltafeln; der daſlauer Silber; der Eaurfimer fletö grüne Bäume; der bechiner Lachſez der prachiner Perlen und Goldſand; der pilfner ein weißes Lamm; der faazer Aehren; der leitmeriger rothen und weißen Wein; der vafoniger Salz, und der be= rauner Neliquien , auf die in ihm einft zu Karls flein verwahrten Reliquien hiemit anfpielend. Weber dem Ganzen flieg der grüne Berg, die Heimath des 78 | Heiligen, empor. — Aufdem vierten Thurme fand man dargeftellt : den heit. Veit und die vier Welte theife, in welche Sohannes Ruf bereits drang; d. h. Europa, dann Afien, insbefondere mit dem di: nefifhen SKaiferreihe: Afrika mit dem König: reihe Congo; und Amerika mit Peru und dem neumerifanifhen Gebiete. Alle huldigs ten ebenfalls und braten Ambra, Go, Papagei: en, Oele u. f. w. dar. — Sämmtlihe Thürme hats ten oben breite Ruftgänge, mit Laub: und vergoldes tem Schnitzwerk verziert , zu denen man auf breiten halbrund gefchwungenen Zreppen gelangte; auch was ten diefe Thürme und die erfleren Bühnen durd) Seitenwände mit dem Haupteingange der Domkirche verbunden, die mit bunten Teppichen und anderem Decorationswerk prangten, das lbergangen werden mag, um der Einförmigfeit doch einigermaßen vorzus beugen, Deshalb fey aud nur Eurz angedeutet, daß die Wallfahrter noch durch ein anderes, 83 Fuß ho⸗ hes Prachtgerü ſte zu gehen hatten, bevor ſie in das Gotteshaus traten, — daß alle Zwiſchenräu⸗ me mit lateiniſchen und deutſchen Inſchriften, Vers fen und Devifen ausgefüllt, -und fämmtliche Baus werke von dem Prof, Schorr ‚angegeben worden waren, 79 Snnere Verzierung der Metropolitans ticde a: Menn der Dom des heil. Veit fehon in feinen alltäglichen Zuffande einen. ungewöhnlihen Anblid darbot „mit feinen Fühnen, gothiſchen Wölbungen, den vielen ſchlanken und doc Eräftigen Säulen, feinen zahlreichen Seitencapellen, zum Theil von Gold, eds len Steinen und hellen Farben ſchimmernd; wenn feis ne Grabdenfmäler aus fernen Sahrhunderten oder neueren Tagen, bald durch ihre auffallende Form, bald | durch ihre ſchöne Ausführung von jeher den Blick feſſelten, und faſt ſämmtliche Spuren der vandali⸗ ſchen Zerſtörung des dreißigjährigen Krieges aus die— ſen ehrwürdigen Räumen verwifcht zu feyn ſchienen: — ie magifch mußte nicht erft jetzt ihr Anblick auf den erſtaunten Fremden einwirken, der in einen Zempel trat, melden die reinfte Liebe und warme Gottergebenheit gefhmüdt hatte! Ueber dem Hodjaltare, der von Gold und Eilber fhimmerte, ſchwebte von dem Gewölbe herab ein fehe ‘großer Eoftbarer Baldahin von purpurfarbenem Sams met, Überreich mit Gold geſtickt, deſſen aus ebenfalls dunkelrothen Tapeten beſtehende Flügel 24 Ellen tief herabhingen, und von vergoldeten Engeln ſchwebend getragen wurden. Auf dem Altare ſelbſt ſah man / i r_ Fr 80 große Statuen, Bruftbitder, hohe Leuchter, Vaſen ıc. ‚Insgefammt aus Silber gearbeitet, und vor allem firahtte die filberne Statue des Heiligen, deſſen Feſt Heute begangen wurde. Nicht allein das Presbyterium , fondern die gans ze Kirche, d. h. alle ihre ſtarken Pfeiler, ihre Chöre und Seitenwände, twaren mit den fhönften rothfei: denen Zeppichen und damaftenen Spalieren behan⸗ gen, über welche man vierzehn erſt zu Rom Eunfts teich verfertigte Darftellungen aus dem Leben des Heiligen in ſtark vergoldeten tiefen Rahmen anges bracht ſah. Meben ihnen hingen abmwechfelnd Blus menguirlanden, Spiegel und Kryſtallleuchter; aber die 55 gothifchen Säulen der Emporkirche oder des Um: ganges mit feinen ausgezeichneten Steinbruftbildern aus Wenzel IV, Zeit, — diefe Säulen hatte man mit Gold» und Silbergemebe, mit Lorbeer: und Palmen: zweigen und Blumen kreuzweis ummunden, und ihre, Kronen und Gapitäler waren mit vergoldetem Metall überzogen. Bmifchen den Pilaſtern fcehwebten mehr als fechzig filberne Lampen herab, die nebft den 264 großen Wachskerzen in ihrer Nähe. das heilfte Licht - herabgoßen. Unter ſämmtlichen Fenſtern fiel der Blick . auf neu verfertigte, fih auf das Feſt beziehende Ge: mälde, und unzählige Kronleuchter von Kryſtall hin 81 gen von der Decke der Kirche nieder, deren ſämmtli— che Altäre mit Blumenguirlanden, mit Bändern und hellem Flor umwunden, und mit bunten Früchten ausgeſchmückt waren. | Schon dieſer Glanz allein, abgefehen felbft von religiöfen Beweggründen hätte Zaufende von Men: fhen in den Dom ſtrömen laſſen, der als Verein: punkt von Reichthum und Schönheit erfhien. Ver— for er in feinem gegenwärtigen Zuſtande auch etwas von feiner gothifhen Eigenthümlichkeit, indem feine Fenſter flatt der bunten Scheiben das hellfte Glas erhalten hatten, und das Dedengewölbe lebhafte Ab: bildungen zeigte : fo blieben die alterthümlichen großes artigen Formen doc immer vorherrſchend, fo daß ihm der neuere Ungeſchmak nichts Wefentliches rau: ben Eonnte, fondern diefer Pomp von Verzierungen mehr nur zur Auffrifhung, zum Verjüngungsfhmud diente. Das Auge ward geblendet durch folche Ans bäufung von Gold, Silber und Edelfteinen, von Goldz, Sammet:, Damaft: und Seidenftoffen, von Silber: Lahn, bunten Bändern und Blumen, Zahlloſe Ker: zen fchimmerten auf filbernen Leuchtern von allen Al— tären, von allen Kron- und Wandleuchten, und in den Händen der Wallfahrter; taufend Eleinere Wache: lichter brannten am Zuß oder der Brüſtung jedes Ds ne , | | Altars und jeder Capelle. Dazu benfe man ſich mehe als hundert bunte,- mit Seidengewebe umeleidete Fah⸗ nen, melche aus der Überflutenden Menge der Herz beigeftrömten emporragten, die von den Eingangswas en nicht zurückzudrängen war; man ermäge, daß fämmttiche Prälaten des Königreichs und vieler be= nachbarten Länder in den reichſten Pluvialen zugegen waren, daß die vielen anmwefenden Mönchsorden durch ihre eben fo verfhieden geformten als gefürbten Or—⸗ nate dem Blick die intereflantefte Abwechslung dar: boten 5; daß der reichfte Adel Böhmens und mancher anderen Bezirke im vollen Glanze erfhien; daß die. Trachten vor hundert Sahren weit mehr Auffallendes ats jegt und oft den fonderbarften Anblick gewährten; — man -denfe ſich dies bunte Gemiſch von Prieftern, Ordensmännern, von höheren Beamten in Unifor: men, von wachhaltenden Soldaten, von Univerfitätse und Magiftratsperfonen ; man erinnere ſich ſelbſt an die damaligen Abarten des weiblichen und männlis chen Kopfpuzes ‚an jene Eünftlichen Florgebäude, an die Allongen = Perliquen und andere fonderbare Haare verzierungen, und wie man damals bei allen feierli⸗ chen Gelegenheiten in die bunteften und reichften Stof- fe gekteidet, einherging, — und man wird ſich we⸗ nigfiens eine ſchwache Idee von jenem Außerſt in⸗ 83 tereffanten Anblicke rn können, den das auf fols Ri che Art ausgefüllte Innere der. Metropolitankirche zeis gen mußte; ein Anbli@, der den Sinn neh mehr. gefangen nahm, menn man die Gegenfäge zwifchen der Erſcheinung der höheren Stände und des Lands - volkes mit feinen Nationaltrachten in Erwägung 309. Unaufhörlic duchfchallten fromme Lieder das Got: teshaus, da ſtets anfommende und wieder abziebende Proceflionen ihre befonderen Gefangesweifen aus vol⸗ ler Bruſt anftimmten, von ihren Prieftern und Vor- fängern oder Worbetern geleitet. Das feierlichffe Hochamt wurde abgehalten, Meffen fas man vor als len Seitenaltären , und volftändige Kirchenmufif ers tönte von dem Chore herab bis zu dem Augenblide, wo die verfchiedenen. Predigten in deutfcher , böhmi- feher, Tateinifcher und italienifcher Sprache begannen. Mährend des Hochamtes donnerten die Kanonen, welche auf den Anhöhen um die Stadt, d.h. auf. der Bruskafchanze, dem Laurenziusberge und Wyſſe⸗ hrad aufgepflanzt waren ; und fomwohl das Negiment Sikingen als ſämmtliche Bürgertruppen gaben volle fländige Salven, | 7 Mit einem Wort, das Volt fühlte ſich durch ſol— che Eindrücke ergriffen und erſchüttert, und konnte ſich nur ſchwer aus dieſem Dome trennen, von dem D 4 84 | Ä am erften Feſttage der Prälat des Stiftes Sion und Mühlhaufen in feiner Mede Außerte: „Das Feft dies fer Heitigfprehung ift eine neue Kirchweihe diefes herrlichen Tempels; und deshalb iſt derfelbe wie am Tage feiner erften Weihe, wie ein himmliſches Je⸗— ruſalem oder wie eine Braut ausgefhmüct, die koſt⸗ bar geziert ihren Bräutigam erwartet. — Sohannes ift der eigenthümliche Bräutigam dieſer herrlichen Kirche, weil Johannes diefem hohen Domftift ſich als ein Domherr verbunden, bei demfelben feine Tue genden geübt, bei ihm die Marterfrone erworben, weil er in diefee Kirche feine Nuheftatt. erhalten, und hier mit Gnaden und Wunderwerken leuchtet ; weil er ihre neben dem heit, Adalbert, Sigismund, Deit und Wenceslaus zum größten Heiligthum ges worden ift, was dem ganzen Königreiche zur allges “meinen Freude dient, und bie- reinſte Andacht er⸗ weckt hat.” Das Grabmal des Heiligen. Als eigentlicher Glanzpunkt nicht ſowohl der Kir⸗ che, als des Feſtes ſelbſt, mußten indeß das Grab⸗ denkmal des Heiligen, und ſeine vier ihm geweihten Altäre angeſehen werden, worauf der Blick am längs ſten haftete, und auch unwillkührlich hingelenkt wur⸗ 85 fand. Schon fieben Jahre vor der Canonifation hatte Pater Hain in feinem Joannäiſchen Gnadenfhag von diefem Monumente der Frömmigkeit gefchrieben : „Auf dem heiligen Grab brennen fowohl bei Tag als Nacht viel der filbernen Lampen; deren , fo fundiret und allezeit brennen, find 10, deren, fo nicht gänz— lich fundirt, find z. In allem aber waren ſilberne Lampen Ao. 1719 ſchon 80, jetzt in größerer Men⸗ ge. Unterſchiedliche ſilberne Gelübdetafeln und Bild⸗ niſſe damals 92 ſilberne, auch einige goldene. Kleis ne und große Gelübdebilder und Tafeln entweder von Perſonen, oder von Augen, Zähnen, Händen, Füſ⸗ fen und Herzen, damals 85, jegt mehrere, Silber: ne Statuen des heiligen Johannes 5 Stud; doch davon und des Dbgenannten tft jest ſoviel mehr, daß man kaum Plag findet, Alles aufzuhängen, — Um das heil, Grab und in der ganzen Kirche herum find in großer Menge andere unterfchiebliche St. Jo⸗ Bannes = Bitdniffe , Opfertafeln und Gelübdebildniffe zum Danke und Denfzeichen der erhaltenen Gnaͤden, und nächft dem heit, Grabe in Mannesgröße Wachs: opfer und MWachskerzen zu fehen. . Bei dem Grab und darauf find unterfchiedliche Tafeln mit böhmis be, ba r ich hier die größte Pracht zufammengebrängt 86 | fhen, lateiniſchen, deutfchen, auch mwälfchen Gebet: fein, welche die Leut? eiftigft zu beten pflegen , und dadurch die Hilf, Fürbitt und den Schug des Heilis gen anflehben. Der Wachskerzen gibt die Sreigebigs £eit der Verehrer, und der diefen Heiligen Anrufens den , eine Menge, und zwar,- daß mehrere die Grö⸗ Be und Stärke einer Mannsperfon übertreffen, und warn diefe v verbrennt , find in großer Menge viel andere ſchon dahin geitellt und offeriet.” Seit vorftehende Bemerkungen geäußert worden waren, hatten fic die Gefchenke zahlreicher Wallfahrs re. ungemein vermehrt, wie es der erſte Bli auf dies Grabdenkmal Tehren mußte, deffen Schimmer weithin Teuchtete. Die zufammengefügten Reliquien lagen hier in einer reich mit Gold und rothem Sams met gezierten Tomba von Kryſtallglas, worin man den Heiligen in dem Gemwande eines Ganonicus be⸗ merkte, auf dem Haupt die goldene Krone, in ber Hand ein filbernes Crucifix und den Palmenzweig tragend. Mache umgab zu beiden Seiten den Altar “ feines Grabes, da der Zudrang des Volkes hier alles Maß zu Überfteigen drohte, und der überreiche Schmuck des Denkmales in jeder Beziehung ſtrenge Vorſicht EN 87 Denn nach dem treuen, aus den Gedenkbüchern ber Kirche bearbeiteten Berichte Berghawer’s hins gen um das Grab: 10 filberne große Lampen, wel⸗ che ftets brennen mußten; 20 fehr große Lampen ohne ewiges Kicht, theils in Herzform, oder mit dern Bilde des Heiligen und der Übrigen Landespatronen, theils mit Anhängfeln., mit Ketten, Schilden, Sters nen und Jnſchriften verfehen ; ferner eine große, mittz lere und Eleine Lampe aus dem feinften Golde; 29 mittlere und 71 Eleinere filberne Lampen. Man fah auf dem Grabesaltare und den dazu gehörigen Sei—⸗ tenaltären viele fitberne Leuchter von allen Größen; ‚25 größere und Eleinere filberne Opfertafeln, y2 Bil der des heil, Sohannes von Nepomuf, 159 männs fiche und weibliche Statuen verſchiedener Heiligen von Silber, 17 Ähnliche in’halber Figur; dann, als Vo: tiogaben ‚ viele ‚filberne Kinder, eines 15 — 20 Pf ſchwer *); zwei filberne Tabernakel, wovon der eine —— — *) ueber dieſe Gegenſtände äußert ſich der Jeſuit Per⸗ ſici in ſeinem zu Neapel verfaßten Epos: Nepo- muceneidos, Lib, III. V. ı99 fi: _— — -- donaria pendent, Multä iholo, multis collucent ignibus arae Et super impositisingens latet urna tabellis: Tollitur e medio geinmis dislinetus, et auro, 88. 7236 fl., ber zweite 3900 fl. gekoftet hatte; eine goldene mit Evelfteinen gezierte Monftranz , auf 25,000 fl. geſchätzt, von dem Fürften von Montes cueuli hieher gefchenkt ; einige goldene Gelübdetafeln ; außer. mehr als 40 filbernen Kelchen auch mehrere goldene , weich befeßt, deren einer 512 Ducaten wog, und von der Fürftin Eleonore von Schwarzenberg ſtammte; ein fehr Eoftbares Antipendium ; goldene und filberne Reliquienkäſtchen, von welchen eines, ‘woran der Goldarbeiter fünf Sahre beſchäftigt war, mit 6000 fl. bezahlt würde; Kronen von edlem Mes tall mit Steinen ; jede Art von Frauenſchmuck, z. B. eine Halskette mit 62 Edelſteinen, viele Zitternadeln mit Brillanten, zahlloſe Ringe mit Diamanten, reis che Armbänder , goldene Ketten, Halszierden, bie zum Brautftand gehört hatten, goldene und filberne Schaudenkmünzen, ein mit Brillanten beſetztes Herz, g goldene und 185 ſilberne ſo wie einzelne —⸗ Et centum gemina per gyrum lampade su- pra est — multa vestigans luce jacentis ea... tumuloque super, vastaınque per aedem Per petua innocuae Spargens incendia ſlam- Ä inae ete. ” —— 89 Glieder von edlem Metall, z. B. Köpfe, Zungen ꝛc. drei filberne Grucifire und ähnliche ——— mehr. Dies Alles war zum Theil durch den mit einer Krone gezierten und kunſtreich geſtickten Baldachin von rothem Damaſt halb verdeckt, den man über dem Grabdenkmale angebracht hatte. — Auch fand der Kunſtfreund damals noch jenen merkwürdigen Leuchterfuß über dem Grabe des Heiligen aufgeſtellt, der angeblich aus dem Jeruſalemiſchen Tempel Sa⸗ lomon’e ſtammt, und eben fo angeblich von dem böh—⸗ mifchen König Wladislaus im J. 1162 aus Mais land nach Böhmen gebracht, und fpäter in die Si: gismund⸗Capelle des Prager Domes verfegt wurde, wo er ſich noch gegenmärtig befindet *). | Es dürfte einleuchtend geworden feyn, daß man in der That Nichts unterlaſſen hatte, dieſen Ort ſo ſtrahlend auszuſtatten, daß der Gedanke an eine +) König Wenzel ließ diefen Fuß auf ein Geftell von weißem Marmor fegen, worauf man die Sns fchrift liest: istud est candelabrum de tem- plo salomonis in iherusalem vi armata receptum in Mediolano per ducem et ba- rones Boemie, Ao. Di. Mo. CCCo. XCVo, hic locatum, 90 Grabſtätte bei ihm völlig verdrängt wurde; wohl aber glaubte man mit Recht, vor einer Schatzkammer zu ſtehen ‚deren Reichthümer Staunen erregten, und den milden Sinn frommer Pitgerſchaaren gehörig be⸗ kundeten. Ein großer Theil des Volkes lag vor-dem vers gitterten Altare voll Inbrunſt auf den Knien, und küßte weinend die Stufen und das Geländer oder die Cancellen von Marmor; ſehr viele indeß erhoben ſich dann beruhigter, indem fie durch ihre, Wallfahrt entweder ein Gelübde erfüllt, oder hier den Entſchluß zu neuen Gelübden gefaßt "hatten *). Die Feſtredner. Bei einer Gelegenheit, wo Hunderttauſende ver⸗ fammelt waren, deren Hauptzweck in religiöſer Er⸗ bauung und geiſtiger Anregung überhaupt beſtand, mußten die verſchiedenen, als Feſtredner ernannten Prieſter natürlich nichts unverſucht laſſen, ihrem Zu⸗ *) Perfici ſagt davon Lib. II. V. 205 ff.: parts, oscula figit Mille solo, pars in lacrymas effusa pre- catur | Atque hic vota facit, votis abit ille solu- tis etc, 92 hörerkreiſe etwas darzubieten, was ſich über das All⸗ tägliche erhob. Man liebte es zu jener Zeit vorzügs lich , felbft den Kanzelſtyl fo floskelreih als möglich) zu machen, und ihn mit einem Reihthume von Bils dern zu verzieren, der in der That auffallend, aber nur allzuoft. äußerſt überladen und verwirrt erfchien. Diefer Erfahrungsfag beftätigte fi auch während des gegenwärtigen Feſtes, und es ließen ſich zahlreiche Stellen aus fonderbaren Reden und Panegyrifen ans führen, die, im Style Marino’s, damals in als len Kirchen gehalten wurden. Um jedoch den Leſer nicht zu ermüden, ſey hier nur Ein Beiſpiel aufge⸗ führt, und wir hoffen keines der unintereſſanteſten gewählt zu haben, ſondern das Andenken eines Manz nes damit wieder aufzufriſchen, dem es fürwahr nicht an Phantaſie und Gemüth fehlte, und der es vers ſtand, die drohende Klippe der Geſchmackloſigkeit mit ziemlihem Gefhi zu umfegeln, und dennoch ganz im Geifte feiner Zeit, mithin nicht ohne Beifall zu ſprechen. Es war der leitmerizer Canonicus Vogel, in deffen Lobrede auf den heil. Sohannes von Nes pomuk folgende Stelle vorkommt *): *) Sie ift gedruckt unfer dem Titel: „Suavis Lus- cinia , die unweit des grünen Berges im Könige 9? „Wann bei dem’ fhönen Frühling die Bäume ausfchlagen in Blüthe, die Felder ſich bedecken mit grünem Gras, der Erdboden hervorfproßet in fo viel anmuthige, wohltiehende Blumen , und e$ fcheinet, als warn die Melt zu einem neuen Leben geboren würde: fo läßt auch unter andern Vögeln ihre Stims me hören die holdfelige Nachtigall. Die Nachtigall, jene wohlfingende Welt = Syrene , oder vielmehr jener Eleinwinzige Trompeter und Ausrufer des göttlichen Lobes, — in was für eine Liebreiche Stimm’ bricht er nicht aus, zu loben feinen Heren und Schöpfer ! Auf unterſchiedliche Manier und Weis blaſet er auf fein Kröpflein fein Eleines Zünglein biegt er gleiche fam in ein Flötel; und mas daraus gehöret „werden vor unverhoffte Triller, vor fange Athemzüge, vor - Tiebreiche Luft: Schallungen,, welche bald untereinans ber verwirret, bald eilfertig mach einander laufen, bald wieder künſtlich zurückgehalten werden, — kann reihe Böhmen entfproffene, zu ihrer Lebens = Mas jalzeit in der ftreitbaren Kirchen lieblich Tchlagens de, aud fruchtbar paufirende, jetzt aber in der triumphirenden Kirchen immer grünendem Para⸗ deisgarten, durch den — Mai ewig Gott Lob ſingende ———— St. Johannes von N e pomu k.* ; '93 kein Viotift wohl, ob er auch der allerfünfttichfte wäre, auf feiner Geigen entwerfen! Kein Mufikant, fo ſtark und-fo erfahren er immer ift, kann ſich ver ſprechen eine ſolche Stärke in der Kunſt, als eine Nachtigall hat in der Natur: ſintemalen fie auf eis ne wunderliche Art verändert die Fugen und Paufen. Bald fiheint es als wann fie lahen, bald als wann fie feufzen thäte; bricht die Noten bald mit heller, bald mit ſtiller Stimme, bald piano bald allegro; bald beicht fie aus in Tremulanten , bald in Eolle: raturen: ift allzeit anders, niemals diefelbe, und wird eher das Leben als die Stimm’ laffen. — Sohans nes von Nepomuk, unfer heifiger Landespatron, hat mit feiner Stimm Gott fruchtbarlich gelobt und alle zeit geändert die Art der göttlichen Benedeiung, bes fonders: da er zu Prag im Zein bei‘ Unfer Lieben Frauen, auch bei St.. Veit auf dem Schloß (Sa- erorum Canonum Doctor) von dem gefammten Domkapitel ertählter Canonicus zu einem Prediger verordnet war. Bald hat-er das Herz flarf aufge: blafen in ausbrechende -Seufjer, ob der böfen, das mals in Schwang gehenden Sitten, bald nachgelafz fen zu einer innerlihen Beruhigung; bald thät er hinabdrücken zu feiner fetbft eigenen Erniedrigung, bald ift er ausgebrochen in Fugen neubimmlifcher Be: 94 | gietden 5 jegt eine Paufe gehalten, wohl zu betrachs ten dasjenige, was er‘ geprediget, bald ausgelaufen in Colleraturen einer zarten Liebe in Gott; jetzt in Tremulanten zu Beklagung der ſchweren Sünden, bald piano, in Erwägung des beleidigten Heilands; jetzt allegro, in tröſtlicher Zuverſicht zu der göttli⸗ chen Barmherzigkeit, bald Triller geſchlagen mit der Hand an ſein bußwirkendes Herz u. ſ. w. — Eine wunderliche Art der Nachtigall: daß bei der Nacht, wo die Sonn fich abgezogen von unferem Himmels⸗ zirkel, die Menfchen in, einem tiefen Schlaf begras ben liegen, alle Vögel fchmweigen und ruhen, und alles angefüllet mit Traurigkeit, daß die Nachtigall: allein ihre Stimme hören läßt, 'gleichfam als hätte fie beim Tag nicht genugfam ausgefungen , müffe die Macht noch zu Hilfe nehmen, mo alsdann ihre an⸗ muthige Stimm um einen deflo größern Preis ihe gewinnt in den Ohren der Anhörenden , um wie viel mehr das Gehör bei der Nacht frei ift von dem Getümmel der andern Greaturen. — Damit nun der heit. Sohannes in den göttlihen Ohren deſto anges nehmer wäre und gehört würde: o wie viel Nächt' hat er fich) des Schlafes beraubt, um defto füglicher und inbrünftiger in "Studieren, Gebet und Lobge⸗ ſang mit Gott abzuhandeln das allerwichtigſte Ges 95 fhäft unfereer Seelen: maßen wir Gott zu Feiner Zeit eher finden können als bei der Naht, wo die Luft kit von- allem Weltgetümmel.“ — Feſtlichkeiten in den drei Prager Städten. Das Feſt, welches wir dem Leſer in leicht ſkiz⸗ zirten Umriſſen zu ſchildern ſuchen, war keine blos kirchliche Feier; es beſchränkte ſich nicht hauptſächlich auf den Clerus; ſondern für alle Stände, für jedes. Alter fchien es das höchſte Snterefle gewonnen, und manche andere Tageserſcheinung wenigſtens für einis ge Zeit in den Schatten gedrängt zu haben, mie wir ſchon weiter oben bemerkten. Es kann demnach nicht befremden,, das damalige Prag in dem Zuftande der freudigften Aufregung zu erblicken, die fi) durch öf— - fentliche und häusliche Fefte jeder Art Fund gab. Sn allen Straßen fah man Triumphpforten, Siegesbogen, Pyramiden und Ehrenfäulen mit Oli— y ven= und Lorberzweigen ummunden ; Mufitchöre - toaren auf den größeren Plägen aufgeftellt und durihs zogen Die Stadt; Hunderte von Fahnen durchflatters ten die Luft , "die fortwährend durch Freudenſchüſſe aus Kanonen und Gemehren, durch das Glockenge⸗ läute , den frommen Geſang und das laute Öchet des 96 | Volkes erfchlrtert ward. Nicht allein fämmtliche - Öffentliche Statuen des Heiligen hatte man mit dem glänzendften Schmude bekleidet, und fie unter Bal⸗ dachine oder Blätter = und Blüthenlauben geftellt, und ihnen Muſikchore beigefellt ; fondern all? die unzählie gen Sohannes : Bildſäulen oder Abbildungen , welche in Hausfluren „ Höfen oder Wohnzimmern fich bes fanden, waren eben fo viele Gegenftände einer bes fonderen Vorliebe und Verzierung geworden ; an des nen bunte Bänder zwiſchen Blumenguirlanden flats terten, mo es nicht an zum Theil ſehr koſtbarem Schmucke, an ſeltenen Stoffen und ſonſtigen gläns zenden Einzelnheiten fehlte, welche ein höherer oder befchränkterer Vermögensftand, ein mehr oder weni⸗ ger geläuterter Geſchmack entweder ungemein anzies hend, oder- einigermaßen befremdend erfcheinen ließ. Moden, ja Monate lang vor dem eigentlichen Beginn diefes Landesfeftes waren mitunter fehr aus: - gezeichnete Künſtler, theils einheimiſche, theild erſt hieher berufene , mit den Vorbereitungen zu demfels ben befchäftigt gewefen , "weil man die Abficht hatte, Alles an Pracht zu überbieten, was im Juli 1722 zu Prag nach des Heiligen Seligſprechung, und im März 1729 in der römifchen Hauptkirche u ©t. Johann im Lateran nad feiner Heiligfprehung, von 97 Glanz und Reichthum bemerkt wurde. — Profeſſor Schorr malte länger ale ein Vierteljahr an dem großen Fresfogemälde auf der Außenfeite der Dome kirche, wie an den vielen ſymboliſchen Darftellun: gen, welche fih an ihren Schaugerüften befanden, obwohl andere Künſtler, ſelbſt Bildhauer, Decora: teurs ꝛc. die letzteren, doch unter feiner Leitung, eis gentlich vollendeten. | Auch nahmen die fonfligen Gelegenheitsbauten der Stadt, wie . B. der erwähnte des Stiftes Strahow, zahlreiche Hände in Anſpruch; nicht min— der that dies jenes Eunftreiche Ehrengerüſte, mit wels dem Fürft Schwarzenberg feinen hradſchiner Pallaft gleichfam bededen ließ, indem dicht vor oder an dem⸗ felben eine offene Halle, oder eine Art Tempel ers‘ baut wurde, 102 Schuh hoch und zo Schuh breit, nebft zwei Seitenchören , jedes 28 Schuh hoch und 16 Schuh breit, woran ſich eime bedeutende Anzahl allegorifcher und biftorifcheer Gemälde , die Porträte der Eaiferlichen und fürftlichen Familie und ähnliche Darftellungen zeigten , — — von guten Künſt⸗ lern gearbeitet. Das Sefuiten » Collegium ober Clementinum, bie: fen Coloß eines Gebäudes, hatte man faft ganz mit Emblemen, Sinnbildern und hiftorifchen Gemälden | E 98 überkleiden laſſen, worin abwechſelnd der heil. Ge: mens und heit. Sohann von Nepomuk gefeiert wur: den. Natürlich fehlte es nirgends an lateiniſchen In: fchriften und ausgeflügelten fhulwigigen Anagramz men und Chronodiflihen, auf welche insbefondere die Sefuiten bedeutenden Werth Iegten, indem ihnen die: fe Urt gelehrtee Spielereien den Scharffinn befonders zu üben ſchien. Zehn hohe Pyramiden vor ihrem Eollegium deuteten auf ihre vorzüglichften Lehrgegen⸗ ftände bin , und die zahlreich, Herbeigeftrömten fchtes nen ein eben fo großes Wohlgefallen daran zu finden, als ander prachtvollen Zriumphpforte, welche auf der Kleinfeite vor.der ——— der Väter Jeſu er: - richtet worden war. Faſt fürchten wir, den Lefer durch dies Einerlei der Befchreibung bereits abgefpannt. zu haben, und wiffen nicht , ob e8 uns einigermaßen gelungen iff, ihm bis hieher ein anfchauliches Bild von dem da: mals freudig aufgeregten Prag gegeben zu haben, von dieſer alten Königsftadt, deren Straßen durch -die vielen geſtreuten Blätter und Kalmushalme, durch das Baumgrün an den Häuferpforten und Eifengit: teen, duch Tücher und Teppiche, welche aus den Tenftern der obern Stockwerke herabhingen, : bunt und feftlich genug erfchienen, auch abgefehen von dem : 99 Menſchengewühl, das fie flaunend und jubelnd durchs 509. Denn man erwäge, daß ein Sreudenfeft begangen wurde, und daß die Luft fich felbft gegen: märtig nicht immer geregelt zeigte „ viel weniger alfo in jenen Tagen, wo die Leidenſchaften einen größe⸗ ven Spielraum fanden, und fo viele Länder zwar fromme Pilger, „aber auch manchen Abenteurer und Glücksritter hieher gefendet hatten. — Gleichzeitige _ Berichte fprechen allerdings von jener vorherrfhenden religiöfen Erbauung , die dem Sohannesfefte eigens thümlich ſeyn mußte; fie unterlaffen e8 aber auch nicht, auf manche heitere Erſcheinung des Iebendigen Volkslebens hinzudeuten, die bei Gefang , bei Mufit ‘und in fröhlichen . Gefellfehaften hervortrat, und oft lärmend genug gegen die finnige Feier der SPietät abſtach. Doch, wie gefagt, die Chroniften ter Vor⸗ zeit geben von Alle diefem nur Andeutungen; und es muß der Phantafie des Leſers überlaffen bleiben, fi - jenes Treiben und Drängen, feine Heiterkeit “oder feine überfprudelnde Lufb for auszumalen, wie fie ohne Zweifel fi) zeigen mußte, And auch von ung gefchils - dert worden wäre, flünden dem Gefchichtforfcher nur noch zweckmäßigere Hilfsmittel zu Gebote als es wirklich der Fall iſt. e 100 Die Brücke. Der Ruf der Prager Brücke, von welcher herab der heit. Johannes in die Wellen der Moldau ges ſtürzt worden war, hatte ſich nicht allein durch dies Ereigniß, Sondern fhon ihrer merkwürdigen Bauart wegen fehr verbreitet; indem fie allgemein für eine der intereffanteften Brücken Europas galt, und ſelbſt der. Engländer Pococke, der viele Länder Eannte, - vor beinah' einem Sahrhunderte äußerte *): The bridge of Prague over the Mulda, is one of the finest in Europe: d. h. bie Prager Moldaubrüde ift eine der fchönften in Europa, Wiewohl fie Kaifer Kart IV. gegründet hatte, fo wurde diefer felfenfefte, an beiden Enden durch go⸗ thiſche Thürme als Widerlagen geſchützte Bau aus Quadern, doch erſt im J. 1509 vollendet, und zwar auf 16 Doppelbogen, 1790 Fuß lang und 35 Fuß breit. Natürlich war fie, außer dem Grabe des Heili⸗ gen, bei dieſer Feſtlichkeit der vorzügliche Zielpunkt des Zuſammenſtrömens aller Wallfahrter, beſonders da ſie ebenfalls reich geſchmückt erſchien. Denn wãh⸗ rend man fonft auf ihr nur ein von Holz geſchnitztes *) Sn ſeiner Description of the East etc» Lon- don‘ 1745. Fol, \ 101 Grucifir, eine Bildſäule dee Gerechtigkeit, den böh⸗ miſchen Löwen und die Reiter-Statue König Georgs von Podiebrad bemerkte, welche Gegenſtände während des Paſſauer und ſchwediſchen Einfalles zu Grunde gingen; während erſt 1696 das aus Metall gegoffes ne und ſtark im Feuer vergoldete Crucifix; ein Jahr früher die Bildſäule der Mater dolorosa, und 1683 jene des heil. Johannes von Nepomuk hieher geitellt wurde : waren zwifchen den Jahren 1707 — 2711 von den Bildhauern Prokoff dem Vaͤter, Braun, Jäkl, Mayer, Kohl und Octa— viani jene, mit vielen Nebenfiguren, Symbolen und Inſchriften verſehene coloſſalen Steinbilder ver— fertige, und über den maſſiven Brüſtungen der Brüs > de angebracht worden, die noch gegenwärtig dort ſtehen; und zwar, geht man von ber Altſtadt auf die Kieinfeite, in diefer Reihenfolge: r echt 8, die Heiligen Bernhard , Dominicus , das Grucifir, die heil. Ans na, die Heiligen Ignatius von Lojola, Johannes der Täufer, Norbert, Johann von Nepomuf , Anton von Padua, Judas Thaddäus, Auguſtinus Gajetas aus, Philippus- Benitius, Veit und Chriftus zwi— {hen Cosmas und Damianus; links: der heil. Jvo, die heil. Barbara, eine Mater dolorosa, die Hei: ligen Sofeph , Franciscus Zaverius, Franciscus Bor⸗ s * 1092 hia, Wenceslaus, Franciscus Seraphicus, Vincen⸗ tius Ferrerius, Nicolaus Tolentinus, die heil. Luit⸗ gardis, der heil. Adalbert und endlich Johannes von Malta nebſt Iwan. Ueber die, acht Werkſchuh Bote: „zwanzig Gents ner ſchwere Metaliftatue des heil. Johannes, die auf Koften des Freiherrn Mathiad von Wunfhwiz, nach dem hölzernen Model Prokoffs, von dem Nürnberger Künftlee Herold gegoffen worden, — über fie hatte man bei diefem Zefte ein Eoftbares, mit Gemälden bedecktes Gerüft erbaut, worunter fih ein reich verziertee Altar befand. Die beiden Brüdens thürme waren mit Spmbolen gefhmüdt » fih auf das Herabftürzgen des Heiligen beziehend ; alle Häus fee diche in ihrer Nähe fchienen mit diefen Thürmen an Decorationspracht zu wetteifern, und gefhmüdte Schiffe und Kähne durchfchnitten, mit Ueberfahrens den belaftet, fortwährend den Strom: meil das Volk auf der Brücke in der größten Gefahr ſtand erdrückt zu werden ‚ indem ſich hier doppelte Wagenreihen hin und her zu bewegen fuchten, die aber von den mos genden , fich zwifchen fie hineindrängenden Zufgäns gern fo ſehr zurüdgehalten wurden, daß jeder Fah— vende zufrieden war, Eonnte er den 298 Klafter lans ‚gen Weg Anfangs in einer Stunde zurüdlegen. 105 Bald aber zeigte fih auch dies unmöglich, denn meh- vere hundert glänzende Equipagen hatten fi) ſchon nach Eurzer Zeit in der Brüdenftraße, auf dem wälz hen Plage und kleinſeitner Ninge fo fehr in einan⸗ der verfahren, daß Alles flodte, und Unglücksfälle } faum zu verhüten gemefen wären, hätte nicht fo mancher Tußgänger am Ende durch die Seitenſtra⸗ fen einen Vorfprung und Rettung vor dem Erdrüdt: werden zu geminnen gefucht, Dieſes Gemühl, diefer Andrang fehlen feinen Höhepunkt mit jedem einbrechenden Abend, beim Bez ginn der Illumination, zu finden; und war ingbe: fondere am dritten Tage der Octave umbefchreiblih, wo bei dämmernder Dunkelheit mehr als 300 Mus fiter auf Flößen bis dicht an beide Seiten der Brüz de berangefhwommen waren, und hier, nachdem acht Chöre Trompeter und Pauder mit ihnen ab: wechſelten, ihre vollen Harmonien ertönen ließen. Sleichzeitig ftanden auf der nahen Schügeninfel drei: Fig Kanonen , fehr viele Mörfer und Doppelhaden, aus denen man unaufhörlich feuerte, bevor das gros Be, durch allgemeine Salven eröffnete und geſchloſſe⸗ ne Feuerwerk begann. Ä Die Moldau fehien bei diefer Gelegenheit mit bunten Schiffen, Gondeln, Kähnen und Zlößen wie 1204 überdeckt, die fi dicht am einander preßten, und faft eben fo langfam fortrüdten, alg die Karoffen in den Straßen und auf der Brüde. Beleuhtung uns Feuerwerke. Auf den. Beginn der Illumination war die Aufz merkſamkeit aller Fremden und Einheimiſchen aufer: ordentlich geſpannt, und ſie konnte es mit Recht ſeyn, da man bie großen Vorbereitungen zu. ders felden [hon längere Zeit vorher treffen fah, und die Lage der Stadt für ein Schaufpiel ſolcher Art nicht günfliger feyn Eonnte. Man weiß es, daß Prag in einen weiten Keffel, oder vielmehr in eine breite, muldenartige Einſen⸗ tung hineingebaut ift; daß feine Haupttheile, d. h. die Neuſtadt, Altſtadt und Kleinfeite diefe DVerties fung faft gänzlich füllen, ja nod) an den Lehnen der einfchließenden Berge durch die hochragenden Theile des Wyſſehrad und Hradfchin hinauffteigen ; und man weiß es, wie das Eöniglihe Schloß in majeftätifcher Ausdehnung ‚ neben dem gothifchen Dome des heil. Veit, folz von feiner Höhe herabthront, und aus einiger Entfernung , 3.8. von den Anhöhen. über Lieben aus betrachtet, wie eine rieſige Burg der Vor⸗ zeit erſcheint. 105 Zur Zeit des von uns gefchilderten Feſtes zähl: te Prag, wie der gleichzeitige Gefchichtfchreiber N e= del behauptet, Über hundert Kirchen und’ offene Gapellen , außerdem gegen fünfzig Klöfter, und über taufend £önigliche, fürftliche, gräfliche, freiherrliche * adelige Palläſte und bedeutende Häu ſer. Manche dieſer Kirchen hatten zwei auch drei, und jede wenigſtens einen Thurm; außerdem was ren die Häufer vieler Großen und Bürger mit Eleis neren Thürmen verfehen, und die Stadtmauer hatte deren noch mehr als gegenwärtig aufzumeifen, fo daß man ſich Über Prags Beinamen par excellence : „das vielgethürmte”,. wahrlich nicht wundern darf. — Mer fih nun an diefe großartigen: Baumaffen, wel— che durch den breiten Moldaufluß getrennt, und durch die oben gefchilderte Brüde wieder verbunden find, lebhaft zu erinnern weiß; wer die ſchönen Kormen bes fi über Prag erhebenden Laurentiuss und Zif- Eaberges kennt; wer in Erwägung zieht, daß die meie ſten Gebäude vor hundert Sahren noch mehr Eigen: thümlichkeit und nicht diefe zierliche, aber etwas mos notone Uebereinftiimmung unferer Zage hatten, und. daß Alles aufgeboten worden war, dieſe merkwürdi— gen Formen befonders an Kirchen und Palläften, bei einbrechender Nacht durch einfache oder bunte Lam⸗ Es 106 i peneinfaffung hervorzuheben: — ber wird geftehen müſſen, daß ſchon ein folher Anbli allein die Ans firengung einer bedeutenden Reife oder Wallfahrt be: lohnte. Kaum nahte ſich der Abend des erſten Feſttages, fo fing die allgemeine Beleuchtung der Prager Städ- - te an, die um fo auffallender und von der jegigen Art und. Weife zu illuminiren verſchieden war, als die Hauptgebäude mit Windlichtern von weißem Wachs, oder mit Fackeln, bunten Laternen und Lam⸗ pen von gefärbtem Glaſe decorirt wurden. So hatte man z. DB. die Domfirche bis zum Firſt ihres Das ches mit unzähligen Fackeln verziert, und an dem fern gefekenen Thurme die Statuen fümmtlicher Lane. despatronen, unter ihnen vorzüglich das Standbild des heil. Sohannes, nebſt vielen transparenten ‚Ge: mälden angebracht und illuminirt. — Das Schloß ſtrahlte in dem Glanze von mehreren tauſend Wachs—⸗ fackeln, die nicht minder auf den Plägen um die Kits che und die Reſidenz, an ben Palläſten der Fürſten Schwarzenberg und Lobkowitz, der Grafen Cernin und Wrbna, an der Domprobſtei und Dechantet, fo wie an den Gebäuden der Dombherren Zageöhelle verbreiteten. Hanptfächlich aber’ zeichnete ſich der erzbifchöflihe Pallaft aus, vor welchem ro— 107 ther und weißer Wein durch Nöhre fprang, und Brod und Fleiſch ausgetheilt wurde, und an den ein hohes Prachtgerüfte gebaut war, deffen Muſikchöre fich ſtets abtöften, mithin ohne Unterbrehung die Luft durch Intraden und größere Zonftüde erfchütterten, — Die der Etadt zugefehrte lange Fronte des Strahows, welche, das Bild eines feuerflammenden Felſen dar— bietend, von dem Berge Sion in die Tiefe der Klein- feite niederfah, war mit Windlichteen überdedit; und fortwährend Löfte man hier die Kanonen bis zum Be: ginn des großen Feuerwerks, deſſen Raketen hoch über den Laurentiusberg emporſtiegen, und ſich weit bemerkbar machten. | Un einem der Pallifte des Hradſchin bewunderte die erſtaunte Menge, welcher Gaſſen und Plätze zu enge wurden, vier kunſtreich gearbeitete Rieſen, als Repräſentanten der Elemente große Kugeln auf den Schultern tragend: die eine (das Feuer) war roth beleuchtet, die zweite (die Luft) weiß, die dritte (das Waſſer) blau, und die vierte (die Erde) grün. — Vor dem hellſtrahlenden Rathhauſe des Hradſchin fah man eine, go Schuh hohe Ehrenpforte, wie eine Kaube fehr Eunftreich von den geſchickteſten Gärtnern’ angelegt, Sie dehnte ſich über die ganze Strafe aus bis dicht an den — Toskana'ſchen Pallaf, 2 X \ e * € ü 108 und dur) fie war fhon am Morgen die gefammte Droceffion gezogen, ‚Bilder. und Embleme, nebſt un⸗ zähligen Lampen und Windlichtern ſchmückten den Kunſtbau, auf welchem ſich ebenfalls Muſikchöre ab⸗ löſten. Ein Haus zeigte den heil. Johannes als chriſtlichen Briareus, d.h. als hunderthändigen Riefen, der mit diefen hundert Händen Gold und Silber uns ter die vor feinen ‘Füßen verfammelten Armen aus: fireute ; darunter fanden ſich die erläuternden Worte : Wer mir nacfolget, fol begehrten feine Gaben, Und für die armen Leut' wohl hundert Hände haben. Unfern davon fah man den Heiligen von zahls reichen Hifsbedürftigen umringt , die ihm Bittſchrif— ten übergaben, worin jeder feinen Beiftand erflehte, Die Betrlibten nannten ihn ihren Tröſter, die Kran» fen ihren Peibarzt., die Verhafteten ihren Rechts: freund, die Gefcheiterten ihren Steuermann, die Ge: fangenen ihren Eriöfer y die Etreiter ihren Feldheren, das Landvolf feinen Haushalter- u. fe fe, wie der Dichter dies folgendermaßen in einer Beifchrift Eund that: Dies ift der Advofat, dies ift der Krankheitsheiler, Dies ei der Wirthihaftsrath, dies ift der Kummer: pfeiler, | 109 Dies ift das Ankerſeil, dies ift die Zufluchtitatt, Wo Zrübfal, Angſt und Noth das Ziel gefunden hat, Mit Allen forgte er, er fprangihn’n bei in Allen; Er Half den Leidenden aus Allem und von Allen ; Er machte Alles recht, er diente- Allen, Allen, Mit einem Eurzen Wort : er fehiekte fich zu Allen, So mußte er ja Gott und Menfchen mwohlgefallen, } * Ferner zeigten ſich an verſchiedenen Wohnungen des Hradſchins: ein ſchöner arten mit vielen Blu— men, d. b. mit den Lilien der Keufchheit, den Ro— fen dee Geduld, den Veilhen der Demuth, den Amaranthen der ‚Standhaftigkeit ꝛc. Einen Theil - davon hatte die himmliſche Glorie gepflückt und dem Heiligen zum Kranze gewunden, den ſie ihm über⸗ reichte, ausrufend: „Aus Allen Einen!” Zwei aus dem Waſſer emporwacfende Nofen, damit auf den heiligen, in der Moldau ertränkten Sohannes, md den heit. Sigismund bins deutend, der in einen Brunnen geftürzt wurde, Weniger gut erfunden war das Bild einer Erde £ugel, rings mit Kanonen umgeben, welche insge⸗ ſammt zu Ehren des Heiligen abgebrannt wurden, zu⸗ folge der Unterſchrift: Mit Pfeifen und Paffen, mit Donnern und SKnallen, Durch Pulver und Feuer fein Lob fol erfihallen. 110 Hatte man fih an dem Anblide der prachtvoll⸗ fien allee Beleuchtungen endlich gejättigt, und flieg man von dem Hradſchin auf die Kleinfeite herab; fo wurde Auge und Ohr abermals bald gefeffelt, und insbefondere vor dem flrahlend erleuchteten Palais des Oberfiburggrafen, wo bei raufchender Mufik fort: während rother und weißer Wein floß, und eine co: mifhe Scene ſtets die andere Überbot, da Jung und Alt fidy herbeidrängte, um wenigſtens einige Tropfen der willfemmenen Spende aufzufangn, — Der Luftwandelnde ging durch Straßen, . welche einem Lichtftrome glichen, vorzüglich in der Nähe der Häus fer des Fürften Lihtenftein, Grafen Kolos wrat, Morzin, Thun, Clary, Sereni, Waldftein und dem Föniglihen Kammerhau— fe. Diele Kirche und Klofterthürme waren bis oben hinauf iluminirt , und mit durchfcheinenden Gemäl: den verfehen; auch fanden vor den meiften Gotteg- bäufern Triumph = Pforten, von denen nicht minder eben jo Befchreibungen gedrudt wurden, als eg mit manchen transparenten Bildern der Fall war, wo— duch man die Fenſter vieler Palläſte und Häufer erleuchtet hatte, — So fah man unter Andern den Heiligen an einen Brunnen gelehnt, mit einer la⸗ teinifchen Inſchrift, welche biefe Allegorie erklärte, — Fe 4 — 111 und deutſch lautet: „Er war ein offener Brunn, da er als ein Prediger auf der Kanzel den Mund öffnete, und das Waſſer chriſtlicher Tugendlehren here ausgoß, und er war zugleich ein verfhloffener Brunn, da er als ein verfchwiegener Beichtvater der Königin Sohanna das heilige Beichtfiegel unverletzt er hal⸗ ten hat.” — Ferner zeigte ſich: Sohannes auf der Folter; daneben ein Lorber- baum, den kein Blitz verlegt, mit der Umſchrift: Kein Blitz, kein — den Lorberbaum verletzet, | Wann er mit feiner Kraft ſich ihnen widerfeget, Der Heilige weiffagt in der Iegten Predigt fei- ne Marterpein; daneben ein im Waffer. ſchwimmen⸗ der Schwan, ber vor dem nahen Tode fingt, mit der Beifchrift : | Es darf der Schwan fein Geld den Leich⸗ Befingern geben, Weil er ihm's Todtenlied ſchon ſinget in dem Leben. Johannes wird von der Brücke geſtürzt; dar⸗ unter‘ Mer diefes große Werk, die Prager Brüde, Eennet, Thut weislich, wann er fie die Himmelsſtraße nennet, Bonandern Brüden wird die Erd’ zufamm’ gehängt, Die hat mich von der Erd’ zur Dimmelsftraß gelenkt, ı12 Das Grab de3 Heiligen; daneben Orpheus Rus heftätte, wo nur Nachtigallen fich niederliegen und andere Vögel entflohen : ‚Hier find die Nachtigall Luft, Wohnung, Pla und Preis, h Sort mit der Eulenzucht und wildem Nachtgefchmeiß, +... Bon den Sefuiten war die Eleinfeitner Salvator: Eirche und deren. Zriumphpforte auf das glänzendfte _ beleuchtet worden ; und beide Brückenthürme, haupt ſächlich der Altſtädter, flammten im bunteſten Far: benſpiele, und goßen ihr Licht weithin auf die über: volle Brücke, vor deren Statuen gefärbte Lampen und Laternen ſtrahlten, obwohl fie natürlich weniger reich verziert waren, als die Sohannes = Bildfäule. Mie bezaubert haftete der Blick von diefem Punks te aus, von einem ber zahlreichen Schiffe, oder aus einem Luſthauſe am rechten Moldauufer, auf den Anhöhen des Sion‘ und Hradſchin. Hunderttaufend Fackeln, Kerzen und Lampen fpiegelten ſich zitternd in den , durch Ruderſchläge ftets fanft bewegten Wels len der Moldau, als ſey ein zweiter Sternenhimmel hineingefunfen., Die Gondeln fhienen wie von mas giſchem Feuer umfloffen, und lenkten bald dem Hai: ne der nahen Schügeninfel zu, von deren Raſen— 115 flächen faufend Raketen in bie Luft fliegen , und die angelandeten Schiffe auf Augenblicke mit ihrem Gold: regen befhütteten ; oder fie ſchwammen zwifchen den ergöglichen Erfcheinungen des im Waſſer ſelbſt abz gebrannten Luftfeuers hin und den Mufitchören ent— gegen , welche ſich um die Brüde aufgeftellt hatten, um mit Vocal» und, Inftrumentalmufit abzuwech— fen und Lobhymnen erfchallen zu laffen. — Die laue Herbfinacht fhien zum Tage geworden zu feyn, und bot fo viele Mannigfaltigkeit in ihren Feſtlichkei— ten dar, daß es dem Auge und Ohr unmöglich ward, alle diefe Einzeinheiten genau zu faffen; daß fich der erftaunte Wanderer, durch die Menge der Gegen: ftände. gedrängt , mehr nur mit dem flüchtigen Bes [hauen begnügen mußte, und fich gern jenem allges meinen Sreudentaumel hingab, der fi) jedes N nehmers bemächtigt zu haben ſchien. Wenn ein ſolches Zeft ſich zwar aiipenchu .e er⸗ lebt, und fein Andenken in der Erinnerung der En—⸗ kel und Urenkel als großartige Erfcheinung fih erhält, fo ift doch der Verfuh um fo ſchwieriger, es mit Morten darzuftellen, weil der: Xefer bei. foldhen Erz zählungen, die felten anfhaulic genug find, weit eher ermüdet, als der Beſchreiber ſelbſt. — Wir würden auch bereit$, dies fühlend , ‚ geendet haben, 114 bliebe uns nicht noch Einiges zu ſagen übrig, das dem Gemälde wenigſtens etwas mehr Vollſtändigkeit geben dürfte. Der freundliche Leſer ſey demnach eingeladen, uns noch für einen Augenblick in die Alt- und Neuſtadt zu begleiten, wo es ebenfalls nicht an Beachtenswerthem fehlte; denn obwohl man das Hauptfeſt eigentlich auf der Kleinſeite feierte, ſo blieben doch die übrigen Stadttheile nicht zurück im Wetteifer, jene Tage der Freude zu verherrlichen, die man zu lange ſchmerzlich erwartet hatte, als daß man ſich ihnen jetzt nicht gänzlich hinzugeben wünſchte. | | Dicht an der Brüde hatten die Kreuzherren mit dem rothen Stern, das Stift, wie die Kiche und deren Kuppel mit Kreuzen, Welrkugeln, Herzen, Pyramiden, rothen Sternen und ähnlichen Figuren ‚ganz bedecken laffen. Alles war transparent und zog unzählige Bemwunderer herbei. Auf der Höhe des Gebäudes prangte ein, 30 Fuß hohes Grucifir mit dem bunteften Feuer fo beleuchtet, als fey es ganz ‚mit Edelfteinen befegt. Die Slumination des alts ftädter, mit Denkſprüchen überfüllten Rathhauſes war nicht minder glänzend; vor allen Herrſchafts⸗ häufern brannten zahllofe Windfackeln und Pechpfan⸗ nen, befonders aber zeichnete fich die Zeinficche aus, - 115 auf welcher ganz oben zwifchen ihren beiden Thür⸗ men die hohe Statue des Heiligen ftand. — Selbſt in ausmärtigen Schriften rühmte man ben feſtlichen Schmuck der Alte und Neuftadt *); denn fo hatte man 3. B. vor der neuftädter Sohannestirche in Skalka, einen großen Berg erbaut, mit einer tiefen Grotte und einem Altare. Auf dem Berge faßen und flanden Päpfte, Priefter und heilige Frauen, alle zu der fegnenden, auf der Spige des Felfen ſte⸗ henden Sohannes = Bildfäute emporfchauend. — Nicht minder mar vor der Statue des Heiligen, welche an der Kirche der neuftädter Zrinitarier fteht, ein zwölf Ellen hohes Mufitgerüft. errichtet worden , das mit vierzig darauf befindlichen Muſikern zuſammenbrach; da aber Niemand verunglückte, ſo ließen die dank⸗ baren Künſtler Über dem Grabmale des Heiligen eis ne Votiv⸗ Tafel befefligen,, und es wurde bald dars *) Das 17389 zu Antwerpen von dem Sefuiten Mies lens herausgegebene Leben des Heiligen , ſagt ©, 170: „De groote Kercke van Thein, en die van de Kruys-lleeren, als oock vele andere Kercken, soo van de oude als van de nieve Stadt, veroarsakten door on- gemeyne verlichlingen, ende vierwercken een aengenaem gesicht, helfs aen die buy- ten de Stadt woonachligh waren.” — 116 auf vor ber Sohannes = Statue bei ber neuftädter St. Heinrichstiche , von mehr als hundert Mufikern eine herrliche Dankmuſik aufgeführt. | Um noch einiger Embleme an Palläften und Häufern diefer Stadtbezirke zu erwähnen, fo fey dies hier mit wenigen Worten gethan : | Man fah das Bild des Heiliem , über ihm eis nen Adler, und darunter in —— Sprache die Deutung : „Johannes erſchien als Abler, und zwar ats folher, wie ihn die Römer vorbilden, welcher in dem rechten Fuß einen Siegeszweig, in dem. linken einen Donnerfeil hält; den, Donnerkeil für die Seins de, den Siegeszweig aber für. die Freunde. Ein ſolcher Adler war der Heilige, denn er prebigte den Hoffärtigen, als wären feine Worte Donnerkeile, drohend den Untergang; er predigte den Demüthigen, als wären feine Worte ein Siegeszweig, die ewige Glorie verfprechend.” — Nächſtdem drängte ſich das Volk noch vor einigen andern Darftellungen; [0 bes wunderte man 3. B. . Sohannes Geburt nahe am * Berge; das hinter fah man eine über dem Kelfen aufgehende Sons ne, welche’ fogleich den —— rang Fr * dem IE - r 117 Das Licht it wie ein Pfeil, die Sonne ſcheint im Morgen; So kann, was tugendhaft, mit Nichten ſeyn ver⸗ borgen. | Sohannes Liegt im finftern Kerker, und aus ber Erde bricht eine ſtarke Flamme hervor : | Das Feuer Tann man nicht mit Druden überwinden, Man Eann den freien Geift mit Eeinen Fefleln binden, Diefe Illumination an den Kirchen, Klöſtern, Zhürmen , Rathhäuſern, Palläften und Häufern mit vielen taufend Machsfadeln, Kerzen, Laternen und Lampen mwährte” acht Tage d. h. die ganze Zeit der eere hindurch. Ein Bid auf die übrigen Tage der | Dcetave Unfere Schilderung war bisher faft ausſchließlich nur dem erften Tage der Dctave geweiht, der frei: lich als der feftlichfte erſchien; wiewohl ſich auch die Übrigen Tage, im Ganzen genommen, ihm beinahe völlig gleich zeigten. Das Volk nahm in der Stadt nicht ab, fondern firömte von Stunde zu Stunde mehr herbei ,- da der Muf eines folchen Glanzes ſich ſchnell fernhin verbreitete, — In der Veitskirche _ 118 allein wurden während der acht Tage 32890 Meffen gelefen, und es hatten fi) in ihr 209,000 Gomz municanten eingefunden; wiewohl noch unzählige Per⸗ ſonen, welche hier das Abendmahl zu empfangen wünſchten, dies in den Kirchen der übrigen Prager Städte thun mußten, da die Prieſter der Dom⸗ kirche ſich ohnedies ſchon über alles Maaß ange⸗ ſtrengt hatten. — Alle Proceffionen zogen mit hel⸗ lem Geſang und Muſik in den Dom, ſilberne Leuch⸗ ter, Lampen, Kelche, ſchwere Wachskerzen, Geld u. ſ. w. opfernd. Sämmtliche Brüderſchaften Prags, damals ſehr zahlreich, veranſtalteten beſondere kirch⸗ liche Aufzüge und feierliche Umgänge, worunter fi die Gongregation der in Prag Iebenden Italiener durch fombolifhe Ausſchmückung befonders auszeich- nete. — Bei St. Clemens ‚gaben die Sefuiten meh: tere deutſche und Tateinifche, ſich auf das Feſt be= ziehende Schaufpiele, deren Eines den Titel führt: „des heiligen Nufs aus der vatifanifchen Ehren⸗ „Poſaun durch die ganze Melt erfchallender Wieder⸗ „ball, in dem Schauplag des europäifchen Herzens.” "Auch hörte man bei ihnen ein großes Melodrama mit lateiniſchem Text, wobei ausgezeichnete Pers fonen der Stadt einzelne Stimmen übernommen hatten, — Wir ſchließen unſeren Bericht mit dem Verzeich⸗ niffe jener Proceffionen, melde vom zweiten bis zum Ießten Tage der Detave in die Veitskirche bei voll: ftändigem Gtodengeläute und heller Vocals und Ins ſtrumentalmuſik einzogen. Es erfchienen : Den zweiten Tag (Montag am 10. Oc—⸗ tober) : die Mitglieder der Univerfität, aus dem Fein in die Veitskirche ziehend; ihnen fehloßen fich an: die .altftädter Sefuiten, mie die Fateinifchen, italieniſchen, deutfchen und böhmifhen Brüders _ haften; ein Profeffor hielt die Lateinifche Lobrede, Kerner Eamen die Proceflionen der Bewohner von Hilfen , Klattau, Mies, Nepomuk, Rokizan, Ze: brak, Beraun und Nakoniz, nebſt den Landleuten aus der Umgegend diefer Städte, mit 128 Bahnen, 59 Pfarrern und 11 Mufitchören. » Den dritten Tag: das erzbifhöfliche Cols — legium und Studium von dem Konigshofe, nebft ben Kreuzherren mit dem rothen Herzen, ebenfalls von der Zeinfiche ausgehend. — Die Bewohner von Kuttenberg, Giaslau, Böhmiſchbrod, Neu: Kolin, Kaurim ꝛc. mit 53 Bahnen, zı Pfarrern und A Mufitchören. _ Den vierten Tag: die Dominicaner mit der Nofenkranz = Brüderfchaft, die Minoriten von > 120 St. Jakob, die Paulaner und Zeinitarier. — Aus dem Königreiche : die Einwohner von Budweis, Krumman, Neuhaus, Labor, Piſek, Schüttens hofen, Suttiz, Wolin, Wodnian, Klattau ꝛc. mit 148 — 121 Pfarrern und zı Muſik⸗ hören. | J Den fünften Tag: die Auguſtiner von St. Thomas auf der Kleinſeite mit ihren Brüder: fchaften des Fronleichnams Chrifti und heil. Seba⸗ flian; ferner die Brüderſchaft der heil. Barbara aus dem Profeßhauſe von St. Nicolaus auf der Kleinſeite; bie hradſchiner Gapuciner , außerdem die Stemden von Sungbunzlau ,. Böhmiſch⸗ Leipa, Tur⸗ nau, Münchengräz ꝛc. mit 258 Fahnen, 77 Pfar⸗ rern und ı5 Muſikchören. Den fehsten Tag: die Garmeliter von ESt. Gallus in der Altſtadt mit ihrer Brüderſchaft; nächſt⸗ dem die Gapuciner von St. Joſeph in der Meuftadt, die Hiberner, Franciscaner von Maria » Schnee, die - barfüßer Auguftineer von St. Wenzel in der Neu— ftadt, die Eerviten der Alt = und Neuftadt mit ihr ‚ren Brüderfihaften. Aus dem Königreiche kamen die Proceſſionen von Chrudim, Hohenmaut, Podiebrad, Mardubiz , Nimburg, Brandeis ꝛc. mit Ag Fah— nen, 37 Pfarrern und g Mufitchören. 121 Den fiebenten Eag veranftaltete die ita= lieniſche Brüderfhaft ihre Proceflion; außerdem tras fen die Saazer ein, die Kaadner, Brlirner, Lau⸗ ner, Poſtelberger, Unhoſchter ꝛc. mit 115 Fahnen, 53 Pfarrern und 11 Muſikchören. Den achten Tag ſämmtliche Prager Pfarrer und Magiſtrate mit ihren Angehörigen, und alle. Drdensgeiftliche. Der Leib des Heiligen wurde aber: mals in feierlicher Proceffion um die Veitskirche ge: fragen. Es erfchienen die Mallfahrter von Raud⸗ niz , Leitmeriz, Schlan, Welwarn, Budin und Swmetſchna mit 60 Fahnen, 17 Pfarrern und 7. Muſikchören. Insgeſammt trafen aus dem Koönigreiche wäh: rend diefer acht Tage in Prag bei den feierlichen Pro: ceeſſionen 915 Fahnen ein, nebft 401 Pfarrern mit - ihren, dur) fie hiereingeführten Gemeinden und 97 Muſikchöre. Die Zeterlichkeit-endete den 16. Octo⸗— ber, und faft fammtlihe Wallfahrter und fonftige - Neifende verliefen nunmehr Prag, in ihre Heimath das Andenken an eine intereffante Stadt, und an das merkwürdigſte Kirchenfeft mitnehmend , welches man in Böhmen und felbft in Deutfchland feit Jahr⸗ hunderten erlebt hatte. Ä — Bas Karolinifche Prag, i oder Drag unter Kaifer Karl IV., worin der heilige Sohbannes von Nepyomuf feine höhere Bildung erhielt. Weber Kart IV. im Allgemeinen an Kaifer Karl des Vierten geifliges Streben näher entwickelt werden foll, defien Name und Andenken — wie ein fcharffinnigee Schriftftels ler *) bemer ft, — in Böhmen noch lebendig ift, gleich der Sage von einer. goldenen und glüclichen oder doch glorreichen Zeit, — wenn man eine richtige Anfiht von der Denk-⸗ und Handlungsmeife dieſes erlauchten Zürften zu erhalten wünſcht; fo ift e8 vor allen Dingen nothwendig: den Blick auf jenes .*) Friedrich von Schlegel, ⁊ - ._ 125 Prag zu heften, welches durch ihm nicht allein zur volfreichften Stadt in ganz - Deutfchland wurde, fonz dern des doppelten , d. h. des Eaiferlihen und könig— lichen Hofftaates wegen, zugleich für den Sammel- pla& der Künfte und Wifienfchaften gelten mußte, Karl, der Sohn des ritterlichften aller dama⸗ ligen Fürften , der für den Spiegel ächter Zurniere und Kampffitte gehalten wurde, — er, der Sohn einer der tief fühlendften Frauen, die ung Petrus von Zittau, der Eönigsfaaler Abt, durch feine Schil⸗ derung lieben lehrt, — Karl hatte feine Jugend in Frankreich und Stalien .verlebt, und dort von-dem Benediktiner = Abte Peter von Limoges, der bis zum Biſchof, Erzbifhof, Cardinal, ja endlich fogar bis zum Papft emporſtieg, die Erziehung, und auf der Parifer Univerfität feine Ausbildung genofs fen. Er war der deutfchen , böhmifchen, franzöfi⸗ fhen, italieniſchen und Iateinifhen Sprahe voll: kommen mächtig; befchäftigte fih gern mit Natur⸗ Funde und zeigte fih den Geſchichtsforſchun— gen fo-ergeben, daß Neplaho, Pulfama, Weitmühl und Marignola größtentheils auf feine Veranlaffung ihre Chroniken fehrieben. Die ausgezeichnetfien Baumeifter jener Tage, einen Mathias von Arras und Peter von Gemünd, SQ 124 ‘ e' berief er an feinen Hof; er befchäftigte die fehr geſchick⸗ ten Maler Thomas von Mutina, Theodorich von Prag, Wurmfervon Straßburgu.a.m. fortwährend ; ſchätzte und belohnte Dihterund Ge: lehrte, und fland mit Petrarca in einem ſehr innigen Verhältniffe, der den breifigiährigen Monar⸗ chen in einem Sonnette befang, worin fein königli⸗ cher Seelenadel, fein Verſtand, richtiger Blick, ſei⸗ ne fehnelle Umfiht und Hochherzigkeit gepriefen wer⸗ ben, *) | Karl fliftete die Univerfität in Prag und mies ihr die nöthigen Gebäude an 5 baufe die Prager Burg’ Prager Neuftadt, die merkwürdige Mauer des Lau: renziusberges, fo mie die berühmte Brüde und dag wunderbare Echloß Karlftein. Er ließ zahlreiche Kir: chen errichten, darunter insbefondere den Dom zum heiligen Veit, nach dem Vorbilde des Kölner Mün⸗ ſter's; die von Gold und Edelfteinen ftrahlende St. MWenzels = Kapelle , den Karlshof, das Slawenkloſter Emaus, mie das Stift der Serviten; ferner bie *) Real natura, angelico intelletto Chiar’ alına, pronta vista, occhio cerviero } - Providenzia veloce, alto pensero, | E veramente degno di quel petto ete. Sonnet, CC. = % a! 25 Kirchen des heiligen Stephan, Heinrich, Xpollinar und Ambroſius, insgefammt zu Prag. Karl er: richtete zu Ehren Kaiſer Karls des Großen, ferner feines Baters, des Sachſenherzogs Wittekind des Gr,, wie des Gefchichtfhreibers Heinrich von Kir: ford Denkmäler zu Ingelheim, Lurenburg und Min: den ; und befahl die an dem Fluße Ohlau liegende. Vorſtadt Breslau’s mit Mauern zu umgeben, und in diefer Stadt die Dorotheenkirche und die Eönigliche _ ‚Burg aufzuführen. Auf fein‘ Geheiß ward die Zit⸗ tauer Burg zu Stande gebracht und mit einem Gras ben umgeben, fo mie der Bau der fo romantiſch gelegenen Kirche und des Cöleftiner = Kloftergebäudes - auf dem Felſen Oybin unternommen; das prächtige Karmeliterſtift zu Tachau gebaut, Altbunzlau erwei⸗ — ET befeſtigt, und die Burgen bei Sranffurt an der Dder, zu Zürftenderg, Zangermünde , nebſt mehreren feften Schlöffern in der Mark Brandenburg angelegt, Er ftiftete in Zarent ein Gotteshaus, fo tie auch die Collegiatkicche auf dem Marktplage in Nürnbergs; legte Karlsbad, dann Karlyk nächſt Karlſtein, auch das Schloß Karlsfriede. unfern Zit— tau an, und gründete noch an vielen anderen Orten zahlreiche Kirchen und Kapellen, fo daß Balbin mit Recht behauptet, „Karrl's Zeit fiheine das. Jahr⸗ 8 ı26 P hundert der Maurer und Baumeifter oeweſen zu ſeyn. Seine erſten Miniſter, die Prager Erzbiſchöfe Arneftus und Oczko von Wiaffim, maren fo fein gebildet, daß fie Petrarca außerordentlich liebte und von ihnen behauptete, fie fhienen ihm in Athen erzogen worden zu feyn. Außerdem war der Kaifer ftets von einem großen und auserlefenen Hof⸗ ſtaate umgeben, der aus den erfahrenften Männern beftand ; daher Iebte fein theures Böhmen fehnell wies der auf, ‚ fobatd er nur die Regierung bes Landes antreten Eonnte; und fehr wahr äußerte er fich in feiner merkwürdigen Selbſtbiographie über jene Pe⸗ riode: „Bald fahen alle techtfchaffenen Böhmen, daß “ wie von dem alten Stamme ihrer Könige feyen, und ftanden uns mit Macht bei, unfere Eöniglichen Burs gen und Güter wieder zu gewinnen und liebten und : die Böfen aber fürchteten ung, und Gerechtigkeit fing an im Lande zu herefchen ; denn bisher waren die Baronen großen Theils Tyrannen gerorben, die den König nicht gehörig ſcheuten, weil fie das Kö—⸗ migreich unter fich getheilt rk *) Murariorum et Architectorum mad sae- culum fuisse. \ 127 Aeneas Sylvius, fpäter ald Papſt Pius IL, der bald nach Kaifer Karl IV, Zeit lebte und das Land aus eigener Anfchauung Eannte, behauptet in feiner böhmifchen Geſchichte: damals habe es Fein Neid) gegeben , melches mit Böhmen hätte verglichen werden Eönnen *). — Und auh Balbin verſichert in ſeiner lateiniſch geſchriebenen Lebensgeſchichte des Erzbiſchof Arneft: „Karl hinterließ das Königreich Böhmen, welches er von feinem Vater Johann als ein eifernes befommen hatte, ald ein g ols denes. Und, in der That gab. ed. ı zu jener Zeit nicht, allein. goldene, Sitten, goldene Menfchen, ‚gols bene, Einfachheit, fondern. man ‚hatte auch goldene Berge. Es ‚mar kein Ieerer Scherz , wenn Karl behauptete: er. könne, feine Thürme mit Gold und Silber decken laſſen. Um von den Silberminen zu ſchweigen, ſo grenzte damals die reiche Ausbeute der Goldgruben von Eule an das Wunderbare. — Es erhellt aus den Rechnungen des Euler Bergvorſte⸗ hers, daß derjenige, welcher von der Grube Eflo: girz den breißigften Theil befaß, im einem Jahre *) Nullum regnum ea tempestate invenieba- tar, quod BRegno Boéêmico comparari Rosen. 1283 ” 360,000 Goldftüde an Ausbeute erhielt; und ein gewiffer Prager Bürger (Rothlew) war im Beſitz von zwölf folcher Dreißigtheilen. Doch zeigten ſich die Bergwerke von Eule nicht allein ſo reich, ſon— dern es gab deren noch mehrere, und Hagek führt eilfe davon namenttih auf. — Was fol ih "ühri: gens von. ‚der Sicherheit, dem Ölanze und jeder Art von Glück jener Tage ſagen? was von der Volksmenge? was von dem Anſehen und der Blü⸗ the des Adels? was von den gelehrten Männern, von der Heiligkeit und Frömmigkeit in Kloöſtern und Kirchen, was von dem Bau und Schmucke dieſer Stiftungen? Pontan verſichert ſehr wahr: Nach meinem Urtheile behaupte ich, wer die Glorie des x Königreiches FA ſehen der ſah —* da⸗ mals.” *) | | Nachdem Kar 35 Jahre Über und Böhmen geherrſcht hatte, ftarb er den 29. Nov, 1378 auf dem Prager Schloſſe, 62 Jahre, 6 Mo: nate und 16 Zage alt. Er ſtarb, aber fein Ans %) Es wird fi im Verfolge diefer Abhandlung Bes legenheit genug finden, diefe Behauptungen Balz bin's theils zu beflätigen, theils zu berichtigen. 129 denken wird unſlerblich bleiben, fo. lange es ein Böh: men gibt: Dignum laude virum Musa vetet mori! In welchem Zuftande befand ſich die Stadt Prag vor Karl dem IV.? Wer die Schioterigkeiten Eennt, welche fich der Bes. antwortung diefer Frage entgegenftellen,der wird ſich nicht wundern, daß bis jetzt noch kein Aufſatz ge⸗ druckt erſchien, der dieſen Gegenſtand umfaſſend zu erörtern ſuchte. Wir haben über die älteſten Ver: hältniffe Prags theils nur rohe Kinzelnheiten , die fi) in den Chronifen des Landes hie und da einge ſtreut finden ; theils die willführlichen, auf Feine äch⸗ ten Quellen geftügten Behauptungen eines Hagek, die von fo vielen Bequemen der fpäteren Zeit treuherzig nachgefchrieben wurden, wodurch man aller Geſchichts⸗ forfhung Hohn ſprach, und die Geſchichtsſchre i— bung’ faft bis zum Kindergefhmäg herabmürdigte, Dobner, Pubitſchka und Pelzel maren es, die fich Eräftig diefem Unweſen entgegenftellten , vor allem aber that es der Patriarch der. fiawifchen Kites eatur, Abbe Dobrowffy, an deffen Verluſt jeder 35 Wahrheitsfreund nur mit Trauer denkt. Seinen 1 % p 150 ? : Anweifungen verdankt auch der Verfaſſer diefer Skiz: ze fehr vieles, der es nicht genug beklagen kann, ſolche freundliche Belehrung zu früh verloren zu has ben, die ihn wohl in den Stand gefegt hätte, feiz nen Leſern Beſſeres als diefen — vorzulegen, der aller Nachſicht bedarf. Von dem Bor- Karolinifhen Prag find, fo viel ich weiß, gegenwärtig feine anderen Baudentmähs ler nachzumeifen, ale die untere Kapelle oder Kryps tader St. Georgen-Kirche, ferner die merk: würdige Synagoge: „Alt-Ne u ſchul“ genannt, das Kreuzkirchlein in der Poftgaffe, die Thürme der Male theferfirche, dann der Thurm der ehemaligen bifhöftihen Nefidenz *), die Ludmillafapelle am Teyn und einige Erd> und Keller = Gefhoffe in der Nähe der Teynkirche und inder Zeltners gaffe, von denen Schaller’: Topographie oberflächlich fpeicht. Die älteften Bauten der Reſidenz aufdem Hrade fhin find nicht einmal’aus Kart IV, Zeit, fondern ſtammen aus dem 15. Sahrhunderte; won den dreis *) Sn der Brüdenftraße der Kleinfeite, in bem Hof: vaume bes Daufes zu den 3 Gloden, dem Stei⸗ ER Kaffeehaufe. | 3151 zehn gothifchen Kirchen des Wpffehrad ift Eeine Spur mehr vorhanden 5 die Klöfter und Kirchen, welche unter dem Laurentiusberge, wie zwifchen der Altftadt und dem Wyſſehrad vor Kart IV, gegründet wur: den, find bis auf den Grundftein vernichtet: mit eis nem Wort ein altes majeftätifches Prag ift völlig - untergegangen. Majeftätifch? ja wohl! denn wenn auch PubitichEa’s Behauptung *) nicht gründlich nach⸗ zuweiſen wäre, daß Herzog Sobieflam, der mit Slais fer Lothar. nah Stalien z0g, im Jahre 1135 Befehl gab, die Häufer Prags nach Art der italies nifhen Gebäude anzulegen; fo tweiß man doch, daß fhon in. früher, Zeit bedeutender Neichthum in der Stadt herrſchte. Der ältefle Chronift des Landes Cosmas erzählt: im Jahre 1099 wären unter Herzog Brzeliſlaw die Prager Juden geplündert worden, und ruft aus: „Welche bedeutende Sum: men nahm man den Juden damals ab; nicht einmal in Troja fammelte man fo große Neichthümer !? Während des 13. Sahrhunderts war der böhmiſche Adel reich und mächtig und wie Dobrowſky fagt, **) *) Siehe böhmiſche Geſchichte Thl. IV. Seite 273. **) Siehe Gefchichte der böhmifchen Sprache und Kir teralur. 34 * 132 der königliche Hof ſo glänzend, daß er nach dem kaiſerlichen der erfte in ganz Deutfhland war. Unter König Pipe: myſl Ottokar II. zeigten ſich die Gold: und Silber: bergwerke Böhmens fo ertragreih, daß man ihn ſelbſt den goldenen König zu nennen pflegte. Bei ſei⸗ ner_ Krönung im Jahre 1262 wurden unzählige Gä⸗ ffe auf dem Prager Telde Lethne d.h. auf "der Ebene hinter dem Hradſchin zwiſchen den Dörfern Owencz, Hollefhowig und Buben , zwei Tage lang auf das herrlichfte bewirthet und dann mit reichen Geſchenken entlaffen. *) Nach feinem Tode, den er in der Schlacht gegen Kaifer Rudolph I. fand, läu— tete man in Prag mit hundert Glocken zur Trauerfeier, Und obgleich, wie die Fortfeger des GCosmas verfihern, bei einem der furchtbarften Orkane, im Jahre 1281, ſehr viele Häuſer und Mauern, ſo wie auch vier und zwanzig Thür— me der Stadt einſtürzten; obgleich ein großer Theil derſelben im Jahre 1291 abbrannte, wie der Chro⸗ niſt Domherr Franz berichtet, — ſo herrſchte doch bald darauf, d. h. 1297 bei der Krönung des Kö⸗ *) Pubitſchka, a. a. O. Thl. V. Seite 319. 133 niges Wenzel, ein ſolcher Lurus, ſo viel Reichthum in Prag, daß während der Feſtlichkeit 10,000 Gold⸗ flüde unter das Volk geworfen wurden, daß alle, Häufer Foftbar geſchmückt erſchienen, daß auf dem neuen Markte für Jedermann Wein aus mehrer ven Röhren floß, und dag man auf Koften des Kös nigs während diefer Zeit allein 191,000 Pferde ver⸗ ‚pflegte. Natürlich fand die Zahl der herbeigeſtrömten Fremden in der Stadt kein genügendes Unterkommen, fie wohnten in reichgeſchmückten Zelten zwiſchen dem Laurentiusberge und der Moldau, *) Bei der Kto: nung des Königes Johann von Luremburg fanden ſich im J. 2311, nad) des Abt Tritheim Ueberliefe: rung, 300,000 Gäfte ein, welche der Monarch ing: gefammt bewirthen ließ. Da diefe Nachrichten Acht und nicht aus Has gek's Chronik gezogen find, fo wäre es im hödhften Grade undiftorifch, fi die Stadt Prag, mie fie ‚etwa vor ſechs hundert Jahren fand, als eine bloße Anhäufung fehlehter Hütten zu denken, aus denen mur hie und da ein erträglicheres Gebäude emporrag- te. Uber faft eben fo unrichtig dürften jene mit *) Dies verbürgt der ausführliche Bericht des gleich: zeitigen Abtes Peter von Königfal, 1354 ſcheinbarer Zuverficht geäußerten-Behauptungen eines Hagef, Hammerfhmid, Redelw a. m fenn, welche von einem herrlichen Haufe reden , das um’s Jahr goo ber Prager Oberrichter der Kleinfeis te, unfern der jeßigen Giemensficche erbaute, Moher weiß e8 wohl Hammerfhmid mit folder Be— flimmtheit , daß. Herzog Neclan im Jahre 866 auf der Burg Woffehrad einen großen und hohen Thurm bauen, und von einem Eunfterfahrenen Mas Ier (artifieioso penicillo) die Abbilder feiner Vor— fahren darftellen lieg? Wer bürgt für eine andere Behauptung der Prager Topographen, daß Herzog Mnata um das Jahr 659, feiner Gemahlin Strze⸗ zislawa ein ſteinernes Gebäude errichtete, und zwar auf derfelben Stelle des Hradfhin, wo ſich ſonſt Libuſſa's hölzernes Haus befand? Wo iſt denn urkundlich nachzuweiſen daß derſelbe Herzog auf dev Kieinfeite bereits geregelte Gaſſen ‚ einen Markt— platz, ja eine Art Bauordnung gründete ? Daß der damalige Stadt = Vorfteher ſich an dem oberen oder Ihwarzen Thore, und zwar am äußerften Ende dev Stadt, ein Refidenzfchloß baute, ift zwar öfters ges druckt, aber noch niemals erwiefen worden, wiewohl Redel in ſeinem 1729 herausgekommenen „ſehens⸗ würdigen Prag,” verſichert: „dieſes Haus an dem 155 fogenannten ſchwarzen Thore ſtehet noch heut zu Tas ge zwiſchen dem gräflich Kinſkyſchen Majoratshaufe, wozu es auch gehörig, und iſt deffen Altertbum gar wohl zu ſehen. An der Seite von der Gaffe hinz auf, wo Eeine Senfter find, ift eben der Ort und die eine Seite, wo das ſchwarze Thor geflanden, und erft vor wenig Jahren abgetragen worden. Was Claudian von des früheften Rom’s uns bedeutender Größe ſagt, läßt fih auh auf Prag anwenden, Unffreitig waren der Hradſchin und der Mpffehrad die erften bebauten Punkte, wozu fie fhon ihre Lage auf Felſenhöhen beſtimmte. Mm muß fie in der früheflen Beit als Burgen betrachten, | wie es deren noch unzählige gibt, zu deren Füßen fih allmäblig das Volk in einzelnen Hütten oder Maperhöfen fammelte, um den Herren als Roboter » zu dienen, und dafür den nöthigen Schuß gegen ges swaltfame Unfälle zu finden. Planlos fiedelte man fi hier an, daher war an regelmäßige Gaffen nicht zu denken, fondern um jede Wohnung befand fich mehr oder minder ausgedehntes Felds und Gartens land. Spätethin, wo die Großen des Landes ein Säntereffe darin fanden, in der Nähe der Hofburg zu verweilen, und mo die in Mauern eingefchloffene Nefidenz ihnen hier den Anbau vieler Häufer un: A * 136 möglich machte, gründeten fie wenigſtens am Abs hange oder Fuße der beiden - Schloßberge , einzeln Nitterfige, durch tiefe Wallgräben und Mauerwerk ge: gen Streifzüge geſchützt. Man hatte fomit allem Wahrſchein nach, hie und da Burg an Burg fo dicht ‚neben einander, wie es noch heut bei den Schlöffern Zebrak und Toẽznik gefunden wird. Obwohl die erſten böhmifchen Kirchen in Burgen - oder Kaftellen gebaut wurden, wie dies z. B. von ber zu Hrades duch Boriwoy geftifteten Kirche des heit. Clemens der Fall war, *) fo erheifchte es doch bald die zunehmende Bevölkerung, diefe Gotteshäus fer entweder dicht an den Wohnungen des Grunds herrn, oder unfern detfelben zu errichten, jedoch fie fo Eaftellartig zu fchügen, daß fieim Nothfalle durd ihre Eingepfarrten ebenfalls zu vertheidigen waren. Prags Geſchichte der fpäteren Zeit beweiſt diefe Anficht ebens N fals'zur Genügee Denn als um das Jahr 1243, . die Zartaren und Kumanen in Mähren einzufallen drohten, und fpäterhin auch wirklich durch den hels denmüthigen Saroflam von Sternberg bei Olmüs gefchlagen wurden, ließ König Wenzel die Stadt ge: *) Daher auch der bohmiſche Name Kotel für Kir: che NDR —* | Sn gen Norden und Oſten, insbefondere die Kleinſeite, ſo ſchnell als möglich mit ſtarken neuen Mauern und fonftigen Schutzwehren ringsumher befeſtigen. Einige Kirchen z. B. Maria an der Kette (die Maltheſer), - welche ſchon außerhalb des Thores auf dem Augesd lag, dann die Kirche der Kreuzberren ,- das St; Georgenkloſter anf dem Hradſchin u. a. m. wurden, nach dem Berichte der Fortſetzer des Co s ma 6, zu förmlichen Veſten umgeſchaffen durch Gräben, Wäl⸗ le und ſonſtige Vertheidigungsbauten; wobei man ſelbſt die Prager Ordensgeiſtlichen und die gefammte - Kierifei-aufforderte,.an.den Verſchanzungen mitzuarz beiten, da die Gefahr allerdings -fehrinahe war. — Die meiften Kirchenthürme jener. und ſelbſt noch ber fpäteren Tage, insbeſondere ihre freiſtehenden Glos ckenthürme glichen förmlichen Warten mit Bertheiie digungsgallerien und mußten die fehlenden Kaſtelle erſetzen. Während der Huffitenftürme: flüchtete fich das Volk fehr häufig in und auf diefelben, wie gleiche zeitige Chroniken verfihern ; und auch noch fpäter bei den inneren Kämpfen, und zur Zeit des dreißigjähri- gen Krieges, benuste man diefe ſtarken, viereckigen, nicht ſehr hohen Thürme für ähnliche Zwecke und verſchanzte ſich hinter ſtarken Kirchhofmauern, welche die Freiung oder den Freithof beſchränkten, ſo ge⸗ * 158 “nannt , weil er gemiffen Verbrechern zum BE chen Sreiplage oder Aſyle biente, Natürlich gab es während des früheren Mittels alters dicht um Prag herum noch bedeutende Wals dungen ; ja man behauptet, daß fie 3. B. bis in. die Gegend der heutigen Sporner- oder Sparrengaffe von den Anhöhen des weißen Berges, des Petkin und Hradſchin hinabreichten 5 wo das alte Fürſt Schwar⸗ zenbergiſche Haus unfern der Burg, auf deſſen Gie⸗ bein noch vor 30 und weniger Jahren Hirſchgeweihe ſtanden, das Jagd⸗- und Wald-Schloß König Wen⸗ zel IV, geweſen ſey⸗ Merkwürdig⸗ iſt fagt Nebel im Jahre 1729 — daß noch heut zu Tage ein ſehr großer und dicker Pappelbaum in der. ſoge⸗ nannten Eul en mühle in der kleineren Stadt Drag, gezeigt wird als ein: Wahrzeichen, dag in alten Beiten an die ſem Orte, wo jetzo die kleinere Stadt Prag ſteht, ein lauterer Wald geweſen, und die Eulen auf dieſer hohen Pappel gewohnt und ges niſtet. Dahero folhe Mühle audy noch jego die E ur lenmühle genennet wird.” — Der Baum war, wie Redel fortfährt, zu ſeiner Zeit acht Klaftern dick und noch halb grün, obwohl un der au aus⸗ gehöhlt hatte. Die erſten Anſi IR unter * 159 am Ufer der Moldau, am Fluße (po kece) oder Pos tie genannt, mochten aus Fifchern und Schiffern beftehen; obwohl fpäterhin in diefer Gegend die eie gentliche Stadt der Deutfhen fand, melde fich in Böhmen immer mehr und mehr ausbreiteten. Hevs 3098 Sobẽſlaw II. ertheilte diefen deutfchen Bewoh—⸗ nern des Potic um das Jahr 1290, mande reis beiten; unter andern verordnete er: daß zur Nachts. zeit Niemand ohne Licht, fondern entweder mit einer: Fackel oder doch mit einer Laterne die Straßen bes treten ſolle; — aud) verfügte er gleichzeitig: jene »Deutfche dürften nicht zur Mechenfchaft gezogen wers den, inderen Strafen (in vicos Teutonico-. ram): S$emand des Nachts erſchlagen worden ſey / der keine Fackel bei ſich hatte. Späterhin beſtaͤ⸗ tigten die Könige Wenzel, Ottokar und Johann von Lurxenburg dieſe Verfügung. ) | Diefer noch heut fogenannte Porie unter dem Wyſſehrad, bildete eine der Borftädte der Alte ſtadt, und wird auch von dem Chroniften Benes von Meitmühl als folhe bezeichnet , indem er er= zählt: Die Prager — ſich — Jahre 1319 dem *) Siehe Monatſchrift des National⸗ Muſeums, April⸗ Heft 1927, Seite Az. 140 Könige Johann von Luxenburg widerſetzt, der nun mit einem Herre herbeieilte und die Vorſtädte Prags in der Nähe des Kloſters Zderaz abbrennen lief. *) Diefes Klofter hatten die Kreuzherren inne, die man auch als Beſchützer des heiligen Grabe, oder. als Kreuzbrüder der feligen Märtyrer von der Buße bezeichnete, und welche bald nach dem DVerlus fie Serufalem$, im ade Prag berufen worden waren, wie die Chronik des Abtes Neplacho berichtet. — Unfern der Kirche des heilis ‚gen Deter und Paul. ftand ihr Spital, worin ind befondere arme Chriften, die zu den Gräbern. der Apoſtel und Märtyrer walfahrteten, . aufgenommen wurden, — Bald nach. der Stiftung des Ordens befanden fi ch gegen 200 Geiſtliche darin, da er mit Geſchenken und Gütern überhäuft wurde, wozu ſogar die Stadt Brür gehörte, J Außerdem war auch die angehlich von-den Tempelherren geſtiftete Kirche des heiligen Michael in der Altſtadt, und die vor derfels ben gelegene St. Wenzelkirche ihr. Eigenthum. Damit iſt die unter dem Wyſſehrade angebaute Kapelle Ben Michael nicht zu verwechſeln, *) ——— eivitatis prope monasterium Zderaz Succendit et cremavit, L 141 melche zu dem Kleinfeitner St. Annakloſter gehörte, . “und diefem von der Königin —— Mutter Karls IV., zu Theil wurde. In derſelben Stadt der Deutſchen, dem Poriẽ, hatte König Przemyſſl im J. 1225 ein dem heil. Clemens geweihtes Dominikanerkloſter erbaut, und ihm, nach Hammerſchmid, 24 ſilberne und vergolbete Pt — fo wie auch ein ı5 Pfund ſchweres filbernes Kreuz gegeben. Hagek fpricht von 120 Prieftern , die fich bis zum Sahre ı420 darin befanden , wo es die Huſſiten zerftörten. Der Raum zwifhen dem Wpffehrade und dem heutigen Zizkaberge, fonft Witkom genannt — mo Karl IV. den 25. oder 26. März 1348 den Grunde fein zu dee Neuftadt Prag legte *) — mar zum Theil bebaut; fo fand z. B. in der Gegend der Stephanskirche um das Sahr 1230 das Dorf Rib⸗ ni fammt einer Kirche **), und aufierdem befas Ben die Kreuzherren hier fehr ausgedehnte Ader: gründe, Die —— Klei nfeite Prags verdiente die: *) S. Dobrowsky in der Mufeums = Beitfchrift, De: -cemberheft 1827, ©eite 43. +) ©, Pubitſchka's böhm. Gefhichte, V. Seite 169. 1142 a 2 | fen Namen vor Kaifer Karl EV. Zeit, welt mehr als jegt, weil fie damals in der That nur fehr wwes nig Raum einnahm, und deshalb auch noch in deuts [hen Urkunden des Jahres 1407, von denen eine vor mir liegt, als die „w enige Stadt” bezeichs net wird, Zwiſchen dem heutigen Gafthofe zum Ba⸗ de und dem ehemaligen Gafthaufe zum goldenen Einhorn, diht hinter dem Sacyfenhaufe (früher der Mahlen = oder der wälſche, italienifche Hof), fand ‚bereits das Stadtthor, fo daß die Maltheſerkirche Maria unter der Kette, bereits in der Vorſtadt lag. Vor dieſem Thore lief die Mauer der Kleinſeite, diesſeits der langen Straße hin, nach dem unteren Schloßthore zu. Mitten in dieſer Straße, wo man fi) von der ehemaligen St. Magdalenenfiche nah dem Eleinen Ringe mendet, wurde erſt im Jahre 1727 ein zweites Stadtthor abgetragen; und nur einige Jahre früher ein drittes, nämlich das obere oder ſogenannte ſchwarze Thor (cerna Branka) in der Sporner⸗ oder Sparrengaffe, oberhalb des ehe: maligen Kajetaner = Klofters; das vierte Stadtthor der Kleinfeite ftand unfern des Bruskabaches. Bet der Erweiterung . diefes Stadttheiles durch Kaifer Kart IV. im Jahre 1359 blieben die frühern Pforten und Thore ſtehen, doch wurden fie nicht 1435 ‚mehr gefchtoffen , fondern dienten nur zu überwölb⸗ ten Durchgängen. | Auch die Alt ſtadt hatte, bevor die Neuſtadt ges ‚ gründet wurde , ihre ſtark befeftigten Thore, von denen ich mit Sicherheit folgende bezeichnen kann: das Brückenthor unfern des Kreuzherrenſtiftes; das St. Benebittthor, am Ende der. langen Gafle, durch welches im Jahre 1310 König Johann von Luxenburg, mit dem Beiftande der Prager Bürger, bauptfächlih der Fleifhhauer, in die-von Herzog Heinrich von Kärnthen befegte Stadt eindrang. Fer⸗ ner das Thor am Ende der Zeltnergaffe, wo jetzt der Pulverthurm ſteht, genannt das. Bunzlauers thor 3 außerdem, — den Graben hinauf gegen die Moldau zu —: das Bergmannsthorz das. Brüdels thor ‚oder St. Gallusthor an dem alten Stadt—⸗ oder Rathhauſe (flara Rychta); an dem Bergftein das Spitalthor, dann das Perkthor z und am Aus⸗ gange der jegigen Poſtgaſſe: das Poricerz, Woſſe⸗ hrader⸗ oder Zderaſer-Thor, welches König Johann im J. 1320 vergeblich beſtürmte, und das ebenfalls erſt im J. 1794 niedergeriſſen wurde. — Noch in unſeren Tagen hatte die Juden» ſt adt außerdem neun Bar die man — Abend ſchloß. 244 Alle die größeren oder Eleineren Pforten Prags insgefammt, waren mit Martthürmen verfehen , die man fpäterhin entweder gänzlich abtrug ‚oder in Bürgerhäufer verwandelte. — Man überzeugt ſich - demnach, daß Prag während des Mittelalters fehr viele fefte Punkte hatte, und daß man es fich beinah als einen Vereinigungsort zahlreicher, mehr oder mins der bedeutender Burgen vorzuftellen hat, wie dies in den übrigen großen Städten jener Zeit ebenfalls der Fall war. Um auf Prags Vorſtädte noch einmal zurück zu kommen, wie ſie vor Karl IV. Regierungsan⸗ tritt beſchaffen waren: ſo ſcheinen mir der heutige Augezd, dann die Bezirke unter dem Pettin oder Laurentiusberge — welhe erfi 1359 in die Mauern der Kleinfeite mit aufgenommen wurden, — noch einige Andeutungen zu verdienen, Bereits weiter oben war davon die Nede, daß zur Zeit der großen Turniere und fonftigen Feierlich⸗ keiten, welche während des 13ten Jahrhunderts in Prag ſtatt fanden, auf den Abhängen des Lauren⸗ tiusberges, wie auf dem Bezirke des Smichows bis an's Ufer der Moldau hin, viele Zelte aufgeſchlagen wurden, um die Tauſende der herbeigeſtrömten Frem— den faſſen zu können. Natürlich mußten Behufs x 145 fotcher Feſte, außerdem eine Menge Buben herbei gefchafft und eine Art Herbergen und (der Sitte jes ner Tage gemäß) öffentliche Bäder errichtet werden, die man keinesweges, gleich den Belten wieder eine tig, fondern fich allmählig zu Vorſtädten bilden ließ, denen es nicht an Kirchen und fonftigen größeren Ges" bäuden fehlte, gemäß der Ueberlieferung gleichzeitiger Chröniften. — Unter den Königen Ptemyfl- Otto: tar J., Wenzel J., Dttofar II., und feinem Eohne Wenzel II. Eamen immer mehr deutſche Handwerker _ und Künſtler nach Prag, weldhe außer dem Porit, insbefondere noch unter dem Yaurentiusberge wohnten und bald eben fo mohlhabend wurden, als die Pra- ger Bürger, da der von jenen Landesfürften begün: figte Handel den Geift der — weckte und ſelbſt Ueberfluß herbei führte. Während die Nonnen des Hradſchiner Georgen Elofters im Jahre 1142 anfänglich in den Klüften und Wäldern des Laurentiusbergee Schuß fuchten, als ihnen Kirche und Stift bei der von dem Znaimer Fürſten Conrad geleiteten Belagerung Prags, durch - Teuerpfeile abbrannte, — bauten fie bald darauf unter Ddiefem Berge einen größeren Mohnfig, der fpäter dem Klofter Doran zufiel, und noch vor hun⸗ dert Sahren als das Doranifche = oder Lauterburger⸗ | G % ı46 Haus bezeichnet ward, Unfern davon beſaß, (fo ers zählt der Abt Peter von Königfanl), die Königin Eliſabeth, Mutter Karl's IV. , ein umfangreiches Gebäude (domum largam et spaciosam), welches fie im Sahre 1330 in ein Annenkloſter verwandelte, - und es den aus Ollmütz bieher berufenen Nonnen des Prediger: oder Dominifanerordens einräumte, des nen fie. gleichzeitig die Michaelskapelle unter dem Wyſſehrade übergeben ließ. Früher hatte jenes. Haus dem Halbbruder der Königin, dem Wpffehrader Probfte ı Johann gehört, einem natürlichen Sohne König Wenzel II.; dies verfichert Abt Peter- von Kö: nigsfaal. | Am Zuge des Laurentiusberges fliftete im Jahre ‚- 1341 der nunmehr ganz erblindete König Johann von Lurenburg, Karl’s Vater, ein Karthäuſerklo⸗ fter, „Garten der feligften Sungfrau,” oder „Mas riengarten“ genannt, mozu er von dem Bürger Tomlini einen Maierhof an dee Moldau, nebft den dazu gehörigen Gärten , Feldern und Mühlen -erfauft hatte, Er ließ die 9A Mönche und ihren Abt aus Frankreih kommen, und errichtete ihnen die nöthigen Gebäude, wie Benesvon Weit mühl fagt, auf wunderbare und lobwürdige Weiſe (de miro et laudabili opere) , gab ihnen koſtba⸗ — PER EN x 147. ve Bücher, Drnate und Kleinodien und. außerdem zwei Häufer in der Altſtadt und auf der Kleinſeite. Diefe Karthanfe zeichnete fich durch einige gelehrte Mönche aus, morunter der Vikar Michael gehört, welcher im Sahre 1391 das Merk: De regimine prineipum fohrieb, und e8 dem SHerzoge Rupert dem. jüngeren- von Baiern widmete. Cie wurde 1414 von den Hufliten zerflört, und zwar unmitz telbar darauf, als fie das Neuſtädter Klofler 3 des raz verwüftet hatten. In der Nähe diefer Karthaufe und zwar unfern des jegigen Augezder⸗Thores, ftand das Eiftercien: fer = Klofter Plaß, fo genannt, weil ed von dem größeren Stifte Plaß abhängig war. Bei den dor⸗ tigen Kalk= und Ziegelhütten fahb man noch um das Jahr 1700 ausgedehnte Trümmer, insbefondere bedeutende Meberrefte der alten Kreuzgänge , von. des nen Rebel fpriht. — Auch bemerkte man nicht. weit von den erwähnten Gebäuden auf dem Smiz how, die Kirche zum heil. Jakob, welche die Huf fitenwuth unangetaftet lief. — Wenn es nicht ganz leicht war, folche Notizen, wie fie in diefer Fleinen Denkfchrift mitgetheilt wer— den , in älteren Chroniken und anderen achtbaren Duellenfchriften aufzufinden ;_ fonehme ich gegenwärtig i G 2 148 neue Schtwierigkeiten bei dem Löfen der Aufgabe wahr : das Bruchſtückartige fo vieler Einzelnheiten und tros denen Nachweifungen , dem Lefer weniger fühlbar zu machen, als ic) felbft das Unvollſtändige derfelben empfinde. Es trägt nicht viel zur Belebung des Gemaldes bei, wenn ich der Kirche zu den Apoſteln Petrus und Paulus blos erwähne, die bereits um das Jahr 1300 am Motdauufer der Kleinfeite fand, und wahr: fheinlic von Fifchern erbaut wurde ; oder wenn ich von der Fleinen Maria: Magdalenakirde, dieauf. » der Anhöhe unfern des heutigen fogenannten Sefuitens gartens, erbaut war, nichts weiter zu fagen weiß, als daß fie einem runden Thurme glich, und wenig von eigentlicher gothifchen Bauart hatte, mas jedoch für ihr hohes Alter fpricht. Aber, wie ift es möglich dem Ges Thichtsfreunde zugleih einen angeaehm lesbaren - Bericht vorzulegen, wenn man überlieferten Urfuns - den treu bleiben, und fie nicht auf Hagek'ſche Weife verzieren oder eigentlich verunftalten will ? Bis jegt gibt es noch Feine Gefchichte der Stadt Prag; dieſe ſchwierige Aufgabe iſt noch zu Löfen, — man hat 7 ſich demnach an die Chroniften des Mittelalters zu halten , die aber der befonderen Stadtereigniffe , im Ganzen. genommen, nur fehr flüchtig gedenfen, wor * EN 149 von allein Peter Abt von Königfaal und Bene? von Weitmüht eine rühmliche Ausnahme machen. Die Zerftörungen und die Wuth des Huffiten- und Dreißigjährigen Krieges , fo wie der unfritifche Sinn der fpäteren Zage, haben der Landesgefhichte die Eoftbarjten Dokumente geraubt, und das verfchont Gebliebene reicht nicht hin , die ehemaligen Verhält— niffe Elar und genügend zu entwideln. — Der His ſtoriker ſoll jedoch, fehlen ihm fchriftliche Ueberliefes - tungen „ — zu Baudenfmählern feine Zuflucht neh men; und was in diefer Hinficht aus dem alten Drag nochaufzumeifen ift, bekundet unumſtößlich, daß die Architektur und Skulptur während des 13. und 14. Sahrhunderts auch) in Böhmen blühten und bei weis tem mehr entwickelt waren, als die Malerei. — Bielz - leicht durfte e8 aud) nicht unintereffant feyn, einen Auf: fag: „Prag's Gefhichte durch feine Erdgeſchoſſe und Keller erläutert”, zu fehreiben, nicht der alten Weinlager fondern jener Bauten wegen, die fih in ihnen hie und da aus früher Zeit befinden, Um einige Bei: fpiele anzuführen , fo.bemerfe ih, daß manche ehe: malige Scheififielleer, darunter auch Hammer— ſchmid und Dobner, behaupten: die ganze Häu⸗ ſerſtrecke oder Inſel der Zeltnergaſſe vom goldenen Kamm bis zum ſogenannten Tempel, habe einſt — 150 den Tempelherren gehört. Schallermeint in feiner Topographie Prag’: „Die vielen unterirdifhen Gewölbe, die man in der Geftalt einer Kapelle in den meiften Häufern dieſer Gegend -findet, geben eine große Veranlaffung , daß man foldhes zulaſſe. Der verftorbene Baumeifter Ranke, welder zum wiederholtenmalen manches in dem Haufe zum Tem: pel abändern mußte, verficherte den Herrn Gelas Dobner, daß er dafelbft noch zu- Anfang deö ge: gentwärtigen Jahrhunderts (um 1710) eine nach der gothifchen Art erbaute Kapelle, oder ein Kapitelzim: mer und einen Zabernafel von Marmor afigetroffen - habe, den man aber, meil er fchon ſtark befchädigt war, ‚ur Ausbefferung der Kelleemauer verwendet hatte.” Bon dem Wohngebäude in der Yieftäbter 1 langen Gaſſe zum ffeinernen Adler, erwähnt, Schals: ler: „Sn dem untern Theile diefes Haufes trifft "man abermals eine nach wuralter Art gemölbte Ka: yelle an, Ob aber diefelbe ein Ueberbleibfel der Tempelherren fey, oder aber von einem jener 70 böhmifhen Wladiken, die zu des Herzogs Borkziwoy Zeiten getauft wurden, laſſe ih dahin ‚geftellt ſeyn.“ — Solche merkwürdige Keller-Geſchoſſe find. noch in manchen andern Häufern der Stadt 151 nachzuweiſen; auch wären die mehr oder minder ver: fhütteten unterirdifhen Gänge vielleicht ei⸗ niger Beachtung werth, deren Spuren ſich noch an verſchiedenen Punkten finden, und welche zum Theil in die Burgen des Hradſchin und Wyſſehrad oder in den Teynhof führten. — Das „Vor⸗Karoliniſche Drag” war mit manchem merkwürdigen Gebäude geziert, wie ich durch die bisherigen Mittheilungen bereits nachzumeifen fuchte aber von den intereffanteften Bauwerken der das maligen Stadt babe ich noch zu fprechen, d. h. von den vier landesfürftlichen Burgen Wyſſehrad, Hrads hin, Teyn⸗ und Königshof; außerdem von der bifhöflihen Reſidenz, ber Dom kir— che zu St. Veit und endlich von der Bruück e. — Die Burg Wyſſehrad (von wyſſe und head: das höhere Schloß), welche der Prager Doms dechant Cosmas, der im Jahre 1125 flarb, „die Mutter und Herrin aller übrigen Städte des Lanz desꝰ *) nennt, thronte vor Karls Regierungs-An— tritt noch flolz von den fleil in die Moldau abfallen: den Selfen herab, da der ae *— dreizehn *) Quoe omnium terrae illius civitatum Ur si mater et doınina, “ 152 ‚ j gothifhen Kirchen noch nicht zerflört hatte — Zu welcher Zeit fie eigentlich erbaut wurde, läßt ſich nicht mit Genauigkeit angeben, wenn man es nicht wie Hagek machen will; doch gefhah es, nah Coſs⸗ mas Zeugniß, aft nah Premyſl's Berufung auf den herzoglihen Thron. Man wählte diefen Punkt aus dem Grunde ‚ welcher alle übrigen Er: bauer damaliger Schlößer bei der Wahl des Ortes leitete : weil er der unzugänglichfie in diefer Gegend, weil er duch Maffer und durch Zelfenabhänge zugleich gefhüst war, und felbft von der jegigen Podoler Seis te durch Bollwerfe leicht vertheidigt werden. Eonnte, Seinen erften Namen Huraften erhielt die Burg ihrer baumreichen Umgebung wegen (ab arbustis iraxerat nomen), da, wie Dobromffy verficert, . chrast im Altflawonifchen chwrast gefchrieben wird ; und fie muß bald als flarke Veſte gegolten haben, denn Cosmas fpriht an mehreren Stellen feiner Chros nie, fo auch unter dem Jahre 2001, von der „uns einnehmbaren Stadt” (urbs) Wyſſehrad. Es ift bier nicht der Drt von den romantifchen Sagen zu fprechen, welche ſich an dies merkwürdige Schloß knüpfen. Libuſſa ſprach hier ihre Weiſſa⸗ gung aus, und hielt vor ihrer Vermählung hier eine Rede, die ung Cosm a6 und Hagek Überliefern, 155 die aber freitich faft wörtlih aus dem erſten Buche der Könige, Kapitel 8 entlehnt iſt. Hieher gehören auch die Sagen von Hokymir's Roß *), von Wlaſta und dem gräuelvollen böhmischen Mägdekriege, d. h. von den Amazonen des Nordens, von Kafla und Bimot ıc. "denen es insgefammt nicht an poetiſchem Intereſſe, mithin auch nicht an zahlreichen Bearbeitern fehlt. Sie find das Kigenthum der Phantafiewelt, und haben diefetbe innere, wenn auch nicht aftenmäßige Wahrheit, wie die Mythen von Roms Entftehung, die uns Livius ausgeſchmückt erzählt. Möglich Mes, daß Herzog Neklan um das Jahr 839 den nach ihm benannten Wyffehrader Thurm Neklanka bauen ließ; aber von der damaz ligen Porträtmalerei zu fprechen, ift wahre Verfün- digung an der Kunſtgeſchichte. Es läßt fich nicht *) Die „Pferde fpielen in Böhmens Mythengefchichte überhaupt eine eben fo bedeutende Rolle, wie in ‚mandjen neueren deutſchen Romanen. So diente, 3. B. ein Roß zum Wegweifer einer. Geſandtſchaft; ein zweites trug ſeine Gebieterin jede Nacht ge— gen 20 Meilen weit zu dem Geliebten; ein drit— tes, das feinen Deren in die Schlacht führte, war nichts weiter als des Ritters verzauberte Frau 2c., wie dies alles bei Cosmas und Hagek um: ftändlich zu leſen iſt ꝛc. G3 « \ 154 einmal hiſtoriſch nachweiſen, daß während de8 gten Sahrhunderts in Böhmen- Münzen geprägt wur: den, und was es mit den Zeichen oder Abbildern auf den halbbarbarifchen Nfennigen der erften chrifts lichen Negenten Böhmens , aus dem 10. und: 11, Sahrhunderte für eine Bewandtniß hat, darüber fehe man die Werke eines Voigt, Mader, u. a. m. nad, — Wenn Schaller behauptet: alle unter den Her: zogen Boleslam J., Boleslaw IE. und Boleslaw IL, (ven 936 — 1003) geprägten Münzen, dürften in dem erften Münzhaufe, d.h. in dem des Wyſſehrads verfertigt worden feyn, fo fcheint dies zwar keinem Bedenken zu unterliegen; aber an ein Kunſtwerk iſt bei ihnen eben fo wenig zu denken, als bei den Malereien, die fih im Sahre 1130 wirtlid auf dem Wyſſe⸗ hrade befanden, von ‚denen weiter unten die Rede ſeyn ſoll. Sch kehre zu dem Begründeten zurück! Co 8 mas berichtet: Herzog Bredislaw, der im J. 1055 ftarb, habe die Mauern um die ganze Stadt Pr ag wieder aufgebaut (veaedificavit moenia to- tius urbis Pragae per gyrum); und fügt fpätet hin dazu: Im Sahre 1119 an einem Auguſttage gegen Abend , erhob fi ein heftiger Sturmwind, der "wie der Satan ſelbſt aus Süden hereinbraufte 155 und den Söller der Eöniglihen Burg auf dem Wy— ſſehrad, eine alte Mauer mit ſtarkem Kundamente, niederftürzte. Das Merkmwürdigfte dabei iſt, daß der vordere und hintere Theil diefes Gebäudes unbefchäe digt blieb , indem nur die Mitte des Pallaftes allein zufammenbrad) , - und daß die oberen und unteren Balken mit dem-Haufe felbft, durch die Gewalt des Sturmes fchneller brachen, als man einen Halm knickt. Dies Wetter tobte fo heftig, daß es alle Wälder und gepflanzte Bäume, die es berührte, aus genblicklich entwurzelte. — Zehn Jahre darauf, 1129, ließ Herzog Sobieſlaw *) die Wände ‚der MWoffehras der Hauptkicche mit Gemälden, die Altäre mit gols denen und filbernen Kreuzen, den Fußboden mit glatten Steinen ausfhmüden. Außerdem fehenfte er der Kirche eine goldene Krone, die 12 Mark God und go Mark Silber wog; auch verbefferte er die Mohnung und Stiftung der dafigen Chorherren. Wo aber Hagek und Beczkowſky die Nachricht von dem damaligen Hofmaler Meifter Tomyk auffanden, ift wieder allen Gefhichtsforfchern ein Geheimniß, *) Dies erhellt aus feinem von Hammerſchmid be Eannt gemachten Diplome, ſ. Gloria Wyſſeh. Ecel. Seite 1253 und aus den Fortſetzern des Cosmas. G4. 1a. | Bemerken will ich noch, dag die böhmifhen Nez genten ehedem einen Felfenfig zum Throne hatten, was an den fleinernen Herzogftuhl in Kärnthen und. an den Felfen zu Nowgorod erinnert, um welchen fih auch die Fürſten flritten. #) Als im J. 114% der böhmifhe Wladiſlav an den Hof Kaifer Kons rads zog, ließ er feinen Bruder Theobald zurück, um die Stadt und den fürſtlichen Thron zu vertheidigen, d. h. eine mitten in der Stadt liegende Steinmaſſe, um deren Befig nicht allein in jener Zeit, ſon⸗ dern ‘auch früherhin Laufende in den Kampf gezogen waren. **) | So viel von dem Wyſſehrad in feiner er ſt en Pe⸗ riode. — | kü Die Eöntiglihbe Burg auf dem Hrabds [hin verdiente eine befondere Monographie, bie unftreitig ein willkommener Beitrag für die Landess £unde wäre , wenn dabei die älteften Chroniken eben *) &, Wiener Jahrbücher der Literatur, B. XXVII, Seite 02% ’ **) Vincenz fpridt davon: pro tuenda eivita= te et prineipali Ihrono, quodam saxo, quod est nunc in medio ecivitatis, pro quo non solum nunc, sed etiam ab anti- quo ınulta millia militum bello corruerunt. ) 157 fo forgfältig benugt würden, als bie etwas fpäteren Aktenſtücke, melde ſich noch in den Archiven des ehemaligen Oberfiburggrafenamtes, des Hofbauams tes und des Landes = Guberniums befinden. Ich muß mid vorläufig auf einige fEizzenartige Bemer⸗ kungen beſchränken, da Raum und Zeit — in Anſpruch genommen ſind. Der älteſte Fürſtenſitz des Hradſchin's, die St Wenzelsburg (Hrad S. Wäclawa), fand nicht auf der Stelle des jetzigen Hauptgebäudes, ſondern mehr auf der Spitze der hohen Erdzunge errichtet, wo ſich das alte Oberſtburggrafenamt und das ehemalige Lobko⸗— wiziſche Haus befinden. Unmittelbar zu ihr empor führte die noch heut fogenannte alte Schloßſtiege, in deren Nähe man auch die älteſten Mauertrümmer ſieht. —* König Wenzel J. ließ ſie im Jahre 1252 aufs neue mit einer hohen Mauer voll Erker und Schieß⸗ ſcharten umgeben; und die Chronik des Prager Canonicus Franz (+ 1362) fo wie die Fortſetzer des Cosmas berichten: „König Ptemyft Ottokar IT. bes feftigte das Prager Schloß im Sahre 122g mit fehe flarken Mauern , Thürmen und mehreren Graben, und legte von einem Thurme zum andern burch den ganzen Umtreis der Burg, verdeckte Verbindungsgän: 158 ge an, Einer diefer Graben war mit Steinen ausge: ſetzt, der zweite 40 Ellen breite und zo Ellen tiefe, hatte dagegen bloße Erddämme. Auch ſchützte der Kö⸗ nig die gefammte Kleinfeite duch) Mauern und Wäls: lee — Damals (oder fhon um 1260) befanden fich auf der Burg 10 Kaftellane oder Burggrafen, ausgezeichnes te und berühmte Männer ; jedem derfelben waren 30 bewaffnete Wächter zugefellt. Für den angefehenften derfelben galt Nitter Georg von Drazicz, deſſen Sohn unter dem Namen Sohann IV. zum Prager Bifhof ermählt wurde. Die übrigen damaligen Burg- grafen biegen: Mſtydruh von Chlum, Onfo von Onßow, Ulrih von Krzſiwſud, Dos maflaw von Kworcz, zugleich Unterfämmerer 5 fernee Rudolph von Shraslamicy, Rapo— to von Borczonicz, Sdislaus von Pros bonicz, Ulrich deffen Bruder und Andreas von Riczano.” (©. den Domherrn Franz.) Ebenſo erfährt man durch die Fortfeger des Cos⸗ mas, daß im Juli 1291, nad einem fehr heftigen Regen oder Wolkenbruche und darauf folgenden: Or— Eane, ein Theil der Gebäude dieſes Schloßes, gegen dag St. Georgenklofter zu, einflürzte; fo auch die mitternächtliche Burgmaner , welche in den Brusfas bach mit. ftarfem Gekrach hinabrolite Bei biefer 8 f 159 Gelegenheit ſank der Thurm bei dem größeren Burg: thore in Trümmer, und eben fo der kunſtreich gear= beitete Thurm, welcher gegen die bifchcflihe Wohnung gerichtet: war,, — Doch blieben noch manche andere Marten übrig; denn im Sahre 1298 wurde 8 a⸗— wisvon KRofenberg, der fih mit König Ot— tokars Wittwe vermählt hatte, und für einen guten Dichter und Sänger galt, gefangen genommen und in einen Thurm des Prager Schloſſes eingefperrt, den HageE den weißen, Pubitfchka aber den gols denen nemft, Sm Sahre 1316 brannte die alte Burg gönzlich ab, und blieb längere Zeit v völlig verödet, bis fie erſt Kar!lIV. nad feanzöfifhen Vorbildern wieder herz ſtellen ließ. — Die frühefte St. Veits kirche des — war klein, rund gebaut und — nach Cosmas Verſicherung, der als Dechant bei ihr lebte und es wiſſen konnte, — wahrſcheinlich um 930 von dem heil. Wenzel begründet, aber nicht vollendet, Dies that erft fein Bruder und Mör⸗ der Boleflaw, der fie 950 einweihen ließ. Kerzog Spi⸗ tignew befahlim Sahre 1060, nicht allein fie, fondern auch die nahe St. Adalbertskicche einzureißen und fie größer aufzubauen, wobei ihn jedoch der Tod Übereilte, Sein Bruder MWeatifla that es, doch brannte fie, — 160 nach Cosmas, im April 1091 ab, ward aber im Mai 1096 auf Befehl des Herzogs Bizetiflam wieder ein⸗ geweiht, und die Kirche zum heil, Veit, Menzel und Adalbert genannt, weil diefe drei Heiligen: bereits - darin ruhten. — Ihr Bischof Meinhard ließ (zufol« ge der FKortfeger des Cosmas) im Jahre 1129 das Grabmal des heit. Adalbert neu mit God, Silber ‚und Kryſtall ſchmücken; nicht minder behaupten fie: der Kreuzgang (longa via) im Klofter der Stiftskir— he fey 1243 ausgemalt worden, was ebenfalls im Sabre 1244 ftatt fand. Uebrigeng brannte die Metropolitankiche, mit ihren Schägen Kleinodien und Urkunden, 1142 aber» mals ab , da der Inaymer Fürft Konrad, welcher Prag belaggrte, fie durch Feuerpfeile gleich der bes nachbarten St. Georgenfirhe anzlindete, Die Kirche “wurde fo gut und ſchnell als möglich wieder herge— ſtellt, und ſchon zwei Jahre ſpäter von den Biſchö⸗ fen der Städte Prag, Dlmüg und Bamberg. auf’s neue eingeweiht (nach Pulkawa und dem Mönche von Sazama.) — Sm Jahre 1255 ließ dee vers dienftvolle Domdehant Vitus, — ** er ſie mit Altären, Statue N, gehauenen. < Säuler und Bil⸗ dern geſchmückt, die Wohnung der Dom jerren durch ſchöne Vidhauniahelun und Gemälde verziert und die 161 Kapelle des heil. Michael mit einem gemalten Altare verſehen hatte, — ebenfalls eine neue Orgel, die 26 Mark Silber koſtete, im dieſer Metropolitane aufſtellen (S. Cosmas Fortſetzer.) — Auch erhielt ſie 1276 eine abermalige Bereicherung durch den Prager Biſchof Johannes, da man fie auf fein Geheiß mit: fleinernen Platten dedte, um fie fchöner und dauerhafter auszuftatten. Eben fo gab er ihre zroei große Senfter, von: zierlicher Eoftbarer Arbeit, in deren Gläfern fich eingebrannte Darftellungen aus dem alten und neuen Zeflamente befanden, (S die Bortfeger des Cosmas und den Ehroniften Neplacho.) — - Die bifyöflihe Nefidenz befand fich nicht auf dem Hradſchin, fondern auf der Kleinfeite, und zwar zwifchen dem Brüdenthurme und dem jeßigen St. Thomaskloſter, welches übrigens fhon außerhalb der Kleinfeite ag (in Suburbio, wie Abt Peter von Königsfaal ausdrüdlih fagt); woraus ſich abermals 'auf den geringen Umfang der damaligen Kleinfeite ſchließen läßt. | Der Herzog und zugleich Prager Bifchof Heine rich (F 1197) hatte fie erbaut, welchen der gleichzeie tige Chronift Gerlach “als die goldene Blume Böhs mens, die Stüse des Vaterlandes, den Spiegel als ler Fürſten, “die Zierde der Klerifei 2c. bezeichnet. 162 Ein großer Garten gehörte dazu, der fih von ihr bis zu den Kirchen St, ee und St. Peter und Paul erſtreckte. Die eigene Beſatzung ſteckte dies Gebäude 1249 in Brand und entfloh, um den anrückenden Gegnern nicht in die Hände zu fallen; doch Biſchof Nicolaus aus dem Gefchlechte der Herren von Rofenberg (+ 1258) umgab es, bei dem drohenden Tartaren⸗ Einfalle, mit einem Graben -und einer Mauer, und verordnete gleichzeitig : daß felbjt an den größten Feft- “tagen bei Eeiner Kirche durch ganz Böhmen, mehr als zwei Glocken zum .Gottesdienft geläutet werden folls ten; vielleicht gefhah es deshalb, weil König Wen: zel I, das ftarfe Geläut nicht vertragen Eonnte, Biſchof Tobias von Behinie (+ 1296) ftellte Die Nefidenz, welche 1291 abermals durch Feuer ſtark ge⸗ Titten hatte, wieder her und verfah ihren Garten mit feltenen Pflanzen und Bäumen ; doch erft fein Nach⸗ folger, der ausgezeichnete Sohannes IV., der Sohn des Prager Burggrafen Gregor von Drafich, erhob dieſe Burg zu einem wahren Kunftbaue. Er hatte eilf Zahre am päpftlihen Hofe zu Avignon ges lebt, und berief dann bei feiner Rückkehr nad) Böh⸗ men den berühmten Baumeifter Wilhelm aus Auignon zu fi, von dem er die fteinerne Brücke über 163 die Elbe bei Raudnig erbauen ließ. Außerdem grün: dete diefer treffliche Mann -ein Auguftinerklofter und Spital zu Raud nittz, fo wie die Et. Egidiuskirche jegt die (Dominikaner) In der Altſtadt; er ſchmückte die Grabſtätte des heil, Adalbert mit Eoftbaren Verzieruns gen von Bold und Silber, ließ ſich Kunftgegenftände aus Venedig kommen, und auf feine Veranlaffung fchrieb der Prager Domherr Franz eine fehr gefchägte Chronik, Er ftarb, nachdem ev 4a Jahre Bifchof gewe⸗ fen war, 1343 und genoß das vollfte Zutrauen von Karl IV, und deffen Vater, da er eine der Hauptverans faffungen war, daß Böhmen an das Lurenburgifche Haus Fam; denn durch das ftarfe auserlefene Heer (validum ac robustum exercitum armatorum), welches er auf eigene Koften unterhielt, unterftügte er den König Johann, gegen Heinrich von Kärn⸗ then fo Eräftig, daß die Unterdrüder aus dem Lan⸗ de entfliehen mußten. Dieſer Kunſtfreund alſo, ließ den ſonſt nur aus Holz zuſammengeſetzten Biſchofhof von Stein aufs führen , und ihn mit Thürmen verfehen,, von denen einer wenigftend noch theilmeife in dem Hofraume des Haufes zu den drei Gloden fteht, und woran fih das Familienwappen des Gefclechtes Drafic (drei Weinblätter) befindet», Doch ich will die Worte % F 164 i des Chroniften Franz anführen; er fagt: „Seinen dicht an der Moldaubrüde gelegenen Sig ftellte Bi» fchof Sohannes wiederum Eoftbar her; denn wäh: rend die Pforten deffelben früher nur mit Holzwerk und Verzäunungen oder Pallifaden inwendig ges [hügt waren, errichtete er num über dem Hauptein⸗ gange einen Thurm von geſchnittenen und gehaue⸗ nen Steinen. Von feiner Burg bis an den Brüs ckenthurm befahl er Getreidebehälter und andere flars - fe Vorraths = Gebäude aufzuführen. Auch ließ er bie Kapelle diefer Refidenz mit den fchönften Gemälz ben (pulcherrimis pieturis) verzieren; und die Bildniffe fämmtlicher früheren Prager Biſchöfe (ev war der 27te) hier nach der Beitfolge an einander reihen.” „Der. Pallafi” — fährt Franciscus fort — „ober vielmehr das Zafelzimmer, ift mit Inſchriften und Bildern angefüllt, viele belehrende und morali⸗ ſche Stellen ſind hier angebracht; eben ſo wurden zahlreiche Wappenſchilder der Fürſten, Baronen und Edlen des Königreiches hier ganz paſſend (decenter) aufgemalt. In den eigentlichen Wohnzimmern des Biſchofs mußten aber außer verſchiedenen Porträten, noch ſymboliſche Darſtellungen aus den Propheten und der Apoſtelgeſchichte angebracht werden, und zwar alles im beſten Verhältniſſe (in optima proportio- ? 165 ne) welches er nebft den erwähnten Verſen vom rö⸗ mifchen Hofe (aus Avignon) mit VRR gebracht hatte.” Daß diefer Bifhoffig ein bedeutendes Gelaß ein⸗ ſchließen mußte, erhellt übrigens ſchon daraus, daß ſich — wie Benes von Weitmühl und auch der gleichzeitige Abt von Königsſaal ſagen — im J. 1307 die Baronen, Edlen und Abgeordneten der Städte Böhmens in ihm verſammelten, um nach dem Tode König Wenzels IE zur Wahl eines neuen Regenten zu fchreiten: „Man Eonnte fich über den betreffenden Kürften nicht vereinigen, denn Eini—⸗ ge bezeichneten den Herzog Heinrich von Kärns then und Tyrol, Andere den Herzog Rudolph von Defterreih. Nun rief plöglich der Kämmerer des Kö⸗— nigreiches, Zobiasvon Beh in — welcher am Po: dagra litt, und auf dem bifchöflichen Kager, in einem geräumigen Gemache ruhte, worin die meiften Wähler verfammelt waren — fpottend aus: „Da wir über den neuen Wegenten nicht einig werden können, fo müffen wir wohl einen Bauern aus dem Dorfe Stadicz, wo Przemyſl, der erfte Her: 309g Böhmens geboren war, erfiefen, und ihn der Fürſtin Elifabeth, des Königes Wenzel Tochter, zum Gemahl geben!” Diefer Vorſchlag mißfiel fo fehr, ‘166 daß die jungen Ritter Ulmann v. Leuchten: berg, Heinmann v. Cruffyna und einige Andere herbeieilten, und den Ritter Tobias auf dem Bette tödtlich verwundeten. Wiewohl fich viele Bewaffnete in und vor der Burg befanden, fo geſchah ihnen dennoch nichts, und fie fanden gehörige Zeit . zu entfliehen. f Zu bemerken wäre vielleicht außerdem, daß Jo⸗ hann IV, nad feiner Inveftitue zum Biſchof im J. 1301 (bei welcher ihm König Wenzet einen goldenen Ring mit einem Smaragd verehrt hatte, den man auf 900 Mark ſchätzte), mit dem Monar⸗ chen und vielen Großen des Landes, in dieſe reich verzierte Burg einzog und ſämmtliche Gäſte glänzend bewirthete. Seinen Hofſtaat d. h. die biſchoͤflichen Maffenträger., welche hier wohnten, kleidete er köſt⸗ lich, (excellenter vestivit) und geftattete e8 den Bettlern der Stadt, ſich an getviffen Tagen. der Woche in feiner Reſidenz ‚einzufinden , um ein Als mofen in Empfang zu nehmen. — : Der Wahlenhoff, d. b. das wälfche oder ita= Itenifche Haus, (jest das Sachfenhaus genannt, worin fi) gegenwärtig das Steinigifche Kaffeehaus befindet) lag der Burg des Bifchofs gerade gegenüber. Er muß von beträchtlicher Größe geweſen ſeyn, da ihn Kaifer — ey Kart IV. im $. 1348 dem Herzoge Rudolph von Sahfen für die Verdienſte, welche er fih um ihn und feinen Vater erworben hatte, als Geſchenk übergab. Welche Veranlaffung mochte dem Haufe wohl biefe Bezeichnung gegeben haben? Vielleicht baute es ein italienifcher Kaufmann oder ein wälſcher Ritter aus des Königs Sohann Gefolge, der flet8 mit Fremdlingen umgeben mar; oder follte fein Name fi) wohl auf jenen Feldzug beziehen, den im Sabre 1161 Friedrich, Wladislaws des Königs von Böhmen Sohn, und Theobald Mia: dislaw's Bruder, mit 300 Berittenen nad) Stalien unternahm, um der —— Mailands beizu⸗ wohnen. — Mit einigen Worten ſey jetzt noch des St. Ge⸗ orgenkloſters auf dem Hradſchin gedacht zu deſſen Aufbau die Fürſtin Milada im Jahre 971 die päpfllihe Bewilligung erhielt; und deffen heutige, Kirche im Erdgefhoß wohl noch die urfprüngliche ihrer Gründungszeit iſt. Gelafius Dobner machte die Abbildung ihrer Alfeften Grabmäler bekannt *), welche zum Andenken der heil. Ludmilla und des Herzogs Wratislaw J. bereits im früheren Mits *) Hist, T. 3. P. 450 u 586. 168 telalter gearbeitet wurden und die Beachtung des Kunftfreundes verdienen. — ‚Schon im J. 1140 wurden auf Veranfaffung des Olmützer Bifchofs Heinrich, welchen Herzog Wladislaus befonders ſchätzte, Prämonftratenfers Mönche aus dem Kloftee Steinfeld nah Prag berufen , denen man ein Stift auf dem Berge Stras how (von Stra, Wache) erbaute, wobei diefe Anhöhe nunmehr den Namen Syon erhielt (mutate nomi- ne ipsius in montem Syon, tie die Fortfeger des Cosmas fügen) entweder, weil Bifhof Heinrich, der in Serufalem gewefen war, eine Aehnlichkeit zwi⸗ fchen dem fehönen Berge Strahow und dem Syon fand, oder weil das Gotteshaus in feiner Bauart an das heilige Grab erinnern folltee Zwar brannte es im SG. 1258 durch die Unvorfichtigkeit eines Mönches ab; jedoch fünf Jahre darauf, hatte es Abt . Sohann bereits weit fchöner und umfangreicher wie⸗ der aufbauen laſſen als zuvor fo, daß Kirche und Klofter Bewunterung erregten, und mit dem Tempel F Salomonig verglichen wurden. — Abt Godefried Meß 1277 in feinem bed) gelegenen Garten eine Windmühle errichten, die erfte in Böhmen, welche wenige Sahre darauf ein Orkan zerftörte, aber for gleich wieder hergeſtellt wurde. (S. die Fortſetzer des Cosmas auf die Jahre 1277, 1279 U. —— . 169 "Um von dem Hrabfehin und der Kleinfeite wieder auf die Altſtadt Prag zu kommen, fo zeichneten fich hier unter den Wohngebäuden, der Teyn- und Ko: nigshof aus; Die herzogliche Burg Teynhof (laeta Cu- ria), auf deren frühen Mauern zehn Bürgerhäufer ftehen , die noch jetzt eine befondere, duch zwei Tho— te begrenzte Abtheilung der Altſtadt bilden, — diefe Burg foll Herzog Krfezomyfl im Jahre g00 angelegt haben , um der eigentlihen Stadt näher zu feyn, als es auf dem Wyſſehrad oder Hradſchin möglich war. Diefe Nachricht ift indeß eben fo wenig ver« blirgt , als daß derfelbe Herzog der Altſtadt die erften Privilegien gab , follte fie auch noch von hundert Hageks, Balbins oder Berghbauerg mies berholt werden. Vermochte Cosmas, der erfte böh— mifche Chronift , feinem eigenen Geftändniffe zufolge £ein Zeitbuch aufzufinden , worin die Begebenheiten vor 394 chronologiſch verzeichnet gewefen wären N; | | *) Seine eigenen Worte lauten: Annos autem / dominicae incarnalionis ideirco a tem-. poribus Boti iwoy primi dueis catho- - liei ordinare .coepi, quia in initio hujus übri nec fingere volui, nec Chronicam - 5 Sa, | X x u. 2 1 u 170 und erlaubt es fid nicht einmal er, welcher 1125 ſtarb, mithin jenen Tagen noch nahe genug Iebte, ein Factum als hiftorifch anzugeben, wenn fein Datum nicht gegen das Jahr 900 fiel, — mie follte es da der Eritifche Gefchichtsforfcher nicht end: lich müde werden, irrige Behauptungen gelaffen mit anzuhören , die man durchaus als Wahrheit verkau: fen will? . Bei alle dem ift aber dennoch-anzuneh: “men, daß dieſer Teynhof wirklich fehr früh erbaut wurde, und feinen Namen von den Holzverfchans zungen oder Pallifaden erhalten haben mochte, mit denen er umgeben war, worauf das böhmifche Beitz wort tyniti, umzäunen, bindeutet *). Freilich äußerte mein Vorgänger in der Schilderung Prag's, der Sachſe Redel, gerade vor hundert Jahren d.h. 1729, eine ganz andere Meinung ; er- behaup⸗ tete: dieſer Teynhof ſey der Ort Ctiniow, wo der früheſte — der Böhmen Cech begraben lies reperire potui, ut quando vel quibus gesta sint temporibus scirem. *), Dieſelbe Etymologie hat unſtreitig der Name ber böhmifhen Städte - Moldau: Zeyn, Ho reſch-Teyn, Elbe-Teinitz, Biſcho f⸗ Teinitz, Jungfern-Teinitz, Tein ſüd— lich von Pan, Teinitz an der Sazawa ꝛc. — 171 ge; und er würde mit Dobromsky’s Anſicht ſehr un⸗ zufrieden geweſen ſeyn, der das Wort Gch von Ceti , d. h. Anfang, der Urheber, oder Einer, der den Anfang macht, ableitet, und die Gechen (Ttſche⸗ chen) mithin für die vorderen Slawen, fo wie die Slez y (Schlefier) für dierü dwärts mohnenden Slawen hält ; — der demnach den Cech als ‚Perfos nenname eben fo vertwirft, als er die Nicht = Eriftenz des polnifchen Fürften Lech bewies. *) Schon unter Kinig Johann von Lurens burg (1310), ja bereitö früher, mußte diefe Re— fidenz in Trümmern liegen, fonft würde Ann a, die Gemahlin des Herzogs Heinrich von Kärnthen, wahr: fheinlih in ihr, und nicht in dem Haufe des Pra⸗ ger fehr reichen Bürgers Nicolaus de Turri gewohnt haben, welches dicht am Thore unfern des beutigen Bergiteing lag, wie Benes von Weite mühl erzählt. König Johann beflimmte einen Theil der verlaffenen Gebäude, zu dem Amte des Ungeldes, einer früher noch ungewöhnlichen Ab: gabe auf Wein und Eat; * und vielleicht wurden —— Nuſem⸗ Zeitſchrift, Januar-Heft Mn, | Seite 55. *) „Ungeltum , u prius nunquam audi- Tai {uerat,” H 2 3172 die übrigen Trümmer zum Bau der heutigen Teyn⸗ - Eiche und zu anderen Bauten der Bürger vermenz det. — Auch geht aus einem Diplome, welches Peſſina in dem Phosphorus Seite 61 mittheilt, hervor, daß Herzog Borziwoi II. dem Prager Domkapitel den Teynhof, worin die ankommenden Kaufleute ihre Waaren zu verzollen pflegten, nebſt allen dazu gehörigen Gebäuden, Rechten und Eins fünften gefchenft hatte. Kart IV, beftätigte diefe Verleihung im 5. 1552 und verordnete, daß auch die Einwohner der Neuftadt Prag von ihren Waaren hier eine Abgabe entrichten mußten. In dem. älteften Prager Stabtbuche finde ih mehrmald „den Fron⸗ Hof” (dem heiligen Hof) in diefer Beziehung genannt, roorunter der Teynhof mwahrfcheinlicdh aus dem Gruns de verftanden ward, weil er dicht an der Kicche, einem geweihten Orte lag — Bemerkenswerth ift, mas Schalter in dem dritten Theile feiner Zopogras phie Prag’s, von einigen an dem Teynhofe befindlichen Gebäuden anführt. Seite 548 lieft man: „In den überaus ſchönen Kellern des gräflih Dohalsky' ſchen Hauſes (in der Seltnergaffe) trifft man einen ſchma— len gewölbten Gang an, der jest nur, bis an die nächft daranliegende Teynkirche geht; vor Zeiten aber bis an die herzogfiche Burg am Teyn, oder vielleiht EN ; 173 noch weiter geführt haben foll.” Und Seite 54g: „auf der Außenfeite des Haufes Nr. 70 bei der ſtei⸗ nernen Glocke ift ein al fresco fhön entworfenes Ges mälde der heil. Ludmilla zu fehen, zum Andenken deffen , weil’ eben diefe Herzogin diefen Theil der eher maligen herzoglichen Burg bemohnt haben foll.” — Die Prager Brü cke war in den früheften Zeiten wahrfcheinlih nur aus: Holz erbaut; daß fie aber bereit im Jahre 1118 ſtand, geht aus fol⸗ gender Stelle des Cos mas hervor: „Sm Jah⸗ re des Herrn 1118 und zwar im Monate Septem⸗ ber, ereignete ſich eine fo große Ueberſchwemmung, wie ſie ſeit der Sündfluth nicht geweſen ſeyn mochte, denn indem unſer Fluß Wltawa (die Moldau) plöglich fein Ufer überſchritt, ach mie viele Städte, wie viele Häufer diefer Vorftadt (in hoc suburbio) wie vies fe Hütten und Kirchen flürzte er da nicht in feinem - Ungeftüm! Denn während es früherhin fich felten ers eignete, daß die anſchwellende Fluth die Bohlen der Brüde erreichte, flieg fie bei diefer Ueberſchwemmung höher als zehn Ellen über fie empor.” *) *) „Aliis namque temporibus, tametsi hoc ra- ro evenit, ut unda alluens vix tabulata pon- tis tangeret; haec autem inundatio altius quaun X, uluis’super pontem excrevit.” 174 r R Pubitſchka fagt in feiner Gefhichte Böh: men’s (Theil A, Seite 425): die erfte fteinerne Brücke, die über die Moldau geführt worden, haben wir der Gemahlin Wladislaw's II. Ju dith zu, verdanken. Der Bau wurde im Jahre 1171 ane ‚gefangen, und binnen drei Jahren, nod) vor dem freiwilligen Abzuge Wladislamw’s aus Böhmen vollendet. Woher hat er aber diefe Nachricht * Sie findet ſich weder bei den Fortfegern des Cosmas, noch in den etwas fpäteren, aber gefchägten Landes— Chroniken; dafür fagt jedoch der erfte Fortſetzet des Cosmas: „Im Jahre 1252 wurden die Thürme des Prager Schloſſes und am Fuße der Brüs cke befeftigt *). Bei dem Domheren Franz (+ 1362) findet fich die Notiz: „Im Jahre 12712 wurde bie Brüde zerftört, und der Moldaufluß verurfachte eine folche Ueberſchwemmung, daß er die Ufer weit übers . ſchritt, fi bis in die Altftade auf den Hühnermarkt ergoß und großen Schaden verurfachte.” ben fo fieft man bei den Fortfegern des Cosmas: „Im Jahre 1273 im Herbft wuchs die Moldau fo fehr an, daß fie die hölzerne Kapelle, welche vor der Brüs *) Eodem anno (1952) turres Pragensis tastri u. et ad pedem pontis munitae sunt, 175 de auf der Eleinen Sandinfel ftand-, bis auf das Sundament zerſtörte, und eine ‚andere fleinerne Kir⸗ che, die ſich unter der Brücke auf der Inſel bes fand (sub- ponte in insula) zum Theil abgeriffen ward.” — Vom Jahre aagı heißt es: „Es flürzs te einer der ſchönen und ſtarken Brückenthürme wäh⸗ rend eines heftigen Orkanes ein.“ Doch hatte fie im. Jahre 1319 bereits wieder zwei Thürme, melde nah Benes von Weitmühl, von ‚den Pras ger Bürgern fo ſtark vertheidigt wurden, daß nie⸗ mand aus der Stadt oder in diefelbe gelangen Eonnte, Sm Sahre 1342 zerbrach die Brüde, des gre— Ben Eisftoßes wegen, an mehreren Orten, fo daß, (mie der Domherr Kranz berichtet), Eaum der dritten. Theil davon übrig blieb, Haft ganz Prag. ftand uns ter Waſſer, es drang in die meiften Keller und Woh⸗ nungen und madıte großen Schaden. Häufer und Wie⸗ gen mit Kindern, Hausthiere, Geräthſchaften ıc. ſchwammen auf der Moldau, viele Menſchen er⸗ tranken. Jetzt erſt fühlte man, welchen großen Schatz man an der Brücke verloren hatte, da die Verbindung faſt überall geſperrt war. Bei dieſer Gelegenheit wurde an die Kleinſeite ſo viel Sand an⸗ geſchwemmt, daß der Waſſerzug gehemmt blieb und hier nur wenige Mühlen mehr angebracht werden konnten. 176 Dur) diefelden Wafferfluthen wurde auch die Dresd⸗ ner Brücke zerflört, wie Beneg von Weit: mühl dem vorftehenden Berichte hinzufügt. — Uns fern des Kreuzherrn⸗Spitals, alfo in. der Attftadt, ſtand ein Thurm aufder Brüde, deffen Fun— damente noch in dem Stück Mauerwerk gezeigt wer⸗ den , worin fich der befannte fleinerne Kopf mit dem Barte, Bradatz genannt, befindet. In ihn wurden die eines Frevels überwieſenen Bürgerföhne einge ſperrt, wie dies aus nachſtehender Urkunde vom Jah— te 1330 erhellt, die ich aus dem älteſten Stadtbus he herausziehe, und ihre nichts meiter als die alte Nechtfchreibung nehme. Sie lauter: Wir Trenzel son Roſenbach Richter, und Pillung, Conrad ven Leitmerig, Martin von Eger, Conrad Ginochſel uf w. Schöppen und Bürger gemeiniglich der Stadt zu Prag, thun fund Allen, die dieſen Brief lefen oder hören Iefen, daß wir deß zu Nathe wors den fern und mit vorbedachtem Muthe übereinfom: men mit unfers Herrn des Königs Willer, um die jungen ungerathenen Bürger zu Prag ‚ fen fie reich oder arm. . Welcher ders felben jungen Bürger , er fey ledig oder ehlich, der ſeines Gutes ungewaltig ift, fein Gut fürbaß vers zehret und verthut unnützlich, es fey mit Effen oder - 277 mit Trinken, oder wie er das anders verthut, den foll der Stadtrichter fahen (fangen) und fol ihn in die Vangnuß (Gefängniß) bringen in den Thurm aufder Brüden vor dem Spital, und ſoll ihn da laffen ſitzen 14 Zag. Und wenn derfelbe aus dent Öefängniß kommt, wird er abermald ungera= then als zuvor , foll ihn der Stadtrichtee wiederum fahen , und foll ihn an diefelbe Statt bringen in die Gefängnif, daß er daſelbſt fise 4 Wochen ; und miß: thut er abermals mehr, wie. er herauskömmt, fo fol _ er das in derfelben Gefängniß büßen ein Diertel eines Sahres. Zu dem viertenmale fol er figen in | derfelben Gefängniß ein halb Jahr, ob er daſſelbe thut; und iſt er dann noch ungerathen zu dem fünf: tenmale, fo foll man ihn in einen Sud ofen und ettrenfen Will aber denfelben ungerathenen Jungen feiner Freunde irgend Einer felbft züchtigen, To mag er cs wohl thun, in der Meife als 08 vorgefchrieben ftehbt. Wer aber demfelben uns gerathenen Jungen, er fen Chrift oder Zube, etwas borget, der foll das ganz und gar verloren haben, und foll deshalb niemalg mahnen, und noh 3 Schock große Prager Pfennige Buße zahlen. Wer deffelben ungerathenen Jungen Bürge wird, den foll man fa— hen und fegen zu demfelben Schuldigen in das Ges 95 178 fängniß in den Thum, daß er fo lang darinnen fie, als derfelbe Schuldige figen fol. Gegeben nad) EHrifti Geburt, taufend Jahr und dreihundert Jahr, darnach in dem zoten Sabre, des naͤchſten Sonn⸗ abends nach St. Veites Tage,” — Was Karl IV. für diefe Brüde that, foll weiter unten erwähnt werden, Ueber die Prager Bauordnung und die Öffentlihen Siherheitsanflalten un ter Johann von Lurenburgund Karl IV Keinem Unterrichteten wird es einfallen, den Maßſtab unferer Zage an die Polizei = und ZJuflizs Anftalten des Mittelalters anlegen zu wollen ; und Niemand Eann ſich überrafcht finden, wenn er die Unvollkommenheit aller Inftitute diefer Art, wie fie beim Regierungsantritte des Luxenburgiſchen Haufes fih auh in Böhmen zeigten, nachgewieſen ficht, Mer. aber jene Tage für völlig gefeglos und jeder Willkühr Preis gegeben wähnt, der ift im Irrthum befangen , und vielleicht dürfte e8 diefem nicht ganz unangenehm ſeyn, hier Einiges aus ächten Quellen | 2 179 zufammengeftellt zu erblifen, was wenigſtens bas Streben nad) Ordnung und geregelter- Sitte verräth. Die Kortfeger des Cosmas berichten: „Im Jah⸗ re 1269-ließ König Ottokar in einzelnen Dör— fern Gruben machen, und Gänſe oder Eleine Schwei⸗ ne darüber befeſtigen, um die Wölfe zu fangen.” Doch behaupten fie weiterhin, 1276 wären wieders um eine Menge Wölfe vor den Prager Burgthoren umhergeirrt, welche die Luft mit ſchrecklichem Ge: heul erfüllten. Um das Jahr 1330 erließen die Prager Schöp⸗ pen das Gebot: derjenige, welcher ohne Ihre Bez willigung etwas an einem Haufe bauen oder mauern würde, folle Strafe bezahlen. (©. Bas ältefte Stadt⸗ buch Nro. I. ©. 196). Noch während der Regierung von n Raifer Karl des IV. Vater, waren die meijten Bürgerhäufer nur von Holz aufgeführt; aber bereits Johann -von Luxenburg fhenfte den Pragern im 9. 1328 auf ewige Zeiten alle Steinbrühe, Kalk, Lehm: und Sandgruben in der Umgebung der Stadt von einer Meile; um dadurch vorzüglih die Einwohner der Altftadt in den Stand zu fegen, neue und bedeu— tende Gebäude zu errichten. (S. Pubitſchka's böhm. Geſchichte, Band VI, Seite 212.) — Vorzüglich von’ * 180 dem Podſkal wurden Steine, Ziegeln, Kalk, Sand und Zimmerholz in die Stadt, Behufs * Bauten geführt. (Stadtbuch J. Seite 186.) Im Jahre 1322 erließen die Richter und Schöp⸗ pen der Gemeinde der Hauptſtadt Prag eine Urkuns de, wodurch unterfagt wird: daß irgend: Semand noch ohne Licht, (d. h. ohne Fackel oder Laterne) durch die Straßen gehen dürfe, fobald des Nichters Glocke zum drittenmal geläutet worden fey, Mer als Frevler gegen diefe Nerfügung von dem Stadts vichter oder der Schaarwache betroffen würde, folle das erſtemal ein Schock großer Pfennige, dann zwei, zulegt drei Schock großer Pfennige zahlen, oder acht, bierauf 14 Tage, zuleßt drei Mochen im Thurm an ber Brüde beim Spital eingefperrt, und nad dem dritten Webertretungsfalle, auf ein Jahr lang aus der Stadt verbannt werden. (©. bie Monaticrift des böhm, National = Mufeums , — 1827, Seite 44.) Um bie Stadt pflaftern oder „b legen? zu Eönnen, geftattete König Johann im Jahre 1351 der | Gemeinbe, an den Thören einen neuen Zoll auf ger - gewiſſe Lebensmittel „Kleidungsſtücke ꝛc. legen zu dürfen, da der Ertrag des Ungeldes dazu nicht bins reichte, damit ſolche nützliche und empfehlenswerthe \ 4 * 181 Arbeiten nicht unvollendet blieben (ne lahores pre— dicti tam utiles tamque commendabiles rema- neant iinperfecti, — Stadtbuch I. Seite 2 und 185) — Die Gefhwornen erließen gleichzeitig in derfelben Angelegenheit ein Geſetz, woraus nebenbei hervorgeht, daß es damals bereits Apotheken und Bäder gab. Es murde befohlen: die hölzernen Säulen der Ueberbauten mit fleinernen zu vertaus fhen; daß die Künftter und Mechaniker (artilices et mechanici) , ſowohl Einheimifihe ald Fremde, in den Häufern und vor denfelben unter den Lauben‘ (testudines) ihre Kunftgegenftände verkaufen follten ; daß Niemand das Waſſer aus den Bädern auf die Straße ausgießen, daß jeder Nothſtall der Schmiede in den Hofräumen und nicht vor den Häuſern anges bracht werden , Eein Menfh ein Zenfter oder eine - fonflige Deffnung Behufs der Waffer = Abzüge in die Stadtmauer machen folle w ſ. w. TIL I. Seite 192.) Us Karl des IV. RER, d.h. * ——— Herzogin Margaretha von Baiern, im Mai 1341 ihr Beilager mit dem Könige Kaſimir von Polen zu Prag halten ſollte, machte man große Anſtalten zu dieſer Feſtlichkeit. Ein großer Theil der Gebäude wurde erneuert - oder. gefihmücktz und der, Stadtrich- 182 ter Prags Menzel Noktizaner erlleß an die Bürz gerfchaft den Befehl: die Gaſſen unter der Strafe der Treuloſigkeit rein und fauber zu halten, (©. — Leben Karls IV, I, Seite 95.) Sn einer 1541 ausgeftellten Urkunde des Stadt⸗ buches lieſt man ausdrücklich: von dem Einkommen des alt ſtädter Weinſchrotamtes „folle die Stadt rein gehalten und in allen Gaſſen Miſt und Unflat, wo es Noth iſt, weggeführt werden, daß die Stadt rein und ſchön ewiglichen davon bleib.” Auch König Menzel geftattete der Kleinfeite im J. 1393 von jeder Fuhre Salz 5 Groſchen Zell zu nehmen, doch unter der Bedingung, die Gaffen und Plätze der Stadt dafür. fäubern zu laſſen. Hinfihtlih der polizeilihen Sicherheit, ingbefondere der verfchiedenen Maffen wegen, erließen die Schöppen Prag”s und zwar mit Bewilligung König Sohann’s und des Hauptmanned Berka, im J. 1327 folgendes Gefeg : Niemand foll ein Schwert oder Stechmeffer in Prag tragen, außer er habe ein Erbe von 10 Mark Werth. Nur den Landherren und Bürgern nebft ihren Knechten ward geftattet Schwert und Mefler zu führen „Pfaffenknechte,” wie groß auch ihr Here ſey, durften in der Stadt weder Schwert noch Mefler zeigen; „und mer nach + 4 185 Prag teiten, fahren oder kommen will und in ihe Eeine Herberge bat, der fol Schwert und Meffer vor der Stadt Taffen, oder man nimmt es ihm eben fo wie den Andern, wenn er damit indie Stadt fommt. Sit aber das, daß er in eine Herberg' zieht, - fo ſoll der Wirth ihm fagen, daß er Schwert und Meffer in der Herberge laſſe und nicht damit ausge— bes geht er aber doch damit aus, an * man es ihm nehmen. Wer ein Meſſer in den —— oder unter den Kleidern verborgen trägt, dem ſoll man es nehmen und 20 große Pfennige zur Buße. Findet man noch zum dritten Male Waffen bei ihm und er hat kein Geld um die Strafe zu zahlen, fo ſoll er acht Tas ge zu dem Nichter in einem Stod figen. (©. Stadt buch I. Seite 1889.) Eben fo peigt es in einer Stadt - Verordnung des Jahres 1351: „Schwert und Stechmeſſer und alle verbotene Wehr und Harniſch und Waffen, wie es Alles genannt iſt, ſoll verboten ſeyn den Armen und Reichen, den Herren und den Landleuten, den Bürgern und Allen gemeiniglich innerhalb der Stadt, daß es niemand fürbaß tragen ſoll. (Wer die Strafe niht zahlen Eann) dem foll man das Meffer durch) die Hand flechen und foll darzu zehn Jahre aus der 184 Stadt ſeyn. Rücket aber jemand das Meſſer oder das Schwert, auf einen Andern zu flechen oder zu ſchlagen, und erfahren es die Schöppen für eine ganze Bosheit, der foll fünfzig Schock geben zu Buß auf die Stadt; und hat er des Gutes nicht zu geben, fü fol man ihm die Hand abfchlagen. Darüber foll nie— mand ein Seitenmeffer tragen, das fpigig fey , oder‘ er muß das verloren haben und fünf Groſchen dazu. Mer zu Auflaufen oder zum Gerichte kommt mit einem Panzer oder mit einer Platten, oder mit eis nem fpigigen Schwert, mit einem Pugler, oder mit einem Eifenhuth, oder mit Blechhandſchuhen, oder mit einem eifernen Handfocen, oder mit verborgenen Hands ſchuhen, und deß überwiefen wird, — der foll das Panzer oder die Platten mit einem halben Schock großer Prager Pfennige auslöfen; und das fpigige - Schwert, wie einen Pugler oder aud) den Schild mit einem Vierdung (Art Münze) und die Stappen und den Eifenhurh mit zehn großen, und die Handfchuh mit fünf. großen Pfennigen löfen, oder es ſoll Alles verloren ſeyn. Seder Wirth foll feinen Gäſten ſagen, daß fie Schwert und Meffer und. verbotene Wehe und Harz nifch in ihrer Herberge liegen laffen. Thut' er das nicht, fo.foll er das büßen mit einem Schod großer R 185 Pfennige. — Die mit verbotenen Waffen, genannt Armbruſt, Grellen, Gligen oder Speer, gehen, fols len es büßen „auf dem Thurm bei dem Spital auf der Brüden; fie follen figen in der Sau.” Aehnliche Gefege vom Jahre 1351, welche ich ebenfalls mit aller Genauigkeit und bloß mit veräns , derter Rechtſchreibung aus dem älteften ——— entlehne, ſind nachſtehende: Es haben die Schöppen und die Bürger gemeis niglich zu einem Necht gefunden um den Peter ir: gen genannt, den man befhuldigt hat um die Hand, die man dem Fridel abgefhlagen: daß berfeld Peter Tirk mag ſich entfchuldigen derfelben That auf den Heiligen, ob er Eannz und wenn er dad nicht thut, fo fell ihm die Stadt Prag verboten feyn eroiglich, daß er bei vier Meilen zu derfelben Stade nimmer kommen fol. Wird aber er begrif- - fen in ber Stadt oder auswendig der Stadt bei vier Meiten, fo fol man über ihn richten über feinen Hals, ohne alle Widerrede. Mer da zu Prag in der größeren Stadt ge: ächtet wird um irgend eine Unthat, der foll in dem Land zu Boͤhem in allen Städten und in allen Dörfern, fie feyen des Königes, oder der Herren oder weß fie feyn, geächtet feyn. P 2 ı86 Mer nad des Nichters Glocken, als man fie zu dem dritten Mal geläutet har, er ſey WeinfchenE oder Methſchenk oder Bierfchenk , ‚feine Gäſte figen läßt in feinem Haus und ihnen feinen Trank zu trinken gibt, der foll das büßen mit fünf Groſchen und jes der Gaft foll diefelbe Buße geben, Dem Büttel, der die Partheien vor Gericht (a: det, foll ein Heller Bothenlohn gezahlt werden, - Das Spiel ift fireng verboten; und es Fann der Spieler nicht mehr verlieren, als was er über feinem Gürtel trägt. (Gefeß vom I. 1328.) Mer dem Andern vor Gericht eine Ohrfeige gibt, dem wird die Hand abgehauen, oder er zahle 50 Schock große Pfennige, (Geſetz vom J. 1361.) Mer etwas zum Schaden der Stadt unternimmt, muß 50 Schod große Pfennige Buße zahlen, oder Prag wird ihm verboten auf hundert. Sabre. und einen Tag. Geſetz vom I. 1356.) — | In dem auf Befehl Kaifer Karl IV. um da3 Jahr 1550 ausgearbeiteten Gefegbuche Majestas Ca- rolina genannt, wird das Mürfetfpiel nebft anderen Spielen, fo mie auch jedes Ordal ſtreng unterfagt, Den Baronen wird e3 verboten: irgend jemanden die - Augen ausftechen, die Nafe abfchneiden oder Hände und Füße abbauen zu laffen, bei Strafe der Wider— « 187 vergeltung. Töchter, welche gegen MWiffen und Wil⸗ len der Eltern heirathen, ſollen nebſt ihrem Manne das Leben verlieren. Die Juden werden als Kam— merknechte bezeichnet, deren Vermögen der König erbt. Nur in drei Fällen wird der Zweikampf geſtattet: wenn ein Ritter den andern beſchuldigt, er habe nach dem Leben eines Mitgliedes des regierenden Hau— ſes geſtrebt; er habe ein königl. Schloß verrathen oder gegen die Sittenreinheit der königl. Familie geſpro— chen. — (Das Geſetz mußte der König zurückneh⸗ men, und fich fogar anheifhig machen, es den RR men nie aufbringen zu wollen.) | Herzog Stephan von Baiern gelobte im Jahre 1351 bei einem Befuche in Prag: daß keinem flüch⸗ tigen Vaſallen der Kooöne Böhmens, in Baiern Aufenthalt und Zuflucht geſtatten werden ſolle. (Das Diplom machte Lünig bekannt.) Kart IV. verordnete 1353, daß kein vorſätzlicher Mörder weder in Kirchen noch Kiöftern mehr Schug finden folle. Unter Strafe von ı5 Pfund Gold ver— bot er im J. 1354 die barbarifche Gewohnheit, ſich der Güter und Waaren derjenigen zu bemächtigen, melche auf den Strömen Schiffbruch gelitten hatten, oder auf der Straße des gebrochenen Kahrzeuges wes gen, ſtecken geblieben waren. 188 h Sn einer Mede, welche Kart im Sahre 1356 zu Prag vor den verfammelten Baronen, Rittern und Wladyken des Königreiches hielt, außerte er fih: „Ich will, als. euer Herr und König, heute bei euch dasjenige thun, was einft Lycurgus bei den Lacäde⸗ moniern, und Numa Pompilius bei den Römern thaten, und bei euch Ruhe und Ordnung wieder herz fielen, Ich mache euch daher Eund, daß ich, durch die mir von Gott verliehene Macht und als römi⸗ ſcher Kaifer, alle Mordthaten , alles Plündern und Rauben, alle Verwüſtungen durch) Feuer und Schwert, und alle andere Unordnungen und Gewaltthätigkeiten in meinem Königreihe Böhmen von dem heutigen Tage an verbiete. Ich verordne zugleich und fpreche das Necht: daß diejenigen , welche einer begangenen Mordthat befchuldige und Überwiefen werden, fie möds gen Herren, Ritter, Wladyfen oder Bürger feyn, mit dem Tode beſtraft werben follen. Die aber einen Raub oder Diebftahl begehen, follen ihrer Ehre und Güter verluftig ſeyn, und zwar dergeftalt, daß ein fotcher Räuber, wenn er auch vom Könige Gnade bekäme und den verübten Schaden gut machte, dens noch zu allen Bedienungen und Aemtern unfähig, und aller früher befeffenen Vorrechte und Zreiheiten, 189 fo lang' er lebt, verluſtig bleibe,” (S. Pelzels Leben des Kaiſers, Thl. I. ©, 521.) * Um das herumſchweifende Geſindel einzufangen und die Straßenräuber zu züchtigen, ernannte er im J. 1360 verſchiedene Burggrafen (böhmiſch Poprawcze), für welche er hie und da im Königreiche neue Schlöſ⸗ fer und Burgen errichtete. Und wie ſehr es ihm um die Aufrechthaltung des Landesfriedens zu thun war, beweiſt unter andern nachſtehende Stelle des Chroni⸗ fin Benes vom Weitmühl, der als vollgül—⸗ tiger Zeuge erſcheinen muß: „Der Kaiſer knüpfte einen Ritter, Johann Panczer genannt, den er einſt mit einem ritterlichen Wehrgehänge umgürtet hatte, mit eigenen Händen auf (propriis manibus suspendit), weil er ihn als einen Straßenräuber auf der Burg Zantpach, gefangen nahm.” Wider die Gottesurtheite, d. h. die Mafs fer und Keuerprobe, gegen welhe Karl IV. in feis f gege ner Majestas Carolina ſprach, erklärte ſich Arnes ſtus, der Prager Erzbifchof, in einer feiner Schrif- ten mit Erfolg. »Bum Andenken an diefen zweckwi⸗ drigen Gebrauch, wurde eine alte, zu diefem Behufe verwendete Gluthpfanne in die Wand der St. Wen» zelkapelle im Dom zu St. Veit eingemauert, die man noch gegenwärtig ſieht. — Uebrigens ift es be: * > nswerth , dag König Premyſl Ottokar I. im Sahre 1222 den Perfonen des Adels das Vorrecht ertheile hatte: die Feuerprobe nicht an fich felbft zu vollziehen , fondern fie, in ihrem Namen, an einem ihrer vollig ſchuldloſen Unterthanen vornehmen zu laſ⸗ fen. (©. Voigt's Geiſt der böhmiſchen Geſetze, ‚Seite 79.) — Zu gleicher Zeit beſtimmte er: denjenigen, der fi der Wafferprobeunterzieht, ſoll niemand in das Waffer hinabtauchen, als der Priefter oder. fein Gehilfe; kommt er durch Gottes Beiftand da= von, fo hat er dem‘ Nichter 2 Pfennige, dem Pries fter 14, dem Kapellan 7 und dem alten, dabei hels fenden Weibe 2. Pfennige zu bezahlen... (S Pubitſchka % a. O. V, Seite 102.) Das Vehmgericht hatte Karl IV, in der Lauſitz eingeführt, König Wenzel beftätigte 1409 dies Geſetz, und gab den Städten der Laufig die - Vollmacht, ftets andere Vehmſchöppen zu Eiefen oder zu wählen, wenn die vom Regenten ernannten fters ben follten. — Die damalige Formel, durch welche der Kaifer die Neichsacht ausſprach, lautete: „Wie haben den N. N. geſetzt in allen Unfrieden, fein Leib und Gut haben wir ihm genommen, Ehre und Recht gekündigt, fein Weib zur Wittwe, feine Kins der zu Waiſen gemacht, feinen Leib den Vögeln in | 191 den Lüften, den Fiſchen in dem Meere, den hie: ten in den Wäldern gegeben.” Die Eides formeln vor Gericht waren noch um 1368 fo lang und fo auf Schrauben geftellt, daß viel Betrug und Bosheit damit verlibt wurde, wie Benes berichtet. Um diefem Uebelftande worzubeu: gen, feste Kart folgende Eidesformel fell: „An - demjenigen, deffen man mich begüchtiget, bin ich uns fhuldig, fo wahr mir Gott helfe und alle feine Heiligen!” Merfen wir am Sctuffe diefeg Abſchnittes noch einen Blick auf diefrühere Geſetzgebung des Landes, fo. hatte man 3. B. (nad) Voigt) um das Fahr 1100 auch folgende Beftimmungen: Water und Bruder: mörder , oder die einen Priefter umgebracht haben, follen an Händen und um den Leib mit eifernen Ketten angefchmiedet, und aus dem Lande vertrieben werden; die öffentlichen Schenfhäufer follen. verbos ‚ten, und wer ein ſolches halten würde, ſoll an den Pranger geftellt. werden. in jeder, der fih im Trunke zu ſtark übernommen , foll in den Kerker ge- worfen und nicht eher entlaffen werden, bis er z00 Nummos in die Rentkammer erlegt hat. — Während des 13. Sahrhundert’S galten unter ans bern nachflehende Verfügungen: Der Gottesläfterer 192 mußte durch 7 Sonntage barfuß und mit einem Strick um den Hals, während der Prozeffion in die Kirche geführt werden, und biefe Tage bei Maffer und Brod faften; hatte er Geld, fo Eonnte er fih mit 4o Solidis, die der Kirche erlegt wurden, loskau— fon. Menn jemand fein. Vieh in die Wiefen eines andern trieb, und demfelben Schaden verurfachte, mufte er dem Befiger fo viel Denare bezahlen-, als das. hineingetriebene Vieh zufammen Küfe hats te. — Sm Sahre 1110 wurde ein gewiſſer Privas ta, ein angeſehener Mann in Prag, verurtheilt, einen großen fhäbigen Hund zu tragen. Man riß ihn dreimal am Barte und rief dabei aus: „Solche Ehre trägt jeder davon, der feine dem Herzoge verheis Bene Treue bricht? Dann ward ihm vor allem Volke der Bart aböefchnitten, und er aus der Stadt. verbannt (S. Pubitfhfa a. a. O. IV. ©, 149), — König Wenzel ließ einigen Aufrührern im Sahre ‚1249 auf dem Berge Pettin die Kehle mit dem Nas ‚de zerftoßen, und anderen das Haupt mit einem ſcharfen Brette — einer Art von Guillotine — ab: fhlagen. (Siche die Fortfeger des Cosmas.) — In dem Stadtbuhe Nro. I. Seite 55 heißt es im J. 1351 von einem Verbrecher: „er ſoll ſitzen einen lan⸗ gen Tag auf dem Pranger.” { ’ 195 Mährend des 13. Zahrhundert’3 war m Böhmen der Gebrauch des magdeburgifhben und ſäſch—⸗ ſiſchen Rechtes geflattet: und mehrere böhmifche Städte, wie Shlan, Laun, Aufig und inds befondete Reitmerig nahmen das Magdeburs gifche Recht an, weil viele Deutfche dafelbft wohnten, und fie in fleter Verbindung mit Sach ſen waren Papſt Gregor erfuhte Kart IV. im J. 1374 den Sachfenfpiegel zu unterfagen „ indem er manchen ges fährlihen Sag enthalte. (S, Pubitſchka, VI; ©, 601.) Vergrößerung undReihthum der Stadt 5 Prag, unter Karl IV, ———— Wenn Prag, wie Benes ſagt, ſonſt mit Recht „die Herrin der Städte, die Fürſtin der Pros vinzen“ genannt wurde; wenn man hier nad Dttos kar's Tode 1278, die Gloden in fat hundert Kirchen läutete, zufolge der Behauptung des gleichzei⸗ tigen Chroniften Volkmar *); fo verwandelte fi die Stadt doc von 1307 — 10 faft zur Räus ı berhöhle **) weil die Truppen Heinrich's von Kärns 5) &, Pubitſchka a. a. O. VI. &eite 156," **) Bei Benes von Weitmüpt lieſt man: fac- J 194% them jegt Kiöfter, Kirchen und faft fammtliche Bür⸗ gerhäuſer plünderten und viele Menſchen förmtid) fol terten, um ihre Schäge: zu erpreffen. Unter König Johann won Luxenburg erholte fih Prag jedoch ſchnell wieder, trotz den Erpreſſungen des ſtets geld⸗ bedürftigen Fürſten; denn als er im Jahre 1328 von ihr Hilfsvẽ ölker gegen die benachbarten Herzoge Friedrich und Albrecht von Oeſt er re ich begehrte, rüſtete ſie ihm binnen drei Tagen 10000 Mann aus, insgeſammt wohl bewaffnet und mit fo viel Lebens⸗ mitteln und Kriegsgeräth verfehen, daß dies auf 740 Magen nachgeführt werden mußte. *), _ Kaiſer Karl IV. blieb unaufhörlich bemüht, Böhmen’s innere Kräfte zu erweitern. In einer Urs Eunde vom Jahre 15585 (S. Stadtbuch T. Seite 45) fagt er ausdrücklich : „Wir meinen fonderliche. (ins⸗ befondere)s unſeres Königreiches zu: Böheim und un⸗ ſerer Unterthanen daſelbſt, Nutz, Frommen und Ehre zu mehren und zu breiten, um ſtete ganze Treue und vollkommne Gehorſamkeit, die wir zu allen Zeiten i eng rs — an — * befun⸗ ta est eivitas inelyt velut ——— — lunea. | ‚2 * S. viblulchta a. a. O. 205. den haben, und noch heutiges Tages gänzlichen befin⸗ den.” — Ein zweiter Gnadenbrief,. den er der Stadt 1348 ausftellte,. beginnt? „Obwohl wir für das Heil aller Städte unferer Reihe auf) das. forgfältigfte was hen ‚ ſo wollen: wir doch unferer angeerbten Etadt B) tag, welche der: Sitz und dus Haupt des ‚Könige reiches ift, und deren Einwohner den: übrigen Städten zum Muſter, Beifpiele und Spiegel guter-Sitten die⸗ nen, unfere befondere Gnade: zufließen laſſen.“ (S. bei: Pelzel die Urkunde Nr. 73. — Dies that er denn auch in vollem Maße! Er nannte: Prag feinen Augapfel'und fand ein befonderes Vergnügen daran, die ausgezeichneten Befucher feines ”Hoflagers , von der Höhe der Kaiferburg. herab: oder bei Epazierrits ten durch. die ‚täglich vermehrten Anlagen, auf. die‘ | Schönheiten der Stadt und ihrer Umgebungen auf: - merffanr zu machen ; was man fehr: erflärbar finden muß, da die Schöpferfreude am eigenem gelungenen Werke einem Künſtler verdacht werden kann: | Sehr wahr: bemerkt Fupacius im Leben des’ Kaiſers: „Wie man zu feiner Zeit die Stadt Nom die größte, Lübeck die [hönfte und Nürn⸗ berg die reichfte nannte, fo wurde auch. damal die Stadt Prag mit dem Beinamen die fröh: lich fte belegt,” — In dem Ermahnungsfhreiten: 2 32 196 » vom J. 1471, welches ber päpftliche Legat Rudolph nad) dem Tode König Georg’s an die Prager Bürs ger. erließ, pricht er von. Prag' s Zuſtand unter Kart AV: „Viele Länder. hatten: keine Stadt aufzus weifen , die Prag nur einigermaßen glich ; "weder: Nürn berg, noch Wien, noch Brestau, feltft nicht das erlauchte Cölln konnten ſich mit ihr ver⸗ gleichen, — ja wir mwiffen nicht, ob-felbft Rom, Venedig, Slorenz, oder. irgend eine andere Stadt unter der Sonne, diefen Vergleih mitPrag auszuhalten vermochte,” *) Und auch Dobromffy, ber feine Behauptungen abzumägen verftand, ift der Meinung: „Prag war zu Karl's IV, Zeit nicht nur die volfreichfte Stadt in ganz Deutfchland, ſon⸗ dern auch des Eaiferlichen Hofes wegen zugleich der Sammelplatz der Künſte und Wiſſenſchaften.“ Man wird diefe ſchnelle Vergrößerung Prag’s leicht begreiflich finden, wenn man erwägt, daß Karl bier einen doppelten Hofitaat führte, den als deutſcher Kaifer ‚und den zeiten als böhmifcher Kö: nig. Zu dem: deutſchen Hoflager gehörten unter an⸗ dern folgende viel vermögende Perfonen : Gerlach *9 S. die Monatſchrift des Nat. a Januar⸗ heft 1827, S. 62. 197 Churfürft von Mainz, Stephan Pfalzgraf von Rhein, Rudolph Churfürſt von Sachſen mit ſeinem ebenfalls Rudolph genannten Sohne, welcher ſich zu Prag gleich dem Herzoge Friedrich von Burgund, einen Pallafl erbaut hatte. Von der höheren Geiftlichkeit fah man bier die Erzbifchöfe Marquard Auguftus von Minden, Sohann. von Meißen und Pegko von Lübeck. Ebeh fo bie Fürſten Johann Burggraf von Nürnberg, Albs zeht von Anhalt ıc Andre erlauchte Männer waren: Friedrich und Rudolph Herzoge von Ted, Ulrich Landgraf von Leuchtenburg, die Grafen von Zollern, vonHelfenftein, von Hohen: berg, von Barby, von Gleichen, von Orle— mund, von Dettingen, von Shmwarzburg, von Wertheim, von Medlenburg Dam bie Herren-von Hohenlohe, Bruned, Ha bog, Freyburg, Hanau, Eberftein, Ertl: bad, Rodemfyr u a. m. Der böhmifche, im Jahre 1359 zu Prag ver: fammelte Hofitaat beftand aus den Herren von Ro— fenberg, Wartenberg, Landflein, Has Pd fenburg, Sternberg, Lippe, Sfwihom, Welharticz, Nudflein, Rabenftein, Strakonicz, Duba, Pardubicy, Gutten: x 668 fein, Wardftein, Neubaus, Zierotin, Kunfad, Sſwamberg, Nachod, Kol dicz, Cimburg, Stwayg, Dona, Herfein, Flaßka, Kragek, Horzowicz, Küchlicz, Panowicz, Lihtemberg, Rozdielowicy, Ezitow, Scherf fenberg, Biberflein,Df fed, Ddeflai, Mutina, Liticz, & aft o⸗ to wicz, Kruffina, Aufta, Daupomwerz, Janowicz, Milota, Bawor, Sfmapolcys 9, Wiſſorzewicz, Reiferfitt, Zakawa, Trzeboticz, Milet icz, Sftiedra, Hayko, Gwolichen, Peskowicz, Proſtieborz, Pernaticz, Schrechleb, Bernadicz, Tem⸗ nericz, Czibor. —Balbinführt fie aus gleich⸗ zeitigen Handſchriften an und fügt dieſen Namen noch hinzu : den Bruder des Kaifers, Sohbann,und. den Herzog von Kärnthenz dann mehrere fchles Sifche Fürſten; ferner den Erzbifhof Armeft unddie Bifhöfe von Olmüsg und Brestau und jenen von Leitomiſchel, mwelder Karl’s Kanzler war. *) Natürlich mußte damals in Prag ein fehr res ges Leben herrſchen, d. h. in einer Stadt, worin ſo viele Großen aller Länder ſich zuſammen fanden. So *) S. Vita Arnesti Lib. II. pag. 17% *99 beſuchten z. B. faſt ſämmtliche ſchleſiſche Herzoge die Reſidenz des: Kaiſers ſehr oft: man ſah hier die Herzoge Wenzel und Ludwig von Liegnitz, Bolko von Oppeln, Johann von: Steinau, Heinrich von: Sagan und Glogauy Niklas zu Trop⸗ Pau und Ratibor u. ſ. w. Alle ‚Churfürften des Neiches kannten Prag aus eigener Anſchau⸗ ung. König Waldemar von Dänemark hielt fid hier im J. 1350 und 1364 auf; König Kaſimir von Polen traf 1356 ein; eben fo fand man hier nicht felten, den "Churfürften von Brandendhurg Lud⸗ wig den Römer ünd deffen Bruder Otto; die Herz zoge Otto und Friedrich von Baiern, Barmin son Stettin, Balthaſar von Braumſchweig, Albrecht von Medlenburg, die Burggtafen von Mürnderg, die päpfllichen Legaten Agapit von Liffabon und Biſchof Peter von. Floren;, die Biſchöfe von Paris, Straßburg md Meg u. ſ. w. Dazu denke man ſich außerdem die vers - fchiedenen, ſtets eintreffenden Geſandtſchaften; fo ge: langten 3. B. im J. 1348 die Gefandten des Kö: niges Eduard von England nad Prag, an de: ven Spige Thomas Braycon fland; 15355 kamen die... Adgefandten von Frankreich und dem Herzog Phi: fipp von Burgund, 1345 die Legaten des Köniz 200 ges Kaſimir von Polen Die zahlreichen größeren Städte des -deutfchen Neiches mußten ihre Repräfens tanten am: £aiferfichen Hoflager zu Prag unterhal⸗ ten; und daſſelbe galt von vielen bedeutenderen Or⸗ ten Italien' s und Frankreich's, die mit dem Oberhaupte Deutſ Ren in. ſteter — ſtanden. Rechnet man noch dazu, daß jegt — nach Air Crfindung des Schießpulvers — die Burgen nicht mehr die frühere Sicherheit gewähren konnten, daß fle demnach immer häufiger: von ihren Beſitzern vers laſſen und mit dem Aufenthalte in der Hauptjtadt vertaufcht wurden, die jetzt große, früher nicht ge⸗ kannte Annehmlichkeiten darbot, — ſo wird der immer ſtärkere Zuſammenfluß fremder und einheimiſcher Gros ßen in Prag, völlig einleuchtend. Hören mir au⸗ ßerdem bie Anſichten gleichzeitiger Schriftſteller! U es nes von Weitmühl fagt in feiner, Chronik, vom Jahre 1549: „Karl ließ Gärten und Weinberge um.die Stadt Prag anlegen und. aus diefem Gruns de vermehrte ſich Das Volk außerordentlich ; in kurzer «Zeit: wurden viele Fe aufgeführt. Auch ließ er Wie beſten Neben aus Defterreich kommen und die bier, fo wie unter. der Burg Kartftein, deren Bau er jetzt begonnen hatte, anpflanzen. Auch legte Fr 201 der König an fehr vielen Orten zahlreiche Fiſchbehäl⸗ ter an, welche dem Lande großen Vortheil brachten. Indem dies die Baronen, Edlen, Prieſter und Laien wahrnahmen, pflanzten auch fie überall Wein, legten Gärten und Fifchteihe an, und danften Gott, ihnen einen Fürften gegeben zu haben, unter deffen mäßigkeit alles fo vortrefflich gedieh.“ - Daß nicht minder der Stadt durch die im J. 1348 geſtiftete Univerfität bedeutende Vortheile erwuchſen, geht aus allen frühen Berichten hervor. Ein alter böhmiſcher Chroniſt erzählt: „Die Prager zogen großen Nutzen von den deutſchen Studenten, und die Stadt Prag ward durch ſie ſehr volkreich und mächtig. Söhne großer Fürſten und Herren ſtu—⸗ dierten und hielten fih biec auf, Die Kaufleute [bieten viele Waaren in diefe Reſidenz, und. ließen fie ducch ihre Söhne entweder verkaufen, eder gegen andere Waaren vertaufchen.”” Und einer von Karl’s Hiftorikern, der oft erwähnte Benes, fügt hinzu: „Der König wollte eine Univerfiräe nad) Art und Sitte der Parifer hohen Schule gründen, auf welz her er in feiner Jugend den Unterricht genoffen hats te. Karl felbft, dann der Erzbifhof Arneſt, das Pra— ger Domkapitel , nicht minder die Prälaten und Cal: legien der Übrigen Kirchen, fo wie bie Klöfter Böh— J3 € —X 202 men's, trugen bedeutende Summen Behufs dieſer Stiftung zuſammen. Und ſo wurde eine Unterrichts⸗ Anſtalt zu Prag geſchaffen, wie fie in feinem Theis le Deutſchland's bisher vorhanden war, und es ſtröm⸗ ten: nun ausallen Gegenden, d. h. aus England, Frankreich, der Lombardei, aus Ungarn und Polen und aus benachbarten Ländern, Studies | rende herbei, Söhne von Edten und Fürſten, ſelbſt viele Kirchen = Prälaten aus den verfchtedenften Melt: gegenden, Und duch dies Lehr = Snflitut wurde Prag weithin berühmt und geachtet; der große Zur ſammenfluß diefer Lernbegierigen machte jedoch den Aufenthalt in der Stadt etwas koſtſpielig.“ — Hammerfhmid gibt an: für eine Eleine enge Kammer habe. man damals, monatlich einen Dukaten Zins geben , "und für eine erträgtichere Etudentens wohnung jährlich wohl hundert Dukaten zahlen müſſen. Der Hand et blühte in Prag auf feltene Art. Um das Jahr 1550 war es den Pragern, fo mie den Böhmen insgefammt, geftattet, ihre Waaren frei bis nah Pre u ß en und Rußland zu führen. Den Prager Kaufleuten gab der Kaifer 1354 einen Majeſtätsbrief: daß fie in allen Städten und Märk⸗ ten des geſammten römifchen Neiches ungehindert hans - dein, und von jeder Art von Boll, Abgabe, oder Steu⸗ ‘ x 205 er befreit feyn follten. Mit Nürn ber g und Ve— nedig ſtanden die Prager Bürger in vorzüglich ſtar⸗ kem Verkehr *); und Herzog Rudolph von Defters weich.bewilligte ihnen im J. 1364 mit ihren Güs tern duch Wien nah Venedig und fo auch wies dev zürück, frei und ungehindert ziehen zu dürfen. — 1366 regulirte Karl die Schifffahrt auf der Mol: dau, Mies, Luznicze und Ottawa, ſchaffte hier; alle neu angelegten "Zölle ab, und ſicherte dadurch den Drager Städten die. erforderliche Zufuhr, fo wie dem Landmanne den leichteren. Abfag feiner Produkte, — Um : den. böhmifchen. Handel noch mehr zu beleben, - geflattete Karl im J. ı 570: daß die Kaufleute von Benedig, Nürnberg, Hamburg, Lübeck, große Niederlagen für ihre Waaren errichten, und die: ‚selben von bier aus. wieder nach anderen Ländern ‚verführen durften. Auch befchäftigte ihn jest der, freilich nicht zur Vollendung gediehene Plan z einen Arm der Donau in die Moldau zu leiten, um den Handelsverkehr zwifchen Stalien, Deutfhland und dem Norden durch Danst zu leiten. **) - AS. bei pelge, die Urkunden Nr, 703 und 332. NE © Pelzel's Karl IV., Theil II. Seite 319: 34 ‚204 Bei dieſen Maßregeln zum Wohle und bin ſchnelleren Aufblühen der ‚Stadt: Prag ließ es der Kaifer jedoch noch nicht bewenden; fondern er bewil⸗ ligte ihr außerdem noh Jahrmärkte oder eine Art von Meſſen, und bewirkte bei dem Papfte die jährliche Beier eines Reliquienfeſſtes, von dem Benes berichtet: „Zu ihm ſtrömten aus allen Theifen der Melt (de omnibus mundi partibus) fo. viele Menschen herbei , daß es Niemand glauben würde, der es nicht mit eigenen. Augen -fah.? — Außer unzähligen Reliquien nämlich, welche der Kaifer in allen Theiten Europa's fammeln und in die Prager Kirchen vertheilen ließ „ waren im J. 1350 “auch die Meichskleinodien von München nach Prag gebracht worden; darunter Mariches von Kaifer Kart dem Gr. z. Br fein Schwert , die goldene’ Krone, ‚der weiße an den Ermeln mit Perlen und Edelſteinen befegte Rod, der von Goldftoff gewirkte Mantel mit zwei goldenen Löwen, “der goldene Meichsapfel mit . einem goldenen Kreuze; zwei mit Gold, Perlen und Edelſteinen geſchmückte Handſchuh ꝛc. — Alles wur: de in Karlſtein aufbewahrt; doch-brachte man diefe und andere Seltenheiten jährlich am zweiten Freitage nah Oſtern in die Stadt, wo ſie auf einem Gerüft der Neuſtadt der Menge zue Verehrung ausgeftellt 1 205 wurden, Erzbifhof Arneft empfahl dieſe Andacht, mit Erfolg in mehreren Hirtenbriefen; doch erſt feit dem Sahre 1354 , wo Papft Snnocenz VI. je nen Tag zum Fefltag erhob, und deshalb‘ Ablaß ers theilte, ſtrömten unzählige Pilgrime nach Prag, durch welche. bedeutende Geldfummen zurücdblieben; denn dieſe Fremdlinge beſuchten dann wallfahrtend alle Prager Kirchen, ertheilten überall Almoſen, errichteten fromme Stiftungen, und verſchafften "Kaufleuten und Handwerkern bedeutenden Abſatz ihrer Waaren. Wiewohl der Kaiſer — nah Hagek — den Bürgern ausdrücklich befahl: in ihren Häuſern bes - gueme Zimmer für die Fremden’ zu erbauen , und diefe mit aller Güte und Höflichkeit zu behandeln; fo waren die bisherige Altſtadt und Kleinfeite, nebſt dem. Hradfehin und Wyſſehrad dennoch nicht: mehr hinlänglich, um die Zahl der ftets ſich mehrenden An= fiedfer aufnehmen; zu Eönnen. Der Kaiſer beſchloß demnach, diefem Mißverhältniffe ein Ende zu mas ‚hen und erllärte in einer Urkunde vom 9. März 138: 2 „da er jetzt die hohe Schule errichten wolle, wodurch wahrſcheinlich noch mehr Fremde herbeigezos gen würden, fo beabfihtige er gleichzeitig: Drag mit einem neuen Stadtiheile zu vermehren, um für die Bewohner das nöthige Unterkommen zu gewins 206 nen.” Karl legtesalfo den Grundſtein zu der jetzi⸗ gen ſchönen Neu fta dt und: verfügte s jeder Eigen: thümer eines Bauplatzes ſolle verpflichtet ſeyn, ſein Haus binnen .ıg Monaten; zu vollenden,. Dadurch wurden die meiſten Straßen ſehr ſchnell zu Stande gebracht, obwohl daſſelbe von den Stadtmauern und manchen öffentlichen Gebäuden nicht galt; denn noch Menzel AV. bewilligte im Jahre 1400 den Neu⸗ ſtädter Bürgern, auf fremde Waaren einen mäßigen Zoll legen und einziehen zu dürfen, um ihre nöthigen Bauten gänzlich zu. vollenden. — Karl wünſchte, die neue Stadt auch ————— nur von. Fremd⸗ lingen bewohnt zu ſehen; deshalb unterfagte er 26 den Altſtädtern hineinzuziehen, mit Ausnahme jener Handwerker, welche ein lärmendes Geichäft trieben. Aus Kalabrien verfchrieb er Leder = Zubereiten, welche die fogenannte, Gärberſtraße einnahmen, : die noch heut außerdem Kalabrien“ heißtz Teppichwirker ließ er aus dem Drient kommen, wies ihnen jedoch den Mohnplag am Laurentiusberge an, wo fie unter Zelten lebten; den Bürgern von Luxenburg ertheilte er im Jahre 1349 das Vorrecht, ſich in der Prager Neuftadt anzuſiedeln, ohne erſt ihr Bürgerrecht zu erkaufen; er baute ‚viele herrliche Kirchen auch in biefem Stadttheile und ermüdete überhaupt nicht, ihn / 207 in ‚jeder Beziehung nee fo. daß er ihn. endlich mit Recht feinen „Augapfel“ nennen konnte. Des ungemein thätigen Regenten Bauluſt war - unbegrenzt 5; im J. 2348 umgab er den Wyſſehrad mit einer Mauer und den ſtärkſten Thürmen, und dehnte die Mauer der Neuftadt, geſchützt durch Tho⸗— ve und fehr hohe Thürme, (cum: valvis et turri- bus altissimis, wie Benes fagt) von, diefer Veſte bis zum Potid aus. Späterhin, d. h. 1560, ließ er während einer Hungersnoth die Mauer des Pet⸗ fin aufführen, um den Armen DBefchäftigung und Mahrung zu geben. Sie erſtreckt fih von der Mol: dau auf der Augezd⸗Seite bis über den Raurentiusberg und Strahow , und geht‘ am, Hradſchin herunter. Darf man Hagek's Bericht Glauben ſchenken, fo antwortete der Kailer. feinen Hofleuten auf die Fra» ge, wozu diefe Werke dienen ſollten, folgendermas fen: „Wenn es den Wille des Allerhöchften ift, To will ich die kleinere Stadt Prag (die Kleinfeite) mit teift diefer Mauer erweitern, indem ich fie vom Hrad⸗ ſchin bis hinunter zu dem Dorfe Owenecz, dicht an e die Ufer der, Moldau führe. Hier iſt es meine Abs. fiht, eine zweite Neuftadt zu erbauen , die ſich vom Hradichin bis Owenecz, von hier. bis Holleſchowitz, von.da bis Buben und auf den Berg Letnj, endlich , 208 bis zu dem Bruskabache ausdehnt. Der ganze Raum foll mit Einwohnern angefüllt werden. Selbſt hier auf dem Berge Petrin, will ih für diejenigen Handiverker, Wohnungen bauen laſſen, welche mit ihrer Arbeit viel Lärm machen, ich meine die Schmies de, Scloffer, Kupferfchmiede, Wagner und Aechn: liche mehr, die des Waſſers nicht fehr bedürfen. Eie find des gegenfeitigen Hammerns gewohnt , und mo: gen es dann hier nach Belieben freiben, weil fie meis ne übrigen Prager Bürger auf eg Art mit ‚Ihrem Getöfe nicht betäfligen Eönnen.? Hear Dr, Stelzig hält ſich, nach Beendigung feiner gründlichen Forſchungen über Prag’s ehemalige Population, zu der Annahme für berechtigt (und | ih kann ihm nicht woiderfprechen) , daß Prag am Ende des XIV. Sahrhundert’3 ungefäht noh einmat ſt ark bevölkert war, als gegenwärtig; und ants wortet auf. den Einwurf, dag man in der Stadt jegt zahlreichere und höhere Häufer habe als ehedem, % und nunmehr Vorſtädte angelegt. wurden, mas fonft nicht der Fall’ war (allerdings war es der Fall): „Wer ift wohl im Stande, die Zahl der unter Karı IV, und Wemzel erbauten Häufer jetzt noch genau ans zugeben? Der Umfang der Stadt: war damals nicht geringer, als er jest iſt; und faßt er denn nid, } 229 befonders auf der Neuftadt, eine Menge von Holz, Obſt- und“ Küchengärten in ſich, von deren Daſeyn die älteſten Stadt- und Geſchichtsbücher ſchweigen? Die in dieſen Gärten noch häufig befindlichen Trüm— mer , die Spuren ehemaliger Keller, deuten fie nicht Elar genug auf Wohngebäude hin, die einft da ger fanden haben müffen * ‚Und wer weiß es nicht, daß ſpäter, im 16. Jahrhunderte die Jeſuiten auf der ‚immer. am ſtärkſten bevölkerten Altſtadt mehr als fünfzig Privathäuſer kauften, ſie abtragen, und dann das gigantiſche altſtädter Jeſuitencollegium, welches jetzt beinahe ganz unbewohnt ſteht, erbauen ließen; ſo wie außerdem, daß zu Zeiten Karls und Wenzel's die Juden auch auf der Neuſtadt, am fogenannten Judengarten, wie jegt auf der Altſtadt, ihre eigens Abtheilung , daher ‚einen eigenen Stadttheil hatten, den fie bewohnten ; mo jetzt meiftens, Gärten, und nur bie und: da erbaute Chriftenhäufer. ſich befine den 2c. — Ferner‘ ſteht jegt noch die majeftätifche k. Burg ganz, und die meiſten großen Herrſchafts⸗ häuſer, beſonders auf dem Hradſchin und auf der Kleinfeite , beinahe halb unbewohnt , wo einft der ganze Hofftaat, hohe ausländifhe Herrſchaften ıc. reſidirten. Auch ift die Baht der fonft da beftandenen Klöſter einerfeits durch die gräßlichen Zerflörungen der 210 Huffiten;, — aber durch deren Aufhebung unter Kaiſer Joſeph II, auf den — — herab⸗ are” U er Unter ſolchen Verhältniſſen —— ſich — — nicht irren, wenn die Bevölkerung der Stadt Prag unter Karl IV, auf etwa 200,000 Menſchen berechnet wird; obgleich ich es für Ueber⸗ treibung halte, wenn Mathias Lauda im J. 1419 ſchrieb⸗ Prag allein könne, ohne Nachtheil der Stadt, einige 50,000 Müſſiggänger in's Feld ſtel⸗ len, ohne daß man dieſe bedeutende "Anzahl im ges tingften vermiffen würde, — Auch Balbiws Vers ſicherung ift feht ſtark, wenn er im I. 1679 aus: rief **) „Nicht ein Schatten des alten Böhmen’s iſt mehr ſichtbar. Im Betreff der Einwohnerzaht füge ich unumwunden, daß wir gegenwärtig nicht den zehnten Theil der ehemaligen nachweiſen können.“ — Freilich waren nach dem zojährigen Kriege Städte zu Märkten, Märkte zu Flecken, Flecken zu Dörs fern herabgefunfen , und unzählige Dörfer ‚gänzlich verſchwunden. wie * damaliger — ad: er S. Meſeumeſcheie, 199- 7 Seite “ r **) Miscell. 2, “7. In 2 | 21% Oppida sunt urbes factae, facta oppida pagi, -Fagi sunt,villae, villa sed ipsa nihil, er Daß Prag’s Bürger zur Zeit K arles IV. ſehr wohlhabend ſeyn, und zum Theil bedeutende Schätze ſammeln mußten, Eann nah dem Vernommenen nicht befremden. Sie hatten bedeutende Antheile an den damals äußerſt reichhaltigen Gold : und Silber — —* und Aeneas S yloius erzählt, man *) eher den, früheren, Metall » ‚Heiätgum Böhmen üußert fi) Andre E in der großen Encyklopädie, © 2013 „Gold und Silber erfcheinen nur noch als — Produkte der Vorzeit. Berg⸗ reichenſtein im Prachiner Kreiſe, jetzt eine unbe⸗ deutende Bergſtadt, unterhielt zur Zeit Johann's ‚von Luxenburg 900 Goldquick- Mühlen und unter Serdinand I. lieferte Elliſchan (in demfelben Krei⸗ fe) jährfih 10,000 Mark Silber in die Münze, — .— Der. berühmte Kuttenberger Silberbergbau im Szoslauer Kreife blühte vom 17. bid 15. Jahrh. Nah Balbin gab er in go Zahren 1,200,000 Mark Silber Ausbeute. — Im Budweifer Kreis fe lieferte Rudolphftadt von 1540 bis 1574 in 34 Sahren 100,000 Mark Süber, von 1770 biß ‚1780 noch 25,000 Mark, — Eine einzige Grus be des Euler Goldbergwerks im Kaurzimer Kreis fe (4 Meilen von Prag) gab in einem einzigen Quartale 300,000 böhmiſche Goldgulden. In 212 habe in Böhmen das Sptichwoit gebraucht: in Prag ſey nichts goldreicher als die Kloake (Pragae nihil esse cloacis pecuniosius), weil die Bürger, als Kaifer Sigismund bie Stadt mit 100,000 Mann befagerte, und ihre Uebergabe zu "befürchten war , die Eoftbaren Geräthe von God und Eilber, - und ſelbſt das Geld in die Kloake hinabwarfen, um ed nicht in die Hände der Feinde gerathen zu lafs fen. — Sm Sahre 1355 rüſtete der Prager Bürger rn Rothlew auf feine Koften 120 berittene | änner aus, alle in gleichen Waffenröcken und treffe lich geharniſcht, welche er der Mannſchaft beigab, die von der Stadt Prag dem Kaiſer nach Italien nachgeſandt wurde. — Von demſelben Rothle w theilt Sylvius (in vita Alphonsi Regis lib, 4) Soachimsthal im Erzgebirge war der Silberberg⸗ bau in Anfang des 16. Sahrh. fo in Aufnahme, daß man gı4 Zehen, 400 Schichtmeiſter, g00 Steiger und 9000 Bergfnappen zählte ,,. und das ber König —* 520 bewogen ward, das Dörf⸗ chen Konradögrün zur freien Bergftadt Joachims⸗ thal zu erheben. Es gab von ı515 bis 1600 ‚Ausbeute‘ »,500,000 Mark, Bon hier , dann von Gottesgab und Katharinenberg wurden ven 1756 — 1761 über 61,670 Mark Silber in die Münze nach Prag geliefert.” ac. 213 folgende Anefbote mit: Er hatte bem Kaifer Karl einft '100,000-Goldgulden geliehen und dafür den Empfangſchein erhalten; den Tag darauf lud er den Monarchen zu Tiſche. Gegen das Ende der Mahls zeit erfchien eine verdeckte Scküffel , die allgemeine‘ Neugier erregte und vor Kar l'n bingeftellt wurde, ber feinen quittirten Empfangſchein darunter fand, und’ mithin den für jene Zeiten — ig: zum Geſchenk erhielt, — — — — Meder i Gebäude der Alt ſt adt zu Karl's IV Beit. u Behr bie Neuftadt Br wurde, * bie jetzi⸗ ge Altſtadt „die größere Stadt,” im Gegenſatz zu der heutigen Kleinfeite, welche, man damals „die Eleinere” oder auch „die wenige” Stadt nann⸗ te, mie diefe Bezeichnung in den deutfchen ‚Urfuns den Karl’s IV, und feines Sohnes Wenzel vor: kommt. Wenn die Angabe richtig iſt, daß um das Jahr 1000 der Tennhof noch auferhalb der Stadt lag, fo hatte diefe Civilas major freilich ebenfalls _ nur einen befchränften Umfang, der fich jedoch bes reits unter den Negenten aus dem Premygsliſchen sı4 P Stamme , — welder 1305 mit dem Tode König: Wenzet III. in feiner männlichen Linie erlofh, — auf die heutige Größe ausdehnen mußte, In einer Urkunde des Jahres 1371 (©. Stadt⸗ buch I, Seite 194) finde ich: daß die Altſtadt in bie vier Viertel vom Unferer Frauen (Teyn), St. Leonhard, St. Nicolaus und St. Gallus, mithin nach den Hauptpfarrficchen eingetheilt war. — Uns ftreitig hatte jede Gaffe auch ihren 'befonderen Nas men; fo wird z. B. in einem Diplome von 1346. die „St Valentinsgaſſe“ erwähntz und bei noch genauerer Durchforſchung ber Archive, müßten ſich mehrere andere- Bezeichnungen , nebft ähnlichen Ges genftänden entdeden laffen, welche das frühefte Stadtz weſen Pra g’8- erläutern. Aber zu folhen Arbeiten gehört noch mehr Zeitaufwand, als er mir zu Ges bote ſteht; ich begnüge mi vorläufig mit dieſem Verſuche und überlaſſe es meinen Nachfolgern, ihn zu ergänzen und nöthigenfalls zu berichtigen. Aus dem bereits früher Mitgetheilten iſt hervor⸗ gegangen „daß zwar Kaiſer Karl IV. das Meiſte für die. Erweiterung und den Reichthum der Stadt Drag zu Stande brachte; doc muß nie. vergeffen: werden, daß auch feine Vorgänger fbon großer Ver: dienſte um ſie hatten, die von dem Geſchichtsforſcher * 215 berausgehoben: zu werden verbienten. Auch ich wür⸗ de es gern thun, fehlte es nur nicht allzuſehr an äch⸗ ten Quellen. Es iſt unmöglich alle Behauptungen eines Hagek auf Treu und Glauben anzunehmen; daher müſſen feine Notizen über die vorgeblichen Bau⸗ ten Herzog Sobieslam’s noch näheren Prüfun— gen unterworfen werden. Indeß erzählt freilich auh Dubravius, und, wieid finde, nah den Forte fegeen des Cosmas: Idem Herzog Sobieslam verdankt die Altſtadt Prag (um das Jahr 2155 nicht allein aus Stein erbaute Häufer, ganze Stadt⸗ guartiere, Gaffen und Plätze; fondern gleichfalls Geſetze und Freiheiten, wodurch fie Feiner. der früheren Für⸗ ſten vervollfommnet hatte. ”*) — Auch muß die Alts ftadt bald nach 1300 , fon von Bedeutung gewe⸗ Ten ſeyn; denn König Sohann von Luxenburg, der. im Sahre 1316 ihre fämmtlichen, früher erhaltenen Rechte beſtätigte, bezeichnet ſie im Eingange ſeines Diplomes als „Sig = und Haupt des Ya “ ©, Historia Boh Lib, XL. fol. 09: Ip- sam: Pragam non solum domibus, et in-. sulis lapideis , vieisque ac plateis saxd constratis, sed legibus etiam et Jibertati- bus , qualibus ante se nullus Wie junge excoluit, 216 \ - Böhmen , als Bemwäfferungs = Quell der Gefeslichs keit, der feinen Segen: weithin verbreitet ; als den Ort, ohne melchen, die übrigen Städte des Landes hauptlos wären, ohne deſſen zweckmäßigen Bürgers Verein allen anderen Staatsbewohnern gleihfam die Eittenregel, das Beifpiel und der. Spiegel des zweds mäßigen Verfahrens mangeln. „würde. '*) — Sie Fonnte demnach keine „Räuberhöhte” mehr ſeyn, wozu fie das ſchändliche Krieger = Gefindel Heinrichs) von Kärnthen (von. 1507 Bun 1310) umges ſchaffen hatte; Prag mußte ſich allmälig. wieder, ebenfo erholt haben, wie Böhmen überhaupt, von. welchem Abt Peter von Königfaal zu jener heils; loſen Zeit als von einem verwüſteten, entvölkerten Reiche geſprochen hatte, das nunmehr — ſtatt, wie) fonft im Lichte der, Ehre zu ſtrahlen und wie. eine» - *) Sale et Caput Regni Bohsmiae ‚et he tem irriguum legalitalis fluenta praeclare in alias derivantem, qua sine eliam cae- terae Reeni Civitates essent quasi acepha- lae, eujusque legalis eoetus Civium tan- quam regula merum, exemplar,; el.spe- eulum moralitatis humanae ‚Civibus .alia- rum ‚Civitatum exislit ele. (&, Sammer: ſchmid's Prodromus, & 626.) 1. / * 217 Frühlingsblume zu blühen *) — darniederlag, da ihm der Zügel des Friedens und der Eintracht zerriſſen war. — Doch leider, noch in demſelben Jahre ging ein großer Theit der Stadt in Rlammen auf! Kart IV. der feine Sugendbildung vom Jahre 1323 an in Paris genoß, und zwar nad) dem Wil⸗ ten des franzöſiſchen Königes Karl des Schönen, feines Vetters, der ihm in der Firmung feinen Nas men gab, da unfer Kaifer eigentih Wenzel ges tauft wurde, — Karl hatte feit der Kindheit Ges tegenheit gehabt, fowohl in Frankreich ald in Stalien die fhönften Städte zu ſehen; und Fam aus dem ins tereffanten Paris voll neuer Ideen in ſein Vaterland zurück, d. h. aus einer Reſidenz, die auch auf die beſten Geſchichtſchreiber des damaligen Böhmens, auf den Abt Peter von Königſaal und auf Benes Kras bicze von Weitmühl fehr vortheilhaft eingenoirkt hatte, welcher legtere den jungen Zürften als Edelknabe bes gleitete. Die Parifer Univerfität gab ihm das Vor⸗ bild zu feiner eigenen; franzöfifche Lehrer zogen nach Pragz franzöfifhe Architekten bauten nach dem Mus fter des Louvre das Prager ei die Durg 9 Quod pridem honoris face viguit et ut vernalis flos emicuit. - | 8 218 Kariftein, die Raudniter und Prager Brücke, eis nen Theil des Domes zu St. Veit und mehrere Kir: chen der Neuftadt ; Gemälde franzöfifcher Maler ſchmückten den Prager Bifchofshof und Blank, Karl's erſte Gemahlin, war eine Sranzöfin und von den Böhmen fehr geliebt. Als fiebzehnjähriger Süngting traf Karl Aa eilfjähriger Abmwefenheit, im $. 1355 wieder in Prag - ein, um als Statthalter der Regierung Böhmens vorzuftehen. „Bei unferem Eintreffen — fagt er. in feiner Serbftbiographie *) fanden wir weder Va: ter noch Mutter, noch. Bruder, noch Schweſter, noch einen anderen Bekannten. Selbſt die böhmiſche Sprache hatten wir gänzlich vergeffen, machten fie ung aber fpäterhin wieder fo eigen, daß mir fie. res den und verftehen , wie jeber andere Böhme.“ Er hatte nun nichts ifrigeres zu thun, als auf Vers befferungen jeder Art Bedacht zu ſeyn; fo beftimmte er 3. B. ben vierten Theil der Landeseinfünfte zur 5 Wiederherſtellung der im Lande verfallenen Kirchen, Städte und Schlöſſer und des Prager Reſidenz⸗ ſchloſſes. In dem Altſtädter en, feiner trefflihen Muts *) Abgedrudt in Freher's Seriptoribus, 219 ter hielt fi) der junge Fürft einige Monate auf, bevor er den Hradſchin beziehen Eonnte, melden Elifabeth gemieden hatte, um ihren Bürgern näher. zu wohnen; die fie aber auch, wie Dubras vius fagt *), „nicht anders als eine Mutter lieb⸗ ten, weil ſie allen bei ihr Zuflucht Suchenden müt⸗ terliche Zärtlichkeit erwies, und ſehr oft die Ver⸗ mittlerin machte, um die Heftigkeit ihres Gatten zu mäßigen.” — Wo dieſes Haus der Königin ſtand, gibt fein Schriftfteller an; nach meiner Vermuthung mar es jenes große Gebäude, welches der reiche und angefebene Bürger Nicolaus de Turri in der Nähe des heutigen Bergfteins, am Graben unfern des Spital-Thores erbaut hatte, und worin auch, — nach der Chronik des Abtes Peter, — El i ſa⸗ beths Schweſter Anna, Gemahlin des Herzogs Heinrich von Kärnthen, noch im. Fahre 1310 bis zu dem Augenblide wohnte, als ihr Schwager König Johann von Lurenburg in bie Stadt. eins drang und die Kärnthner nebft ihrem Anhange bar aus vertrieb. Diefes Loos traf wahrſcheinlich auch jenen Nicolaus de Turri, der für einen der eifriöften Parteigänger Heinrihs galt. Sein *) Hist, Boh, Lib, XXI. p. 17& 82 J 220 Haus fiel dann dem neuen Landesherren zu, der es feiner Gemahlin zum Wohnſitz überlaſſen moechte, weil er ſelbſt höchſt ſelten in Böhmen war; und zu jener Zeit alle eigentlichen Reſidenzſchlöſſer der Stadt mehr oder minder durch Feuer gelitten hatten, — ich meyne das Schloß auf dem Hradſchin, jenes auf bem MWyffehrad , den Teyn⸗ und außerdem ben Königs: hof am Ende der Zeltnergaſſe, zu welchem der ſo⸗ genannte Pulverthurm erſt im Jahre 1475 hinzuge⸗ baut wurde, d. h. unmittelbar vor der gänzlichen Verödung dieſer ausgedehnten Regenten -Behau—⸗ fung. — Der gleichzeitige Königsſaaler Chroniſt bes richtet ferner: „Um das Jahr 1555 ließ König $ os bann von Böhmen, ſowohl an der Prager Burg, als auch in feiner Altſtädter Mohnung (in majori civitate in domo habitationis suae) ſehr Vieles bauen und zwar im franzöſiſchen Style (mo- do Gallico). Ob unter dieſer Wohnung nun jenes Turriſche Haus oder der Königshof verſtanden werden muß, wage ich nicht zu entſcheiden z wiewohl die meiſten Gründe, dennoch für den Königshof ſprechen dürften. — Unter König Joha nn hatte die Aleſtabt noch kein eigenes Rathhaus. Sm J. 1338 den 23. Auguſt, ſtellten demnach die Sifönorenen und bie: Ag 221 ganze Gemeinde der größeren Stadt Prag eine la⸗ teinifche Urkunde aus, worin es heiße: es habe alle fremden und einheimifdhyen Böhmen bis jegt nicht wenig fehamroth gemacht , daß man hier in Prag kein Rathhaus befige, wie es doch in anderen Haupt⸗ ftädten üblich fey; fondern daß ſich die Schöppen genöthiget fänden, von Woche zu Woche ſich hie und da in einem Bürgerhaufe zu verfammeln, um bie Etadtangelegenheiten zu berathen, Um diefem Mes. beiftande abzuhelfen, Eaufte die Gemeinde nunmehr das Haus und den Hofraum des’ Bürgers Worflin von Stein (de Lapide), am Eck de$- mittleren Platzes, dem Haufe des Sohlin Jacob gegenüber ge: fegen, und zwar auf dag Wein = Ungelt (den Teyn⸗ hof) zu. — (Diefe Urkunde ließ Pelzel aus dem älteften Stadtbuche, in feinem Leben Karls IV. abs drucken, Beilage Nro. IV). — Das Magiſtratshaus zum alten Serie” (ſtara Rychta) genannt, welches den fogenannten Kogen oder Krambuden gegenüber fteht, und zwar unfern des ehemaligen Galli-, oder fpäter Brückel— thores, durch welches man auf den heutigen Roß⸗ markt gelangte, — ſcheint nur ein Drt für das Kris minalgericht und vielleicht für Gefängniffe geweſen zu feyn, da der Thurm am Kreuzherrnſpital an: der 222 Brüde, [hwerlih Naum genug hatte, ſämmtliche Sträflinge einer fo großen Stadt zu faffen. — Auf der Aufenfeite diefes Gebäudes ſah man zu Ham⸗— merſchmid's Beiten , d. b. vor hundert Jahren, alte Gemälde auf Kalk, den Kampf zwifhen Heiden und Ehriften unter Drahomira darftellend. Auch ver: fihert Hagek: Auf oder neben der fiara Nychta fey im’ J. 1075 ein Thurm erbaut worden, von welchem herab, die Altſtädter Bürger im 3. 1454 | die Neuftadt befchoffen , und fomit den Thurm nie derſtürzten, welcher ſich an der Kirche Maria⸗Schnee, den jetzigen Franciskanern, befand. — Irrt ſich Has gek vielleicht mit jener Angabe, fo iſt doch Bal⸗ bin offenbar in einem noch größeren Irrthum, wenn er im zten Buche feiner Miscellansen behauptet : ber Thum des jegigen Rathhaufes fen im Jahre 2075 von dem Herzoge Wladiflam Il, angelegt worden, eine widerfinnige Angabe, welhe Schals ler, der Topograph Pray’s, (Band I. Seite 632) keinen Anftand nimmt, feinen Lefern als baare Münze anzubieten. — Schwerlich war das Altſtädter Nathhaus im 3. 2347 bereits ausgebaut z fonft wür⸗ de Karl IV. die zahlreichen Gäjte bei feiner Krö⸗ hung wahrfcheinlich hier und nicht in dem alten Ges eicht bewirthet haben, wie es doch geſchah. Erſt im | Ä 225 8. 1381 wurde die im Nathhausthurm befindliche - Kapelle eingeweiht; woraus fich auf die * der Vollendung des Thurmes ſelbſt ſchließen läßt. — Ueber die verſchiedenen Kollegien⸗— Gebäude der Univerfitäe und den Drt, wo fie ftanden, ’ herrſcht bis jegt noch viel Unklarheit, melde durch Schaller's und felsft durh Ungar’s Angaben ungelichtet blieb. - Der gleichzeitige Chrenift Bene$ fagt auf das Jahr 13498: „US Karl fah, daß die Univerfität fich beträchtlich und ruhmvoll vermehr⸗ te, fogaberden Schülern die Häufer der Ju den (donavit scolaribus domos Judae- orum) und fliftete in ihnen das Collegium Ma- gistrorum, damit fie an beftimmten -Tagen Xor: träge halten und difputiren follten, Er gründete eine Bibliothek für fie, und ließ die zum Studium nöthis gen Bücher in Ueberfluß anfchaffen. Auch haben bie: fe Magiftei außer jenem Betrage, den fie von den Studenten empfangen, noch gewiſſe jährliche Einfünf: te, die nicht unbedeutend find.” — Selbſt in der Ans gabe: wie viele Kollegien der Kaifer geftiftet ha— be, waltet noch große Verſchiedenheit. Nachſtehen⸗ de Bemerkungen, welde id) zum Theil der Güte meines Freundes Hanslik verbanfe, dürften die Streitfrage der Entfcheidung etwas näher führen. 224 In einem Wiener Manuffript, worin von den ‚wichtigften Begebenheiten Böhmen’s von 1348 — 421 die Rede ift*), lieft man: „Sm J. 1348 flife tete Kaifer Karl zu Prag das Studium univer- sale in der Theologie , dem kanoniſchen Nechte , der Medicin und den Künftenz deſſen erſtes Locale in dem, an dem Kichhofe von St, Franeiscus (die jetzigen Kreuzherren) liegenden Haufe war; fpüter bes fand es fih im Haufe des Lazarus, in der Zus denftadt,” — Diefer Ortswechſel ereignete ſich achts „ zehn Sahre fpäter, d. h. 1366, wo der Kaifer dem Suden Lazarus ein Haus abkaufte und eg, nah B als ‚bins Behauptung, mit einem Koftenaufwande von 5046 Schod Prager Grofchen (wenigftens 90,756 Eildergulden) einrichten ließ. Pelzel glaubt *): es habe unfern St. Niklas Nro. 655 geſtanden, und *) Diefe Handſchrift wurde von dem ehemaligen Pras ger Univerfitäts - Syndifus v. Putzlacher be nußt, Die betreffende Stelle heißt: Ao. Dom, MGCCCXLVMI Garolus Imperator funda- vit Pragae Studium universale in Theo- lJogia, Jure Ganonico, Medieina et in Ar- tibus, cujus locus primus fuit in doma conligua Uiineterio S. Francisci, post in domo Lazari inter judaeos. *) Im Leben Karls, II. Seite 773: 225 fey jenes Haus, welches noch heut als ſt ary Kol Leg bezeichnet wird, Andere wieder mepnen: man müffe e8 auf dem ehemaligen Hühnermarfte (inforo. pullorum) ſuchen, jest bei St. Niklas ‚genannt, Neo, C. 692 und 633: und in dem heutigen alten Kollegium hätte fih niht Karls Collegium Carolinum, fondern das fpätere Collegium om- nium Sanctorum oder Angelicum befunden, Weit das Lazariſche Gebäude — welches nicht mit dem Spitale Lazari unterhalb des Neuftädter Rathhaus ſes zu verwechfeln ift, dem Karlim J. 1352 mehz rere Privilegien ertheilte — meil es einen zu bes ſchränkten Raum hatte; oder auh, wie Rameß im Leben. Kaiſer Sigismund’s meynt „quia Judaeorum fuisset,” weshalb man es ſpöttiſch das jüdifche Kollegium nannte: fo verlegte es König MWenzelim J. 1395, in das große Haus des Pra— ger reihen Bürgers Sohlin, Jost oder Johann Rothlew von Kolodeg, das er im J. 1365 unfern der. St. Sallikirche erbaut hatte, und noch gegenwärtig, unter dem Namen Karolinum, das Univerfitätsgebäude iſt. Ann | Ein drittes Kollegium gründete Karl, indem ee unfern der St. Jakobskirche, dicht an dem Haus ſe des Bürgers Franz Nürnberger im 9. 1375 \ Rz Fin 2:6 für die Fakultät des getftlihen Rechtes an der Prager Univerjität ein befonderes Haus er— Eaufte , in welches der damalige Dechant, Dr. und Profeffor Wilhelm einzog , und fünf Jahre dars auf Über den beiden Thoren und der Eleineren Pfor: te deffelben Malereien anbringen ließ. — 13983 wurden in diefem Haufe neue Schulen für das geifte liche Necht eingerichtet; daneben ein Gemach mit Bitten, Bänken ıc. Behufs der Zufammenkünfte der vereinten, iuridifchen Fakultät *). — Ob diefes Kollegium daffelbe ift, welches man fpäter zu den Wappenfhildern nannte (v Erbu), weil feis ne Außenfeite mit den Wappen feiner adlidien Leh⸗ “rer geziert war, bie erfi vor etwa go Jahren übers tüncht wurden, — muß bezweifelt werden; indem ſich dies letztere in der Karpfengaſſe, nahe an der ehemaligen Pfarrkicche zu St. Valentin befunden baben fol, — Ein viertes Kollegium Karls ward, nah dem fsüheren Hausbefiger, dem Suden Jakob Kralif, dag Jakobs Kollegium genannt; bei dem oͤſtlichen Thore der Judenſtadt, in der Nähe der *) ©, die A Matrikel der juridifhen Fakul⸗ tät der Prager Univerfität , in der. Mufeumss Zeitfchrift, Detoberheft 1927, Seite 05. a 227 heil. Geiftficche gelegen; und das fünfte endlich bes. ftand bei der Neuftädter Kirche St, Apollinar, wo die durd den Kaifer im I. 1375 aus dem Klo: ſter Saczka nah Prag Überfiedelten gelehrten Augu⸗ ſtiner, die theologiſchen Wiſſenſchaften lehrten. Aus dieſen Andeutungen welchen ich ſelbſt noch eine ſtrengere Sichtung wünſche, als ich fie gegen— ‚ wärtig vornehmen Fann, — geht bereits fo viel herz vor, daß Benes mit feiner Behauptung: Karl habe die Judenſtadt den Studenten eingeräumt, wohl die Wahrheit fagte, Befanntlid) waren, während des Mittelalters, die Juden „Kammerknechte des Kai: fers,” und auch Karl äußerte fi in einem, an den Burggrafen von Nürnberg gerichteten Schreiben : „ale Juden gehören mit Gewalt, Leib und Gut unferer Kammer und find in unferer Gewalt und Händen, daß wir in unferer Mächtigfeit damit thun und laffen mögen, was wir wollen.” *) — Eriiefen iſt es Übrigens, daß der Monarch im 5. 1348 den Suden einen Theil der Meuftadt zur Mohnung ans wies; darauf deutet fhon die Benennung eines Be⸗ zirkes der Neuftadt „Sudengarten” hin; doch er⸗ *) S. Limnaeus addit, ad Jus publ, L. V. e. P. 845. . ; 84 — 228 laubte ſich Karl dennoch keine förmliche Verweiſung, vielmehr befreite er die überſiedelten Juden auf zwölf Jahre von allen Steuern und Abgaben. — Obwohl die gegenwärtige Prager Ju den ſta dt mit ihren 7914 Juden, einem Labyrinthe gleicht, dem 28 an Reinlichkeit und jeder Äußeren Zier fehlt, — fo deuten deffen ungeachtet die hie und da vorhans denen Ueberrefte ungemein ftarfer Grundmauern, auf ‚anfehnlihe Gebäude hin, welche diefer Theil der Alte ftadt in früherer Zeit aufzumeifen hatte, 1516 brann⸗ te ein großer Bezirk der Judenſtadt ab; fo auch 1689, wo 318 Häufer und 11 Spnagogen in den Flammen aufgingen ; felbft nody den 16. Mai 1754 voiederholte fih dies Unglück, fo daß die Juden einige Zeit ihre Unterlommen auf: dem DVorftadt- Grunde Smicho w fuhen mußten. Bei fo grofem Miß⸗ geſchick, konnte man weniger auf Verſchönerung als vielmehr nur auf nothdürftigen Wieder-Aufbau bes dacht ſeyn, weshalb der heutige Zuſtand dieſes Stadt⸗ theiles nicht befremden darf. * Muaerkwürdig iſt es übrigens, welche Fabeln ſelbdſt Schaller, über die Entſtehung der Judenſtadt ver⸗ breitete! Band I. Seite 5 und 734 feiner Topogra⸗ phie von Prag, äußert er die Meinung: fie fey bereits von Marbod, dem Könige ber Markomannen, 220 angelegt und Marobudum genannt worden; doch nimmt er Seite 752 ſchon wieder ans fie möge wohl das römiſche Bubienum gemefen feyn. — Eben fo lächerlich ift fein Märchen Band I, Seite 748 von dem jüdifchen Srabfteine *), der 71 Jahre vor der Cinwanderung der Slaven in Böhmen, d. h. (wis er rechnet) im Jahre 463 nach: Chrifti Geburt hieher- gefegt feyn full; während- dies: doch erft im Sahre 1606, alſo vor etwas mehr als zwei hundert Jah⸗ ven, geſchah, wie im Öten Bande der Wiener Jahr⸗ bücher der Literatur, und dann auch in der Prager Zeitſchrift Hyllos (1819, Detober N. 15) von Dos browſky bewiefen wurde. — Seite 750 tiefl man bei Schaller: die Synagoge Alt = Neufcut ſey ebenfalls im 3.465 erbaut worden; eine Behaup⸗ tung die auf das bündigſte beweiſt, daß Schaller wie der Blinde von der Farbe ſprach. Diefe Syna⸗ goge ift allerdings ein alter, und zwar ein fo ſchö⸗— ner und merfwürdiger Bau, daß ich es unbegreiflich finde, wie bis jest — aufer den Schaller'ſchen *) Er befindet fih auf dem Begräbnißplage der Ju⸗ denftadt, der eine fo romantifche, wahrhaft Oſſia⸗ nifhe Erſcheinung ift, daß er in der That zu den bedeutendfien Merkwürdigkeiten. der Stadt u # ‚250 unfritifchen Zeilen — aud) fein Wort über fie. ge: druckt wurde. Gie wird in Feiner Schilderung - Prag's, in keiner Neifebefchreibung mit einem So: ta erwähnt; und doch muß fich jeder Kenner auf den erfien Blick überzeugen, daß fie zu den interefs fanteften ‚Gebäuden der Stadt und zwar in jene Beit gehört, wo der byzantinifche Bauftyl in den gothie [hen überjugeben begann. Sie ſcheint zwifchen 1100 und 1150 erbaut worden zu ſeyn; dafür fprechen innere Gründe, die an einem anderen Orte entwis delt werden follenz-jedoch nur der völlige Neuling imn ber Kunſtgeſchichte kann bei ihrem Anblicke von x Ks einem ‚,beidnifchen Denkmahle“ ſchwärmen. Nach der gewöhnlichen Annahme, der auch Schals Ler beipflichtet (troß feines Suden: Marobudum’s und Bubicnum’s), wohnten die Juden in der frühes fien Zeit bie und da zerfireuet ſelbſt in den Chriften- häufern; von 2067 an, aber in zwölf Häufern auf dem Augezd, von wo fie im Jahre 1096 auf den Kaum der heutigen Sudenftadt überfiedelten, — Wie: wohl die Nichtigkeit dieſer Angaben bis jegt uners wieſen iſt; fo kann doch nicht daran gezweifelt wer: den, daß die Judenſtadt im J. 1273 bereits den heus tigen Bezirk einnahm, welches aus einer Stelle der Fortſetzer des Cosmas auf dieſes Jahr erhellt, wo an⸗ 25: gegeben wird , die Moldau fey damals fo fehr aus: getreten: daß fie in die Altſtadt Prag eindrang, wo ihre Sluthen bis. an die Kirche des heil. Egidius (die heutigen Dominikaner) , des heil. Nikolaus und Franciscus (die Kreuzherren) reichten, und die ganze Judenſtadt durchſtrömten (luens per tolum vi- cum Judaeorum,) — Von gleichzeitigen Chroni: ften mwird außerdem berichtet, daß König Sohann, Karls Vater, im J. 1356 in den Synagogen ber Prager Juden nachgraben ließ und mehrere taufend “ Mark Gold und Silber auffand; daß unter König Wenzel IV. im 15899, beinah' 3000 Juden der Stadt, theils ermordet, theil$ verbrannt wurden, weil ihnen manche Verbrechen gegen die .chriftliche Religion zugefchrieben wurden; daß der höchfte Fana⸗ tismus gegen fie wüthete u. f. w. — Bei einer ans deren Gelegenheit werde ich auch diefe Gegenſtände näher zu beleuchten fuchen, indem icdy- einige wichti— ge Auszüge aus den Handfcriften der fogenannten Wallerſteiniſchen Judenchronik mittheile, die theils in der talmudiſch⸗rabiniſchen, in böhmifcher wie in portugiefifher Sprache, theils in dem jüdiſch-deutſchen Spiöfhe abgefaßt iſt, und als hiftorifhe Sammlung - bedeutenden Werth hat. — Noch gegenwärtig leben - im Prag viele, aus Portugal flammende Ju⸗ / 2352 denfamilien 5 daher ihre portugiefifhe Namen und ſelbſt ſchwache Anklänge an den portugiefifchen Ritus. — Doch, um wieder auf einige beachtenswerthere Gebäude der Alızadt ur danlohmmen; wie je unter Kart IV. beftanden! Das heutige Plateis, — - nad feinem frühe⸗ ren Beſitzer, dem Ritter und kaiſ. Rathe Johann Plateis v.PLlattenftein fo genannt, der es um das Jahr ı600 befaß 5; — dieſes große, Damals einer Ritterburg Ähnlihe Gebäude, murde dicht an der Stadtmauer am Graben, im J. 1350 mit Bes willigung des Kaifers, von dem Herzoge Fridrich von Burgund. erbaut, der fehr oft an dem Hofla: ger in Prag, zu verweilen ‚pflegte. — Wiewohl ih Hayes Chronik nicht gern benuge,, wenn mir zuverläfigere Quellen zu Gebote ftehen ; fo willich doch bei dieſer Gelegenheit einen Auszug derfelben mittheilen , weil er, als Volksſage betrachtet, dem - Dichter Stoff zu einer Nomanze darbietet, Sch füh⸗ | ve die Ältere Ueberfegung an, deren Sprache dem Balladentone ſo ziemlich entſpricht: „Fridrich, der Her⸗ zog aus Burgundien, welcher an Reichthum ein vortrefflicher Here war, hat ihm, wit Nachlaſſung GGewilligung) des König’s Karl zum erften aus dem Kapelchen St. Nikolai, — welches kurz zuvorein Doc⸗ ä 2535 tor der heil. Schrift, an der Etadtmauer bauen laſſen — eine ziemlich große Kapelle zu bauen anges ordnet, und neben derfelben Eaufte er drei Häuſer an dem Drt , welchen man vor den höchften Drt in der alten Stadt Prag achtet; allda ließ er ihm ein. großes Hans auf den Stadtmauern gegen Mittag, duneben einen boken Thurm , und von dannen eis nen Gang in die Kapelle St. Martini bauen. Sn welchem Haufe bei unferer Zeit (wermeine im Jahre 1541) einer mit Namen Holec z, nahmald Mels hior v. Borowa, und endlih Sigmund v. Drgefhinze gewohnet, Diefen Bau hatte ges meldeter Herzog aus Burgundien, einem feiner getreuen Diener, mit Namen Jan Rzebrzik v.“ Chauftnif aufgetragen, und ihm bierum eine Befoldung gegeben, Und wann: der ı Herzog. gen Prag zum Kaifer fommen, hat ihn gemeld’ter Jan v. Chauſt nik je und allegeit mit Sutter und ans dern Nothdurften ſammt der ganzen Hofhaltung vers fehen. Auf eine Zeit begehrte es der Herzog am Herrn v. Chauftnif, daß er ihm feinen Sohn, mit Namen Tiburtium, zu Dienft geben folle te, voelches er gerne gethan, Dieſer Jüngling iſt einer herrlichen Geftalt und eines ſchönen Angefichts gewefen , derowegen machet ihn der Herzog , um feis- 234 nier Jugend willen, zu feinem Vorſchneider, und mar nicht allein dem Herzogen, fondern allem feinem Hof: gefinde angenehm und mohlgefällig. Diefer Tiburtius bat in der Stadt, mit Namen Burgium, darin: nen der. Herzog Hof hielte, eine ſchöne Bürgerin mit Namen Apollonia, trefflid lieb gewonnen, ent: gegen von ihr nicht meniger gelicht morden , welche tur ihn auch in Böhmen fommen, und von ihm auf einem vornehmen Schloße, auf der böhmifchen und mährifhen Gränze, Wiczkow genannt, als ſein Tiebfter Buͤhle enthalten worden. Wie dann von ihnen beiden eine befondere * — und In Druck aMegegan gen, weiter beſagt.“ Es iſt, ich fühle es deutlich, ein eben fo ſchwie⸗ riges als undankbares Geſchäft: einem gemiſchten Leſekreiſe, dem es wahrſcheinlich mehr um Unter⸗ haltung als um Belehrung zu thun iſt, von alten Häuſern und Inſtituten erzählen zu wollen, die zum Theil gänzlich verſchwunden oder doch ſo umgeändert ſind, daß ſie nur geringe Spuren aus ihrer Grün— dungszeit aufweiſen. Mer ſich einzig und allein an die Gegenwart hält, fih aber wenig darum küm— merk, mie und durch welche Verhättniffe ihte Ers ſcheinungen bedingt wurden; der wird auch dieſe Denk: ſchrift ſchwerlich beachten, oder fie für nichts weiter ; 255 als. für eine. Kompilation halten, der e8 an Klarheit und Intereſſe fehlt. Wielleicht find aber einige Ges fhichtsfreunde anderer Meinung, und diefen dürfte es willlommen feyn, nocd mehrere mühfam aufges fundene Einzelnheiten, * an einander gereiht w finden. Sn der Nähe des — —2 oder Fron⸗ hofes, worin nach den obigen Andeutungen, das Zollhaus und ein Steueramt (das Ungeld) ſich befans den, — mußten um das Jahr 1350 viele Krambus den ſtehen; denn in einem Stadtgeſetze aus jener Zeit heißt es: „die Krämer vor Unferer rauen, foll man nit da figen laffen, und foll fie aus dem Sronhof treiben.” — Auch befand fih damals, in diefem Hefraume eine der Stadt gehörige Schmelz— hütte, worin verſchiedene Gegenftände aus Zinn ges goffen wurden. In dem Stadtbuhe N. J. ©, 209 findet fi ein Kapitel, Überfchrieben: „Das feyn die Recht (Gefege), die zu * ⸗ gehören, die in dem Fronhof ſteht.“ Weleſlawin behauptet in feinem Dideium unter dem 8. Mai: dicht an der Teynkirche ſey das Haus des altſtädter Bürgermeiſters angebaut geweſen, wel⸗ ches König Wenzel aber im J. 1394 der Teynkir⸗ he zum Behuf eins Schulgebäudes ſchenkte, 236 da er deſſen Befi iger auf dem Wyſſ ra enthaupten ließ. Das in der — Pan Haus zu St. Bernhard, fonft gewöhnlich Jerufalem ge nannt (pridem nuncupatum ‚vulgariter Jerusa- leın), und die dazu gehörige Kapelle, — beides von dem ausgezeichneten Kanzelredner am Zeyn Johann Militius erbaut und bewohnt, — fehenkte Karl nad dem Abfterben des Cigenthümers, im G. 1374 den Gifterzienferorden, damit er hier eine theologifche Rehranftalt errichten und öffentliche Vorlefungen auf diefelbe Weiſe halten follte, wie es bei der Parifer Univerfitit geſchah. *) Das Gebäude wurde 1420 durch Die Dallken zerftört, — Auch ſpricht Schals ler von einer J Juriſtenſchule, die bald nach der Vertilgung des Tempelherren-Ordens im J. 1314 in dieſem Stadtbezirke (M. 56) errichtet wurde 5 das Gebäude behielt den Namen „bei den, Juriften.” Vielleicht ifb dies eine Verwechfelung mit dem Kols legium des Königes Wenzel, das diefer Monarch im J. 1599 in der Nähe des Münzhau—⸗ ſes gründete und welches einen Beftandtheil der Unis verfität —* 54 *) * bei Pelzel bie, Urkunde N. 556° — 257 Die Prager Minstätte befand fich unter Karl IV. nit mehr auf dem Wyſſehrad, -fondern ebenfalls in der Zeltnergaffe und zwar unfern des Königshofes, in dem Gebäude des jegigen General: Kommando’s. — 1360 bewilligte der Kaifer den Brege lauern, die Dufaten nah dem Schrot und Korn je: ner Goldmünzen ausjuprägen, welche man in ber Altſtadt Prag (in majori civilate nostra Pra- gensi) münzte. — König Georg von Podiebrad ließ 1454 das jegige Stupartifihe Haus unfen St. Sckob, zur Münsftätte einrichten ; doch verlegte man fie unter Keifer Ferdinand I im 3. 1534 auf das Prager Schloß. | "Der Neuftädter Benediktiner = Orden der Stas wen : Mönche von St. Emaus, befaß in der Alt⸗ fiadt das fogenannte „Seelenhaug,” das er im J. 1351 mit föniglicher Bewilligung verkaufte. — Von einigen Ähnlichen Baudenkmählern aus jener oder früherer Zeit, welche fih in den Erdgeſchoſſen der Zeltnergaſſe oder der Umgebung der Teynkirche befinden, war bereits weiter oben die Rede; ich übers gehe fie demnach, um mic) nicht ſelbſt zu wiederhes len, Nur wäre bier noch zu bemerfen, mie es Feineswegs bloße Sage ift, daß mehrere diefer Häu⸗ fee durch unterirdifhe Gänge mit der Teynkirche, 258 oder vielmehr mit der Eleinen Martenfapyelle in Verbindung ftanden, melche, der gewöhnlichen Angabe ‚zufolge, bald nach dem J. 900 von dem erſten chriſt⸗ lichen Herzoge Böhmens, von Votiwoi, erbaut und . von der heit. Ludmilla fleifig befucht wurde, die — wie die. Bollandiften ſagen und Dobrowſky beftätiget — zwiſchen den Sahren 920 — 023 zu Tetin, unfern Prag, erdroffelt wurde. Noch heut iſt, wie ich durch eigene Unterfukung weiß, der Gang völlig erkennbar , der aus diefer Kapelle, unters irdifch bis in einige nahe, am grofen. Ringe. ges fegene Häufer führte. Drahomira , die Mutter des heit. Wenzel, verfolgte das in Böhmen "junge Chris ftenthbum auf das grauſamſte; deshalb follen feine Anhänger , eine unterirdifche Kirche gerade auf dem Punkte des großen Ringes angelegt haben, wo jest | die Marienfäule fteht, und durdy Stollengänge in fie gelangt feyn. Gewiffe Spuren in den Kellern die: fes Stabtbezirkes fprechen’ für Die Wahrſcheinuichteit der Tradition. Die Eleine runde Kreuzkirche in der heutigen Poſtgaſſe, deren Gründungszeit man nicht kennt, hat in ihrem Aeußeren noch manches Byzantiniſche, und kann ſchwerlich um Vieles ſpäter als die erwähnte . Kapelle aufgeführt worden ſeyn. — Auch verdienten 239 manche Erdgefchoffe dee Schwefelgaffe (insbefondere bei dem rothen Herzen und den beiden goldenen Bie - ren) eben fo eine nähere Unterfuchung, wie die Kels fer des alten Kollegiums unfern des Niklasplages, des Karolinumg, des Eleinen Poftamtes u. |. w., in der nen man noch deutliche Ueberrefte von fihönen Säu— len, und mehr oder minder kohen Skulptur = Arbeis ten erbliden will. Die Basreliefs an den Säulen dev. Frey'ſchen Üpothefe find alt und beachtenswerth und fowohl fie, als auch jene Gegenftände müſſen noch vor die Zeit Kaifer Karls gefegt. werden. Aus feiner Periode dagegen, ift in dee Attfllabt uns ter andern noch. das gothifche Portal, welches von der Nähe des Brückel's zu dem Franzisfanerklofter Mas via = Schnee führt z dann außerdem mahrfcheinlich : die hie und da an den Straßen befindlichen Edfteine, roh gearbeitete Löwen = Masken darftellend; mehrere eins gemauerte Steinbilder; vielleicht die gothiſchen Lau— bengänge inder Nähe der Kogen unmeit der Gallikir— che. und an der Teynfchlle; dann beſtimmt die Thür— me der. Dominifanerfiche, und fo manche auffallend geftaltete Mauern in den Hofräumen vieler Häufer, denen man es anfieht, daß fie einft Vertheidigungs— ‚gänge trugen und Schießfcharten hatten; hie und 240 | da verfchledene Stiegen mit gothiſch verzierten Stein⸗ oder Ziegel: Brüftungen u. ſ. w. | Manche heutige Gaffen- Bezeihnungen ſtammen ſicher aud noch aus dem früheren Mittels alter, z. B. die Plattnergaſſe, worin die Plattner⸗ eder Harniſcharbeiter wohnten; die Zeltnerz oder wohl Zöllnergaſſe, weil man durch fie in den Zollhof am Teyn gelangte; die Konigsftraße, zum Königshofe führend ; der Tummelplatz; die lange Gaffe, durch welche Sohann von Zurenburg in die Stadt ein⸗ drang; der Nofmarft, den ich in einer Urkunde von 3370 gehannt finde, und fo andere Gaffen mehr. Die Benennung größere Etadt, ſtatt Alt ſt adt hörte nicht augenblicklich nach Erbauung der Neustadt auf, wie Andere behaupteten; denn eine Urkunde der Prager Schöppen vom J. 1370 beginnt: „Wir ꝛc. geſchworene Bürger und Schöppen zu der Zeit der größern Stadt zu Prag” und König Wenzel fpricht in einem Diplome vom J. idız noch von ber „größeren Stadt Prag, die unſers Kö⸗ nigreich’8 zu Böhem Etuhl und Haupt iſt.“ (©. Stadtbuch I. Seite 114.) ° Von den Kirchen der Altſtadt, — unter Karl IV. ſtanden, kann ich hier nicht ausführlicher ſprechen; ich werde es an einem anderen Orte thun 241 und begnüge mich nur, einige ihrer vorzüglicheren zu nennen: die Hauptpfartkicche zum Teyn, die Kreuz: herren an ber Brüde, die Minoriten zu St. Jakob, die Dominikaner zu St, Aegidius und zu St. Cle⸗ mens, das Nonnenklofter zu. St. Laurentius und der heit. Anna , das Benediktinerftift zum heil. Geift, die St. Gallusficche mit einem Karmeliterkfofter ; die Kirchen zu dem Erzengel Michael, zu St. Stephan bem Eleineren,, zu St, Leonhard, zu St, Andreas und zu St, Kaftalus; die Kirche zu Maria an der Wiege, die Nikolaitiche mit ihrem Benediktinerftift, das Frauenkloſter zu St. Agnes uf w. Die Brücke unter Karl IV. Bereits weiter oben gab ich von dem Zuſtande der Prager Moldaubrücke, welche die Altſtadt mit der Kleinſeite verbindet, fo weit Kunde, als die dürf⸗ tigen, aber verbürgten Nachrichten, vor Karl des IV. Beit ihrer erwähnen. Hier alfo noch einige Wor⸗ te über bie fpätere Periode derfelben ! Durch den Eisſtoß hatte ffe im Frühlinge 1342 fo fehe gelitten, daß kaum ihe dritter Theil ſtehen geblieben war; meshalb man fich jest längere Zeit | £ | 242 der Nahen und Plätten bedienen mußte, um mit * den beiden Städten in Verbindung zu bleiben. Dem Stifte der Kreuzherren wurde ihre Wiederherſtellung übertragen, wofür man feine Beſitzungen aller Ab: gaben und Zölle enthob; doch beſchloß Karl IV. endlich eine feftere Brücke herzuftellen, zu welcher er den 9. Juli 1358 (Benes nennt jedoch das Jahr 1557) an der Altſtädter Seite eigenhändig den Grundftein legte. She Baumeifter war Peter Urs ler, der auch den Bau des Domes leitete, wie die Inſchrift unter dem Steinbilde des Künftlers auf der Emporfirche der Metropolitane beweif. — Im $. 1367 ME indep die Ueberſchwemmung der Moldau fo groß, daß, nah Benes, „auch die hölzerne Prager Brücke an mehreren Orten, die neue aber nur in einem Pfeiler zerfiört wurde.” *) Aus dies fer Stelle ergibt fich, daB der Bau feit zehn Jahren fhon ziemlich fortgefchritten feyn, und die hölzerne Brücke neben ihm hinlaufen mußte; und vielleicht fand dies Verhältniß bis zur ganzlihen Vollendung ber heut ſtehenden Brücke ftatt, d. h. bis zum Jah: *) Föhn quoque Pragensem ligneum in pluribus locis, sed novum in uno tantum pilerio , rupit. 245 re 1503, denn 145 Sabre foll ihe Bau gewährt haben. — Diefe lange Verzögerung muß allerdings PVermunderung erregen, erwägt man: daß der Pras ger Bifhof Sohann IV,, deffen Kunftliebe bekannt ift, binnen ungleich Fürzerer Zeit, die Brüde über die Eibe bei Raudnig zu Stande brachte; und daß Karl gewohnt war, feine Unternehmungen raſch durchzuführen , wie dies fo viele feiner Bauten und Inſtitute bemeifen , von denen ich bereits ſprach. Nächſtdem war Prag damals mehr bevölkert als jegt, Handel und Wandel hatten ihren Höhepunkt erreicht, unzählige Fremde trafen aus allen Gegenden Euros pa's täglich hier ein , und dicht an der Brüde auf der Kleinfeite, ftanden die Palläfte einiger Fürften, d, h. des Churfürften von Sachſen, des Erzbiſchofs von Prag und, nah Hagek, auh des Bilchofs von Leitomiſchel, — fo daß es freilich nicht wahr: ſcheinlich ift, fih die Steinbrüde beim Tode Karl's noch unvollendet zu denken, Gleichzeitige Chrontiten Sprechen von der Ueberfhwemmung der Moldau im 3. 1393, melde fo heftig war, daß man auf dem Altſtädter Markte mit Kähnen fuhr, und der eine hölzerne Brüde ſchwerlich widerſtanden hätte va. | felbft die ffeinernen Pfeiler hätten es ſchwerlich vermocht, wenn fie nicht. bereits Durch die Widerlagen L 2 4 244 an beiden Ufern geſchützt, v h. zue vollftändie gen Brüde verbunden waren, Zwar behaupten fos wohl Hagek aß Welestawin, fie fey erſt 1503 vollendet worden; aber in dem zu Nürnberg 1493 gedruckten „Buch der Chroniken” finde ich Blatt 230 die Stelle: „Aus der alten flatt kombt - man in die Elainen vber ein ffapnine prufgen, die hat: 24 ſchwiebogen.“ Demnach mochten fpätere Mafferfluchen wohl nur mehrere Pfeiler des längſt fertigen Bauwerkes zerſtört haben, weshalb man bei dem Jahre 1503 eher von. „Wieberherftellung als von Vollendung reden ſollte. Ueber die Erbauungszeit der beiden Brüdens | thürme find die Meinungen ebenfalls fehr getheilt ; doch muß auch ich der Anficht volllommen beipflich- ten: daß der Kleinfeitner Thurm weit älter als der Altftädter fen, da diefer erft im J. 1451, und zwar gleichzeitig mit dem heutigen Neuſtädter Rathhaus⸗ thurme, aufgeführt wurde. # — Der erſte Bid lehrt, daß der Kleinfeitnee Brüdenthurm die Rich— . tung keineswegs auf den jegigen Altftädter Thurm hat, fondern noch ein Beftandtheil der früheren Brüde feyn dürfte, welche von ihm bis zum Ein= *) &, Dobnerre Monumenta, T, IV. pag. 75. , 245 - gange in das Spital ber Kreuzherren, d. h. nörd⸗ licher als heut, und zwar in die Nähe des Tum—⸗ melplages führte. — Andere aber wollen, daß je⸗ ner Theil der Grundmauern des Kreuzherrnſtiſtes, woran ſich der ſteinerne Kopf mit dem Barte, d.h. der ſogenannte Bradacz befindet, früherhin zu dem Altſtädter Brückenthurme gehört habe; und wahr⸗ ſcheinlich ift es fo: es mochte, dee auf der Brüs de ſtehende Gefängnifthurm feyn, wovon bereitd die Mede war. — Im Jahre 2794 verurfachte die Moldau bekanntlich eine fo große Weberfchwen: mung, daß die Brückenpfeiler fehr befhädigt und ſämmtliche Moldaumehren meggeriffen wurden, Aber um fo weniger Waſſer hatte der Fluß das Fahr darauf: man konnte faft trodenen Fußes zwifchen beiden Städten durch fein Bett gehen; und Augen zeugen verfichern mich, bei dieſer Gelegenheit alle Fundamente, d. h. große Quaderſteine der ehema= tigen Brüde nicht nur gefehen, fondern felbft uns terfucht zu haben. Sie behaupten, daß diefer Grunds bau von dem Bradacz » Schwiebogen bi8 über den heutigen Zimmerplag am Stlleinfeitner Ufer, und zwar auf jenen Thurm zuführte, der im Hofraume des - Haufes zu den drei Glocken jteht; daß mithin derz elbe als der früheſte Brückenthurm anzunehmen fey. 246 _ Obgleich felbft die Tradition für diefe Anficht ſpricht, fo fcheint fie doch fehr unmahrfcheinli, da jener Klein: ſeitner Thurm offenbar zu ſchmal für den lebhaften Handelsverkehr war; ich kann ihn, wie ſchon oben ges fagt, nur für einen Beftandtheil der ehemaligen bifchöf: lihen Reſidenz halten. h Daß. der heutige Kleinfeitner Brückenthurm weit früher erbaut wurde , als jener in der Altftadt, lehrt fhon fein Aeußeres; auch ſcheinen die vielen Stein⸗ metzzeichen auf feinen Quadern, ältere Eigenthüms lichkeit und mehr Abmechfelung zu haben, als man fie. an dem Altſtädter Brüdenthurme, an der Kira che zum heil. Geiſt, an der Zeynfiche, an dem Glockenthurme zu St. Heintih u. fe m. teifft. Sie kommen mit den Steinmebßzeichen an dem fogenannz ten Markomannens Thurme der Burg Klingens berg fehr Überein, welche ich in der Zeitſchrift des böhmifchen National = Mufeums (Detoberheft 1828) zu fehildern verfuchte. — Wahrfcheinlich ift der jegi: ge Kleinfeitner Thurm noch derfelbe, von welchem der gleichzeitige Chronift Abt Peter von Köniafaal erzähle: „den Thurm am Fuße der Brüde „gegen die felige Jungfrau bin gelegen” (d. h. in der Nähe der Malthefer) habe im J. 1310 der Eönigliche Kämme⸗ ver Heinrich von Leipa ſtark befeftiget, mel: | 247 - cher der jungen Fürftin Elifabeth treuen Beis ftand Teiftete, und ihre Rechte gegen die eingedrun: genen Kärnthner zu bewahren fuchte. Er vertheidigte den Zhurm perfönlich, den die Eirnthnifchen Mieth: linge mit Balliften berannten, mit Pfeilen beſchoßen und auch infofern zu bezwingen fuchten, als fie Feuer an feinen Grundmauern anzündeten, um die Einges fhloffenen durch Rauch und Flammen zu verderben (Durch diefes angelegte Feuer bekam der Thurm viel leicht den großen Riß, der noch jest an ihm bemerk⸗ lich if). Sie beftiegen die Dächer der benachbarten Häufer und warfen von ihnen Steine und andere Befhoffe in den Zhurmz die Belagerten aber ver: theidigten fich männlich und unterliefen es auch ihrer Seits nicht, große Steinmaſſen und einen Pfeilregen auf die Feinde herabzuſenden. — Auf der entgegen⸗ geſetzten Seite der Brücke d. h. in der Altſtadt, ließ der Bürger Wolfram, ein Anhänger Heine rich’ von Kärnthen, das Hofpital der Kreuzherren mit dem rothen Stern in eine Art Kaftell umwan⸗ dein; und geftattete ed keinem Menfhen aus der Altſtadt nach der Kfeinfeite Über die Brücke zu gehen, - fo daß fie mehrere Zage völlig gefperrt blieb. "Da jedoch der Kleinfeitner Brückenthurm nicht erobert werden Eonnte, und ſich einige Vermittler fans 248 den, fo wurde feine —* bald wieder — geben. Sonſt befand ſich BR der Brücke eine Infel, das Eigenthum der Prager 'Erzbifchöfe, deren Les berrefte man erſt im J. 1785 megzuräumen für nöthig erachtete, Während der großen Ueberſchwem⸗ mung des Sahres 1275 war wie die Fortfeßer des Cosmas erzählen, die hölzerne Kapelle, welche fih vor der Brüde auf dem Sande (in Piefek) befand, nebſt ihren Grundmauern zerflört, und eine andere fteinerne Kirche, die auf der erwähnten Inſel ſtand, zur Hälfte weggeriffen worden; fo wie dies auch vom allen um die Stade Prag gelegenen Mühlen galt. Zufolge einer von König Johann im J. 1332 erlaffenen Urkunde, mußten von jeder Leiche eines Suden, oder wenn jemand feine Braut im Wa: gen über die Brüde führte, 72 Heller Brückenzoll erlegt werden ; dagegen finde ich diefe Brautfteuer in einer Prager Mauthordnung von n 1548, auf einen Groſchen beftimmt, Ueber einem Pfeiler und Shioibhogen unter der Brücke, und zwar zur linken Hand, geht man von der Altſtadt nach der Kleinfeite, — tagt eine, währ rend der Schwebenbelagerung im J. 1648 fehr vers ſtümmelte Statue von Stein empor: einen gehars — — 249 niſchten Ritter darſtellend, hinter welchem ein Löwe ſitzt. An dieſes Steinbild knüpft ſich eine Volks: ſage, worüber ſich Redel im Jahre 1729 äußerte: „Ich Habe viel gefraget, was dieſes für eine Sta⸗ tua ſey? Alle melden, es fey die Statua Kö— nigs Prunzlich’s, und legen Einige folhe aus: diefer Prunzlich fey ein König in Böhmen und ein ſehr Eriegerifchee Here gemwefen 5; habe aber das Herzogthum Böhmen eine Zeit lang meiden, und gleihfam in dee Irre außer Landes herumftreifen müffen; und einen Löwen ſtets um. ſich, wie einen Hund im Herumziehen gehabt ; auch ein fonderliches Schwert, welches, wenn er gefagt: haue drein! und ſolches nur ausgeſtreckt, fidy felbft gereget, und die Feinde alle vor ihm zerhauen und, zerfchlagen habe, Dieſes habe er allhier in die Moldau geworfen,: und laffe ſich zu Zeiten fehen, Eönne aber nicht gefunden noch ergriffen werden; auch fey eine Prophezeihung von demjenigen, der es befommen wird. — Diefes ift. die gemeine Sage einiger alten böhmifhen Leute, und fheinet gar fein durch die Zeit vermehret und Werbeffert zu fen; doch zeiget das Wappen der alten Stadt, nebſt der auf und über deflen Helm ftehenz den, Krone, daß es ein König in Böhmen geweſen. Habe. alfo folhen Namen nachgedacht und befinde, | g- 250 daß folder Eein anderer, als König Pkzemyslaus feyn folle , welcher fonderlich nad) der gemeinen deutfchen Mundart, in Prunzel verwandelt worden ; denn Przetislaus heißer Pregel, Wenceslaus und Boles⸗ laus — Wenzel und Bunzel. Iſt alſo dieſe Sta⸗ tua ſonder Zweifel das Bildniß König Prze mys⸗ Vai Ditofari I. Bon feinem Schwert wird viel ‚gerühmet in denen böhmifhen Hiftorien; auch von Einigen gemeldet: daß er fich lange Zeit verborgen, and als ein Taglöhner in Megensburg aufgehalten, auch einen Löwen gleich einem Hund, bei ſich pfle: gen zu haben. Kann alfo der Löw’, fo hinter ihm fichet , entweder ſolchen, oder auch das Wappen der Herzoge und Könige in Böhmen bedeuten, welches König Wratislaus am erften von Kaifer Fris derico erhalten, nämlich einen Löwen mit doppel⸗ tem Schweif. Laſſe alſo ſolches dem geneigten Leſer zur ferneren Nachſchlagung und Ueberlegung anheim geſtellt feyn.” — Meinem geneigten ehr, der zwar Sagen, aber auch Geſchichte liebt, bemerke ich: daß durch dieſe Statue wahrſcheinlich nur eine Art von Stapel: recht angedeutet wurde, und daß fie erfi in Karl des IV. Zeit gehören dürfte, wie auch Herr Prof. Shufter ‘dies behauptet, Zu Leitmerig fol 251 ſich eine ganz ähnliche, nur beſſer erhaltene Säule befinden. Paul Stranſky, vor feiner Auswande⸗ tung einer der erften Magiftratsbeamten diefer Stadt, äußert fih darüber um das Jahr 1630 in dem zweiten Kapitel des „Staates von Böhmen :”’ „Kai fer Karl IV. bemilligte der Stadt einen jährlichen Markt vom 25. Heumonat bis zum 7. Auguſt und die Stapelgerechtigkeit, der zu. Folge alle die Eibe be= fahrenden Kaufieute nur in ihrem Hafen oder Natel, ihre Waaren laden und ausladen dürfen. ine fteis nerne Bildfäule, die auf einem Fußgeſtell am Ed des Rathhauſes fo aufgerichtet ift, daß fie auf den Markt herabzufeben fiheint, und die eine Aehnlichkeit mit dem Roland der Deutfchen hat, gilt noch für den Beweis diefer Gnade des Kaifers.” — Ueber einige Gebäude der Kleinfeite ‚unter Karl IV, Menn ich nicht auf Lefer rechnen Eönnte, deren Dhantafie meine Skizze lebhafter ausmalt, als ich es bis zu diefem Augenblide vermochte; fo würde ich die Teder jest niederlegen ober es vielleicht ſchon frü— her gethan haben, um mich Gegenftänden zuzuwen⸗ ben, welche für dankbarer gelten, als es dieſes An⸗ 84 — ln ‘ 252 häufen von wenig zufammenhängenben Beſchreibun⸗ gen iſt, die für Manchen vielleicht zu viel Oertliches haben, als daß fie ihm nicht Langeweile machen ſoll⸗ ten. Was kümmert ſich diefer oder jener um alte Thürme , ober gar um alte Häufer,, zumal wenn er fie niemals vor Augen fah, mithin Feine Art von perſönlichem Intereſſe daran zu knüpfen vermag? Was liegt dem, von unferem alterthümlichen Prag Ents - fernten daran, ob dies Gebäude vier oder fünf Jahr⸗ hunderte zählt, ob jenes einem Fürſten oder Biſchof, ob es dem byzantinifchen, dem gothifchen oder italie— nifchen Bauſtyl angehört? Und follte dies lange Vers weilen bei todten Maffen, bei äußeren. Sormen, d. h. beim Schildern der Gebäude, nicht jene intönigkeit haben, welche den gebildeten Geift eher drüdt und ermübdet, als zum frifhen Denken anregt ? — Co fragt vielleicht mancher Leſer, gleich mir ſelbſt; er meynt, als topographifche Skizze fen das Mitgetheils te erträglich genug; aber wo find die Stellen für das Herz, für bie tiefere Empfindung ? Vieles, antworte ih, Vieles biefer Art zugeben, ift freifich nicht möge lich; aber vielleicht finden ſich weiterhin noch) manche Einzelnheiten, die für gewiffe trodene Notizen ‚r für Jahrzahlen, Tateinifhe Citate u. |. w. entſchädigen. Außerdem wäre zu bemerken: daß bei einer Ar— 255° ‚beit diefer Art, einige Ausführlichkeit um fo mehr an ihrer Stelle zu ſeyn fcheint, als nicht jedermann Zeit und Luft hat: Hunderte von Auszligen aus alten Chroniken und Gefhichtswerken zuſammenzu— ftellen ; daß Viele es demnach vorziehen, dieſe Bruch— ſtücke einmal aneinander gereiht zu erblicken, um ſo— mit den Maßſtab für die Beurtheilung früherer Leis lungen zu gewinnen, die auf die Gegenwart eigents lich mehr Einwirkung ausüben, als im erften Aus genblick einteuchten dürfte. Um mich doch aber auch hinter den Schild ans erfannter Autoritäten zu flüchten, fo glaube ich ver: fihern zu können: daß es gerade folhe Haus⸗ und Baugefchichten aus der alten Praga find , welche fehr gefeierten Sittenmalern und Länderfundigen willkom⸗ ‚men erſcheinen. Amerika's Waſ hington Ir⸗ ving hat ſich viele Mühe gegeben, das hundert⸗ thürmige Prag von verſchiedenen Seiten zu zeich⸗ nen; anerkannte Forſcher alter Zeit und Sitte, wie von der Hagen und Büſſching, erklätten diefe Stadt eben fo für den Elaflifchen Boden; der Geſchichte unferes Mittelalters, als es Minifter von Stein und fo viele Andere, darunter auch Tied und G ds the thaten , obwohl dieſer Kibuffen’s) Stadt nur duch; mehr oder minder treue Berichte, und nicht \ . x * — * 254 . 1 aus eigener, Anfhauung kennt. — Prag's Ruhm, - als eine der gefchichtlih merfwürdigften Städte Eus ropa's, erfhallte, ‚fo weit man hiftorifche Unterfuchun: gen liebt! Deshalb, und endlich weil ich Bibliother - Een und Archive nicht durchforfht haben will, um die gewonnene Ausbeute unter Schloß und Riegel zu halten, geftatte ich mir, mehr über das Einzelne des älteften Prag zu fagen, als es ‚vielleicht einem Les fer gefällt, der den Geifteskigel dem Nachdenken vor: zieht. — Bevor ich ausführlicher von den Sitten und Gebräuchen ſpreche, welche unter Karl IV, und ſelbſt früher in. Prag herrſchten, muß von je: nen Äußeren Räumen und Dertlichkeiten noch ges nügender die Nede feyn, worindas Treiben der Mens ge ſich eben fo bunt und wirr zeigte, als es in ben Dalläften und Hütten der Gegenwart , wahrzunehs men iſt! Werden die vorhandenen Weberrefte alter Baus: denkmäler, mit: den ſchriftlichen Nachmeifungen und der mündlichen Tradition in Verbindung gefegt und forgfältig verglichen; fo läßt fich noch gegenwärtig eis ne Skizze von Prag’s SKleinfeite entwerfen, wie. fie zu Karl des IV. Zeit: erfcheinen mochte. Sch = wage hier einen ſolchen Verſuch, den weitere Nach: forſchungen in der. Folge vervollſtändigen dürften: * 255 Becetrat man die Kleinfeite von der Brücke aus, fo fiel der Blick fogleich zur Rechten auf die biſchöſf— lihe Burg, die duch ihren Hauptbau, durch die Nebengebäude und den ausgedehnten Garten, einen großen Raum in Anſpruch nahm, Unmittelbar hin: ter ihe fland, nach Hagek's Chronik, das Haus und der „Eöftlihe Ihurm” des Biſchof's von Leu: tomifchel, mit dem Kloſter St. Thomas gren⸗ zend, welches anfänglich [hen in der Vorftadt, oder Doch dicht an der Stadtmauer lag, — Dem Prager Bifhofshofe gegenüber befand ſich -der burgähnlidie Pallaft des Churfürften von Sahfen; und in feiner Nähe das Wohnhaus des Pfarrers von St. Nikolaus und ein zweites größeres Gebäude, welches Karl IV. im J. 1338 der Hradſchiner Schloß: und Kollegiallicche zu allen Heiligen gefchenkt hatte, — Diht an der Moldau, auf der Stelle der jetzi⸗ gen Hintergebäude des Gafthofes zum Bade, kam man zu den öffentlichen Bädern diefes Stabttheis les; und dann, längft dem Fluße hinauf, zu der Srandprioratd: und den beiden Eulenmühlen, aufder Snfel Kampa unter hohen Bäumen gelegen, deren Höhlungen ſich au ihrem Lieblingsſi b erkoren hatten. Da * Wie ſchon früher u, endete de eigentliz che Stadt vor der Mattheferkirche; fie war, fo wie überhaupt der ganze Bezirk des Augezd, von der Klein: feite durch eine Mauer und einen Graben gefchieden, über welchen bie und da hölzerne Brüden führten. Dies beweift unter andern noch die Benennung eis nes, am Ausgange der Karmelitergaffe gegen: den Augezd zu, gelegenen Haufes „zur weißen Brüde und daß man vor etwa 30 Jahren (ald die Kanäle im Bezirk der Profopsgaffe angelegt wurden) noch Ueberrefte hölzerner Brüden ausgrub, — Von den Haufe N. 357 alter Bahl,\auf dem erſten Malthes ſerplatze, ſagt Schalter (Theil I. Seite 255): „In dem hinteren Zheile diefes Gebäudes trifft man einen uralten Thurm an, der ung muthmafßen . läßt, daß derfelbe noch ein Ueberbleibfel von dem ehe: maligen meitfhichtigen Maltheſer Gebäude ſey.“ Die Trümmer der Maltheferkirche felbft, find ein, fprechender Beweis von der ehemaligen ausge⸗ zeichneten Schönheit und Größe diefes gothifchen Baues, der im 3. 1420 duch die Hufliten, noch mehr aber 1503 durch eine, Feuersbrunft zerſtört wurde, welche gleichzeitig einen der: Brüdenthürme, das Sahfenhaus, das Bad und St. Thomaskloſter ungemein beſchädigte. — „Maria unter der Kette” * 237 nannte man dies Gotteshaus, weil es mit einer eis fernen, vergoldeten Kette umgeben war, bie ſelbſt kein böhmiſcher Bretislaus durchhauen hätte. Neben dem heutigen Gaſthofe „zur alten Poſt“ unfern den Maltheſern, fand bis auf Kaifer‘ Sofeph II, die- mit drei Attären verfehene St. Proko ps⸗ Eiche, welche (nad) Hagef) im J. 1213 auf je: nem Plage erbaut wurde, mo Libuffa das erfte Prager Haus errichten lief. So erzählt eine Volksſage; die zweite dagegen, welcher auch Dobner (Historia T. IH. pag. 137) beipflichtet, behauptet: diefes Gebäude, — eine herzogliche Mohnung nebft einem Meierhof, Libecz genannt und 719 erbaut — habe nicht bei St, Prokop, fondern näher unter dem Schloße in der Bruskagaſſe geſtanden, und zwar dort, wo ſich jetzt das Militär ⸗Oekonomiehaus befindet. Darüber läßt ſich vieles vermuthen, aber. nur wenig beweifen; doch alte Mauertrümmer. und ſelbſt die - Benennung de angrenzenden Bergabhanges : „der Weingarten des heil, Wenzel” deuten auf ftühen Anz bau in diefer Gegend hin. > Merkwürdig bleibt die Gefihihte des heutigen Dberpofiamts-Gebäudes in der Karmeliterz gaffe, deffen Hofraum völlig eingededt it, da er noch bis zum Jahre 1794 eine Kirche war, Hier befaß — 258 Kaiſer Karl des IV, Mutter , die Königin Elifabeth, jeneg ſchöne und große Haus, von welchem bereits Seite 146 die Rede war; und worin fie ein Fraus enkloſter für die Dominikaner: Nonnen zu Et. Anna fliftete. Diefe wurden 1313 in die. Altftadt verfegt, und nun räumte Elifabe:h ihr früheres Eigenthum abermald einigen aus Olmüg berufenen Nonnen ein, deren Betragen jedoch ihren Wünſchen ſo wenig entſprach, daß Abt Peter von Königsfaal, der berühmte Chronift, dies Haus im J. 1350 erhielt, — Epäter gelangte e8 in den Befig einiger Bürger, und wurde allmälig fo verrufen, daß es nebft einigen Häufern der Nachbarſchaft, zu fogenannten Ben es dig’ s, oder Benatky' s herabſank. Dem ausge: zeichneten Kanzelredner amı Zeyn, Sohannes Milis tius gelang e8, fo erzählt Benes, mehr als z00 der hier wohnenden Are auf den rechten Weg zurüdzuführen; feinen Vorſtellungen entfprechend, ließ Katl im J. 1372 diefe Häufer der Zügellofigkeit niederreißen, und ein Klofter der Bü⸗ ferinnen oder Magdalenen = Echmeftern dafür errichz" ten, geweiht der heil. Anna, Maria Magdalena, Afra und der egnptifchen Maria. Es ftand bis zum . Beginn des Huffitenfrieges, worauf das halb zerſtörte Gebäude wieder Privateigenthum, und endlich 1552 259 den Sefuiten zu einem Gollegtum übergeben wurde, denen aber feine vom Mittelpunfte der Stadt ent: fernte Lage mißfiel, weshalb fie e8 den Domini- kanermönchen abtraten. Ihre fhöne, fehr. ges räumige Kirche wurde 1709 eingeweiht, 1784 ges fperrt ; dann in eine Zuder : Niederlage umgefchaffen und im J. 1791 endäd für die Bebürfniffe des Oberpoſtamtes eingerichtet. Am Fuße des Schloßberges in der Fünfkirchen⸗ - Gaffe, und zwar im Hintergebäubde des ehemals Putz⸗ lacherifhen Haufes (N. 162 alte Zahl) befand fich die Kapelle zu St. Michael dem Erzengel, welche bereits in den Errihtungsbühern auf das I. 1397 als eine, mit einem Freythofe verfehene Kirche ges nannt wird, und (freilich nah) Hagek) im I. 928 von dem heil. Wenzel erbaut wurde, Schaller ſagt (heit III. Seite 31): „Von diefem Haufe geht eine gewölbte Kluft bis zu dem Schloße hinauf, die man vor Zeiten für einen unterirdifchen Gang hielt, wodurch fich der heil. Wenzel heimlicher Weife zu wiederholten malen vom Schloße hieher zu verfügen pflegte. Für jeßt aber findet man daſelbſt eigentlich nichts anders, als einen Kanal, durch melchen das Waſſer, befonders: jest, ſeitdem der Schloßgraben bei . "260 ° Erbauung der neuen Eönigl. Burg verfchlittet wurde, vom Schweingberg herabfließt.” "Sm I 1784 mußten die. fehe alte Kirche zu St. Johann dem Zäufer unddie St. Ma: thiaskirche ebenfalls geichloffen werden ; fie ſtan⸗ den unter dem fogenannten Sohannesbergel und wur— den zu den Bürgerhäufern N. 507 und 508 ber äl⸗ teren Zahl, verwendet, — Auch iſt von der ehema— ligen Pfarrkirche zu St. Wenzel keine Spur mehr übrig, deren erfte Gründung man dem Herzog Bos - Ieslaus dem Graufamen zufchrieb; und auf deren Stelle gegenwärtig das Landhaus und insbefondere der Sigungsfaal des Appellationsgerichtes fich befin= det. In vor mir liegenden Akten des Sahres 1694 finde ih fie als „eine der älteſten Monumente des s Königreiches Böheim“ bezeichnet z doch mußte fiedas mals niedergeriffen werden , weil man beim Ausgras ben der Sundamente des Sefuiten = Profeßhaufes, ih⸗ ve Grundfeften fo erfchlittert hatte, daß fie einzuflürs zen drohten. — Schon unter Karl IV, war auf der Stelle der heutigen großen Sefuitenfirche, die St, Nikolauskirche völlig ausgebaut, da fie der Mrager Bischof Tobias von Bechinie bereits im J. 1293 eingeweiht hatte, und zwar inder Pras ger Vorftadt, wie die Zortfeger. des Cosmas ets mr, 261 ö; tag befremdend anführen. *, König Wenzel IV. verlieh fie 1396 den Chorherren der Burg Karlſtein; doch kam ſie 1628 in die Hände der Jeſuiten, die den gothiſchen Bau niederreißen und ihn im — ſchen Style wieder herſtellen ließen. Jetzt noch einige Nachrichten von den beiden marke würdigſten Wohngebäuden diefes Stadttheiles, aus Karl des IV. Zeit, d. h. von dem Biſchof⸗ hofe und dem Sakhfenhaufe! Schon aus den Andeutungen auf Seite 161 ff. ging hervor , mie reich und mie Fünftlerifch wichtig - man die bifhöflihe Reſidenz bereits vor Karl IV, ausgeftattet Hatte; und dies galt noch: mehr unter diefem Negenten, der verfchwenderifch fpendete, wenn man feine Gaben für den Glanz der Kirche in Anfpruch nahm. Noch als Markgraf, d. h. bald nad dem Sabre 1337, vermehrte er die jährlichen Einkünfte der Prager Bifchöfe fo reichlich, daß ſie ſich, wie Peffina, Balbin, Berghauer u. a. behaupten, auf 80000, oder gar, nah Paul ZideE, auf 100000 Dukaten beliefen. Zu jener Zeit, bes *) Eodem anno (1297 5) consecrata est Ec- clesia saneti Nicolai in subur bie Pra- gensi. . | 262 N merkt Balbin fehr richtig, war die Religion in Böhmen nicht nur reich, fondern auc wohl bewaffnet und gut gerüffet. *); und nicht minder wahr behaup⸗ tet Johann von Huſſinetz: bald nach Karl des IV. Regierung ſey der dritte Theil des Königreiches, ein Eigenthum der Geiftlichkeit gewefen, **) — Die Bilhöfe Prag's befehligten fo viele Waffenträger (armigeri Ecelesiae Pragensis), daß fie in dieſer Hinfiht dem Könige felbft faft überlegen waren; aus ßerdem unterhielten fie viele Hofritter, Edelknaben, Köche , Bedienten und Pferde, und lebten außerors dentlih glänzend. Sie befaßen unter Karl IV. bie Schlößer Helfenburg, Gayersberg, böhmiſch Supihora; Zeinis, Herftein, Pribram, Krziwfudow. Außerdem die Städte und Güter Raudnig, Rokyczan, Böhmifhbrod, Teinitz, Pilgram, Rzecznicz, Pribram, Hoftka, Stieganom, Koſirz, Kig, Bud: wicz, Liblicz, — Kogetin in Mäh— ven ꝛc. ***) *) Religio in Bobemia non modo dives, sed etiam armata et bene munita fuit. Miscei- lanea, Theil III. Seite 135. **) Historia J. Hussi, fol, CXXII. ++) ©, Pelzel’s gehen König Wenzel's Band. 9 Seite 262. ⸗ 263 Wiewohl Arneft von Pardubig, der: erfte Erzbifhof von Prag, — den Lupacius mit weni» gen Worten fehr richtig bezeichnet *) als „leitender Minifter Karl's IV.” mehr in der erzbifchöflichen Woh— nung des Hradſchin dicht am Föniglichen Schloße, als in feinem Biſchofhofe auf der Kleinfeite verweils te: fo verfab er diefen doch mit manchem neuen Schmude, fo daß er füglih mit den Prager Pallä: fien der Herzoge von Sachſen und Burgund wettei⸗ fern Eonnte, Außerdem wurde ein bedeutender Theil der Prager Domkirche durch ihn hergeftellt 5 er umgab die Stadt Böhmifhbrod mit Mauern, MWällen und Gräben; erbaute die Burg Hoftim, befeftigte feine Stadt Raud nitz, errichtete hier mit großem Koftenaufwande eine erzbifhöflide Burg und legte in derfelben jenen hohen und runs , den Thurm an, den fein Nachfolger, 13567 vollenz der. — Horſſowitz-Teyn verdankt ihm den Namen und die Befeftigung einer Stadt; er. ließ ſeine halb baufälligen Burgen vollftändig herftellen, führte die jegt in Trümmern liegende Veſte Chey: not auf, ebenfo jene von Zerczicz, Kyge und mehrere andere, worunter fih dag Marienfhloß *) Vir pius, honestus, probusque, 264 von Pribram befand, fo genannt, weil er inihm die Marien Statue aus Holz gefchnigt haben foll, welche noch jeßt auf dem: heiligen Berge über der Bergftadt Pribram, verehrt wird. Auch ließ er ungebeuere fteinerne '"Fifhbehälter von mehres ten Stunden im Umfange, anlegen u. ſ. w., wie Balbin in dem Leben des Erzbifchofeg (Vita Arne- sti) dies alles wiederholt nachmeift. Sohannes Dejko von Wlaſſim, der Nadıs folger des Erzbiſchof's Arnefi und apoftolifher Les gat, lieg — um mid bier der Worte Hagef’s zu bedienen — „an dem erzbifchöflichen Haufe in. der’ Eleinern Stadt, zween Thürme, fammt vielen inwendigen Gebäuden zurichten;? auch die Kapelle des: felben mit zierlihen Gemälden (elegantissimis ima- _ ginibus, wie Balbin fagt) fhmüden, bei deren Ein— weihung den 7. Juli 1370, Kaifer Karl ſelbſt, dann fein Sohn Wenzel nebft vielen Bifchöfen und Fürften zugegen waren. — Sie lag indem oberen Hofe, denn die Burg hatte zwei Höfe, und wurde den Leidens: - geräthfchaften Chrifti geweiht. — Auch diefem merk⸗ würdigen Baue brachte das Jahr 1419 durch die Huſſiten Verderben; einen Theil der Trümmer ſchenkte Kaiſer Maximilian Il, im Jahre 1570 den Eleinfektner Fleiſchern; den zweiten Theil, mit 265 dem noch jegt vorhandenen Thurme verlleh der Prager Erzbifhof mit Bewilligung des Landesfürſten, 2571 feinem Leibarzte Florinus von Lamb ſt e ĩn. — Den ehemaligen Wahlenhof, das jetzige Sa de ſenhaus (©, oben Seite 166) ſchenkte Rarlam 29. Auguft 1349 dem Herzoge Rudolph von Sachſen, und zwar mittelft einer Urkunde, worin es heißt : „Wir haben angefehen den getreuen willie - gen und fleten Dienft des hochgebornen Ru do Ipbs Herzogen zu Sachfen , des heiligen römiſchen Reichs Erzmarſchalk, unſers lieben Oheims und Fürſten, den er uns und ſeliger Gedächtniß dem hochgebornen Johanſen etwan (einſt) Könige zu Böheim unſerm lieben Vater, oft unverdroſſenlich gethan Bat und ſich noch fleißet zu thun freundlich alle Tag Das umgeben mir ihm und feinen Erben zu einem rechten Erbe das Haus in der wenigen Stadt (Kleinfeite) zu Prag, das man nennet den Wahr lenhof, das da gelegen ift an der Bruden der Multau bei unferer Srauen Kirchen; mit alle dem, mas daffelbe Haus’ begriffen hat und was Dazu ges hört: daß er und feine Erben daſſelbe Haus beha⸗ ben, beſitzen und nützen ſollen ewiglichen. Und ge⸗ ben ihnen den Gewalt, daß ſie Haus und Zugehoö⸗ runge verkaufen, verſetzen, vergeben, verwechſeln 265 und entfremben mögen, und damit thun was fie , wollen ohne Hinderniffe, als mit‘ ihrem a Hab und mit ihrem rechten Erbe.” *) Wohrſcheinlich fand Herzog Rudolph diefen Wahlen = oder italieniſchen Hof ſchon auf itar _ lierifche Art, d. h. mit flachem Dache gebaut; fonft würde er ſchwetlich auf den Einfall gerathen ſeyn: auf feinem Dache eine Art Teich, anzulegen, wie Dubravius erzählt, und diefen mit Spiegeln - ringsumher fo zu umgeben, daß die unten Vorüber— gehenden die darin auffpringenden Zifhe bemerken Eonnten. — Etwas länger als ein halbes Sahrhuns dert blieb das Haus in Befig der Churfürften von Sachſen; dann aber verkaufte es Herzog Nudolph an den Altflädter Magiftrat, und erflärte in einer 1407 zu Wittenberg nah St. Peterötag ad vincula , auögefleilten Urkunde, welche ich in dem Stadtbuche Nro, J. Seite 92 fand: „Wir, unfer Erben und Nachkommen Herzoge von Sachfen ſollen nimmermehr Feinerlei Anfpruches des. vorgenannten Wahlenhofes haben,” — Durch nachſtehendes, bis *) Man ſehe die Urkunde in Pelzel's Karl IV., J. Seite 673 deren alte — hier nur ge⸗ — wurde. u 267 jest ungedruckte Aktenſtück, ausgeftellt zu Bettlern, d. herauf Burg Zebrat, 1407 an aller Heiligen ® Abend, betätigte Kar l’s Sohn, König Wenzel, —— dieſen Verkauf: „Wir Wenzesſlaw von Gottes Gnaden römiſcher König, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches und König zu Böheim, bekennen öffent: fich und thun Fund mit, diefem Briefe Alten die ihn fehen oder hören Iefen. Wann der hochgeborne Rus dolph Herzog zu Sachfen, Unfer und des heil. Reichs Erzmarfchalt und lieber Oheim und Fürfte, fein Haus in der wenigen Stadt zu Prag gelegen, genannt der Wahlenhof, "dem Burgermeifter, Rathe und Bürgern gemeiniglih der großen Stadt zu Prage, unfern lieben Getreuen, verkauft hat; feyn Wir von wegen deffelben unfers Oheims mit demüthigem Fleiße gebeten , daß wir zu folder Xers kaufung des ehgenannten feines Hauſes, unfern gu⸗ ten Willen und Gunft zu geben gnädiglich geruhen. Nun haben wir angefehen die Dienft und Treue, als Uns und der Krone zu Böheim der ehegenannt unfer Oheim Herzog Rudolph oft und dicke nützlich und williglich erzeiget und gethan bat, täglich thut und fürbaß wohl thun mag in Fünftigen Zeiten; und haben darum mit wohlbedachtem Muthe, gutem Ras the und rechten Wiffen, zu ber Verkaufung des ech: M > 268 genannten Haufes Al guten Millen und Gunſt genädiglich gegeben,” ꝛc. Einige andere Urkunden, welche 4 ebenfalls aus dem Stadtbuche Nro. J. Seite 100 und 118 ent⸗ lehne, und ihnen nur die heutige Ortographie gebe, beziehen ſich ebenfalls auf dies Sach ſenhaus und auf bie beiden Brückenth ürme der Kleinſeite. Man wird fie hoffentlich intereſſant genug finden, daß ihnen bier eine Stelle vergönnt werden konnte: „Rudolph . von Gottes Gnaben zu Sachſen und Lüneburg Her: 309, Pfalzgraf zu Sachen, Graf zu Breve, Burgs graf zu Magdeburg, des beit. röm. Reihe Erzmar⸗ ſchalk, entbieten den ehrbaren weiſen Burgermeiſtern und Rathmannen der größern Stadt zu Prage und der ganzen Gemein daſelbſt, unſern lieben beſondern Freunden, unſern Gruß zuvor. Liebe, beſondre Freunde! Alſo, als ihr mit dem ehrbarn Janen von der Nichile, unſerm Hofmeiſter zu Prag und lieben Getreuen, als ihr von des Thurmes me: gen an der Brude zu Prag gelegen, geredt habt; alfo bekennen Wir in diefem unferm offenen Brief: daß Mir und unfere Eltern den Eleinen T hurm andem Brudenthore, mit famt dem Ge: mache ober bem Thore, und aud den gr o⸗ Ben Thurm in gewehrlicher Gewehr ohn allerlei 269 Anſprache mit allen Zugehörungen gehabt und big herzu befeffen haben. Und unfer Eltern und Wir haben den ausgethan (vermiethet), wie dicke und oft unfern Eltern und Uns eben und bequemlich ift ges weft, und haben damite gethan und gefahren als mit unferm rechten väterlichen Erbe, und ung hat Nie: mands Feinerlei Infälle darein gemacht noch gethan in Eeiner Weis, Gegeben zu Wittenberg nach Chrifts Geburte vierzehnhundert Fahr darnach in dem achten Sahre des Zreitages an St, Clement Tage” „Wir Rudolph von Gottes Gnaden zu Sahfen und Lüneburg Herzog, Pfalzgraf zu Sachſen, Grafe zu Breve ꝛc. befennen und thun Eund vor Allen, die biefen Brief fehen oder hören leſen. Als die ehr⸗ baren mweifen Burgermeifter, Schöppen und aud) die ganze Gemeine der. größern Stadt zu Prage, unfer liebe befondere Freunde, Uns um unfern Hof ae: nannt der Wahlenhof zu Prage in der kleinen Stadt an der Brucken gelegen, einen andern Hof Heinrich Nafſfen genannt, in der großen Stadt zu Prage gelegen, gekauft und eingegeben - haben. Und da nun Zwieträchte zwiſchen beiden Städ⸗ ten, der großen und auch der Eleinen zu Prage, um die Thurme in dem vorgenannten etzwenn uns ferm Hofe der Wahlenhof genannt, gelegen, worden 279 “ 2 feyn; alfo befennen Wir in Kraft diefes Briefes: daß Unſere Eltern und auh Wir die vorgenannten beide Zhurme, an beiden Seiten des Thores ges legen, mit fammt dem Gema ce Über dem Thore in geruhiger Gewehr befeffen haben ohne allerlei Ans ſprache und Hinderniffe, Und wir und auch die Uns fern haben den vorgenannten £leinen Thurm mit fammt dem Gemache ober dem Thore vermierhet und aus: gethan, wie oft und das eben iſt geweſt, und Uns bat niemand darein Keins gefprochen in Eeiner Weis. Mit Urkund diefes Briefes verfiegelt mit Unferm an: gehangenen Inſiegel. Gegeben zu Liebenwerde nad) Chriſts Geburt vierzehnhundert Jahr darnach in dem neunten Jahre, des Donnerſiages nach dem Sonn⸗ tage als man ſinget Letare.“ — y Den — Laut⸗ ntiusberg, einen ſehr ſteinigen Berg, der dieſer Steine wegen Petkin ges nannte wurde, wie Cosmas fagt, und den au ‚er ſchon mit einem Delphin verglich *) — begann Karl IV. wie davon bereits Seite 207 die Rede war, im 5. 1360 ——— hohen Mauer zu umgeben, Pe „Mons nimis petrosus ,‚ qui a pelris dici- tur Petrzin. Loci autem mons curvatur in modum delphivi marini porci” eic, 271 welche noch gegenwärtig, wie Cydele’s Mauerfrene aus: gezackt, Über das ſchöne Grün der Buchenmwaldung herz vorragt. Zu ihrer Vollendung und einiger anderen Bes dürfniffe wegen, machte die Prager Altftadt dem Katz fer im J. 1361 ein Darlehen von 2000 Schod, wes⸗ halb er ihr alle Steuern und Abgaben auf zwei Jahre erließ (S. Pelzel's Leben Karl's, Thl. I. Seite 697). Der allgemeinen Sage nach führte ſi ſie der Monarch auf, um während. einer Hungersnoth unzählige Men⸗ fhen zu beſchäftigen, die fonft verfchmachtet wären, weshalb fie noch hie und da als die „Brodmaner” bezeichnet wird, Balb in behauptet fogar, damals wahrfcheintich befonders weichherzig geflimmt: Karl habe Diefe Arbeiter feine Familie genannt, für deren | Ernährung er forgen müfle; täglich fey er unter fie gegangen, um das Brod mit eigenen Händen auszus theilen ꝛc. *), wovon aber der weit frühere Dubra: vius gar nichts weiß, fonft hätte er unmöglich fagen können: „Im Erweitern und Ausſchmücken der Stadt Drag konnte der Kaifer übrigens fein Ende finden ; fo daß manche Unternehmungen biefer Art mehr des Glanzes als des Nugens wegen zu Stande Eommen _ mochten; denn melden Vortheil fhafft wohl jene un: *) ©, Vila Arnesli pag, 285. 272 fruchtbare Mauer, die noch bis auf den heutigen Tag den Gipfel des Berges Petrin in weitem Umfange drückt? obzwar Einige behaupten, Karl hätte ſie für die Jagdluſt beſtimmt, um einen n Thiergarten damit zu umſchränken.“ *) | Auf den Abhängen dieſes ſch n nn | a fiebelte fich feit 1370 eine Kolonie ganz eiger ner Art an, worüber Pelzel a. a, O. Theil I. ©, 828, nad) einer Handfcrift des Chroniften Paul Zis def berichtet: „Karl ließ in jenem Jahre aus. ben wWiorsenländern geſchickte Leute, die in der Kunſt, Tas peten und verſchiebene Zeuge und Tücher nach der perſiſchen Art zu wirken, erfahren waren, nach Prag kommen. Ungeachtet fie meiſtens der Lehre Des Ma⸗ ho med's folgten, fo geſtattete er ihnen in der Stadt zu wohnen, Um fie aber doch von den Chris fien abzuſondern, räumte er, ihnen den Laurentiusz berg ein, wo fie ihre Wohnungen aufihlugen; und da fie im Sommer meiftens unter Zelten wohnten und arbeiteten, die von verfchiedenen Farben waren, fo verfchafften fie den Yen der Stadt einen ans genehmen Anblick.“ Eine Ran sans e ſtand a, fe *) &, Historia Boiem, Lib, xXu. * 275 früher Zeit auf diefer Anhöhe, welche der ausgezeich- nete Prager Dombere Veit (F 2271), der fehr viele Stiftungen machte und die Kapitelbibliothek mit zahl: reichen Manuffripten vermehrte, bier (in altum) auf feine Koften erbauen und fie mit einem Thurme von £unftreicher Arbeit (decori operis) ſchmücken ließe (S. die Fortſetzer des Cosmas.) Befremden wird es nicht, daß von all? den bisher erwähnten alten Bauten der Kleinfeite, fo wenige Ueberrefte vorhanden find, wenn man fich erinnert: wie ſehr dieſer Stadttheil durch die Teuersbrunft des Jahres 1291 litt, wo faſt kein Gebäude ver— ſchont blieb; daß auch hier die Huſſiten vandaliſch zerſtörten; und im J. 1503 abermals ein beträcht⸗ licher Theil der Kleinfeite, nebft 40 Perſonen vers brannte, Ein Unglück, welches indeß durch jenes von ı5/4ı bei weitem überboten ward, wo die Flammen von der St, Thomasfirche bis zum Sandthore, und. von dem Fuße des Schloßberges bis zum Stra⸗ hower Thore 133 Häufer, und von da hinaus nody 92 Bürgerwohnungen vernichteten; fo daß auf der ganzen Kleinfeite — nähft dem Bade, der Malthes ſerkirche und den Beftandiheilen des Augezd, die je: M 5 = 274 doch 1503 außerordentlich gelitten haften, — nur 78, Häufer verfchont blieben, 23 Perſonen aber ebenfalls dabei ihr Leben verloren. *).— Nimmt man außer: dem hinzu, was die Kleinfeite im J. 1611 durch das Paffauifche Kriegsvolk, 1620 durch das buquoy’fche Heer, — was fie von 1631 bis 1632 durch die Sach⸗ fen litt, die faft ale Häufer plünderten; bedenkt man, daß Herzog Albrecht von Wald ftein gleichzeitig bei der Mieder = Eroberung der Stadt, fie ebenfülls der Plünderung Preis gab und ſich fhon früherhin, ohne genligende Entſchädigung zu zahlen, gegen 20 Bür⸗ gerhäuſer, fo rote der ftädtifchen Ziegel: und Kalfe hütten bemächtiget‘ hatte, fie niederreifen und auf dem gewonnenen Plage feinen Pallaft erbauen ließ; werden endlich die fpäteren Belagerungen durch die Schweden; Franzoſen und Preußen berückfichtiget ? — fo muß es wirklich auffallen, daß die Kleinfeite jegt bereits wieder 597 Häufer mit 5555 bewohnten Abtheilungen und 17777 Menſchen zählt, obwohl fie wirklich die kleinſte der drei Prager Städte iſt. — 5) Nach dem Berichte eines Augenzeugen in Becz⸗ kowſky's Abhandlung über die rat Schloßkir⸗ che. Prag 1721. ... ir I Das Prager Schloß aufdem Hradſchin wird von Karl IV. wieder aufgebaut, Seit dem 3. 1281, wo diefe königliche Burg durch einen Orkan und Wolkenbruch fehr gelitten hats te, wurde fie faft niemals von den Landesfürſten bes wohnt, und um fo weniger Eonnte dies nach 1316 der Fall ſeyn, weil fie damals bei einer heftigen Feuersbrunſt faft gänzlih zur Ruine ward, As Karl demnach die Statthalterfihaft von Böhmen ans trat, fehlte 25 dem Regenten an einem Reſidenz⸗ ſchloße; er mußte mehrere Monate in dem Altflädter Haufe feiner Mutter verweilen. Doch gleich darauf d. h. noch im J. 13373, begann er, zufolge der Chro= nie des Domheren Franz, den Bau des „bewunderns⸗ würdigen königlichen Schloßes, wie ein ähnliches noch nie in Böhmen geſehen worden, und zwar nach dem Muſter des Pallaſtes der franzöſiſchen Könige (dm alten Louvre) und mit großen Unkoſten.“ — Einer feiner älteſten Theite, deffen Grundmauern wenihſtens noch ftehen , ift dag Oberfiburggrafenamt, wovon Schaller im’ erften Bande feiner Schilde: rung Prag’s, Seite 469 erzählt: „Aus dem als ten Archivzimmer führen 116 Staffeln in eine tiefe und finftere Gruft hinab , in weiche die Körper der= — richt mit dem Schwert hingerichtet wurden, | MA — 275 | mittelſt zweier, gleich bei dem Eingang in der Mauer feftgemachten ftarken eifernen Walzen, auf Striden herabgelaffen wurden. Diefe Gruft ift noch heut zu Tage faft ganz mit vermoderten Gebeinen und vers morfchten Bretern angefüllt,” Die eigentliche Schloßkapelle zu Aller Heiti: gen, die 1263 erbaut und um das Jahr 1275, ſo berichtet Sranz, von König Przemyſl Ottokar LI, mit. koſtbaren Gold-, Purpur- und Seidenſtoffen und mit Geräthſchaften geſchmückt wurde, die eben ſo wie jene der königlichen Tafeln aus dem feinſten Golde und kunſtreich gearbeitetem Silber beſtanden, — die⸗ ſe Kapelle ließ Karl 1338 erweitern, Fam vier Jah⸗ ve fpäter damit zu Stande, erhob fie nunmehr zur Kollegialkicche ;— ftiftete bei ihr einen Probfl , eis nen Dechant, ıı Chorherren, welche von Adel und gelehrte Männer feyn mußten , außerdem 10 Ges bilfen und verfah alle diefe mit reichen Einkünften, — f „Dann ließ der Kaiſer, welcher es ſchon längſt ges ffühlt hatte, wie das, einen fo bedeutenden Schatz > und fo viele Reltquien bewahrende Echloß nicht ges horig gefchügt fey, im 3. 1265 of der Mittagsfeis te, d. h. zwiſchen der Burg und der Kleinſeite, ei⸗ 0, nen fiefen Graben anlegen, der ſich ſehr nothwendig zeigte.” Benes ſprach die Wahrheit, denn es befand = £ —4 ſich damals in der Burg eine reiche Schatzkammer, worin eine koſtbare Krone, viel Gold und Silber, Edelſteine, die goldenen und ſilbernen Tafelgeſchirre und andere Koſtbarkeiten und Kleinodien niedergelegt waren, die ſich aber Kaiſer Sigismund im J. 1402 zueignete, und ſie theils verkaufte, theils verſetzte. Eine bedeutende Zierde erhielt das Schloß im J. 1370. „Weil, heißt es bei Benes, zu dem Kaiſer aus allen Theilen der Welt Fürſten, Herren und Edle herbeiſtrömten, fo wollte er ihnen die Herrlich⸗ Eeit feines Königreiches zeigen und ließ in diefem Jah⸗ ve zwei Thürme der Eöniglihen Burg, einen gegen "Morgen, den zweiten gegen Abend gelegen, mit Blei decken und dies mit Gold überziehen, fo daß diefe beiden Thürme bei hellem Sonnenfcheine in einer weis ten Entfernung leuchteten und flrahiten.” A Ueber die aus Metall gegoffene Reiterftatue des heil. Georg, welche auf dem Plage zwifchen dent. königlihen Schloße und der Außenfeite der St. Wen: zelfapelle des Domes fteht, find die Meinungen ges theilt. Balbin will noch auf dem Schilde des Heiligen, das jegt nicht mehr vorhanden iff, bie Morte in Iateinifcher Sprache geleſen haben. „Im J. 2373 wurde dies Abbild des heil. Georg durch Martin und Georg von Cluſſenbach (Becz⸗ * 278 kowſky behauptet Cluffenberg) gegoffen.” Da⸗ gegen heißt es bei Hagek: „Im J. 1374 ift in Böh⸗ men ein Eunftreicher Mann geweſen, welcher köſtli⸗ he Glocken, Gefhüs und andere Ding” aus dem Metall‘ gegoffen, mit Namen Wenzel Kunde: ſchafter. Diejer hat unter andern feinen Mei: ſterſtücken, das Bid St. Georgii des Kit: ters auf einem Roße, und den Lindwurm auf dem Felſen, alles aus Kupfer und inmwendig hohl, gegofz fen, welchen Kaifer Karl mit Gold und Silber reich lich begabt, und das gegoffene Roß und Lindwurm, ‚ Über den Nöhrkaften des Prager Schloßes ftellen lafz fen.” — Beider Fenersbrunft des Jahres 1541 „hat — wie ein Augenzeuge in Beczkowſky's Schilderung der Veitskirche berichtet — die Statua St. Georgii zu Pferd aus Erz gegoſſen, fo über dem Waſſerbe— hältniß geftanden, von dem ſchweren Holzwerk, mel: ches von den Dächern herabgefallen, am Arm und “an der Lanze einen Schaden befommen.? — Wäh: rend des Kıönungsfeftes König Marimilian des LI. in’ P rag im Sept, 1562, wurde auf jenem größe⸗ ven Burgplage, von den königlichen Prinzen ein Turnier gehalten, welches der Augenzeuge Trnicky von Trnic in einem böhmiſchen Liede fchilderte, das er Kaifer Serdinand I, Überreichte und gegenwär— 279 tig in der kaiſerlichen Hofbikliethet zu Wien auf bewahrt wird. - Benchtensmwerth ift die hier mitges theilte Nachricht: bei jener Gelegenheit hätten ſich fo viele Menfchen auf die erwähnte Neiterflatue Hinaufs geſtellt, daß fie endlich umftürzte und mit ihrer Laſt in den Röhrkaften fiel, wobei zwar Fein Menfch, das Pferd aber fo fehr Schaden litt, daß die Statue auf diefelde Urt umgegoflen werden mußte, tie man fie noch heut in dem Schloßhofe wahrnimmt. — &o fhrieb ich. in meinen „Beiträgen zur Geſchichte der frühefien Prager Scaufpiele ;? *) aber bei näherer Unterfuhung, fiheint diefe Statue doch Älter zu feyn, als daß fie in die Zeit Marimilian II. gehören könn⸗ te, wie auh von der Hagen annimmt. Es bes darf demnad) dieſer Punkt noch einer ferneren Er⸗ läuterung⸗ Dicht vor dem königlichen Schloße ſtand ſchon da⸗ mals die erzbiſchöfliche Reſidenz, welche uns ter Karl IV. insbefondere von Arneſtus, mehr bewohnt wurde, als der Bifchofhof in der Kleinfeite, Johann J. Ochko von Wlaſſjm ließ fie 1367 glänzend wieder herftellen; Doch zerfiel fie während der Huſſitenſtür⸗ *) S. Dezemberheft 1008, der Monatſchrift des böh⸗ mifhen National: Mufeums. 280 me faft gänzlich in Trümmer. — Dem Prager Dom: dechanten Plichta, welcher auf des Kaifers Befehl die merkwürdige Chronik des Cosmas dreimal eigens händig abgefchrieben und dadurch vor dem Untergange bewahrt hatte, geftattete Karl im J. 1558, ſich eine Reſidenz an die Schlofmauer bauen, und die Zenfter gegen den Wallgraben richten zu laffen. — Eben - fo befaß der Prager Chronift und Domherr Benes von Weitmühl, gemeinfchaftlich mit feinen Brüs bern Zdiſlaw und Tobias, ein Haus auf dem Hrad⸗ f din, das fie im I. 1595 mit. Bewilligung des Kö- niges Menzel verkauften. — Bemerkenswerth wäre noch , daß Erzbifhof Oczko im J. 1370 auf dem nördlichen. Theile des Hradfehin, ein Spital unter dem Namen des heil. Anton und der heil. Elifabeth, fir arme Priefter und unbemittelte ftudirende Kleri= fer gründete; denn, fagt er in dem Stiftungsbriefe, „ich Halte es für unanftändig, daß Glieder eines fo ehrmürdigen Standes ihre Nothdurft von Haus zu Haufe erbetteln, und im Fall der Krankheit nicht unter Dad) zu Eommen wiffen follten.? Woher Has get weiß, daß dies Spital viele Eöfttiche und zierlich gemalte Zimmer hatte, ift unbekannt; die Huſſiten zerftörten es, doch ftellte Kaifer Ferdinand I. daffelbe für 5” Arme wiederum her. — EN 281 Karſl's Sohn und Nachfolger, König Wenzel, 309 dem Aufenthalte im Prager Schloße , die Burg Wyſſehrad, dann fein neuerbautes Schloß Wenzels. ſte in, insbefondere aber die Burgen Zebrak und. Toczenik vor, von denen fpäterhin umftändlicher die Rede if. — Auch die folgenden Negenten refidirten nicht auf dem Hradfihin, fondern in dem Königshos fe der Altſtadt; bis König Wladiſlaw II. es wieder im 3. 1484 für angemeffen fand, das eigentliche Drager Schloß zu beziehen, wo er es nun mit. jes nen fchönen Bauten, z. B. dem fogenannten Wla⸗ dislaw'ſchen Scale, mit mehreren Thürmen, Baſtio⸗ nen, Blockhäuſern u. ſ. w. zieren und befeſtigen ließ, die gegenwärtig die ält e ſt en fihtbaren Bauten der - Mefidenz bilden. — Faft alle Karolinifhen Beſtand⸗ theile derfelben zerftörte die große Feuersbrunſt des Jahres 15415 denn damals verbrannten im Bezirk der Burg: die Eönigliche Kapelle oder Kollegialkicche bei allen Heiligen, der Eönigl. mit zinnernen Platten gedeckte Pallaft nebft fammtlichen Kaufmanngladen, die Wohnung des Königs „und der Königin; der weiße Thurm oder das mit Metallplatten eingedecte Schloßthor; die drei Brücken, welche über den tiefen Graben in die Nefidenz führten; das Oberfiburggeas fenamt; ein Theil der St. Ceorgenfirche und das 4 D 3 + “_'282 | ä x . dazu gehörige Benediktiner⸗ Nonnenklofter, mit Aus: nahme der. beiden noch ftehenden Thürme; ferner der fogenannte Thurm Mihulka , das grüne Zimmer und die Landtafel. Nur die beiden Schloßthore, das fo: genannte ſchwarze und die Daliborfa, blieben unbes fchädigt ; doch kamen in dem Schlofe allein, 24 Mens [hen duch Flammen und Rauch um’s Leben. gr — — Im Verlaufe dieſer Abhandlung wurde des Kö: nigshofes ſchon wiederholt erwähnt, der in der Pragert Altſtadt am Ende ber. Zeltnergaffe ſtand, worauf noch heut der Name der „Königsftrae” und der „Königshofer = Kaferne” hindeutet. Das Jahr feiner erften Erbauung ift nicht mit Beflimmtheit ans zugeben. Einige behaupten: Herzog Boleflawl. Andere wieder: Herzog Krziezomyſl, habe den Grund dazu gelegt und zwar bald darauf, als die Sandesfürften den Teynhof nicht mehr als Nefidenz benugten. Mehrere böhmifche Herzoge, fo auch Kö— nig Przemyſl Dt tokar J. ſcheinen ihn bewohnt zu haben; doch brannte auch er im Jahre 1316 nebſt einem großen Theile der Altſtadt ab. Bei Balbin findet ſich die Nachricht, daß König Ladislaus an feinem Krönungstage, 1453 aus den Fenſtern des⸗ ſelben ‚Geld auswerfen ließ. — Als König Georg J 285 von Podiebrad mit * Bann belegt wurde, berief er den 14. April 1467 in dieſem Königshofe eine Verſammlung ſämmtlicher Canonici der Metropoli⸗ tankirche und der Prager Ordens-Prälaten; und trug Öffentlich in eigener Perſon eine Art Appellas tionsfchrift in. böhm. Sprache vor , worin er fich ger gen die ihm gemachten Vorwürfe verwahrt, (Pessi- na in Gloria Metropol, fol, 264). So ließ auch König Wiadiflamil. im J. 2475 auf Koſten der Stadtgemeinde und zwar — wie Nedel bes hauptet — mitten inne zwifchen den Gemädern des Könige und der Königin ,„. den fogenannten Dulvertburm von dem Steinmeg Mathias Reyſek aufführen, einen Ban, der die Aufmerks famfeit jedes Kunftverftändigen in vollem Maße verdient. Mas mit biefer Reſidenz vorgenommen — als fie Wiadiflam eines drohenden Aufſtandes wegen, verlaffen und mit dem Hradfchiner Schloße vertaufht hatte, — war bisher unbekannt; um fo willfommener dürfte daher folgender, von den königl. böhmifchen Kammerräthen im 3. 2553 erflattete Bericht feyn, den ich aus dem Driginal = Protokolle wörtlich mittheile, ihm nichts als die alte Recht⸗ ſchreibung nehmend: „Allergenädigſter Herr! ꝛc. es 284 ſeyn in der alten Stadt hie zwo groß Behaufungen, eine des Kunigs- und die ander der Kunigin Hof genannt, ' melde Niemand Anderem, als Euer Majeftät zuftehen und gebühren, Nun haben etlich Perfonen ein gute Zeit her darinnen - gewohnt und wohnen noch darinnen; die follen (mie wir bes richtet feyn) etlichermaßen Verfchreibungen und Mas jeftäten darauf haben, Sie laffen aber die gemeldten Hof am Gebäu nicht allein gar liegen und die Baus fälligkeiten ungebeffert 5 fondern fie nehmen und bres hen darinnen das Holz zum Verbrennen, Eifenwerk, Fenſter und Andres zu ihrem eignen Gebraud) und Nothdurft. Ueberdies fo wird auch darinnen ein ſolch unzüchtig Weſen und Leben geübt und getrieben, daß es Sünd und Schand iſt zuzuſehen. Und. wie⸗ wohl wir zu Abſtellung ſolcher Unzucht, auch des Schadens, ſo durch ſolche Inwohner der Behauſung, wie obſteht, zugefügt wird, mit Euer Majeſtät Hauptleuten: davon gehandelt ; fo vermeinen fie doch, dieweil die Inwohner ſich einer Majeftäten berühmen, fo. gehöre Erſehung derfeiben Denen im Landsrechten zu. Und diemweil dann ſolch und dergleihen Unzucht und Schaden, wie obgemeldt, länger Eeineswegs zu . geftatten, und Euer Majeftät folher Behaufungen - wohl felbft gebraudyen , oder mittlerzeit diefelben mit « andern Leuten, und anderer Geftalt beſetzen, derſel⸗ ben genießen und weſentlich halten Laffen mag ‚ und: auch die Zeit, darauf das Landsrecht gehalten wird, jego nahend an der Hand iſt; demnah fo rathen und bitten wir unterthäniglich: Euer Majeftät gerus he denfelben Landsrechtfigern zu befehlen, daß fie auf unfern Bericht und Anzeigen, fo wir ihnen derfelben thun werden , von den berührten Inwohnern der oft gemeldten Behaufung, von Stund an ihr Gerech- tigkeit erfordern und erfehen; und nach Erfehung als⸗ dann ferner dahin handeln und Einfehung thun: das mit diefelb Behaufung aus der inmohnenden Perfos nen zu Euer Majeftät Handen gebracht und einges zogen werdes — und datzu werden wohl Weg’ ſeyn. Und damit folhe Sach? deß' fürberlicher auf jegigem Fandsrechten gehandelt werden möge, fo bitten wir, Euer Könige. Maj. wolle ſolch Schreiben def? ehe fertigen und uns zu Handen ſchicken laffen. Haben wir Euer Mai. der Nothdurft nach unterthänigfter getreuer Meinung, nicht unangezeigt laſſen mögen; uns damit Euer Maj. gehorſamlich befehlend. Da⸗ tum Prag im PR: am 22ften Tag Septembris im Sahre 1533.” | Kaifer Ferdinand I. fhenfte im J. 1556 dies - ſpäter leer ſtehende Gebäude feinem Oberſten Hof: ‚286 H | | marſchall und Apellations = Prafidenten LKadislau von Lobkomwig. 1631 erfaufte es von dieſer Fa⸗ mitie der Prager Erzbiſchof Erneft von Har rach und verwandelte e$ in ein Alumnat, 2777 wurden die Alumnen in das ehemalige Sefuiten = Kollegium der Altſtadt verfegt , und man verwendete den Ks nigshof zu einer Kaferne. RR Die Schloßkirche zu St. Veit aufdem —— Hradfhin, unter Karl IV. Bon ihrer Beſchaffenheit vor dem Regierungs⸗ antritte des Königes Johann von Lurenburg war bereits Seite 159 ff. die Rede. Diefer Mor narch ſchenkte ihr im J. 1341 den Zehent von al? fen böhmifchen Bergwerken, die man entweder fchon entdeckt hatte, oder die roch entdeckt werden könnten; und beftimmte den Ertrag deffelben zum Bau des Sotteshaufes, außerdem zu andern mit ihm in Vers bindung ftehenden Gebäuden und zur Verzierung der Grabdenkmäler der heil. Adalbert und Wenzel, indem er in dem Schenkungsbriefe ausdrücklich behauptet: feine Feinde größtentheils am Feſttage des letzteren Heiligen beſiegt zu haben, ) — Zwei Jahre ſpäter *) S. Pubitſchka, a. a. O. VI. Seite 262, * —— 287 { : — von ihm und ſeinen beiden Söhnen Karl und Johannes der Grundftein zu der neuen Kirche ger legt, von welcher aber nicht mehr als das Chor ober. das rings umher mit zwölf Kapellen umgebene Press byterium fertig wurde, — d. bi die heutige Kirche, der mithin das Schiff fehlt. Dieſer Karoliniſche durch Wenzel im I. 1385 vollendete Bau, war mit Schie⸗ fer gedeckt, und hatte vor 1541 drei Eleine Thürme, _ vergoldete Kugeln, Metterhähne, und ein Uhrwerk. Alle. Stühle, Seffel und Kniebänke der Kirche waren aus Ahorn = und ichenholz gearbeitet: „von einer Eunftreichen Hand gefchnigelt und mit unterfchiedlichen raren Bildniffen geziert,” wie ein Augenzeuge erzählt. *) - Bei den Gräbern fammtlicher Landespatronen hingen £oftbare bunte Tapeten; mit welchen au die Ems porkiche durchaus gefhmüdt war u. f. wm. — In der Chronik des Domherrn Franz lieft man: „Im J. 1343 befchenkte der Markgraf Karl die Domkir⸗ de mit vielen Reliquien, reich mit Bold, Silber und Edelſteinen befegt ; er gab ihr Foftbare Gewänder, viele Kelche und Monſtranzen und andre Kirchenge⸗ räthſchaften, welche der Kirche zum Nutzen und zur Zier gereichten. Außerdem ließ er dem heil. Adalbert *) ©, Bechkowſky über die Veitsfivche, Prag, 1721. ‚288 ein Grabdenkmal in dieſem Gotteshauſe aus Gold, Silber und koſtbarem Schmuck errichten, mit ver⸗ ſchiedenen Gemälden und kunſtreichen Bildhauerar⸗ beiten („imaginibus diversis et sculpturis arti- ficialibus”) bewundernswürdig ſchmücken, wie fie früherhin in Böhmen niemals gefehen worden waren („et talibus in regno — non fuit prius reperta.“) Gleichzeitig ſüftete Karl bei dieſer Kirche die ſogenannten Manſionäre, ſo bezeichnet, weil einige derſelben ſtets in dem Gotteshauſe verweilen mußten. Es waren 24 Chorherren, welche täglich in den Abendſtunden im Dome zur Ehre Gottes, der Jungfrau Maria, der Heiligen Wenzel, Veit und Adalbert Pfalmen und geiſtliche Lieder abzuſin⸗ gen hatten. — Staunen muß man übrigens fürs wahr über das ungemein zahlreiche Kirchenperfonale, melches fi) zu Karl's Zeit bei diefer Prager Schloß⸗ kirche befand; denn man zählte gegen 3g0 am Dome angeftellte Menfchen, deren Verzeihnig Betzk o w⸗ fEHy aus den Akten zuſammentrug. Es waren: der Erzbiſchof und die vier Prälaten, dee Probſt, De— chant, Erzdiakon und Scholaſticus; dann der Cuf- fragan und die Kapläne des Heiligthums, welche wieder mehrere Diener untor ſich hatten; nun kamen — Se — en nk un | ' 289 36 Domherren, 24 Nefidenten mit geiftlihen Pfrün⸗ den, 6 Pröbfte der Kollegialkicche, 6 Zitularpröbfte, 9 Archidiaconen, die beiden Kanonici des Königs und. der Königin, ein Cuſtos, ein Grabhüter und Untere Grabhüter des heil. Wenzel, ein Grabhüter und Unter: Grobhüter des heil, Adalbert, ein Sakriſtan, 12 inftalliete Vicarien, 34 Vicarien der Prälaten und Domherren, 52 Altariften, ‚ein Bauauffeher, zwei Diviforen , ein Oberinfpeftor der Kapitelgüter, zwei Prediger, vier Beichtväter; 24 Manfionarien, worunter fih 12 ‚Priejter, 6 Diaconen und eben fo viel Subdiaconen befanden ; 24 Pfalteriften, 4 Hebs domatarien; 24 andere Priefter über die gewöhnliche Zahl, um die Abwelenden zu vertreten; z0 Cleriker als Choraliften; 12 Bonifanten oder halb erwachfene Knaben, melde die Zageszeiten Maria’8 fangen 5; der Bonifanten» Meifter, die Beguinen oder ehrbae ten betagten Matronen , meldhe die Kirchenwäfche wuſchen; auch nebft den Bonifanten, die auf! den Altären ausgefegten Neliquien hütheten ‚ die Eranfen Gieriker pflegten , die Kirche auskehrten und ſtets dem Gottesdienfte beimohnen mußten; — 4 Rektoren und 4 Vikarien der Kapitels Güter; die A Kapelle diener von St. Wenzel, St, Adalbert, St. Michael und dem heil, Geiſt; zwei Miniftranten, der Orga: N 29% * niſt mit feinem Diener: 2 Rauchfaßtrager, 4 Licht: träger und Verſikulanten „zwei Glöckner mit ihren Gehilfen, ein Magifter, der heiligen Schrift, ein Meifter oder Schulvorfteher, ein Schul⸗Cantor, Schul—⸗ Euftos; 192 Scholaren , "darunter Muſikanten und Cantoren; der Kapitel: Synditus und Notarius pub-. neus und endlich zwei Kapitel = Curforen, *) — Dies fem Verzeichniſſe fügt Begtomffy die Worte hin⸗ zur „Aus ſolchem Katalogo iſt abzunehmen, in was für einem Flor vor Zeiten dieſes heilige Gotteshaus | bdeſtanden, und wie eifrig darinnen Gott angebetet und feine Heiligen verehret worden: indem dafelbit nieht nur allein fo viele Perfonen das heit. Meßopfer verrichtet; ſondern auch bald bie Prälaten und Ka— nonici, bald bie Vikariſten, Altariſten Manſiona⸗ rt, Pfalteriften, Cantores und Andere, Tag und Nacht, wechſelweis das Lob des Seren gefungen haben.” Während Prag gegenwärtig 543 Geiftliche zählt, müffen unter Kart IV. über 3000 Geiſtliche in ‚ber Stadt gelebt haben; benn in manchem Klofter. allein, hielten ſich damals a — 300. Minche auf, und OR: reichen ——— gab es fer viele. — ne, Betzkowſky's Werk über bie este, Prag 01721, Seite ar a8. 291 - Karl's erfte Gemahlin Blanka, Tochter des Herzogs Karl von Valois (+ 1348) fliftete in dies fer Kirche zwei koſtbare Altäre, zur Ehre des heilis gen Ludwig, Königes von Frankreich, und zum Uns denen der unfchuldig ermordeten Kinder, — Seine zweite Gattin Anna (+ 1352) errichtete hier einen Altar zu Ehren des heit. Niklas, und gab der Kirche mit Perlen geſtickte Meßgewänder, fo wie ihre ei⸗ gene Krone zum Schmuck der Grabſtätte des heil. Wenzel. — Aus Trier ſandte der Kaiſer im J. 1354 viele Reliquien in dies Gotteshaus, und bes gan feinen deshalb an den Erzbifhof Arneſt ge: fchriebenen Brief mit: den. Worten: „Nachdem wir wegen des Wohls unferer Unterthanen manche fchlafe Lofe Nacht zubringen, fo ift es billig, daß wir auch auf die Ausbreitung. der Ehre Gottes und feiner Heis ligen unfere Sorge und Bemühungen verwenden.” | Die Schatzkammer des Domes beſitzt manche intereſſante Kunſtgegenſtände aus Karl des IV. Zeit, von denen ich hier, nach eigener Anſchau⸗ ung» befonders auf folgende aufmerkſam mache: Ein großes Kreuz aus dem feinften:arabifchen Golde, 36 Pfund ſchwer mit neun merfwürdigen:und Eoftbaren i Kameen, 21 großen: Saphyren, mit Onixen, Sma- ragden, Rubinen und En, Perlen: befegt.. Man | | Na 0 } ‚292 —* ſieht auf ihm Karl den IV. thronend, dann die Apoſtel Petrus und Paulus. | Ein zweites Kreuz wie eine Monftranz ihn, das als wahres Kunſtwerk und auch inſofern ſehr wichtig erſcheint, als man hier äußerſt fein und zier⸗ lich die Figuren Kaiſer Karl IV., feines Sohnes Wenzel, des Papft Urban V. und des Kardi⸗ nals Petrus von Bellif orte eingeätzt, antrifft. Dies mit Inſchriften verſehene Meiſterſtück verdiente durch eine gute Nachbildung gekanntet zu ſeyn. Eine große Vaſe von einem einzigen Onyr, 9 Zoll im Durchmeſſer, mit Wappenfchildern und der Inſchrift: Karolus Romanorum semper Augu- ‚stus et Bohemiae rex Pragensi Eeclesiae ad usus infirmorum hune’ciffum Onichivi lapidis donavit Auno MCCCLI (1351) Jubilaeo, Außer einigen anderen Karolinifchen Gegenftän: ben, verdienen nächſtdem Beachtung : Das Schwert des heiligen Wenzel, 17% Cie Yang und ganz einfah, nur oben mit einem großen Kryſtallknopfe verfehen, Die Klinge ift vom Roſt bereite durchgefreſſen. ig en da Ein Meßgewand, Gold auf rothem Grunde, aus dem Mantel des heil. Wenzel gearbeitet; denn dem uralten Gebrauche zufolge wurden dieſer Veitskir⸗ = | | ' 293 che jedesmal die Krönungskleider der Regenten geſchenkt, um größtentheils Vespermäntel daraus zu verfertigen. Mehreres von dem heil, Adalbert, » B. ebenfalls ein Mefgewand von Goldſtoff, worauf ſtets ein Schwan, Geier oder Greif dicht am andern einge⸗ wirkt iſt. — Sein Kamm von Elfenbein, in deſſen Mitte ein Hautrelief: das Lamm Chriſti, von knien⸗ den Engeln umgeben, erſcheint. — Ein Ring des Heis ligen mit einem Rauchtopaſe und einer Inſchrift. — Seine reich geftictten und mit Cmailarbeit verſehenen Handſchuh: ein fißender Bifhof mit der Inſchrift ADA—S wahrſcheinlich Adalbertus). — Zwei klei⸗ ne Kreuzchen, eines von Gold, das zweite von Meſſing. Das armlange Schwert des heil. En mit einem Griff von Elfenbein, doch ohne Inſchrift und einem römiſchen Schwerte ſehr ähnlich. Ein Pergament-Codex aus dem 11. Jahrh. mit prachtvollen Malereien s die Concordanzien der Evans gelien. Dies Manuffript verdiente genau beſchtleben zu werden. Ein Theil der Evangelien, von welchen man glaubte der heil. Lukas habe ſie eigenhändig geſchrie⸗ ben; mit Karl IV. beigefügter Beglaubigung, wels he Pelzel als Zacfimile in Kupfer ftechen lieg. S 294 Einige uralte Bilder auf Feder und Holz; von. ‚denen hauptfächlich der ganz mit gefhlagenem Gold: blech umgebene Heilandskopf die Unterfugung des Kunftkenners in Anſpruch nehmen follte, da er ein außerordentliches Alter Haben mug. — Außerdem viele mit Edelſteinen befegte Monframen, Kel⸗ che u. ſ. w. ⸗ Daß die Domekirche ſonſt auch ſchöne Glasma Leretien hatte, wurde ſchon geſagt; auch Erzbifchof Arneſt ließ eine Kapelle damit verfehen *): leider aber blieb keine Spur davon übrig. — Dafür indeß will ich gegenwärtig noch — eine andere, um's Jahr 1430 vollendete. Merkwürdigkeit dieſer Kirche aufmerkſam machen, d.h. auf die ſte i⸗ nernen Portraitbüſten welche ihrer oberen Gallerie einen feltenen und höchſt beachtengmerthen Scmud: verleihen, Es find 21 ‚Köpfe, lebensgroß | und noch dazu fehr brav und gewiß ganz Ähnlich ge: arbeitet, Zweie derfelben, d.h, Kaifer Karl den IV, und Sohanna, die erfte Gemalin Menzel des IV, bin ich ſo glücklich, nach den Beichnungen des Herrn Akademie + Direktor Berger, in diefem Bude zum erſten Male bekannt zu machen. Die Pa J 9 ©. Barbie Vita —— Lib. UT. em 4. > er 295 find übrigens, — wie man diefe Notiz einem erha⸗ benen Kunftfreunde zu danken hat, nachftehende : 1) Johann von Luxenburg, König von Böh—⸗ men, geblieben in der Schlaht von Creſſy, 1346. 2) Elifabet h, die legte Prinzeffin vom Pries mpflaifchen Stamme, Gemalin des Königs Johann, | Mutter Karl's IV, + 13530. — 3) Kaifer Kart IV. 7 137% — 4) Ölanca (Margarecha) Tochter Karls von Balois, erfte Gemalin Kart IV. + 1348, — 5) Anna, Tochter des Pfalzgrafen Nus dolph, zweite Gemalin Kart IV. + 1355. — 6) Anna von Jauer und Schmweibdnig, dritte Ge⸗ malin Karls IV. Mutter des Königs Wenzel, + 1562, — 7) Elifabeth, Zochter Boleſlaw's Here zog's von Stettin, vierte Gemalin Karls IV. Muts “ter des Kaiferd Sigismund, + 1393. — 8) 30: hbann Markgraf von Mähren, Sohn des Kö: nigs Johann, F 1375 — 9) Wenzel erſter Her⸗ zog von Lurenburg, Sohn bes Königs Johann, . +.1385. — ı0) Johanna, Tochter des Herzogs Albrecht von Baiern, Grafen von Holland, erfte Gemalin Wenzets IV.+ 1386. — 11) Sophia, Tochter des Pfalzgrafen Sohann Herzogs von Bais sen, zweite Gemalin Wenzets IV. + um 1428. — 22) Arneſt von Pardbubicz erſter Erzbifchof von DE“ Fremden wird 296 Prag, + 1364. — 13) Johann Oczko von Wlaffjm, zweiter Erzbiſchof von Pra g bis 1379, da er Kardinal wurde, — ı4) Johann von Gen—⸗ | | ftein, dritter Erzbiſchof von Prag, refignirte 1396. — 15) Mathias von Arr as, den Karl IV. von Apignon mitgebracht hatte, erfter- Baumeifter der. _ Prager Metropolitankirche, zu der er 1342 den er⸗ ſten Stein legte, 7 1552. — ı6) Peter, ein Sohn Heinrich's Arler de Polonia, Meiſter's in Gemünd in Schwaben, von Karl IV. aus dieſer Stadt nah Prag berufen, wo er den Bau der Metropolitans kirche von 1356 bis 1396 führte. — 17) Busco Domberr, erfter Baudirektor, + 1350, — ıg) Nie klas Holubek Domherr, zweiter Baubirektor, + 355. — 19) Benes von Weitmühl Doms * der Biograph Karls IV. britt Baubirektor, + 575. — 20) Andre a8 Kot N Yomberr, viers 27 Baudirektor, 7 1380. — — 21). W enz R a⸗ de J Domerr/, —— Buubietion. a, 8 eine Art FERN angerechnet, wenn ſie wih end ihres Aufenthalt? in Drag, die St. Wenzelskapelte der Schloß⸗ kirche, nicht in Augenſchein nahmen. Sogar ſchon auf der intereſſanten Anſi cht der en welche um 207 das Jahr 1649 zu — ——— bei Biffher herauskam, lieft man: „Entre les Chapelles, celle que Charles IV. a orne tres - magnifiquement est tres-digne de voir: les parois sont de pierre. i Jaspe — —— couverts d' or tres-artistement entre-tissu.” — Und auch der Engländer Pocode vergaß nicht von ihr zu ſprechen, als er feine Neis ſeſchilderung 1745 zu London herausgab: „Ihe chapel of ihe former is lined within with all soris of Bohemian jaspers of fine colours, in many of which there is a mixture of ame- thysts and agates, but they are put together in. a very irregular manner,” — Balbin nennt fie ein „Edelftein = Heiligthum” (Sacrarium gemmeum) ; er rühmt ihren Glanz und ihre Merk- würdigkeit, Elagt jedoch dabei, wie wenig dies in. der eigenen Heimath anerkannt werde (sed nobis, ne- scio quo Patriae fato, domestica omnia sor-⸗ dent.) — Cochläus iſt in feiner Geſchichte des Huſſitenkriegs (1549 fol. Seite 3) der Meinung: ſelbſt Rom habe keine edlere Kapelle aufzuweiſen; Martin 3 eiller unterläßt es nicht, in feinem Reis⸗ buch duch Hochs und Nieder-Deutſchland (Straßs . burg 1632 fol, Seite 170) fie als Seltenheit zu bes — Prof, Ehemant ſchildert fie in dem N5 298 Zitularkalender vom I. 178 deegleiehen Fiorillo in ſeiner Geſchichte der zeichnenden Künſte in Deutſch⸗ fand (Seite 125.) A dieſe Genannten ſprechen ziemlich wahr; aber was würde Leſſing wohl zu der Behauptung fügen, melde im J. 1928 in dem „Weg: toeifer für Fremde, bei dem Beſuche der Prager Mes tropolitankirche“ gedruckt erſchien: „An der Wand der Wenzelskapelle über der Thüre ſieht man die Ge⸗ ſchichte des heii. Wenzel in Oelfarben, die ſich ſeit dem J. 1079 erhalten haben” ? Dagegen ſpricht ber leider uns Allen eben fo viel zu früh, gleich Bü⸗ hing, entrifiene Primiffer in den Wiener Jahrs büchern der Literatur Band XXVII. ſehr richtig: „Von dem Maler Ni Elias Wurmfer aus Strafe burg find, allem Vermuthen nad, auch die Altes - ven Wandgemälde in der Wenzelsfapelle des Prager Domes, die mit den beffern 8 arlftei- ner Stesko’s entfchiebene Aehnlichkeit haben. In⸗ deſſen gehört nur der kleinſte Theil jener Wandge⸗ mälde der Zeit Karls IV. an, wie eine forgfältige Betrachtung lehrt, Er beſchränkt ſich wohl nur auf die untere Bilderreihe, welche aus dem Leben des Seilandes entlehnt iſt. Bon ber linken Seite ange⸗ fangen, ſieht man nämlich den Heiland vor Mila tus (die folgenden Bilder find. leider durch den Als 299 tar und andere Dinge verborgen), dann folge die Kreuzigung, Grablegung , Auferſtehung und Him⸗ melfahrt, Das Angeſicht des auferftehenden Heilanz des ifi— fo ſehr es auch verdunfelt iſt — eines gros - Ben Meifters würdig. Darauf kommt das Pfingft: feſt, nah herkömmlicher Weiſe dargeftelt : Maria,. in der Mitte unter den Apoſteln, eine herrliche, wür⸗ dige Geftalt, ſenkt das Haupt und faltet die Hände, über ihre ift die Taube. — Die feste der alten Dars ſtellungen find die Apoftelfücften Petrus und Paus lus,. dem Altare gerade gegenüber. Diefe, den Karlfieiner Wandbildern fo ähnlichen Fresko's, haben mit dieſen gleiche Einfaſſung, die in herrli— hen Achaten, Karn eolen, Amethyſtquarzen von ers ſtaunlicher Größe und mit vergoldetem Gypſe verbun⸗ den, beſteht. Auch Chryſopraſſe ſind da, beſonders ein großes Kreuz, aus einem ſolchen, in der Hand des auferflehenden Heilandes. — Eine weit neue | re Hand verrathen bie oberen MWandgemälde, melde das Leben des heil, Wenzels vorftellen, fey es nun, daß fie im fechszehnten Sahrhunderte ganz neu, etwa an die Stelle Älterer gemalt find, oder daß das ſchadhafte Alte damals fo reftaurirt worden, daß wenige Spuren davon Ubrig geblieben find. Koſtüme An Harnifh und Kleidung, Köpfe, Stellungen , alles | Eee Ki 50 16) iſt von der Meife des vierzehnten Jahrhunderts, na⸗ mentlich der Karlſteiner Bilder, ganz entfernt. Noch neuer find die Deckengemälde und einige andere einges ſchobene Darftellungen, z. B. die Himmelfahrt Mas riä zwifchen den Apofteln Petrus und FEUERT die von alter Hand find.” Bevor noch Karl bie Wenzʒelkapelle erbante, wels. che den 1. Dezemb. ı 367 feierlich eingeweiht wurde, — Heß er im J. 1358 das Haupt und die Grabftätte des heil. Wenzel mit Gold und Edelfteinen (hmüs . den, fo daß man diefes Werk, wie der gleichzeitige Be⸗ nes erzählt, für das Eoftbarfie in der Weit hielt (at tale opus in mundo non crederetur.) — Ders ſelbe Chronift bemerkt nächſtdem: „Im 3. 1369 . wurde das Haupt des ehrwürdigen Vaters Andres a8, des 19. Prager Bifchofs, in die Mauer der Kapels “te des heil. Menzel eingefügt und zwar über dem Altare des heil, Kreuzes, wo die Gemälde und ein goldenes Kreuz fihtbar find. Er flarb im Austande in der Verbannung; Nicolaus, der 23. Bifhef Prag’s,. brachte fein Haupt nach Böhmen, Diele achtbare alte Männer bezeichnen jenen Biſchof Ans dreas als einen heit. Mann, der fich hohe Verdien⸗ ſte erwarb.“ — Und vom J. 1372 erzählt Benes: „Unſer Herr der Kaiſer ließ die St. Wenzelskapelle, | i | | — 301 mit Gemälden, Gold, Edelſteinen und andern koſt⸗ baren Steinen verzieren, zur Ehre Gottes und des heil. Martyrers Menzel, feines Schügers und Beiftandes.” — In diefer Kapelle wurde fonft die böhmifche Krone aufbewahrt, die Karl im I. 1547 8 Pfund an Got ſchwer, neu verfertigen ließ, Eie ift mit 19 Rubi— nen, 28 Rubinpalais, 25 Smaragden, 19 Saphiren und 22 großen Perlen befegt, welche insgefammt: in Böhmen gefunden wurden, fo fagt man. — Die merkwürdige Mofaik an der Außenfeite der Wenz zelskapelle (Gott Vater thronend, darunter Chriftus und Maria; ferner Enieend die böhmifhen Landespa⸗ tronen: Prokop, Sigismund, Veit, Wenzel, Luds milfa und Adalbert; links die Aufnahme ‘der Seli— gen in’s Paradies; rechts die Verſtoßung der Gott⸗ loſen in die Hölle) wurde — auch nach Benes Be⸗ richt — im J. 1371 vollendet und zwar auf grie⸗ chiſche Art (more grecorum), die ſtets klarer und deutlicher hervortritt, je ir fie vom Regen ara wafchen wird. | Sclieflih no einige Bemerkungen über jene Veronika, d b. über den herrlichen Chriſtus— Eopf, der fih an einem Pfeiler links, unweit dem Eingange in die Sakriſtei befindet, und der von Eis nigen für eine Arbeit des Malers Thomas von 502 = Mutina Modena in. Stalten) gehalten wird. Primiffer fagt davon: „Diefes Bildniß des Hei: landes erinnert ganz an den griechifhen und alt = itaz liſchen Typus: daffelbe: Oval, die bräunlichen Augen, das warme und bräunliche Kolorit, die längliche Na: fe, flarfe Unterlippe und der röthlihe Bart. Der Grund ift ganz mit Gold belegt. Sehr merkwürdig ift die gemalte Einfaffung, unbezmweifelt von derſelben Hand (dies fragt ſich ſehr): es find die ſechs Lan⸗ despatronen in ſehr kleinen, aber höchſt zierlich ge⸗ malten Figürchen, nämlich: die b. b, Veit, Adal: bert, Ludmilla, Wenzel, Prokop, Sig mund. Unten und oben find wunderfhöne Engel mit Schriftbändern: Sanctus, Sanetus, Sanetus dominus deus Sabaot ‚(Ses, Ses. Ses. dus, deus Sabo) und: Dignus est Agnus au occisus est . XC) Sollte biefe Veronika, vielleicht Siefebe ſeyn, von welcher Bohuslaw von Lobkowicz und zu Haſ⸗ ſenſtein ſeinem Freunde Adelmann, aus Prag ſchreibt, zur Zeit der Krönung des im J. 1526 bei Mohacz gebliebenen Königes Ludwig? (Nach Cornova's Leben dieſes gelehrten Staatsmannes, Seite 187): „Ih ſah eine Abbildung des Angeſichts unſeres Heilands, welche Veronika von ihm empfangen hat: man zieht * | 3505 “fie hier in den erflen Häufern ſowohl, als unter dem Volke der römiſchen vor, und man erzählt ſich von ihe Folgendes: Kaifer Karl IV. wäre zu Rom ge: weſen, *) und hätte vom Papft Urban V. die Er⸗ laubniß erhalten, eben diefe Abbildung durch einige Tage zu betrachten, Diefe Gelegenheit nun hätte Karl benügt: durch einen feiner Maler ein Nachbild des Schmweißtuches verfertigen zu laffen, eben diefes Nachbild dem Papfte zurücgeftellt , das Urbild aber zu Uns gebracht; man behauptet auch, es wäre eine fchriftliche mit Karl's goldenem Siegel verfehene Urs Eunde vorhanden, die das alles bewähre 10.” — Würdigt man diefen Abſchnitt, fo wie überhaupt auch meine früheren Mittheitungen über Prag’s Gebäude und Kirchen einiger Aufmerkfamkeit; fo dürfs te bereits hinkänglich gerecktfertiget feyn, was Aene⸗ as Sylvius in feinem Werke über Böhmen fhrieb (ec. 36): „Ich behaupte, daß zu meiner Zeit in ganz Europa Fein Königreich mit zahlreiche- ven, prächtigern und beſſer ausgeſchmückten Kirchen, verfehen fey, als Böhmen. Die ungemein hohen Gotteshäufer — langen und weiten, Eünftichen, *) Das müßte wärend des zmweiten itatteifßen | Zus | ges, im J. 1568 geſchehen feyn. \ 304 ſteinernen Gemwölben überdeckt; die hoch errichteten Altäre ftrogen von Gold und Eilber, in melches die Reliquien der Heiligen eingehüllt find; die Kleider der Priefter find von Perlen zufammengefegt; das Kirchengeräth ift ungemein Eoftbar ; die Senfter, wos durch das Licht in die Gebaude fällt, find hoch, ſehr breit, von hellem Glaſe Eünfttich »zufammengefeßt ; und dieſe bermundernswürdige Pracht ift nicht nur in Städten, fondern auch in Dörfern anzutreffen.’ Gab 8 ſchon vor Karl W eine eigene . böhmifhe Materfgule? | In dem zweiten Bande des Sournales „Peer ſche und mährifche Literatur auf das Jahr 1790,” findet ſich Seite 105 die Bemerkung : „der Philos foph, der über Sprachen und Völker raiſonnirt, kann aus den Wörtern Maljt, malowati, malo— wany, Pemzljt, Barwa uf. w. fehe wahr: ſcheinlich fließen, daß die Böhmen niemald mit der Malerkunft bekannt waren, und fie erſt von den Deutfchen Eennen gelernt haben.” — Zwölf Jahre ſpäter wiederholte Quirin Zahn biefelde Behaup⸗ “A tung in Riegger's Archiv. (Band J. Seite 27), ine dem er ſagte: „daß in Böhmen die Malerei deut⸗ — 505 [hen Urfprungs fey, das gründet ſich felbft auf die Benennung diefer Kunft unter den Tſchechen, als: der Maler, pietor, Malir z3;3 malen, pingere, malomwatis; Malerei, pietura, Malowany, Da die Tſchechen Fein einheimifches Wort, diefe Kunft zu bezeichnen, fondern dag deutfche nur in ihre Spras che übertragen und aufgenommen haben 5; fo gibt e8 einen mehr old wahrfcheinlichen Grund an, daß die Tſchechen diefe Kunft von den Deutfchen, wenn auch niche urfprünglich , doch unter den erften Königen, durch die Schilderer erhalten haben. Mie denn die erften Statuten der Materbrüderfchaft vom 3.1348, als auch; die. erfien drei Privilegien der Schilderer in Böhmen deutfch abgefaßt worden.” Kerner heißt 8: „Die Turnire verpflanzten fi aus Deutfchland im Jahre 1249 nach Böhmen unter König Wenzel dem Einäugigen ; daher aud) die Ja hen Schiderer | oder Schildmaler.“ | | Solche beſtimmt ausgefprochene Sig werden alls mälig auf Treu und Glauben angenommen, trotz ih⸗ rer inneren Unmwahrfcheinlichfeit; denn befremden muß die Behauptung allerdings: es fehle einer-fonft fehe reichen Sprache an Ausdrüden für Begriffe, die jes dem Wolke viel zu nahe liegen, als daß es nöthig hätte , fie von benachbarten Völkern zu entlehnen. 306 Meine Zweifel hinſichtlich jenes Wortmangels wur: den durch die Güte einiger gründlichen Kenner der böhmifhen Sprache gehoben; die Herren Hanka, Sungmann und-Horzick&a gaben mir zur Wi: derlegung obiger Anſicht fogleich folgende Bezeichnun⸗ gen an: | — x Obraznik, Maler; Dbraz, Gemälde; obras zyti, pobobiti malen. So heißt «8 z. B. in einem böhmiſchen Paſſionale aus der erſten Hälfte des 14. Jahrh., welches das National-Muſeum beſitzt: „gakzto pysse swati yan rzieezsky Da- mascenus w eziwriych knynach poslal (kral abagarus) gednoho obrazn yka gezyssowi aby obraz yakz naypodobnyegye mohl na- dezstie sepsal. aby;gehozto swyma oezy- ma ohledati nemohl assa obrazki napsana a ..kdyz ten obraznyk k gezyssowi przyssel ‚pro- welykiblesk genz od gehotwarzi pacha zyesse geho obraza podobnye sepsati nemohl.” (Pas- ‚sional’ezesky)*). — Pfat:, pfani, welches ges 2 *) Oder in treuer Meberfegung: „Wie der heil, Jo⸗ hann, griehifh Damascenus, im vierten Buche ſchreibt, ſchickte (dev König Abagarus) einen Ma- ler zu Sefus, damit er ein Bild, fo ähnlich es nur immer ſeyn Eönne, auf ‚einem Bret male; - 307. genwärtig in ber zweiten Bedeutung für ſchreiben gebraucht wird, heißt in der erſten zeich nen, Zeichnung; fo wie der Grieche fein yoageiv und der Muffe die ähnlihe Form hat. Noch Eennt man altgemein das böhmifche Sprichwort: „Nepis (male, fhreibe) Certa na ften?, fam fe on namaluge” d. 4 mal’ den Teufel nit an die Wand, denn er malt ſich ſelbſt daran *). — Ferner gehören hieher die Bezeichnungen: Doba, Form, daher podobnt. ähnlich (nachförmig), Podoba, Ebenbild Gottes; Baremwnoft, Colorit; Barweni, "Färbung; Sfterka (tetnice) Pinfelz — die Nuffen nennen den Pinfel Kiste, das mit dem deutfhen Dua fie verwandt zu ſeyn ſcheint, aber nicht aus dem Deuts ſchen entlehnt if — Rafica, Griffel; Maftis nenj, Scatteniß; Poftawa, poſtawenj, Stellung; Naftam, methodifhe Gruppe; Tw aͤ⸗ um ihn, da er ihn nicht mit eigenen Augen zu ſehen vermochte , wenigſtens auf einem Bilde ges malt zu erblicken und da diefer Maler zu Jeſus kam, konnte er deö großen Glanzes wegen, ber aus feinem wi hervorſtrahlte/ das Bild nicht aͤhn⸗ lich malen.“ ) S. Hank a's — radenn an I, ©, 152. DR“ ’ - .. ‚308 | te, Geſtalt, Zufammenhang der Kormen bei Men: ſchen und Thieren; Twdtnoft, das Eigenthümti: he der Geſtalt, das Abſtrakte, der une einer Darftellung u. ſ. w. ar Quirin Jahn, der dieſe, und vielleicht weit mehr ähnliche Benennungen eben ſo leicht erhalten haben würde als ich, ſcheint mit ſich ſelbſt in Wis derfpruch zu gerathen , wenn er noch in demfelben. Auffage das Beftehen einer frühen böhmifhen Malerfhule wirktiih annimmt. Seine Worte lauten: „die eigene ältere böhmifche Malerſchule ers biele ſich bis zu Anfang des 16. Jahrhundert's durch Denkmäler ; gegen die fpätere in's Land fich verbreis tende deutfhe Schule, und unterſchied fich noch ſehr bange von ihr 2. — Der Faltenbrud ift es auch, wo⸗ durch die böhmifchen Künfkter , fie feyen gleih Mas fer oder Bildhauer, ſich vorzüglich unterfcheiden. Bet ihnen tft diefer leicht, weich und in großen Partien gebrochen; fie haben nicht den kleinen, fleifen und. geziwungenen Saltenbruh, melden Martin Schön, Wohlgemuth und fogar Wbreht Dürer nicht verlaffen und ablegen Fonnten. (S. die drei Zabellen zum 5. Thl. dee Monumente von Dobner zue Chronik. des Abt Peter) ꝛc. „Ihren hauptfäd= lihften Fleiß verwandten fie auf die Geſichter. Die * 509 ‚Hinde und Füße, wo weiche dere find oft fehr- vernachläßigt; doch findet man beim Dietrich ſchon einige erträgliche und ziemlich richtig gezeichnete Hände.“ ıc — „Worin ſich noch die böhmiſche Schus le gegen die deutfche Gothifhe unterfheidet, ift bie Zeichnung der Köpfe. Diefe, indem fie die Natur, bis auf die Eleinften alten ohne Wahl nahzuahmen ſuchte, fiel in’s Trockene, Kleine und Magere; wo bei jenen, ba fie nur die Umeiffe überhaupt , aber. unvollfiändig nachahmte, ihre Umriſſe zwar etwas . " Großes haben; aber eben wegen ihrer Unvolljtändigs keit der fchönen Natur nicht beifamen. Die böhmis fhe Schule hat in der Natur zu wenig, und bie deutſche gothifche zu viel sefeben , wodurch eben beibe das Schöne nicht erreichen.” | Bon der Hagen bemerkt in feinen Briefen in die Heimath zwar fehr richtig: „Es iſt zu vermuthen,. daß die frühe Blüthe der Kunjt unter den Lügels burgifden, durch einen großartigen, vomantifchen, ſelbſt durch einen abenteuerlichen Geiſt ausgezeiche neten Königen,, mit ihnen aus ihrer Heimath, den Niederlanden und dem Niederrhein, nad Böhmen gekommen, wo auch mehrere der früheren Künftlers namen hinmweifen, und wie nicht nur ihre früheſten Anfänge, ſondern unter den IRRE: Fürſten \ 310 auch ihre reichſte Ausbildung und Vollendung, und in der Malerei mit der religiöfen auch durchaus Naturwahrheit antreffen. Bei der Baukunſt liegt dies Verhältniß vor Augen, und es wird auch vom Prager Dom ausdrücklich gemeldet, daß er nach dem Köllner gebaut worden.” ꝛc. — Allerdings war nie⸗ derländiſcher und deutſcher Einfluß ſehr oft und noch dazu ſehr früh auch in Böhmen's Kunſtgeſchichte ſicht⸗ bar; aber es iſt nicht anzunehmen daß deutſche Künſtler allein und ausſchließlich ſich in dieſem Lan⸗ de mit der Kunſt beſchäftigten, vielmehr ließe ſich aus den uns noch gebliebenen Denkmälern jener Zeit, eher auf das Gegentheil ſchließen. Es ſey mir: ges ſtattet: von den altböhmiſchen Bil der-Hand⸗ ſchriften des frühen Mittelalters zu ſprechen, welche ich ſelbſt zu unterſuchen Gelegenheit fand, mess halb ich die — —— —— kann. Die Wolfenbü — clerBiblethet befigt eine EEE desheil. Wenzel, welche Hemma, Boleslaus II. Gattin, „zum Heil ihrer Seele und zur Ehre des freligen: Märtyrerrs Wenzeslaw“ mit: Gemälden verfehen ließ, und zwar um das Jahr 1006, In den Verhandlungen der Geſellſchaft des vaterländiſchen Muſeums in Böhmen, Heft J. Seite zıı 79 (Prag 1823) Außert fich der hochverdiente Be⸗ ſchützer von MWiffenfchaft und Kunft, Here Graf Kafpar Sternberg darüber: „dürfte man vor ausfegen, daß die Gemälde diefer Handfihrift von einheimifchen Künſtlern verfertigt feyen, und die Klei— dung auf den Vorftellungen das Koflum der Böhmen jener Zeit richtig davftelle, fo würde fie einen noch "höheren Werth gewinnen,” Ueber dieſen Punkt Ges wißheit zu erlangen, iſt freilich fehmer 5 doch fpricht alle Wahrfcheinlichkeit für die Anfertigung des Ma— nußfkriptes iu Böhmen felbft: und auch die Kleidung fieht mwenigftens nicht im Widerſpruche mit andern Darftellungen aus jener frühen Periode. Die Bils der find noch völlig im byzantiniſchen Style gearbei—⸗ tet, die Obergewänder alle weit, die Falten gar nicht gebrochen, „Gold, fo mie die grüne, violefte und blaue Farbe find nicht gefpart. Der heil. Wenzel ift in engen Unterfleidern , ſchwarzen Schuben , gol⸗ denen Sporen, einem dunkelgrünen Obergewande und lichtgrünen kurzen Mantel, ber einen Goldbeſatz hat, ı dargeftellt ; die Böhmen tragen Schnauzbärte, une gefähr wie ehedem bie Pohlen u. f. w. *) *) Ein Fakſimile und eine treue Abſchrift dieſes Ma⸗ nußſkriptes befindet ſich indem National » Mufeum. 512 Mit Gewißheit läßt fi dagegen das Alter und die Heimath einer zweiten Bilderhandfhrift des Nas tional = Mufeums beftimmen. Es ift die Mater Verborum oder fogenannte Glossa Salomonis, ein Werk des Conftanzer Abt: Bifhofes Salomon, welcher 920 ſtarb. Daß dies Manuftript in Böhs men geſchrieben wurde, geht aus mehr als 1500 böhmiſchen und über 500 deutſchen Gloſſen deſſelben hervor, deren Bekanntmachung durch Herrn Hans ka nah' iſt. Seite 457 befindet ſich der Anfangs⸗ buchſtabe P ausgemalt ; fo ſieht man nämlich in der Schlinge des P, Maria mit dem. Kinde und dem Spruchbande : MATER IHV XPI (Mater. Jhesu Christi) ; darunter Eniet dee Schreiber mit dem Sprudhbande; ORA P. (pro) SRE (Seriptore) ‚VACERO (Vacerado). Neben ihm ſieht der Stluminator mit dem Sprudbande: ORA P. ILLRE (illuininatore) MIROZLAO,. A, MCII. Wir Hätten. demnach ein, von Wacerado geſchrie⸗ benes und von Mirozlaus im Sabre 1102 in Böhmen ausgemaltes Werk vor uns, das wohl einige ſchildernde Worte verdient, da man an fo alten Kunſtdenkmälern nicht reich iſt, und doch ge⸗ rade nur aus ſolchen Quellen allein Beiträge zur ehe⸗ maligen Sitten ⸗ und Ba ‚entnommen ! 515 \ werben koͤnnen. Das Titelblatt ftellt auf Goldgrund, den Buchſtaben A ſehr verzogen und veich verziert dar, und hat ſelbſt für Trachtenkunde manches Merk⸗ würdige, fo daß es ein treues Fakſimile verdient. In der Mitte der Schnörkel, die ſich als Pflanzenran⸗ ken mannigfach durchſchneiden, ſitzen zwei Affen, welche eine Nachteule krönen; wahrſcheinlich eine ſymboliſche Spottandeutung auf frühes ſlawiſches Heidenthum. Darunter das Bruſtbild vielleicht eines heidniſchen Prieſters, dem ein Affe den Kopf letz tiefer, zwei unten zufammengewacfene Thiere, die. wie Fiſchottern aus ſehen. Gegen den Schluß des Buchftabens fißt ein Mann in rothen Strumpfhofen, und weiß und grünem meiten Ueberwurfe, mit vols lem Anftande die dreifaitige Violine fpielend. Der ganze Buchſtabe ruht auf einem grünen Kranze, wos rin eine halb entblößte Srau mit heraöflutenden Haa⸗ ven fleht, in den Händen Blumen tragend, mit der Umſchrift ESTAS SIVA das Bild der Göttin, die in den Manuferipte mehrmals als Geres , ald Flo— ra ꝛtc. vorkommt wi — läuft dieſer Buchſtabe in *) Seite 683 wird Siva ebenfalls erwähnt mit den Worten: Siua, Dea frument. ceres. — 8, 85: Sius diua, dea, — ©. 409. Siua * 314 | einen bämonifchen Kopf mit langen Ohren und brei⸗ tem Munde zufammen. Links und rechts davon ftes - hen zwei Thiere, die noch die meifte Aehnlichkeit mit Löwen zeigen, häufig in dem Coder angebracht ſind *), und an das bei Königgrätz ausgegrabene merkwürdige Metallgefäß von Glockenſpeiſe erinnern, welches das Nationalmuſeum aufbewahrt. Zu beiden Seiten des Buchſtabens ſtehen zwei Heilige, ächt byzantiniſch; dann gibt es noch allerlei Phantaſi ievögel, einen Pa⸗ pagei u. ſ. we. Altes iſt auf Goldgrund gemalt und die Haupt: farben find blau, roth, grün, gelb, violet oder lilla; mit Sicherheit wurden alle Schnörkel und Arabesfen gezeichnet 5 bald wie ein Moft oder fehachbretartig, ſehr oft ald Ranken, als verfchiedene Vögel, Löwen, Blätter, Narrenmügen, Phantafieblumen, als Git: tee, Fiſche, Schlangen, Küchfe ꝛc. An Affen fehle es auch biefer Handſchrift nicht; Überhaupt mußte Dies fe Thiergattung ſchon teüh im Lande bekannt und fehr * ceres, fruges, frumentum vel dea —— menti.ꝰ 3.8, Seite 3735 S. 108, hier mit einer alle⸗ gorifhen Verzierung 5; dann. ©. 165, © 223 - mit einer Art von Lindwurm ringend; ©. 255, 284, 425, 467 und ©. 480. a / | t ⸗ 315 beliebt ſeyn, weil man bereits im Jahre 1346 eine böhmiſche Affenſteuer, Opitne, kannte ). — Seite 186 ſieht man den hängenden Judas, mit dem Spruchbande : Peccavi tradens S. (salvato- rem); zwei Raben fißen ihm rechts und lines auf den Schultern, ihm die Augen aushadend: eine ſo gräßtiche Geſtalt, daß eine teifende Engländerin fie eigenhändig abzeichnete , fo merkwürdig erfchien fie ihe, — Seite 137 der Buchftabe H; oben be= merkt man den fegnenden Heiland; darunter Enieen zwei Männer mit dem Spruchbande : Exaudi fa- mulos , welche wahrfcheintich wieder der Schreiber und Sluminator find, blau und roth gekleidet, in engem anliegenden Node, mit faltigem Ueberwurs fe. — Seite 336 ebenfalls Chriftus, doch am Kreus je, welches ein T bildet 5 um bie Lenden iſt ein Netz gefchlagen , und ihm zur Seite ftehen Longis nus und ein Kriegsknecht. — Seite 358 der fegnende Heiland, mit dem Spruchbande: Ego sum ostium per me, — Seite 379 iſt der Anfangsbuchftabe Y als Weinſtock mit vielen Trauben dargeftelt. Ein nadter Mann fammelt die Trauben in einen Korb; #) „Simeales denarios , qui vulgariter o p y- e zn.e dicuntur.” (apud Pitter pag, 125.) QO2 316 zur Seite links ein Affe. — Seite agı fieht man den reichen Praffer des Evangeliums an befegter Ta: fel; daneben eine Jungfrau im grünen. Kleide,, und eine Frau mit einer Schleiechaube ; darunter Lazarus, dem die Hunde mit ungeheuren: rothen Zungen die Wunden lecken. — Seite 279 der Erzengel Mis "ael, ächt byzantinifch im Faltenkleide mit Flügeln, wie er noch jetzt in ruſſiſchen Gebetbüchern er⸗ ſcheint. — Seite 297 wird der reiche Praſſer, in der Hölle von dem Teufel mit einer Gabel angeftos hen. — Seite 423 liegt ein Bär auf einem -Mön: che, mit dem Spruchbande: Salva me Domine; darüber eine Sungfrau in weißem engen Gemwans . de. — Seite 454 ein Mann ohne Kopf, in der Rechten ein goldenes Kleeblatt haltend. — Seite 470 ein: Bifchof nebft einem fnieenden —* mönch wm — Wollte man ſich blos RE oder nue mit Urkunden und Chronifen be gnügen , die uns aus jenem Prag übrig geblieben find, wie 68 gerade vor 700 Jahren ausſah; fo würde ein Bericht von wenigen Zeilen Alles erfchöpft haben , was ſich, nach fo mangelhaften und in jeber Hinſicht ungenügenden Quellen, etwa fagen ließe. 5 if es die Pflicht des Oifariter, nach ans 4 317 deren Ueberlieferungen zu fragen, um feine Lefer nicht tie unmündige Kinder- zu behandeln, die fich am Ende duch hohle Worte befchwichtigen laſſen, weil man ihnen eben nichts Beſſeres anzubieten vers ſteht. Sch ſelbſt häge zu große Achtung für mein Publikum, als daß ich mir es geflatten Fönnte, nad) Laune und Bequemlichkeit. etwas in den Tag hinein zu fchreiben , ohne jede meiner: Behauptungen auch | rechtfertigen zu Eönnen. Freilich muß ich mich bei einem folhen Verfahren gleichfam wie in Ketten bes wegen und nur felavifch wiederholen, was Andere vor mir, bereits eben fo gut hätten fagen können, wären fie nur an die rechten Quellen gefommen. Die Phantafie hat bei folhen Berichten wenig zu ſchaffen; es handelt ſich hier mehr um, fleifiges Nachſchlagen und Forſchen, oder um dasjenige, mas als Kompilation ziemlich werfchrigen iftz aber auh ih will mid "der firengen Nothwendigkeit fügen, _ ſelbſt auf die Gefahr hin trofen zu erfcheinen, Wer ein Gefhichtsfreund ift, wird ſolche Einzelnheiten gelten laffen ; die Uebrigen mögen ſich an ben hiſto⸗ tifhen Roman halten. — In der Prager EöniglihenUniverfitätsbibe tiothek trifft man (Mio. XIV. A, 15) eine gut erhaltene Pergamenthandfehrift mit 108. Blätz , 518 tern , deren Aeußeres felbft für unfere Damen In: tereffe bat, wiewohl fie-gewiß don fieben Sahrhun: derte zähle. Man weiß nämlich, daß Herzog So: bieftam II, fie im 3. 1130 der Wyſſehrader Kirche nebft anderen Werken zum Geſchenk machte; und dennoch haben ihre ſtarken, mit Leder überzogenen Bretterdedei eine fo gute und zwar gleichzeitige Sti⸗ ckerei aus Silber: und Geidenfaden, daß fi ihrer ſchwerlich eine Künfflerin unferer Tage ſchämen wür— de. Gott fist in hellgrünem Grunde auf dem mit Arabesken umgebenen Thronhimmel , deſſen ewige Dauer das griechifche A und Q (Alpha und Ome: 90, Anfang und Ende) bezeichnet. — Auch bei die— ſem Werke find die Farben lebhaft genug; doch wechs felt hier feuriges Gelb, Blau und Violett bereits mit Binnoberroth, matten Grün und fhmugigem raus Eonft findet zwifhen diefem Buche und dem unmit: telbar ‚vorher befchriebenen auffallende Aehnlichkeit: ſtatt. Auch bier fieht man zahlreiche Arabesfen, ge: ſtaltet als Aft: und Blätterranken, als Thierköpfe, Hunde, Adler, als Schlange oder eine Art Drache mit dem Löwen feft verfchlungen. Man: erblidt Kräns je von Bändern durchflochten, Dreiz und Vierecke und. halbe Bogen in einander gewirrt; die Vögel des Baus mes Jeſſe hüpfen mit Heiligenſcheinen umher; ein⸗ | 319 zelne Buchftaben wachſen aus Leoparden oder dämo⸗ nifhen Köpfen heraus und es fehle nirgends, an Spruchbändern, — ſo daß, abgefehen aud) von ure Eundlichen Ueberlieferungen, die e8 beftätigen, — — [don die Pracht allein, mit welcher dies Manuffript aus⸗ geftattet wurde, den Beweis führt, daß es für einen Fürften beftimmt war, Feines Gold bildet überall den Grund des Gemäldes, goldene Leiſten faſſen durchweg die Schrift ein, in welche der Maler gols dene Buchſtaben einzuftreuen für gut fand, Die Retter ift eine vorzüglich fchone Majuskel und dag Mergament ausgefucht ſtark und rein. Für den beiten - Willen des Malers , etwas Ergögliches zu leiften, fpricht unter andern, daß er die 215 Seiten ber Handſchrift insgefammt mit einer farbigen Seitens leifte einfaßte, und daß jede derfelben ein anderes Mufter hat; wiewohl freilich nicht zu läugnen ift, daß in diefem Reichthum an Abwechslung doch Arz muth der Phantafie hervortritt: denn nicht alle Mus fter find fo gefchmadvoll, daß unfere Damen fie gern auf ihren Kleidern tragen würden, obgleich fünfzig derfelben wohl nod; heute Glück machen dürften, Im Ganzen genommen zeigen ſich die Gemänder weit und faltig, und diefe Falten find nicht feif ges brochen, fondern natürlich gelegt» in Raphael war N 320 der Maler freilich nicht; feine Perfonen haben ets was von den Holzfiguren der Sahrmarktsbuden , fie gehören zu den wahren Inkunabeln der Malerei und - ein und derfelbe urtypus ift ſämmtlichen Geſichtern aufgeprägt. Blatt 68. a ſiet „Sanetus Wenzez] avvs Dvx?” auf dem gewöhnlichen Thronſeſſel jener Zeit, deſſen Füße Adlerkiauen, fo wie deffen Armtehnen Hundsköpfe find. Er trägt ein reich bordirtes nicht allzuweites Gewand, enge Beinkleider, ſchwarze Schuh und eine Kanye in der Linken, während die Rechte ſegnend erhoben iſt. Seine Kopfbedeckung zeigt ſich als viereckige rothe Mütze, von der zu beiden Seiten Zipfel herabhängen , die fi) in nachgebildete Löwen⸗ klauen endigen. — Es gibt Feine altchriſtliche Bil⸗ derhandfhrift, in welcher nicht mancherlei Teufel aufs geführt wären; auch hier erſcheinen ſie und zwar violet, mie langer Naſe, mit Geierköpfen, Flügeln, mit Krallen an den Füßen und einer Art Miſtgabel in den Händen. — Außerdem fallen noch einige ans dere Darftellungen auf, die dem Alterthumsforſcher willkommene Belege darbieten. So find z. B. die Schilde lang und oval zugeſpitzt, durchaus bemalt: hier mit gewäſſerten Zierrathen, dort mit einem Mal⸗ theferkreus; die Degenſcheiden ſind ſchwarz, mit wei⸗ — 321 Ben Buckeln der Länge nah beſetzt. Die Kriegs Enechte tragen dreieckig zugefpidte Bickel ⸗ Hauben, Lanzen, Schwerter, bunte Schilde, enge Beinkleider und weites Obergewand. — Blatt 6 erblickt man einen Schlafenden in einem Bett mit einfachen, aber bunten Pfoſten und eigenen Seitengardinen. Das Kopfpolſter iſt bunt ‚eben fo das Betttuch und die Dede; doch Federbette nah unferer Art find nir— gends ſichtbar. — Die Leuchter ſtehen auf drei Fü—⸗ fen und mußten ziemlich einfach und roh feyn; die Hingeleuchter dagegen erfcheinen vieredig; deren Ver: | bindungsftäbe oben pyramidalifch zufammenlaufen. — Die Thürme haben noch zugerundete Kuppeln und halbrunde Fenſter; die Echreiber erfcheinen mit Zins 5 tenhöcnern und dem Griffel, und. die ſchwarzen Bund» Thuhe find bis an die Fußfpisen und oben ringsum mit weißen Sinöpfchen und zum Theil mit Bändern beſetzt. 7 ER re Bereits auf Seite 153 atlärte ich mich gegen die vermeintliche Portraitmalerei des, früheſten Mittelal- ters; und obgleich Bienenberg in dem Leben des heil. Prokop, Seite 14, — auf die Verficherung des gleiche zeitigen Sazawa'er Mönches geftügt — behauptet: diefer heil, Prokop, der als Abt des Kloſters Saza⸗ wa, unfern Prag, den 25: Mürz 1053 flarb, fey 25 322 als Leiche von einem damaligen Künſtler abgebils det worden: fo hat man fi beflimmt nur rohe -Umriffe und nichts Ausgearbeitetes dabei zu denfen, Doc ift diefe Nachricht infofern intereffant , als fie die Anfike von dem Beftehen einer böhmif hen Malerſchule ebenfalls zu unterftügen fiheint, — Eis nige Zeit darauf, d.h. im J. 1080 wurde der Mönd Boze tech oder Bo zethec, auf die Anempfehlung des Königes Wratiſlaw, zum vierten Abte Sazawa's erwählt, Man rühmte ihn als geſchickten Maler, Bildhauer und Drechsler; doch war er auch der Eitelkeit und dem Zorn fehr ergeben und beleidigte den Prager Biſchof Cosmas fo fehr, daß diefer ihm die Buße auflegte: ein lebenẽgroßes Kruzifix zu ſchni⸗ tzen und es auf dem Rücken bis nach Rom zu tra⸗ gen, was auch geſchah. — Den 23. Aptil 1134 berief man als ſechſsten Abt des Kloſters Sazawa den Prior Silveſter. Bienenberg fagt Seite 23 ſei⸗ ner Rebensgefchichte des heil. Prokop von ihm: „Des Cosmas Fortfeger legt ihm ein ausgedehntes Lob ſei⸗ ner Tugenden bei und erzählt, daß Silveſter wäh⸗ rend feiner Ktofterbeherrfchung eine ſtrenge Manns⸗ zucht und feine Brüder immer auftecht in ihren Pflich⸗ ten erhalten „auch die Muttergotteskapelle erbaut, ſelbſt das Kloſter des heiligen Johann 523- des Taͤufers mit Malereien ausgeziert, | die Mauern der Bethkapelle in der Mitte der Altäre des heil. Stephan und Martin, mit Gemwölbern, fo, tie die Plafterung der Kirche mit vom Prager Pe trin⸗ oder Laurentiusberge zugeführten Steinplatten verſehen, den Schlaf: und Speifefaal , Seller, die Kühe, den Vorhof des Klofters im Umgang, mit Säulen und Wöldungen zierlich ausgeftattet” ıc. Abt Eilvefter ftarb den 10. Febr. 1161; ; fein Grab wur⸗ de um das Jahr 1790 von Handwerkern geöffnet. Man fand bei dieſer Gelegenheit in einer Bleiplatte Silveſters Bild niß eingelaſſen; außerdem ei— nen Ring und andere Seltenheiten; Alles wurde jedoch leider zerſtreut. (S. Bienenberg a. a. O. Sei⸗ te 26.) | | 4 König Wenzel II, legte im J. 1297 den Grund: - fein zu dem Kloſter Königsſaal (Sbraſlaw, Aula regia) unfern Prag, und ſchenkte ihm, der Sage nach, ein koſtbares auf Holz gemaltes Marien⸗ bild, worauf die Verſe: Dum Wenceslaus regalem conderet aulam, Hanc posuit Divae Virginis efigiem; ſtehen follen fage-ich, denn aller genauen Nachfor— ſchungen ungeachtet, war es mir unmöglich, diefe Zeilen auf dem Gemälde zu entdecken, welches wirklich ſeht O 4 524 $ viel Innigkeit hat; leider aber einen fo ungefeicten 3— Verbeſſerer in neueren Zeiten fand, daß ihm manche Eigenthümtichkeit verloren ging. — Eine für die Sittenfunbe der böhmiſchen Vorzeit äußerft beachtenswerthe Bilderbibel, befindet ſich im Beſitze des Herrn Prof. Dr. Schuſt er zu Prag. Sie beſteht aus 187 Pergamentblättern, mit Inbe⸗ griff der angehangenen Vorſtellungen aus dem Leben des heil. Wenzel, welche die Privargefelifhaft pas triotiſcher Kunſtfreunde im J. 1811 in Kupfer ſte⸗ chen ließ. Obwohl ſie Dobrowſky in das 14. Jahr⸗ hundert ſett, ſo würde ich ihr Alter doch um ein Jahrhundert früher beftimmen : denn alle Nitter ers ſcheinen bier noch im Kettenharnifch , und haben zu jeder Zeit, ſelbſt im Kampfe, das Geſicht völlig un⸗ bedeckt; ſie tragen nicht die Helme der ſpäteren Tage und keine Viſire zum Aufſchlagen oder Herablaſſen. — Außerdem ſitzen hier die Könige noch auf alten, mit künſtlichen Thierköpfen verſehenen Thronſeſſeln; die Kronen ſind auf Art der Weinblätter ausgezackt, die Spruchbänder haben die frühere Form und Rich tung; mit einem Wort, alle dargeftellten ‚Gegenftäns * als Gebäube, Waffen, ‚Kleider, Hausgeräthe, Als legorien v. ſ. w. find auffallend von den Bildern je ner Handfriften verfchieden, über welche kein Zwei⸗ ‚3°5 fet entfliehen kann, daß fie dem 14. Jahrhunderte ans gehören, und von denen auch weiter unten die Rede iſt. — Daß dieſes Manuſkript von einem böhm i⸗— ſchen Künſtler verfertigt wurde, mithin die damals ſchon vorgeſchrittene Bildungsſtufe der böhmie ſchen Malerſchule nachweiſt, geht ſchon aus dem Namen des Malers oder Schreibers hervor, Bellizlaus Weleslaus), der ſich auf dem letze ten DBlatte genannt und abgebildet hat; auch haben die vorkommenden Eigennamen noch die böhmifhe Nechtfchreibung , 3. B. Uratizlaus (Wratislaus), Menczeszlaus, Nabuchodonozor ꝛc. — Innere Gründe bemeifen übrigens, daß ſämmliche Zeichnungen gleich zeitig, wenn auch durch zwei verfchiedene Perfonen entftanden find; abgefehen von ihrem hiftorifchen Ins tereffe, fo verdienen die Gemänder, fo wie der Aus: ‚drug vieler Gefichter felbft die Aufmerkfamfeit heus ‚ tiger Künſtler; Hände und Füße dagegen wurden faft überall vernachläßiget. — Da diefe Bilderbibel in dem Abſchnitte „Nitterleben” als Quelle benützt wird, fo Eomme ih nunmehr auf die fatolinis ſch en Kunftverhättniffe zurüd, Bekanntlich hatte nicht nur jedes Thor der bei Dräger Städte unter Karl IV, feine Ihürme; fon: | . dern felbft auf den Stadtmauern ſtanden in gewiſſen >26 f Entfernungen, die. von 200 zu 200 Schritt anges geben werden, ftarke Warten zum Schuß gegen plögs “ liche Ueberfälle. Jeder diefer größeren Zhürme war etwa feit der Mitte des 14. Jahrhundert's von eis nem fogenannten S chil derer oder Bogner bes wohnt, d. h. von Schild: und Turnier» Malern , die jedoch gleichzeitig Harniſche, Schwerter, Meſſer, Dol⸗ che und andre Waffen arbeiteten und abgabenfrei blieben; dafür aber die ihnen eingeräumten Thürme zu bewachen und zu ſchützen hatten. Der Chroniſt Benes erzählt: „Im Monat Dezember 1367 ließ der Kaiſer die Pforten oder Thore der Altſtadt, ſo wie ihre Thürme und Mauern brechen und die Gra⸗ ben ausfüllen, um die Alt- und Neuſtadt in jeder Beziehung zu vereinigen, damit ſich beide Städte ein und. deſſelben Rechtes erfreuen, aber auch gleiche Las fien tragen follten; wie es Karl befahl und wollte, Jo geihah es.“ Redel verfichert, des Kaifers Befehl fey in 13 Tagen vollzogen worden; daß jedoch noch viele Mauern, Zhürme und Thore zwifchen der Alt: und Neuftadt fiehen bieben , welhe den Bürgern beider . Städte bei gegenfeitigen Befehdungen willkommen wa: von, erhellt daraus, daß König Menzel 1397 fireng befahl, fie niederzureißen. Während des Huffitenkries a r 327 ges hatte man fie auf's neue hergeftellt, um die F ten Kämpfe wiederholen zu können. 9 Dieſe auf den Stadtthürmen wohnenden S Sit derer, werden in dem Freibriefe, den ihnen Karl im Sahre 1368 gab, von den „geiftlihen Ma—⸗ lern“ unterſchieden. König Menzel geſtattete ih— nen, ungehindert Helm und Schilde an die Prager Häufer malen zu dürfen; und ald Meiſterſtück mußte jeder derfeiben binnen vier Mochen, mit eigener Hand verfertigen „einen ganzen Stechzeug, einen Sattel, Roßkopf (die Pferde waren ebenfalls faft ganz ge: barnifcht) , ein Bruſtleder und einen Eid.” Cie hielten ihr „Schildwerk“ auch unter den Stadtthür— men feil, und durften eben fo Schwert, Meffer und Harnifh tragen, wie die Bogner, damit fie die Stadt und die Thürme beffer zu fhügen vermöchten. Keinem anderen als ihnen blieb es geftattet, Tartz⸗ > Shen (ein fehr langer Schild) und Stechſchilde zu ver⸗ fertigen. Schon im J. 1348 war die Prager M ale und Schilderer:Brüderfhaft zufammenges treten, die den heil, Lukas zu ihrem Schutzpatron wählte, und ſich in den gleichzeitigen Statuten fol gendermafen darüber Außerte: „Darum haben die Maler und Schilderer St. Lukas in ihrer Zeh er- 328 wählt, darum laſſen fie an feinem Tage Meffen leſen und bringen ihre Opfer um ihn fomit zu ehren, weil er der erfte gewefen ift, der je unferer Frauen Bild gemalt hat, („daz er der erſt iſt geweſt der ye vnſir vrawen bild gemalt hat.“) — Uebrigens hatte jede dieſer drei Städte ihre eigene Maler⸗ Brüderſchaft, welche erſt unter Kaiſer Joſeph II. aufgehoben wur: den. Die Beftätigungs = Urkunden der Neuſtädter Geſellſchaft, — den 6. Januar 1390 und z0, März 1592 von König Wenzel erlaffen — finden ſich in Riegger's Archiv 1792, Band I. Seite 59 ff. abe. gedruckt. — Bei dem Präfidium der Gefellfehaft pa= triotifcher Kunftfreunde zu Prag, bewahrt man noch jest die Alteften Maler = Protokolle jener Verbindun— gen auf; und Herr Cuſtos Burde hatte die Gü— te, ſich darüber in einem an mich gerichteten Briefe auszufpredgen, den ich, — nebft einigen anderen Zu: fchriften dee Herren Homfichka und Telek über die Karlſteiner Gemälde — in meinen Nachrichten Über die Burg Karlftein befannt zu machen Willens bin. — So viel bamerke ich nur vorläufig, daß man die eigentlichen Kunftmafer unter der Bezeichnung ygeiftlihe Maler” in den Aktenſtücken jener Tage findet , denen es unterfagt war, Schildwerk d. h. weder Ritter- noch Hausfchilde zu verfertigen, um 329 die Rechte der Saiftern nicht zu beeinträchtigen, Sie ‘waren auf die Darftellung teligiöfer Gegenftände bes | ſchränkt; und bevor ein ſolcher Maler zünftig wur— de, hatte er fein Meiſterſtück anzufertigen, welches die Aetteften einer Prüfung unterzogen. Welche Beſtim⸗ mungen hinſichtlich dieſes Bildes in Prag galten, war bis jetzt nicht zu ermitteln; doch vermuthe ich, daß die hieſige NE, mit dem Breslauer , von König Wenzel im J. 1390 erlaffenen Geſetze {ibereinftimme te, wodurch von den geiſtlichen Malern die Geburt oder Kreuzigung Chrifti, als Meifterftücd verlangt wurde, und zwar wie es ihnen das 8008 beſtimmte, zwei Ellen breit und eilf Viertel hoch, mit Delfarben *). Zufolge des Protokoll's der erften Malerbrüder— fhaft, Iebten im 3. 1348 nachſtehende Künftler in Prag, die ich alphabetifdy aufführe. Maler waren Dieienigch, deren Kunftzweig bier nicht befonders ans gegeben ift: Bernarth, Magifter; Crzifftan oder Chriftian, Bildh Mer; Czrnh, Johann; Czwengros, Prokop; Dieter ich oder Eheos dorich von Prag, deſſen merkwürdige Malereien ſich noch gegermoditig auf ber ee — befin⸗ *) ©, Fiorillo's Geſchichte der zeidinenden ‚Künfte in Deutſchland, Band i, Seite 162. 350 den; Erasmus oder Erazym; Franczierz; Friedrich; Galycus, Johann; vielleiht Gal⸗ licus, ein Franzoſe, da — wie ich bereits oben erwähnte — ſchon Biſchof Johannes IV. ſeine Pra⸗ ger Reſidenz mit Gemälden aus Avignon ſchmück⸗ te, und da er eben ſowohl franzöſiſche Künſtler nach Prag kommen ließ, als es ſpäterhin Karl IV. that. — Herdeguonis; Heynricus, Schildverfertiger und Schildmaler; Hohnaw, Magiſter Ulrich; Janek oder Johann, Illuminator; ein anderer Janek als Bildhauer; Janko, Johann malh, Johann der kleine, ebenfalls Bildhauer (follten diefe drei Künſtler etwa eine und diefelbe Perfon feyn)? - Senzet oder Johann; Johann von Eule 6 Gilowe); Rohlik, Niklas; Jurk, Georg; Krumper:, Hieronymus; Kuncz, Bildhauer. (Ein anderer Kunz wird Übrigens auch als einer der Hofmaler Karls IV. bezeichnet); Kuon, Martin; Kynizs, Mier; Ladislaus; Los renz, Meiſter; Lukas, Illuminator; Lunda; Merſchinko, Peter; Mikes, ſonſt Niklas; Mikulaͤk, Jakob; Peczka, Jakob; Petrus, Bildhauer; ; Petrus, ventrosus genannt; P es trzik, Schildmaler, böhmifh Sſtitarz; Philips pus; Puſtota, Peter; Rinker, Meiſter Franz; vl 351 en, Niklas; Hubin: Eolanfty; Sftiepänef, Illuminator; Stryla, Joh. von Teyn, Sohann oder San z Tyna; Wenzel, Bildhauer und Walgeftern. *) Der die Art und Meife zu erforfhen wünſcht, ⸗ in welcher die erwähnten Maler arbeiteten, kann ſich durch die Bilder der unfern Prag gelegenen Burg Karlſtein am beſten davon überzeugen. Einige derſelben ſind in die Prager k. Univerſitätsbibliothek übertragen worden, um die künſtleriſche Unterſuchung zu erleichtern. — Uebrigens aber gibt es noch einen anderen untrüglichen Weg, zum genaueren Studium der Malereien aus Karls Periode zu gelangen, ich meyne die Einſicht der ausgemalten gleichzeitigen Mas nuffripte. Wer z B. eine Handſchrift aus jener Zeit ken⸗ nen lernen will, worin zugleich das Sungfrauen: und. Srauenleben des 14. Sahrhunderts nicht undeutlich erkannt wird, der laſſe fihmden Pergament = Coder Nro. XVIL A, 6, der Prager Univerfitätsbibliothef vorlegen. In vielen großen Anfangsbuchftaben find *) Bemerken muß ich übrigens , daß ich dies Vers zeichniß ziemlich mühfam,, aus Dlabacz Künft lerlerikon herauszog 5 feine etwaigen Irrthümer fallen demnah Diabacz zur Laſt. 53? - * hier nämlich Miniaturgemälde angebracht, die auch heut noch zu den zarteſten und lieblichſten Erſcheinun⸗ gen dieſer Art von Malerei gezählt werden müſſen; denn obwohl die Geſichter meiſtens nur die Größe eines halben Kirſchkerns haben, ſo ſind ſie doch wie Portraite behandelt, und haben überall ſo viel wahre Anmuth und Jungfräulichkeit, ſolchen Liebreiz, daß der Blick mit Vergnügen auf ihnen verweilt. Vier zierliche Jungfrauen find Blatt 4, um ihren beleh— renden Vater voll gefpannter Aufmerkfamteit verfams melt; drei andere fingen DI. 55- aus einm großen Bude, ‚ während wiederum zwei andre auf dem fol⸗ genden Blatte andächtig vor einem Pulte enieen. Ein junger blondgelodter Ritter , in blaufsidenem Mantel und in Beinkleidern, von denen ein Fuß blau, der zweite tofentoth iſt, ergreift auf Bl. 6. die Hand eines ſehr fhönen Mädchens, deren blonde Locken nur durch ein ſchwarzes Band zufammengehalten find, während ihren Reib ein Pbthes Gewand eng umſchließt, das ſi ſich unter den Hüften mit einem breiten Gold⸗ gürtel geſchmückt, und mit einem reichen Hermelin⸗ Beſatze bordirt zeigt. Sie hat einen Hermelinman⸗ tel leicht um die Schultern geſchlagen, und ſcheint ganz willig auf des Jünglings Verlockungen zu hö⸗ ren, welchem der Teufel in Geſtalt einer verzerrten 535 Fledermaus die Hand führt, und dem Mädchen das bei etwas zuflüftere. — Einige ſehr junge, zierliche Jungfrauen opfern Bl. 44. ihre Kränze und Kronen knieend vor einem Altare, während ihnen von einer Matrone die langen blonden Haare abgeſchnitten wer— den, und vier andre in einiger Entfernung die Hände falten, und mit Andacht dieſer kirchlichen Feier bei⸗ wohnen. — Bl. 116. iſt die Firmelung ber, Junge frau. Bl. 124. ihre Vermählung mit einem ſchönen Ritter- Jüngling dargeſtellt, der in eine Art grüs nen enganliegenden Koller gekleidet ift und Beinklei⸗ der trägt, von den wieder ein Fuß roth, der zweite grün if. Die Haare der Braut hängen in langen Flechten herab; fie reicht mit wahrer Seelentuft dem Geliebten die Nechte dar, während ber in der Mitte ftehende Priefter den Segen fpricht. Das größte dee ‚Bilder in diefer Handſchrift findet fih Bl. 157. wo die gefrönte Jungfrau vor gem Heilande Eniet und von ihm gefegnet. wird, während an den Geiten die himmliſchen Heerſchaaren auf Harfen, Zittern und, Violinen und mit Glöckchen muſiziren,, und ihre Tö⸗ ne jubelnd erfchallen laffen. — Außerdem fieht man | bie und da Wittmen, ein verheicathetes Paar und ‚andre Darftellungen, wie 3.8. einen inbrünftig beten⸗ den Dann mit langem Roſenkranze (Bl. 27.); den —— N S 554 Hausvater vor dem Wirthſchafts buche (Bl. 33.); eine Taufe, wo das zietliche Kindchen nackend ganz in den Taufkeſſel eingetaucht und hineingeſtellt wird (Bl. 214) ; die Feier des Abendmahles (Bl. 116); die Prieſterweihe (Bl. 124); das Beichtehören (Bl. 127)3 die letzte Oehlung (Bl. 147) und auf dem folgenden Blatte das Verſcheiden eines Mannes, dem ein Tode tengerippe die Kehle zuſchnürt, was freilich weniger edel iſt, als das Bild, unter welchem die Alten den Tod malten. Für die Koſtumkunde ſind dieſe Bilder ein wahrer Schatz, und verdienten wenigſtens in umriſſen nachgeſtochen zu werden, wobei man gewiß ſeyn kann, zierliche und erfreuliche Vignetten zu ers halten, wofern nur der Künſtler völlig treu arbeitete und fi fireng an fein Urbild hielte. Eine andere gemalte Handſchrift aus Karl des IV. Zeit beſitzt die Bibliothek des Kreuzherrenorden mit dem rothen Stern zu Prag. Es iſt ein Brevier auf 401 ſchönen Pergamentblättern in klein Folio mit großer Zierlichkeit in Spalten gefehrieben , deffen ‚Schreiber fih Blatt 60 in folgenden Morten nann= te: „Anno domini MCCCXXXVIIIo in die om- nium sanctorum, frater leo susceptus est ad ordinem SE Augustini Cruciferorum cum stella Anno domini M. CCC® ]j in octava sanc- — 535 ti Laurentii, idem frater leo electus estinsum- mum magistrum ordinis prediet. Anno D. M°CCCe Ivj° per idem fratrem leonem sum- mum magistrum dieti ordinis comparatus est liber iste et conpletus. Deo gracias.” | Auf Blatt 1. findet ſich eine Veronika Chriſti, umgeben von Heiligen der Kirche mit Spruchbän⸗ dern, deren Inſchriften ſich auf Chriſti Antlitz bes ziehen. Gegenüber übergibt die ſeelige Agnes, Tochter des böhmiſchen Königes Przemyſl, dem erſten Prager Kreuzherren⸗General Adalbert — ei⸗ nem Bruder des berühmten Jaroslaw von Stern⸗ berg, welcher die Tartaren in der Nähe von Olmütz in die Flucht jagte, — die Kirche des Ordens, damit ſymboliſch auf ihre Stiftung deſſelben in Böhmen hindeutend. Später folgt ein Kalender, mit fehr feinen Miniaturgemälden, welche in der Größe eines Eleinen Thalers, die verfchiedenen hervorftechendften Erfcheinungen jedes Monates harakterifiten; fo z. B. im Januar: zwei Priefter an der Tafel; Februar: ein Bauer wärmt feine Füße am Feuer; März: der pflügende Bauer; April: ein Süngling mit Blus men in den Händen; Mat: ein fihim Grünen ums armendes Paar; Juni: dee Heufhnitt; Juli: die Getreideerndte; Auguſt: das Dreſchen; September : 356 die Weinleſe; Oktober: das Einfäen. der Minters faat; November: der Blätterfall und das Beſchnei⸗ den der Bäume, und, Dezember: das Sdlachten der Schweine. Sn den Anfangsbuchſtaben der Kapitel trifft man Gemaͤlde: Bl. 9. Gott Vater thronend darunter König David mit der Harfe und ein Bes thenber ; Bl. 14: Chriftus und ein König; DL. 18: ein Fürſt mit der Krone und dem Hermelinmantel; Bl. 19; der König und ein halb entblößter Mann mit dem Narrenkolben ; Bl. 2A: Jonas aus dem Rachen des Seethieres zu Gott empor flehend; Bl. 31: s ein die Orgel fpielender Priefter ; Bl. 37 vier Prieſter ſingen aus dem Meßbuche; Bl. 44: Chris ftus und Maria, neben einander thronend z Bl, 775 die Taufe im Sordan; Bl. 216: der heil, Andreas, „den einige Häſcherknechte an dem Kreuze heftigen ; Dt. 273; .,der englifche Gruß, und Bl, 376 die Apoſtel Petrus und Paulus. — Dies wären die Hauptdarſtellungen; doch fehlt es dazwiſchen nicht an ſinnigen Arabesken und kleinen Handzeichnungen: ein Bogenſchütze zielt B. nach einem Haſen, fer⸗ ner ein Stieglitz der Hund geht auf der Fährte des Hirſches; Drachen mit Glöckchen an dem Halſe und Schweife; ein ſich an die Wand klammernder Kna⸗ be, Hund und Haſe, ein Knabe ſchiebt die Kugel — 357 vorwärts, Frazengeſichter, ein Storch, die Löffel- gans, eine Enieende Jungfrau, Fiſchfänger, Laſtträ⸗ ger, Phantafievögel, ein Wiedehopf, ein Eisvogel, der Gärtner befihneidet einen Baum, ein Kriegsknecht lehnt fi an die Säule, ein Knabe fucht einen Vo: gel zu erhafhen ꝛc. — Außerdem fehlt es auf Feiner Seite an zierlichen rothen und blauen Schriftzügen ; die meiften.Eleineren Anfangsbuchftaben find ebenfalls bunt gefhmüdt. Mit einem Wort, der Käünſtler uniterlieh nichts , feine Handſchrift nach beſten Kräfs ten auszuftatten. Ueberall zeigen fih die Karben völlig feifch ; überall iſt der Faltenwurf auch hier na⸗ türlicher fallend, als in’ fo vielen -deutfchen Bildern des 15. Jahrhunderts. Es fehlt den Gefichtern nicht an wahrem Ausdrud, und man kann mit Zug und Recht behaupten, daß der Maler Zeihnung und * benmiſchung wohl verſtand. Von einigen anderen Buderhaudſcheiſten der k. | Univerficätsbibliothet und des Stiftes Strahomw, die _ die ich ebenfalls zu ſchildern verfuchte , kann ich hier nicht ausführlicher fprechen , um dies Werk nicht alle zufehr auszudehnen · 338 Ein Bid auf Böhmens Vorzeit, bevor fid das Ritterthum und Bürgermwefen A ar ER entwidelte. Menn es fhon an und für fich eine ſchwere Auf: gabe ift, ſelbſt ſeine nächſte, beſchränktere Umgebung gehörig kennen zu lernen und ein Urtheil zu fällen, welches fie genügend charakteriſiren ſoll; wie doppelt ſbwierig muß die Aufgabe dann nicht erſt ſeyn: die Sitten und Denkweiſe größerer Geſellſchaftskreife deutlich und mit geſchichtlicher Treue zu ſchildern, zumal wenn ſie durch Jahrhunderte von der Gegen⸗ wart geſchieden ſind! Das Eigenthümliche jeder Zeit zu erkennen, und es als ſolches auch darzuſtellen, erfordert ſeltene Geiſteskraft und jenes ſorgfältige Bes rüdfichtigen fo vieler Einzelnheiten , durch deren Zur fammenftellung erft allmältg ſich ein der Wahtheit nahe fommendes Abbild entwerfen läßt. Pour bien savoir les’ choses, il en faut savoir le detail, fagt Rochefaucault ſehr wahr; und wären manche früher oder fpäter lebende Hiſtoriker von diefem Er: | Fahrungsfage durchdrungen gemwefen, fo gä äbe es auch ſchon jetzt mehr Klarheit, mehr eigenthümliches Leben in unſern Geſchichtsbüchern, als wir größtentheils darin finden. Es iſt nicht immer nöthig, ſich mit klein⸗ I A 710389 lichem Ausmalen zu befaffenz; aber dennoch ſcheint dies in gewiffen Fällen das Nechte zu ſeyn, insbes fondere wenn e8 fich darum handelt : den Menfchen in feinen Schwächen, d. h. in den eigentlichen Triebe federn ſeinas Handelns zu belaufen , die ung das Verſtändniß zu vielen ſonſt unerklärbaren Sa gen öffnen. Die Pflichten eines Sittenmalers find. von den Chroniften des Mittelalters nur höchit felten geahnet worden; fonft würden fie ung fchwerlih Nachrichten überliefert haben , denen das örtliche Gepräge , folge fich auch das bleibend Intereffante und Eigenthüm— liche völlig mangelt. Daß au Cosmas, — der ältefte und in vieler Beziehung einer der achtbarſten Gefchichtfchreiber Böhmens — von der Neigung nicht völlig frei war, mit Belefenheit zw prunfen , flatt uns fein Volk treu und nad dem Leben zu fchildern, kann nicht abgeläugnet werden. Schon weiter oben ward erwähnt, daß er Libuſſ a eine Rede halten ließ, die ſich bereits in dem Buche der Könige findet; aber ſelbſt die Schilderung der Urbewohner Böhmen's iſt von ihm faſt wörtlich aus dem Werke des Bo &= t ius Über den früheften Zuftand der Menfchen, oder - aus dem Abſchnitte über die Scythen entnom⸗ Pa 340 men, welchen Abt Regind ſeiner Chronik einſchal⸗ tete. *) In Betreff des Volkslebens * Böhmen als fie noh Heiden waren, gibt und Cosmas nur wer nige Nachrichten , die überdies , wie wir fahen,. nicht immer für gefhichtlidh zu halten find, fondern nur auf mündlicher Tradition beruhen. Wo alfo follen wir über die früheften Sitten und Gebräuche des Landes treue Ueberlieferungen auffinden? Etwa in den Mährs chen des Hagek oder Dubravius? Mein! der Mafftab kritiſcher Forſchungen läßt fih bier nicht anlegen. Auch find feine Baudenkmäler aus jener Zeit vorhanden, denn einige Erdwälle, melde ſich hie und da noch auf Anhöhen finden, wird man ſchwerlich dafür ausgeben wollen. — Etwas anderes dagegen iſt es mit ben ausgegrabenen Todten- Urs nen a Maffen, Geräthſchaften u. ſ. w, die man A) Boigt hat bie Beweigſtellen i in feiner Abhand⸗ lung über den Geift der böhmifchen Gefege (Dres: ben, 1798) Seite 24 — 25 aufgeführt. **) Diefe Urnen bielt man fonft für felbftgewachfene Töpfe für ollas fossiles, ollas crescentes;5 felbft Balbin nimmt diefe fabelhafte Meinung noch eben fo an, (f. Miscell. Dee. I. Lib, 1. pag. 1215) wie fie um das Jahr 1527 der pol⸗ niſche Geſchichtſchreiber Mathias von Mirſcho w Pe / 2 4 T in bald in ſpitzigen, bald in ovalen, runden, in größe: ren oder. Eleineren Zodtenhügeln, und zwar im Bes rauner Kreife bei Lochowitz, Horfowig und ſonſt noch in anderen Bezirken fand. Man entdeckt darin mans (f. Pistorii Seripp. Rer. Polon. T. II. pag. 9) und ebenfalls Martin Cromer zu verbreis ten fuchten. Auch der Soahimsthaler Prediger Mathefius fhrieb in der ı5ten Predigt feis ner 1571 zu Nürnberg gedruckten Bergpoftille, von diefen angeblich felbfigewachfenen, in. Böhmen und der DOberlaufig ausgegrabenen Zöpfen: „Ein Wunderding ift es gleichwohl, -daß fo manderlei Formen an denfelben Zöpfen feyn, da auch Eeiner dem andern gleich ift, und daß fie unter der Ers „ den weich feyn, wie die Korallen im Waffer, und an der Luft hart werden. Item, daß in einem jeden Zopf was Sonderlihes liegt, Ich hab ein windſchaffen Ringlein an einer Gräfin gefehen von Gold, Eilber und Kupfer fehr artig getvunden, das hat man in einem folchen Erdtopf gefunden. Man dis⸗ putirt wohl, es fey an dem Ort etiwan ein Begräbniß gewefen, darin man todter Leut Aſch', Wie in die alten Urnen oder Z:hränentöpflein, darin man der Weinenden Zäher gefaffet habe. Aber weil man die Töpfe nur im Maien gräbet, da fie fich felber ver— rathen und als wäre die. Erde ſchwanger, einen Hübel machen (?!), darnach fi die, fo ihnen nach⸗ gehen, richten, laß ich's natürliche, ungemachte und von Gott und der Natur gewirkte Töpfe feyn.” 542 che merkwürdige Ueberreſte des Alterthums, 3. 8. ziegelfarbige Urnen mit feinem rothen Ueberzuge, Schalen und Schäthen, Zöpfe, Kleinere Gefchiere, den Theil eines Degens oder Schwertes; Reſte einer eifernen Scheide mit dünnem Kupferblech Überzogen, welche fogar mit Edelſteinen befegt war, wie es noch gewiffe Vertiefungen zeigten ; Bruchſtücke von Kno⸗ chen, kupferne Ringe, das Stück eines Degenges fäßes, ovale offene Armringe, etwas Thon, der nach "Honig roh, drei Stück Schmelzglas, eine kupferne Rundnadel, eine hohe Schule von ſchwärzlichem Thone ꝛc. *) Viel wurde darüber geſtritten, ob man dieſe Ges genſtände, welche allem Wahrſchein nach in die Zeit von 600 — 900 J. nach Chriſti Geburt gehören, den alten Slawen oder Germanen zuſchreiben folle ? Dobner wollte es durchaus nicht zugeben , daß bie- Slawen jemals ihre Todten verbrannt hätten *3 dagegen äußerte ſich bereits Dobrowſky im J. 1786 in Teiner Abhandlung über die Begräbnißart der alten Slawen Überhaupt und der Böhmen ingbefons Pi; ©. bie Abhandlungen der Eönigl. böhmifchen Ger ſellſchaft der Wiſſenſchaften, 19502 — 4 **) ©, Annal, Hajec. P. II. p. 51. i ’ 543 dere: „Es ſcheint hinlänglich erprobt zu ſeyn, daB auch bei flamifchen Nationen, wenigflens bei denen, die mit andern Völkern grenzten gleich wie. bei den Griechen, Römern, Deutfben und Balliern ,. der . Gebraud) Leihen zu verbrennen, wo nicht allgemein, doch zum Theil beobachtet worden iſt.“ — Und wei— terhin : „die in den Grabhügeln entdeckte Urnen has ben ſchon längſt viele Gelehrte. auf die Gedanken ges - bracht „ daß. diefe Gefäße nicht den ältern Inwoh⸗ ‚nern, den Deutſchen, ausſchließungsweiſe, ſondern größtentheils, wo nicht alle den Slawen, welche die⸗ fe Länder ſpäter bezogen, fleißiger angebaut und ſtär— ker beuöffert, haben, zugehören mögen ꝛc. — Weit nun auch in Böhmen dergleichen irdene Geſchirre in der Erde häufig gefunden werden, ſo wird es höchſt wahrſcheinlich, daß wenigſtens ein guter Theil der⸗ ſelben von den böhmiſchen Slawen herrührt.“ — Seine Vermuthungen beſtätigte der ausgezeichnete Forſcher faſt zwanzig Jahre ſpäter, indem er in den Abhandlungen der königl. böhmiſchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften (Prag 1804) behauptete: „Es läͤßt ſich nun nicht mehr zweifeln, daß die alten Eins | wohner Böhmens ihre Zodten verbrannten, _ Aber - welchem Volke mögen. diefe Urnen zugefchrieben wer: den müffen? Sollen alle durchgängig von den Bo— 344 jen, einem galliſchen Volke, oder von den Marko—⸗ mannen, oder von den Slawen herrühren? Wie ſoll man Markomanniſche und Slawiſche Grabhügel | unterfcheiden 2 Es wird höchſt wahrſcheinlich, daß diefe Grabhügel von heibnifchen — herrühe — ——— Eine ähnliche Bewandtniß wie mit dieſen Urnen, hatte es vielleicht mit den Münzen vom reinſten Golde, welche in verſchiedenen Gegenden Böhmens z. DB. bei Kuttenberg, bei Niſchburg unfern Beraun, und insbeſondere bei dem Dorfe Podmokel im Ras konitzer Kreiſe gefunden wurden, und es bisweilen noch gegenwärtig werden, zumal nach ſtarken Regen⸗ güſſen. Diefe Münzen waren fonft unter dem Na⸗ men „Regenbogen » Scüffelhen? allgeniein befannt, weil man- dafür. hielt: fie würden an: jenem Page entdeckt, wo ſich der Sage nach, der Regenbogen an beiden Enden auf den Boden ſenkte; deshalb iR: man ihren Finder auch ſo glücklich, als habe *) Allgemein mochte bei den Älteften Slawen das Verbrennen der Leichen dennoch nicht feynz denn die. Kiomer begruben z. B. ihre Zodten (©, * Wiener Jahrbücher der Lit. Bd. XXVH S. 91)5 die Ruſſen dagegen, verbrannten fie, wie Leo Diaconus beweiſt (5. Jahrb. a, a. O. ©. 1n 4) , ‘ * 345 er einen Talisman erobert, — Zu Podmokel ward im J. 1771 ein Keffel mit mehreren taufend folcher Münzen ausgegraben, die gegen go Pfund Gold wogen. Die Finder hielten fie für meflingene Knds pfe, und Einer derfelben trug viele davon zum Schmid des Dorfes, um fich ein paar Schuhfchnallen verfer— tigen zu laffen; doch fahen bald darauf die Handels— juden deutlicher. Diefe gegoffenen, nicht geprägten Münzen, auf denen fich bis jegt nicht zu erflärende Zeihen, vielleicht fogar Runen finden, wurden bald für arabifh, bald für markomanniſch ausge: geben. Auf jeden. Fall wäre ihre Entfiehungsges fHichte merkwürdig, und würde als Beitrag für die Vorzeittunde des Landes willtommen ſeyn. — Bon dem eigentlichen Namen der Böhmen : Ges hen (Tſchechen) und daß er von det i, Anfang zc. abgeleitet werden müffe, war bereits oben Site 171 die Rede. Mithin erfcheinen die Cechen höchſt wahr⸗ ſcheinlich als die vordern, die erſten Slawen, die Anfänger, die an der Spitze einer großen Volkswanderung in die weſtlichen Gegenden vorrück— ten. Dieſe Herleitung iſt die ungezwungenſte; — und eben fo genügend erklätt Dobrowſky in feis ner Abhandlung Über den Urfprung des - Namens fcheh (Prag, 1792) die Pommern, Pomo- ® P35 545 vane für Anwohner des Meeres (von po nach, an, und more, Meer); die Polaben für Anmohner der Elbe (von po und Labe, Elbe); die Polen für die Bewohner flacher Gegenden (von Pole, Feld, Ebene , Gefild); die Laufiger für Leute in fume pfigen Gegenden oder Wäldern (von Luh, naffer Drt, Wald; daher luze, Lufche eine Pfütze, Kothlade, wie man dies Wort noch allgemein ſelbſt in dem völlig deutfchen Schlefien hört); die Schles fie r endlich für die letzteren, die rückwärts wohnens den Slawen (von Sled, die Folge ; napofled, zuletzt; pofleze, zuletzt ꝛci) Laſſen uns alle Urkunden der Archive und Bib⸗ liotheken im Stich, ſo wird die Etymologie bisweilen zur beſten Führerin. So behauptet z. B. Pelzel in feinem Auffage über den Urſprung und Namen der Stadt Prag *): Prag habe feinen Namen, — wiewohl es Cosmas behauptet und dies Hundert> taufende ihm nacerzählten oder nachſchrieben, keines— wegs von Prah Thürfchwelle , fondern von dem veralteten ſlawiſchen Worte Prag, d. h. Waffers falt erhalten. Diefer fey fonft am Prager: Schloße \ *) S. ben 2. Band der Neueren Abhandlungen der . böhm, Gefellfh. der Wiſſenſch. (Prag 1795). 1 SS 347 in dem Hirfehgraben durch den fchnellen Bach Br u- fEa gebildet worden, der früher eim weit. engeres Felfenbett Hatte und ſich wirklich als Waſſerfall über die Klippen ftürzte, bevor man die Steinmaffen fpreng= te, . und feinen Zluthen eine weitere Ausdehnung geftattete. | ‚Die verfchiedene Beſchaffenheit und Lage der Orte [haften cheils am Walde , theils am Waffen, Fel⸗ fen u. fs w. gab ihnen den Namen, und diefem nas- turgemäßen: Verfahren huldigte auch das Volk der Böhmen bald nach feiner Einwanderung. So gibt es 3. B. in Böhmen no über fechzig Derter, wels che von der Birke oder einem Birkenwalde (Brezyna) den Namen haben; andere heißen nad) Kieferwäldern (Bor); mehr als achtzig Orte heißen nad) der Buche (Buk), gegen vierzig nad) dem Thale (Podol), achtundswanzig nach dem Bache (Poric), fait ebenfo viele nach dem Berge z. B. 28 Podhot und 36 Zahotiz fehr viele nah dem Walde Zalefy). Ward das Dorf an einem Drte angelegt, zu welchen zugleich ein bes flimmter Umfang von Land, ein beftimmter Diftrikt gehört , fo erhielt der Dit den Namen Augezd; daher gibt es in Böhmen über hundert Augezd und Augezdec. Der Feldbau ward ebenfalls eine . P4 348 Beranlaffung ſolcher Big Eine Meieret, die man von dem Grundheren auf unbeflimmte Zeit (Ehuta) zur Nutznießung erhielt , gab den Namen Lhota, daher zähle man mehr als dreihundert Lhot a's oder hot as im Königreihe: von Flü⸗ Ben, Bächen und Fuhrten (brod) galt daffelbe, daher 17 Derter mit Brod zufammengefegt, Von dem ſchnellen «biftep), Flüſſe gibt es über +5 Biftra oder Bifttice. *) Zu bedauern ift es, daß die — ⸗ denheit über die Aechtheit oder Verfälſchung der viel beſprochenen böhmiſchen Poeſie Libuſſa's Urs theil“ dem Hiſtoriker bis jegt noch nicht geſtattet, diefe Dichtung als eine der Erkenntnißquellen einheis miſcher Nationalfitte anzuführen. Dafür aber laffen fih in mehreren Gefängen der, beftimmt um das Jahr 1300, wo nit früher, gefammelten Könis ginhofer Epopden = und Liederhandfhrift, noch viele beidnifche Momente der ehemaligen Böhmen nadıs weifen. So geht unter andern aus der Dichtung von Czestmir und Wlaslaw hervor, daß den ‚Göttern auf hohen Felſen Opferftiere gefchlachtet wer⸗ ‚den; wobei das Volk laute Robgefänge anftimmt; 9 S. Pelzel 0. a. O. — Pr - P | E, 549 Morena *) lullt den im Kampfe Gefallenen in die ſchwarze Nacht; feine Seele fliegt aus dem Mun⸗ de und flattert von Baum zu Baun fo Iange Zeit, bis des Todten Leib zu Aſche geworden iſt. In dem Epos Zaboj, Slawoj und Ludiek ſchweifen die Sees len auch auf den Bäumen umher; vor ihnen ſchrecken Vögel und das ſcheue Wild zuſammen, nur die Eu— len entfliehen nicht. Der Heide klagt bie —* | an, und ruft dem Freunde zu: | Bruder, fieh ! die malmten un’ 7 Götter, Diefe fällten unfre Bäume, Scheucheten die Sperber aus den Hainen, In der Perfon des Helden Zabej ftelle uns der Dichter den wahren Repräfentanten der übermächtis *) Dies Wort heißt, merkwürdig genug, indiſch M as rana und bedeutet den Tod. In einem mähris ſchen Frühlingsliede, zu Oſtern geſungen, wenn die Figur des Winters oder des Todes hinausgetra⸗ gen und dafür der Sommer ins Dorf zurückge— bracht wird (eine, in ſehr vielen Tlawifchen,, oder ehedem ſlawiſchen Gegenden noch jest übliche Sitte) wird der Tod Marzenn (Marjana) genannt. Gleich der Anfanglautet: nefem nefem mars zenu, na olleju Smazenu x. (©. Wiener Jahrbücher der Lit, Bd, XXVI ©. gı.) 550 y 5 gen . Körperbefchaffenheit jener heidnifchen Böhmen aufe Er iſt fo fark wie Siegfried war, aß ihn. die. Zarrenfappe fchügte z er iſt ein zweiter. Ries fe Asprian und kann es mit den Eräftigften Schwerts - degen des Heldenbuches aufnehmen; und wäre ein - Scherz hier geftattet , fo wollte ich behaupten: Das boj Eönne nad dem Tode nicht, gleich den übrigen attböhmifhen Leichen, verbrannt worden feyn , ſon⸗ dern fey dicht an der einige Stunden von Prag ents fernten Burg Tetin — wo man. die: heilige Lud—⸗ milla erdroffelte — begraben worden; denn in der deutſchen Ueberarbeitung von Martiniere’s Diction- baire Geographique et Gritique (£eipjig 1749, Bd. XI.), leſe ih: „Im Jahre 785 will man ei⸗ nen Rieſenkörper zu Tetin ausgegraben haben, deſſen Kopf kaum zween Männer umklaftern kön⸗ nen. Die Schienbeine davon ſollen 26 Schah lang geweſen ſeyn. Hagers ©. 1. Thl.“ Dies be: hauptet aud) Bal bin in der Gefhichte des heiligen Berges, und ſogar Dobner in dem Commentar zum Hagek, der noch hinzufügt: auf Befehl des Fürſten von Tetin ſeyen dieſe Gebeine an die Tetiner Burgthore befeſtigt, und als eine große Merkwür⸗ digkeit angeftaunt worden. Dem National Mufeum . wären biefe Mammutsknochen vieleicht * intereſ⸗ 551 fanter geweſen, als das Eleinere, am Abhange "des " Prager Laurentiusbergesd unlängſt ausgegrabene * ſtück eines Mammutsthieres! — Das heid niſche Land verwandelte ſich * lig in ein chriſtliches. „Vöhmen wurde nicht mit ei⸗ nem Male bekehrt, (ſagt Dobrowſky *). Wir müſſen wenigſtens drei Epochen gehörig unterſcheiden. Die erſten früheſten Bekehrungen fangen etwa ſchon mit dem Jahre goßz an; allein, da wir davon nichts Gewiſſes und Beſtimmtes wiſſen, ſo nehmen wir die Taufe der 14 böhmiſchen Herzoge oder Fürſten (im J. 845), als die erfte epochenmäßige Bekehrung durch bairifche Priefter an. Die zweite Bekehrungs⸗ anftalt fängt mit Botimoys Taufe an (zwifchen den Sahren 887 — 890), die, wenn fie gleich nicht durch gleichzeitige Zeugen erwiefen ift, ſich doch als eine als | te einheimifhe Tradition bewähren kann. Die drits te, auch im Auslande bekannt gewordene Bekehrung, ward unter den ſächſiſchen Kaiſern, von den Herzogen Spitignew, Wratislaw und Wenzeslam eifriger, als die frühern, betrieben.” *) S. feinen „erſten kritiſchen Verſuch, die ältere — ————— Geſchichte von ſpäteren SEEN: zu reinigen” (Prag 1903.) 35° Böhmen beftand im 9. Sahrhundert, gleich Nu $: fand, Polen und Schlefien, aus vielen ein zelnen Fürſtenthümern; doch behaupteten die Prager ı Herzoge den Vorrang unter ihnen, wie dies aus den | Fulder Annalen auf das Jahr 895 hervorgeht. — ⸗ Die Chroniflen fhweigen bekanntlich über die damali— ge Landes = Berfaffung ‚ über den inneren Verkehr | | gänzlich ; etwas heller wird die Zeit des heil. Wen: zel, der wahrfcheinlid 906 oder gog geboren wur: f den und eben das zo. Jahr erreicht hatte, als ihn fein Bruder Boleslaw zu ee ermorben * Völlig * und barbariſch, völlig alles Sinnes für die veredelte Lebensrichtung entblößt, — waren die heidniſchen Böhmen gewiß nicht. Es iſt Schade, daß ſie keinen ſo geiſtreichen und gutgeſinnten Schilderer fanden, als die Germanen an Tacitus; man wür⸗ de ſich dann ſpäterhin ſchwerlich erlaubt haben, fie ungefähr mit den nordamerikaniſhen Wilden auf ein und diefelbe Stufe zu flellen, wie es hie und da gefchah. *) — Indeß machte die Kultur freilich nur ) Ganz ‚anders lautet freilih Pro kop's anziehen⸗ de und anerfennende Schilderung der Slawen; , und welches beachtenswerthe Bild derfelben entwirft \ 3553 geringe Kortfihritte, und felbft während der erften rifttichen Sahrhunderte ift Eein befonders erfreuligger Zuftand nachjumeifen, woran aber , wie gefagt, der Mangel an damaligen , das Volksleben beachtenden _ Chroniften wohl größtenteils Schuld if. Es bleiben - dem Gefhichtsforfher nur einige. trodne Urkunden, aus denen er mwenigftens manche Hindentungen auf dämalige Äußere Bildung, zu entnehmen vermag. Go werden 3. B. in ber Stiftungsurkunde des Benedik⸗ tiner Kloftrs Brewnow bei Prag (heut St. Margareth), welche Herzog Boleslaw IL. im Zahre 993 ausftellte, bereits Weinhauer erwähnt; es if datin von Erbauung der Städte, von Unterhaltung der Brüden 20, die Rede. — Um das Jahr 1050 beftätigte derfelbe Herzog die Stiftung der Kollegial⸗ kirche zu Altbunzlau, und unter den Stiftsuns . terthanen werden fhon angeführt: Winzer, Bauern, Schüffel = Dreher (tornarius scutellarum) Müller, Bäder, Bienenwärter, Fiſcheinſalzer und Fiſchräuche— ter (Salmensarii), Kürfchner, Schuſter, Fiſchet, Goldarbeiter, Faßbinder, Schaffner in den Meierhö⸗ fen, Hausknechte. (S. Voigt, a, a. O. Seite 56.) nicht H RE in feinen Ideen zur RER der. Merihriit \ * J— — > x * 354 N — Sn einer. Urkunde des Herzogs Spitignem, wodurch er die Kollegialliche zu Leitmerig im J. 2005 fliftet, findet man. auch Handwerker, Dienfts mägde (puellas operatrices), einen Schiffzoll auf der Elbe ıc. erwähnt, Es find. verfchiedene Strafen aufgeführt, die in der. That nicht Mangel an Gefühl verrathen, z. B. Nedoperne, die Strafe desjes nigen, der ein Vogelneſt mit der jungen Brut zer⸗ flötte; die Strafe Glam a (Hlawa), welche derjenige. zahlte, auf deflen Grund und Boden. die Ani eines. ren gefunden wurbe ꝛtc. Böhmen war bereits damals d.h. um das Sabı, 1000, und alfo nicht erft unter Karl IV., in Provins zen oder Kreife eingetheilt , wovon in den Urkunden. jener Zeit der Pilfner, Kaurfimer, Leitmes tiger; der Prabinern, Beliner, Diecjis ner oder Tetſchner, der Szaslawer, Chrus dimer, Königingräger und Bunzlauer erwähnt werden! Jeder -diefer. Provinzen hatte ih⸗ ven Landrichter (Judicem Provincialem.) — Man brach Mühlſteine, folglich gab e8 Steinhauer, So viel verftand man vom Wafferbau und der Mecha⸗ nie, um Mehre und Mühlen bauen zu Eönnen. Es gab nur eine -Münzforte, d. h. die Denare; doch kannte man ein beſtimmtes Feldmaaß, Manſus oder 555 Hube genannt 3 dann ein Maaß für flüßige Gegen⸗ ſtände: Urna oder Eimer; eine Art Gewicht, Stein bezeichnet ꝛc. — Im Stiftungsbriefe des Brewnio⸗ wer Kloſter's allein, werden ı2 Städte und Flecken, 23 Dörfer und Höfe, 5 Flüſſe und Bäche, 2 Wäl⸗ der, 2 Wege ꝛc. — Em mußte alfo fehon fehr bevölkert feyn, — | Was die Sitten jener Tage betrifft, fo ahellt aus der von Chriſtann, ‘dem Sohne Boleslaw des Grauſamen, verfaßten Lebensbeſchreibung des heili⸗ gen Wenzel, daß zu deſſen Zeit in Prag noch Knech⸗ ‚te und ihre Kinder auf den Marktplätzen öffentlich feil gebeten und verkduft wurden. Der Biograph fagt von dem heil. Wenzel: mittebat ad forum’ et pueros quotquot venales :manus' vendentis at- tulerat, pro solius Dei amore sibi emebat. — — Ein bedeutender Theil des "Volkes beftand aus Leibeigenen, die man Duffnjt von Duff Seele, nannte, weil fie nichts Eigenes hatten, als ihre Seele, Alles übrige, ihre Kräfte und ihr Zeibi fand ihrem Herren zu Dienften-{fo fagt Dobrowſky). — Ein jeder Unterthan war, kraft der Landesgeſetze, verbunden, zur Erbauung der Marktfleden, vermuthz lich durch Zuführe der Baumaterialien, etwas beizus tragen, die Brüden in gutem Stande zu erhalten,‘ 356 35 BR | vor dem Landgerichte zu erfcheinen und dort fein Recht zu führen, den herzoglichen Jägern und den Edelleu— ten freie. Herberge: zu geben urf. m, (S. Dobrowſty in den Abhandlungen der böhm. Geſellſchaft der Wiſſen⸗ ſchaften 1786, Seite 178 fi). Einige Andeutungen Über manchen Gedreuch der alten Slawen überhaupt, ſind von Rakowiecki in feiner Pramda ruſkarꝛc. zuſammengetragen worden. Dies Werk fand in den Wiener Sahrbüchern der Literatur, Bd. XXVII. einen gründlichen Bes urtheiler, deffen Worte ich hier entlehne: Unter den Getränken war bei den ehemaligen Slawen, insbes fondere beiden Slaweno = Ruffen, der Meth das vorzüglichfte; Bier bereiteten fie aus Malz, Kwas war ihr täglicher Trunk 26, Für Becher brauchten die Slawen auch Hörner, rogi. Ihre Werkzeuge zur Muſitk waren und find noch das Horn, rog, die Sadpfeife, duda, Eoza, ferne dudfa, fwis ft alka (Pfeife), der hudoh mit drei, die bans dura mit fieben Saiten, die Geige gufli. Von Tänzen werden genannt der polaf, Erafomi: at, mazuref, kozak, holubiec, zumfa w f. w. Die Polen, fo wie die Böhmen, nahmen bie . deutfche Benennung tanec an; pljafta Eennt auch der Rufe. Zu den Spielen gehörten auch bie -_ ; 557 Merten, zaklad y; felbft das Würfelſpliel war den Slawen nicht unbekannt. ? Nachſtehende Mittheilungen werden ebenfalls Kon | dienen, das ehemalige Bolfsleben ber Böhmen einigermaßen. zu charafterifiren. : Sie waren etwas ſchwierig aufzufinden und ſtehen auch noch fehr ver— einzelt —* indeß mag man ſie als Fingerzeige gel⸗ ten laſſen: Cosmas erzählt, daß — Sobieſlaw im J 1125 „bei der Stadt Prag in dem Walde, welcher das Klofter Btewnow umgiebt,” übernachtete (prope urbem Pragam iin sylva, quae est circa coeno- bium Brzewnow.) — Sn der ſlawiſchen Geſchich⸗ te des Helmold findet ſich die Nachricht, daß im J. 2164 eine grofe Menge gefangener Obotriten ven dem fächfifhen Herzoge Heinrih, nah Böhmen als Leibeigene verkauft wurden. — Die alte Chro= nie des Chorherrn von Selau, welche Dobner im erften Bande feiner Menumenta abdruden ließ, berichtet Seite 95: daß Herzog Sobieſlaw, der im IJ. 2174 bie Regierung des Landes übernahm , fein Herz vorzüglich den Untertbanen und Armen zumandte, fo daß man ihn gewöhnlich den Fü rften der Bauern zu nennen pflegte (et appellabatur vulgo Princeps Rusticorum),, Auf at 558 len feinen Meifen durch das Sand begfeiteten ihn die Hifsbedürftigen zu Pferde oder zu Fuß; mit einem Wort, fein Sinn war ganz darauf gerichtet, die Ars men zu befihügen und die Landesgefege in Wirkfams keit zu verhalten (omnis ejus intenlio, tota mens erat lueri pauperes, et conservare terrae sua jura.) — Bon König Przemyſl Ottokar II. welcher gegen Kaifer Rudolph I, blieb, fagt Abt Petrus: er ‚gab Gefege und „mäßigte durch gewiffe Sitten = Vers orbnungen die Rauhigkeit des böhmifchen: Volkes, welches bis jegt noch in thierifchen Gewohnheiten bes fangen war” (et gentis Bohemice, queadhue bestialibus vegetabatur moribus, ruditatem qui- busdam urbanitatis regulis illustravit). — Bet den Sortfegern des Cosmas lieft man: „Im Sahre 1968 ließ König Drtokar in einzelnen Dörfern Grus ben machen, und Günfe oder kleine Schweine. dar⸗ ‘über befeftigen, um die Wölfe zu fangen” (ad ca- piendos lupos.) — Und in der Chronik des Abtes Neplaho: „Da die armen Unterthanen durch ſchlechtes Maaß und Gemicht-fehr viel: zu leiden hatten, fo befahl König Dttofar im J. 1278 durch “ganz Böhmen, alle Gewichte zu erneuern und fie . mit dem Eöniglihen Zeichen zu verfehen; was früher nicht der Fall geweſen war: weshalb die Großen und 359 Bürger diefe Neuerung — die Bauern und. Armen jedoh darüber jubelten” (rustiei et pau- peres gloriabantur.)- | Auf dem Randtage, melchen Karl IV. im Sabre 1556 in Prag hielt, wurde, wie Benes berichtet, vers fügt: ‚daß die Armen, welche bis jest wenig ober feine Gerechtigkeit gefunden hatten (pauperibus, quibus hactenus modica vel nulla iustitia. in terrae iudicio reddebatur) auch gegen die Reichen und Baronen vertreten und gefhüßt werden follten. Und es ward feftgefegt, daß ſich Fein Baron ober ‚Edler, der in der Sache eines Armen vor das Lande gericht gerufen würde, weigern folle zu erfcheinen, damit jene fih des gefeglichen Schubes —* zu erfteuen hätten.” ade von Duba, der vom Sabre ur bis 1391 unter Kaiſer Kart IV. und deſſen Eohne König Wenzel, Oberfter Landrichter Böhmens war, entwarfsin böhmiſcher Sprache eine Beſchreibung der Landes ⸗Gerichtsverfaſſung, welche er 1402 dem Könige einhändigte. In der Zueignung an denſelben, ſagt er woͤrtlich (S. Zeitſchrift des Nat. Muſ. April⸗ heft 1828, Seite 298): „Ich meyne, daß es we⸗ nige böhmiſche Herren gebe, die ſich erinnerten, was ihre Väter für Geſetze hatten; und da fie es nicht 360 wiſſen, führt jeder das Amt nach feinem Willen, nah feinem Sinne und eigenem Gutdünfen, uns barmherzig Geld erwerbend, gegen die alten Sagune gen; dadurch die Krone Böhmen, Nitter und Edle . (Panoffe) gar fehr an ihrer Erbfolge, du an deiner Herrſchaft, die geifttichen und weltlichen Gemeinden an ihrer Ehre und Gut, die Armen und Waifen an ihrem Erbtheile durch nachläffige Amtsführung vers kürzt werden.” — Ich weiß nicht, ob man Bale ‚bin Glauben fchenken darf, der in feiner Biogra⸗ phie des Erzbifchofes Arneft behauptet: „in jener Zeit, (um 1340) habe auch die bedeutendfte Familie von dem Ertrage eines Dorfes bequem und glänzend genug, wie es ihr Stand erforderte, gelebt; (lib. J. cap. II.) Und Here Dechant Wacek bemerkt in dem Auguſthefte 1827 der Mufeums ⸗Zeitſchrift Seite Hr „Es befteht noch eine Iateinifhe Urkunde von dem Kopidlner = Altenburger Gebiete vom J. 1349, wo aus dem Kleinen Dorfe Rmenin und dann von zwei Bauernhöfen und einer Chalupe (Taberna) des Dorfes Waziz der jährliche Grundzins 500 fl. Silber ‚betrug, die der Erzbifchof Erneft, als Grundherr von Altenburgr zur Errichtung eines theologifchen Lehrſtuhls in Prag gewidmet,” Auf diefe Art unters (ag das Volk demnad) bedeutenden Abgaben. . 361 Böhmens früheſte Geſetzbücher erwähnen auch bisweilen des Volkes und fprechen hie und da von feinen Verpflichtungen, weniger oft von den ihm zu Theil gewordenen Begünftigungen, Aeußerft wiche tig find jene Rechtsfammlungen für Erforſchung alter Zeit und Sitte, deshalb_dürfte eine kurze Nachricht fiber fie, bier am rechten Drte ſeyn: Nr, I. Die erſten gefhriebenen Rechte des Landes flammen von dem ausgezeichneten Könige Przemyſl Ottokar I. her, einem Sohne des Königes Wladiſlaw; Detofar regierte von 1197 bis 122% Sreilich ift eines dieſer Gefege gegen das Volk fehr hart, Voigt theilt es Seite 75 feiner Abhandlung Über den Geift der böhmiſchen Gefege mit: „Wenn der Befiger eines adelichen Gutes in eine gerichtliche Klage (Narok) verfällt, fo Eann er flatt feiner Pers fon, einen Unterthan zur Wafferprobe ftellen. Hält fie diefer nicht aus, fo muß fein Herr 200 Denare Strafe zahlen (ein Denarius galt unter Ottokar II, etwa 5 oder 6 Kreuzer heutiges Silbergeld.) „Nr, II. Das Sglauer Geſetzbuch, vor dem I. 12575 von König Wenzel I. gegeben und von. feinem Sohne Dttofar IT, beftätiget, welches ſowohl in Böhs men ald in Mähren, und in den angrenzenden Linz * ; >62 —— dern, zur Richtſchnur in Betreff des Bürgerweſens und der Municipalverordnungen galht. Nr. III. Das neue Bergrecht, von dem Rd nige Wenzel II. im J. 1295 erlaffen, der 1294 die Regierung Übernahm. Voigt fagt a. a. O. Seite 113 davon: „Diefes ganze Geſetzbuch iſt voll der teeifeften Sprüche, und ein unfterbliches Denkmal der Rechtſchaffenheit, Frömmigkeit und Klugheit diefes Königs, unter. deffen Negierung Böhmen zur größten Glückſeligkeit flieg.” | u 4Nr EV, Die Maijeftas Karolina, wel⸗ de von Kaiſer Karl IV, im J. 1348 verfündigt, aber 1355 wieder zurüdgenommen wurde, fo daß fie Eeine Gefegeskraft erhielt; aber deſſen ungeachtet als ein merkwürdiges Aktenſtück des Privatrechtes anges ſehen werden muß, — Die goldene Bulle und einige andere gleichzeitige oder frühere Gefege über: gehe ich hier, da fie für Böhmen meniger einflußreich waren, als die erwähnten. — Ueber der Mythologie der hen. Böh: men liegt noch tiefes Dunkel, und was Vielen un: umftößlihe Wahrheit zu feyn fcheint, weil es hun- dertmal gedrudt wurde, dürfte die Fadel der Kritik ſehr zu fürchten haben. „Von den Verordnungen, welche Herzog Btefiflam auf Anrathen des Pra: 565 ger Bifhofs Severus, am Grabe des heit, Adalbert zu Gneſen, im J. 1039 öffentlich Eund machen ließ, hat Cosmas auch eine verzeichnet, kraft welcher die alte Begräbnißart auf den Feldern und in Wät— dern abgefchaffe wurde, unter der Strafe eines Och⸗ fen und 300 Denare, Es half jedoch nicht viel; denn noch unter der Regierung Bietiflaw’s IL, daus erte der alte heidnifche Gebrauch, die Todten auf den Geldern zu beerdigen, fort. Wie Cosmas fagt, hatte diefer Herzog gleich beim Beginn feiner Negierung d. h. im I. 1095, aus chrifllihem Eifer befchloffen, alle Ueberrefte von heidniſchen Gebräuchen zu — und auszurotten.” (Dobrowſky.) Aber deſſen ungeachtet erhielt ſich noch bis in un⸗ fere Zeiten mancher Ueberreſt dieſer heidniſchen Gebräuche unter dem Volke. Sn feiner Abhandlung über den Kalender der Slawen fagt Voigt: „Am erfien Januar trieben die alten Böhmen vielen Aberglauben, und hielten davor, daß, wenn berfelbe auf einen Sonntag fiel, ein gelinder aber flürmi- her Winter, ein feuchter ‚Frühling, ein windiger Sommer und Herbfi feyn würde. Sie prophezeihten fi ferner in ſolchem Falle eine reiche Erndte, we: nig Vieh, Sterben vieler jungen Leute, Krieg unter den Königen u. ſ. w· Siel der Neujahrstag auf ei⸗ Q2 364 nen Montag, fo ſahen fie einen ſtrengen Winter, ein mittelmäßiges Frühjahr, Mafferfluthen , Zänkereien unter den Weibern u. ſ. w. voraus.” — Der Ate Sui(ProEop) ward für einen Unglückstag gehalten ; ‚und eben fo der 27fte Auguft (Ruffi), vielleicht dieſer jedoch deshalb, weil zwei böhmifche Könige, Prjemyft Ottokar IL. im J. 1278, und Johannes von Zurenburg im Sahre 1346 an demfelben in der Schlacht umkamen. Auch Bienenberg fehrieb in feiner Geſchichte von Königgräg 1790, Seite 47: Der beit. Veit wird mit einem ſchwarzen Hahn - vorgeftellt, weil die Slawen ihrem Stwantewit einen ſchwarzen Hahn zu opfern pflegten. Das Merkwürs digfte ift, daß noch heut zu Tage Leute aus der Ges gend von Melnik und den Dertern, wo fid) die Elbe zu ergießen pflegt, fich an dem Urfprung der Eibe im Niefengebirge einzufinden, und dafelbft ſchwarze Hähne, als einen uralten Gebrauch, auszulaffen pfles gen, davon erft vor ein Paar Jahren einer in der Dede erfhoffen worden tft.” — Und follte folgende Stelle, dieich in Martin Zeiller's Neisbuch durch Hoch⸗ und Niederdeutſchland finde (Strafburg 1632, Seite 190), follte nicht auch) fie auf früheres Heis denthum hindeuten? Er fagt: „Zum Beſchluß muß ich noch gedenken, was die Böhmen vor Gebräuch -_ 365 bei ihren Begräbniffen haben, weilen man foldyes fonften meines Wiffens, wenig in den Büchern fins den wird. Die Zcdten pflegen fie gar ſchön anzule⸗ gen und zu ſchmücken, hernach in ein ſchönes Bett gu ſetzen und kommen fodann, ehe man fie zu Gras be trägt, die Wittwer und Wittibe, fammt den näch: fen Blutsfreunden, und führen ein erbärmliche Klag. Das liberbliebene Weib oder der Mann, wie auch die Kinder zc. küſſen und drüden den Verſtorbenen und führen ein ſolches Wefen mit ihme, als ob er. oder fie noch lebte. Und wann man den Verſtorbe⸗ . nen nun in’s Grab legen will, fo gehet der Handel wieder an, Und trägt man da Fein Abfcheuen, wann ſchon ein dergleichen Perfon an einer böfen Krankheit geftorben. Und diefen Brauch hab. ic; felber mit Vers wunderung gefehen, als ung unfer Hauswirth So: lub Wawrzinez und bie Koftwirthin, eine von Üdel, Herren Heinrihs Wowzizka Hausfrau, in der Zeit ald wir zu Sobieflau gewefen, ges forben. Und fo viel von dem Böhmerland, in wel: chem es ſchöne — ſonderlich aber ſehr Panne Meibsperfonen gibt.” 366 Weber den Einfluß des Auslandes ins— beſondere Deutſchland's, auf das Kit: terthum und Bürgerweſen der. böhmi— | [hen Vorzeit. Dil man Geſchichte und nicht willkührlich erfundene Behauptungen leſen, und wünſcht man die Ereigniſſe unter Johann ven Luxenburg und Karl dem IV. gründlich würdigen und ſie aus dem richtigen Standpunkte betrachten zu können : fo muß vor allen Dingen von dem Einfluße die Rede feyn, welchen mehr oder minder entfernte Staaten von jeher: auf Böhmen Außerten; — eine Erfcheinung, die ſich j übrigens faft in jedem Lande auf ähnliche Weife wie— derholt hat, da es fehr felten im der Kraft abaefchlofs fener Körperschaften , noch weniger alfo in jener des Einzelnen liegt, die Einwirkung fremder Sitten und Gebräuche abzuwehren, fobald fie unaufhörlich dem Beobachter ſich darftellen. Wenn in Bezug auf das früheſte Mittelalter Deutſchland's, auch gerade nicht von demjenigen die _ | Rede feyn kann, was gegenmärtig unter wahres Bildun g verftanden wird; fo behauptete doch durch die mächtigen , weithin herrfchenden Kaifer aus dem fränkiſchen und fächfifhen Haufe, Deutſchland eine fo wichtige, ja wohl die erfte Stellung unter den das Ä 367 maligen europäifchen Etanten, daß durchaus Fein an Deutfchland grenzendes Land, feinen Einwirkungen ju entgehn vermochte. Uebrigens waren fie nicht fels ten von fo wohlthätiger Urt, daß es ein Staatsfehs ler gemwefen wäre, ſich ihnen zu entziehen. Sahrhunderte lang iſt die deutfche Kichtung in Böhmens höheren Verhältniffen erkennbar, das Volk jedoch wurde weniger davon berührtz es blieb feinen eigenthümlichen Sitten und Gebräudhen treu, wes— Halb. der Nationalität des Landes nicht mefentliche, fondern nur vorübergehende Gefahr drohte, — Aus herdem verdienen abe" auch die Kreuzzüge volle Beachtung, welchen böhmifche Edle und Reiſige in den Jahren 1122, 11235, 1137, 1147, 1189 ff. beitohnten , und die ihre Einwirkung auf das Yand gleichfalls nicht verfehlten; dann unternahm man ven Böhmen aus, ebenfalls ſtets Heerzüge gegen die heidnifhen Preußen; der böhmifhe Adel ſchloß fih an die Nömerzüge an, und befucte fhon während des 13. Jahrhundert's auswärtige Univerfitäten, insbefondere Bologna und Paris, nebft einigen deutfchen Klofterfihulen, wodurch jedes—⸗ mal fremde Beftandtheile in die Heimath zurückka⸗ men, die man [ich aber in der That nicht immer nur x Feste, fondern, id) wiederhole * oft * ſche heilſam zu denken hat. Deutſchland indeß muß hier — ch in’3 Auge gefaßt werden, und Dobromffy hatte vols len Grund zu äußern: „Wir Böhmen haben, von der Befignahme des Landes dur Slawen bis Über die Hälfte des 9. Jahrhundert's, wohl einheimifcke alte Sagen, die und der mwürdige Dechant Cosmas aufbewahrte, aber noch) Feine wahre Geſchichte, keinen Bericht eines glaubwürdigen Zeugen. Mir find als fo genöthige, unfere älteſte Gefitichte aus den Jahr⸗ büchern unferer Nachbarn, dew Deutfhen, zu [höe pfen.“ (©, Mufeums = Zeitfhrift, 1927, Seite 5. — Und ebenfo ſpricht Voigt a. a. O. Seite 61: „Wir müffen uns zu den benachbarten Deutfchen und derfelden damaligen Staatsrecht wenden, und aus bes Bergleichung mit ihren Gefegen einiges Licht in die älteften böhmiſchen bringen.” Abzuläugnen ift es freifich nicht, dag manche ges’ gen die Slawen gerichteten Unterdrückungskriege der Deutſchen mehr nur Handelsvortheile als die Aus⸗ breitung der chriſtlichen Religion bezweckten, was Do⸗ browſky in ſeinem „Slawin“ (Prag, 1806, Seite 11) näher beleuchtet; auch lautet die. Nachricht in den Metzer Annalen von den 40tägigen Verwüſtungen 369 traurig genug, welche Karls des Gr, Sohn im J. - 905 gegen die Böhmen richtete, „weil fie durch ihre Einfälle die Avaren in Defterreih, die unter- dem Schutze des Kaifers ſtanden, beunrubigten.” Dies waren die traurigen Folgen einer mächtigen Nachbar— fhaft und der damaligen Art Krieg zu führen, Die | Gemüther beruhigten fih aber allmälig wieder z und im 5. 845 gingen vierzehn böhmifhe Fürſten nah Deutſchland um fich taufen zu laffen. MWahrfcheinlich brachten fie deutfche Priefter in ihre Heimath mit zus rück; fo wie auch der heil, Wenzel, bald nach feinem Regierungsantritte, aus Sachſen, Schwaben und Bais ern Lehrer, Priefter und Katecheten nach Prag kom⸗ men ließ. Herzog Spitigniem trat g95 mit dem deutſchen Neiche in genauere Verbindung ; ſchon früh, vermälten ſich die Herzoge des Landes mit deutfchen Fürſten-Töchtern, Prag’s Bifhöfe waren größten: theils Deutfche ; deutfche Bergleute, Kaufleute, Hand« . werfer und Mönche wanderten vor und. bald nad dem Jahre 1000 in Böhmen ein. ; Im Sahre 1126, fo erzählen die Fortfeger des Cosmas, erfoht Herzog Sobieflam gegen ben König, fpäter Kaifer Lotharius von Sachſen und den Herzog Dito von Mähren einen Sieg. Die Lanze des heit. Wenzel wurde dem Heere vorausgetragen, 5 O5 * 370 RR welche faft hundert böhmifche Große und auch Prie— ſter umringten, die, alter Sitte zufolge, (ut mosest) ein geharnifchter Geiftlicher führte, Diefer Herzog Sobieflam fandte feinen Kapellan in das Dorf MWebrzane, wo er an der Kirchenwand die Fahne des heiligen Bifchofs Adalbert Fand, . die man nunmehr an die Lanze des Landespatrong befefligte und damit den Sachſen fiegreich entgegen 309, wobei das böh— mifche Heer in drei Schaaren (in tres scaras) eins getheilt erſchien. — Doch wiewohl der Kaifer den Herzog mit Krieg Überzogen hatte, fo wurden beide Fürſten doch bald fo innige Freunde (facti sunt in- —J timi amiei), daß Lothar im I. 1128 einen Sohn Sobief Laws aus der Taufe hob (©. die Fortſe— ger des Cosmas). Sobieflam leiſtete ihm nun in mehreren Feldzügen treuen Beiftand; befuchte ihn 1130 längere Zeit in. Negenisburg und 1132 in Bamberg; 1131 Fam Lorhar nah Prag und ein Jahr fpäter fandte ihm der böhmiſche Fürſt z00 Neifige zur Hilfe. 1134 traf der Kaifer mit Sobiess law in Pilfen zuſammen, bei welcher Gelegenheit. die ungeifchen Gefandten dem Kaiſer zwei meißd fchöne Pferde, mit Sätteln ar denen fi 26 Mark Gold befanden, und andere Geſchenke überreichen, (das Näs here lieſt man bei den Fortſetzern des Cosmas.) — „Alle \ — 371 deutfche Fürften verficherten einftimmig: es gäbe kei⸗ nen dem Kaiſer ſo Treuen und ſo Ergebenen, als den Herzog Sobieſlaw; und während er früher für deſſen Feind gehalten wurde, zeige er ſich jetzt als feinen treueſten Freund und Anhänger.” — 1136 gah Sobieſlaw dem Kaiſer 900 Mark, als Beiſteuer zu dem Römerzuge; doch bald — we an zog's Freund, . Sein Nachfolger war — ad; ihn Sobieſlaw im J. 1158 zu Regensburg und wurde fehe ehrenvoll empfangen, Ex erhielt die. Bewillis gung, daß ihm fein Sohn Wladiſlaw in der Regie⸗ rung folgen dürfe, weshalb Konrad dem Knaben, im Beifeyn des Vaters, die Fahne übergab, und alle anweſende böhmifhe Großen zur Beflätigung, vor dem Könige einen Eid auf die Reliquien ſchwo— ven, Dann zog Sobieflaw voll Freude wieder nad Böhmen zurück. — Noch in demfelben Jahre (1158) aab Sobieflaw feine Tochter Maria dem Sohne Leo: polds, Markgrafen der Oſtmark, zur Ehe, und ſchenk⸗ te ihe 500 Mark Silber. — 1139 verband ſich So: bieflam mit dem deutfhen Könige Konrad zu ei nem Einfalle nah Sachſen; doch ſchon 1140 ſtarb der Herzog; „dieſer Vertheidiger und Vater des Lans des, der ſich als den Bereitwilligſten zeigte, für die Q4 372 (paratissimus erat mori pro libertate subdito- ' rum et honore,) — Außerdem rühmen die Fort⸗ feßer des Cosmas von ihm: „Nächſt anderen merk: würdigen Thaten, befiegte dieſer erlauchte Herzog auch zu Gunften des Kaifers Lothar und Königes Konrad, die Eahfen und Baiern und nodı ans dere Feinde des römifchen Reiches.” — Gegen die une tergefhobenen Sobiestawifhen Gefege, wel⸗ be Dalimil und. niht minder Hagek bei dem J. 1135 anführt, hat fih Herr Graf Caſpar von Sternberg im Maiheft 1327 der Beitfchrift des böhm. Nationale Mufeume, S. 75 ff. mit fiegreihen Grüne den erklärt. Ihnen zufolge, ließ Herzog Sobies Lam jedem Deutfchen, den manantraf, die Nafe abs ſchneiden und belohnte Jeden, der ihm hundert deut⸗ ſche Nafen lieferte, mit 100 Mark Silber! ! Daß fie auch Balbin, Schallerze. auf Treu und Glaus ben annehmen, bemweift nur, wie ſchwach das Eritis ſche Urtheit der Schriftfteller war. — Ihm folgte fein Sohn Wiadislaw Te Ru 1141 in der Regierung; ein Theil der Großen em⸗ pörte ſich gegen ihn, welche den mähriſchen Herzog Konrad wählten, der nun Prag im J. 1142 be⸗ lagerte und Vieles verbrannte. Der deviſche König Freiheit und Ehre feiner Unterthanen zu fterben”- "373 Konrad eilte zur Hilfe herbei und fegte den Her: . 3098 Wladislaw wieder in feine "Rechte ein, der fi mit Gertrud, ber Schweſter dieſes Königes vermählte. Nach dem Tode Konrads im J. a er⸗ kohr man ſeinen Vetter den ſchwäbiſchen Herzog Friedrich zum deutſchen Könige und ſpäter zum Kaiſer, von dem Wladislaw mit großer Gunſt empfangen wurde (in maximam recipitur gratiam.) Diefer böhmifche Herzog wohnte, nebft dem Prager Bifhofe Daniel, im J. 1157 ber Vermählung Friedrich's zu Würzburg bei; und begleitete ihn 1159 auf feinem Zuge nach Stalien gegen die Mais länder; wofür ihm Kaifer Friedrich die Würde eines böhmifhen Königes verlieh, denn die Böhs - men,zeichneten ſich bei diefer Soergenhelt ganz vor⸗ züglich aus. Was der böhmiſche Ehroniſt Ft ancisEng, der .„ um das Jahr 1341 fein Geſchichtswerk verfaßte ımd R 2362 ald Prager Domherr ftarb, von König Wen⸗ zel J. dem Minneſänger (gekrönt 1228, geſtorben 1253) in Bezug auf deſſen Abneigung gegen den ho⸗ henſtaufiſchen Kaiſer Friedrich erzählt, — iſt viel⸗ leicht weiter nichts als bloße Anekdote, die an Dae u,“ limil's Darſtellungsweiſe erinnert; aber beffen unge- “ 7 374 ‚achtet bleibt fie intereffant , da fie wenigfteng die Zeit des Erzählers harakterifirt, weshalb ich fie in treuer Ueberſetzung einfhalte: „Kaiſer Friedrich, der mit feinen Fürſten ſich befprechen wollte , und einen Hof zu halten wünſchte, lud ſie ſchriftlich ein, ſich zu ihm zu begeben, insbeſondere wandte er ſich deshalb an den König von Böhmen. Als dieſer angekommen war, muthete ihm der Kaiſer zu, ihm gewiſſe Burs gen und Städte abzutreten, was aber Wenzel, nachdem er fih mit den Seinigen berathen hatte, aus guten Gründen verweigerte, Beim Hinausgehen aus der Eaiferlichen Nefidenz, Elopfte Einer der erfien Hof⸗ beamten den. König auf die Schulter und rief: Wenn ich dein Nachbar. wäre, fo wollte ich dich ſchon bän— digen und dich dem Kaifer gehorfam machen 5; du folls teft mie ein demüthiges Königlein werden | Da, gab Hogerius, des Königes Reifiger, dem Verwege⸗ nen eine Ohrfeige und ſprach zu ihm: Menſch! du haft Eeinen guten Hofmeifter gehabt, der dich gelehrt hätte, die Könige und Großen zu ehren! worauf der Höfling und die Seinigen vor Scham. glühend abzo= gen. Deshalb nun und aus einigen anderen Gründen, i wollte der Kaifer ſowohl den König, ala den ers wähnten Ritter nicht von feinem Hofe abreifen laſſen. m * Wenzel dies jedoch erfahren, b bee » 5758 fahl'er den Seinigen, ſich —E— zur Heimkehr bereit zu halten. Und da er jetzt vor den Kaiſer gerufen wurde, folgte ihm Hogerius unverzagt mit dem königlichen Mantel, in welden er Schwert - und Dolch gewidelt hatte, Der Kaifer begann zu Wenzel: Schon längſt dachte ih Böſes von bie und wollte dich demüthigen, jegt aber will ich's zue Ausführung bringen! Doc der König antwortete: She, Here, habt mich noch nicht in Ketten, auch bin ich meiner Glieder noch mächtig! und fogleich ers griff er mit der einen Hand den Dolch, mit der ans dern aber den oberen Saum des Faiferlichen Gewan⸗ des und riefs Entweder geftatte mie augenblicklich, mit den Meinigen. ungehindert in mein Königreich zurückkehren zu dürfen, ober du verlierft: dein Leben! Der erſchreckte und zitternde Kaifer verfprach dies bei feinem Eide; der Eönigliche Nitter aber ftand hinter Wenzel'n mit gezücktem Schwerte. Nun befahl der Kaifer:: den König von Böhmen, weder durch Mort noch That zu beleidigen und ihm nicht hinder⸗ lich zu fym Wenzel Eehrte jegt ruhig nach Böhe men zurück, und gab dem treuen Hogerius für fih und feine Erben die Burg und die Stadt Bir lin, dies N mit den — Urkunden befräftigend.” 376 König Wenzel I, im $. 1243 den Bürgern zu Brünn ertheilten Privilegien, alle Gerichtsaus⸗ drücke deutſ Hr z. B. Nothwernde, Gelidſchert, Voraid, Litcoufer (Leihkäufer) , Stewer (Steuer), Ach (Mafferleitung), Schelm (Pe), Wandel (Stra: fe), Blabſchläge (Schläge, die nur blaue Flecke ma: chen) ꝛc. — Auch in dem von demfelben Könige, noch vor dem J. 1253 erlaffenen Sglauer Bergs rechte werden fümmtlide gerichtlihen Kunftwörter in deutſcher Sprache ausgedrlit, z. B. Hoh⸗ lung, Volleiſt, Heimſuchung, Lähmde , Morgens gabe u. few, — „Die Könige von Böhmen — lieſt man in Do: browſky's Gefhichte der böhmifchen Sprache, ©. 85 — Premyſl Ottokar I, Wenzel L, Dttofar U. und fein Sohn Menzel II, begünftigten die Städte, die großentheilg mit deutfihen Handwerkern und Künfts lern befest wurden , auf eine folhe Art, daß ihr Wohiſtand ſichtbar zunahm ꝛc. Die deutſche Sprache beliebte der Hof und der Adel, und fie war das Mit: “tet, wodurch die - Nachahmung der Deutſchen, die in ‚Künften und Wiffenfhaften die nächſten Mufter was ven, erleichtert worden if. Man lernte nun bie, Werke der deutſchen Dichter Fennen, und fand Ges — WUebrigens find in ben lateiniſchen, von demſelben in rer | | 577 Shmad daran.” — Bon Pızemyfl Ottokar II. ins⸗ befondere fagt Voigt a. a D. Seite 106: „Alle gleichzeitigen - Gefchichtfchreiber erzählen von ihm und tadeln zugleich, daß er fletS gegen die Deutfchen eine größere Zuneigung als gegen die Böhmen bezeigt, die wichtigften Aemter mit Deutfchen befegt, und viele taufend Deurfche nach Böhmen geführt, und ganze Dörfer, Städte und Bezirke, aus denen vr die Böhmen vertrieb, mit Deutſchen bifidelte 26. Aus diefer Vorliebe für die Deutfchen gefchah es, daß, weil die Deutfchen gewohnt waren, ſich nad) dem Magdeburgifhen und Schwäbiſchen Rechte zu dichten, die beiden Gerichtsordnungen nach und nad) in Böhmen fich einſchlichen. Sa fogar viele böhmi⸗ ſche Städte nahmen, mit Verachtung ihrer vater: ländiſchen Gefege , diefes Magdeburgifche Necht an, und fhlichteten ihre Streithändel nach demfelben zc, Eben fo ging es in Mähren. Ottokar und eis nige der nachfolgenden Könige, befonders König 5.0: hann aus dem Lurenburgifchen Haufe, beftätigten die Beobachtung diefer ausländifchen Geſetze.“ — Der Sohn Ottokar IL, d. h. König Wenzel, war um's Jahr 1290 von Elugen, erfahrenen Män⸗ nern umgeben , unter melden fich insbefondere der Bruder Berthold von Gepzenftein, ein ſchwaͤ⸗ 378 | biſcher Tempelherr, —E (mie Abe Peter erzählt) ein kluger, ſcharfſinniger Mann, den der König bald fehr lieb gewann, indem fich durch die Rathſchläge defielden der Zufland des: Königreiches verbefferte (et ipsius informatus consiliis, sta- tum regni sui in 'melius .reformaret). Aud) wurde Bernhard, der Vorſteher dest Meißner Bisthums, an MWenzel’s -Hof gezogen, der nunmehr längere Zeit hindurd die Geſchäfte bes ganzen Kos nigreiches weiſe und bedachtſam leitete (per multos annos tocius regni negocia sapienter et provi- “ de pertractavit, B Abt Petrus, & 77), — Der Adel lernte deutfch und benannte feine neuerbauten ober fogar die fchon beftehenden Burgen in der frem⸗ den Sprache, 3. B. Nofenberg, ‚Klingenberg, Sterns berg , Wartenberg, Hafenburg, Geyersberg, Walds ftein , Landftein ꝛc. Die ablichen Gefchlechter vers tauſchten ſelbſt ihre böhmifchen Namen mit deutfchen, fo thaten dies z. B. die Roſenberge, Wartenberge, Waldſteine, Klingenberge, Hafenburge ꝛc. Bei ſolcher Neuerungsſucht ijt es wirklich merks würdig, daß gleichzeitig dennoch fo trefflihe b5hmi= fche Lieder gedichtet werden Eonnten , wie fie bie Königinhofer Handſchrift überliefert I - — Wenn zur Regierungszeit der fi ieben böhmiſchen u 979 Könige aus dem Stamme her e Pefempftiten d. h. wenn unter Wratislaw, Wladislaw, Prjemyſl Ot⸗ tokar J., Wenzel J., Priemyſl Ottokar II., Wenzel II. und Menzel III., de ut ſche Sprache und Sitte in Böhmen bereits fo ſehr begünſtiget wurden, — darf es dann wohl befremden , daß dies Verhältniß unter Heinrich von Kärnthen, und Johann von Zurenburg Eeine andere Richtung nahm? Im Sahre 1311 wurde der Ießtere in der Prager Schloß⸗ kirche zum Könige von Böhmen gekrönt. Allgemein herrſchte lauter Jubel: „die Schaar der. Böhmen ſang, nach Abt Peter, was fie in ihrer Sprache wußte, doch der größte aus Deutſchen beſtehende Theil, fang deutſche Lieder ;” oder in der Urſchrift: „Turba Bohemorum canit hoe, quod seivit eorum Lingua, sed ipsorum pars maxima Tew- tunicorum cantat Tewiunicum.” Freilich gelobte der König noch im demfelben Sahre feierlih: Kein gerichtliches Amt fülle jemand Anderem, als in Böhs men einem Böhmen, und in Mähren einem Mährer zu Theil werden; kein Deutfcher, der nicht der böhs mifchen Sprache kundig fey, und der Überdies nicht mwenigftens drei Jahre das Bürgerrecht genoffen Habe, könne in den Stadtrath aufgenommen werben; in größeren Städten, wo fich viele Deutfche befanden, ‚380 s - - follten zwölf böhmifche und ſechs deutfche Rathsver⸗ wandte feyn, welche legtere aber auch böhmifch vers fiehen müßten; — freilih fhwor Johann ız18: alle Kheinländer und fonflige fremde Nitter zu ent» laſſen, und fih in Böhmen nur der einheimifchen Streiter zu bedienen ; aber dennoch berichtet Abt Per er: der König war ſtets mit vielen alemannifhen Grafen und Rittern umgeben, die er in allen Staats» gefhäften zu Nathe 309, und auch faſt ſämmtliche wichtigere Stellen mit ihnen befegte, Die eingebos renen Großen, die fich jo fehr zurücgefegt fahen und mit Schmerz bemerften, daß man nichts meiter, als ihe Geld in Anſpruch nahm, mußten ihr Recht nur mühfam endlich. wieder fo durchzuführen, daß deu -Sönig mehrere Fremde, 3. B. den Grafen Berthold von Dennenberg , den Landgrafen Ulrich ‚von Leuch⸗ tenberg, den Herren von Gaftello und viele andere, Deutſche im J. 1315 in ihre Heimath fandte,, und Eingeborene zu feinen Räthen ernannte. — Im J. 1518 tourde dem Negenten zu Prag ein zweiter Sohn geboren, dem man in der Taufe den Namen Ott os E ar gab; doch entfpann fich bei dieſer Gelegenheit ein heftiger Streit. Diele der anweſenden Rheins ) länder wollten. das Kind nach feinem Großvater Heinrich genannt wiffen; die Böhmen aber, deren 581 Ruf damals durchdrang (quorum tunc elamor prevaluit) beftanden auf dem "Namen Dttofan, weil er den böhmifchen Königen gebühre. = Kart IV, unterließ es natürlich nicht, die eine beimifche Sprache vielfältig zu begünftigen, wors - über fi Dobromfty äußert: „Kart ſelbſt lern⸗ te nicht nur böhmiſch ſprechen, fondern auch fchreis ben; und wenn gleich noch alle Urkunden in feiner böhmiſchen Kanzlei entweder in fateinifcher oder deut⸗ ſcher Sprache ausgefertigt wurden, -fo vergaß er doch nicht, die ſlawiſche Sprache ſelbſt den Söhnen der Churfürften in der goldenen Bulle (1756) zu ems, pfehfen ꝛc. Su einer Urkunde vom S. 1356 nenne er die flawifhe Eprache nobilis, edel; und insbes fondere für Böhmen hatte er in feinen Sagungen verordnet , daß Eein, Kichter im Lande angeftellt wers den follte , welcher der böhmifchen Sprache nicht kun⸗ dig wäre,” — Doc lieft man im der Straßburger Chronik des Königshofen (Ausgabe von Stils ter, Seite 136): „Der Kaifer war auch wohlge⸗ lehrt in allen Künften und Eunnte die ſchwarzen Bücher (Schwarzkunſt, die magiſchen Bücher), alfo Etliche fprechen. Und Eunnte ſechs Sprachen, unter denen hätte er tütfhe Sprache allerliebeft,, davon hat " er tütſche Sprache faſt (fehr) gemehret; dann zu 382 . Deage und in andern Städten durch alles Bbhem⸗ land übet man alfermeift tütſche Sprache, da vor dieſes Kaifers Zeiten nit anders war, denne (als) böhemifche Sprache.” — Königsho Fon irrt fih bier nicht , fie aus dem gleichzeitigen. Berichte des Abtes Peter hervorgeht. Im J. 1354 Eam näm⸗ ih Karl's des IV, erfte Gemahlin Bianka, eine, Nichte des Königs Philipp von Frankreich, nad) Prag. Ihr Anftand und ihre Schönheit gefi elen allgemein; doch ſagt Petrus freilich auch: „Es "ift uns allen ſehr beſchwerlich, daß ſie nur franzöſiſch ſpricht ꝛc. Ihr ganzer Hofſtaat, welchen fie "aus Frankreich und Zurenburg mit fih nad Böhmen ges bracht hatte, wurde nach einem Monate mit einem Koftenaufwande' von 2000 Schock Grofchen wieder zurücgefandt und ihr dafür ein Hofftaat von Einges borenen gegeben, Um abet mit ihrer Umgebung beſ⸗ fer zuſammen leben zu können, begann ſie die deut⸗ ſche Sprache zu erlernen, und übte ſich in ihr mehr, als in der böhmiſchen; denn in faſt allen, Städten des Königreiches, : und vor-dem Könige ,- if gegen« wärtig die deutfche Sprache mehr im Gebrauch, als die böhmifche” (Nam in omnibus eivitatibus.‚fere segni, et coram Rege communior est usus lin- eue Teutunice quam Boemice ista vice,) = | 385 _ Diefe ungemeine Vorliebe für das Fremde und Ungewohnte, verbreitete nicht allein den Gebrauh der deutfchen und mancher anderen Sprachenin Böhs men, wogegen gar nichts einzumenden waͤre; aber leider wurden auch die einfachen Sitten dadurch ſehr beeinträchtiget, und dies verdiente freilich die ſtrenge Rüge des Vaterlandsfreundes. | Ueber die damals veränderte Kleidertracht baben gleichzeitige lateinifche Chroniken einige merk⸗ würdige Stellen, melche ich überſetze und hier ein⸗ ſchalte. So erzählt der Domherr Franz auf das Jahr 1329: „sn dieſer Zeit begann faſt bei allen Menſchen, insbeſondere aber in Böhmen und den benachbarten Ländern eine gemiffe neue Seltfamkeit, und feltfame Neuigkeit zu herrfchen , welche fich nicht allein in Kleidern, fondern auch in Sitten und Ger brauchen Fund that.‘ Zwar fehlt es niht an Ver: ftändigen , melde ihre Geifel gegen diefe Unfitte ſchwingen; aber einer derfelben wurde getödtet, andre dagegen mwenigftens verwundet. u „Einzelne jener Neuerer laffen ſich, nad) barbari⸗ fher Sitte den Bart lang wachen, ohne ihn zu fingen; andre verachten den Männergebrauch , und befolgen in Betreff der ‚Haare ganz den der Frauen. Manche fehneiden dieſelben kurz und rund ab, andte 384 dagegen Eräufeln fie mit dem Brenneiſen, fo daß die Ringel und Locken bis auf die Schultern herabhäns ‚gen. Der alte Gebrauch der Hauben iſt Faft ganz ‚abgefommen. Gezierte gefünftelte Gefänge hört man jest überall bei den Kreistänzen und auf den Stras fen ; während der’ getragene , der ernftere und zarte Geſang außer Acht gelaffen, und von fehnellen und fpringenden Weifen verdrängt wird. Bei den Zus fammentünften unterhätt man ſich in verfchiedenen Sprachen. Und hinfichtlich der Kleider herefcht eben fo große Verfchiedenheit und Verunftaltung, als wie ſie bei den Gemüthern ſich eingeſchlichen hat. Jeder hätt fi für den Glücklichſten, dee eine neue Sitte ers klügelte. Das Kleid iſt kurz und ganz eng um die Elbogen, von welchen ein Fetzen wie ein Eſe lsohr bis zur Erde herabhängt. Wegen der Enge des Gewan⸗ des ſind zwei Diener kaum vermögend, ihren Herrn anzuziehen. Von der Kopfbekleidung reichen lange ſpitze Kapuzen bis zum Boden, in welche ganz auf Narrenweiſe Eleine Knoten hineingeflochten find. Die Beinkleider und Stiefeln liegen feft anı Körper an, was den Aelteren und Vernünftigeren viel zu lachen gibt. Man bedient fich breiter Gürtel, mit Schaf wolle und an einander gereihten Metallſtückchen ge: ziert; andre dagegen tragen nur Strike wie die Bets er 385 telmöndhe und — ſich mit einem Gehänge, das ihnen über die Bruſt bis zu den Hüften reiht, — - Auch die Frauen und insbefondere die Mädchen tra— gen ihre Hoffahrt zur Schau; indem fie mit koſtba⸗ ven Seiden = Schleiern prangen , die an den Enden mit vielen Häckchen und ausgezadten Schnörfeln vers fehen find. Nicht minder haben ihre Mäntel und Dberkleider zahlreiche und weite Stangen; und wähs rend fie oben eng anliegen, find fie tiefer unten mie gezottelt-und fallen bis auf bie fehr engen Schuhe herz ab. Aus allen diefen Neuerungen entftand nun dag allgemein verbreitete Sprichwort: Böhmen folgt der Affenfitte, da es Alles nachahmt, was es Andere vormachen fieht.” Nicht minder fagt Benes von. Weitmühl, vom Jahre 1367: „Gegenwärtig eignes ten fih die Böhmen nah Sitte ber. Affen, welche Alles nahahmen , was fi fie an den Menfchen bemer⸗ Een, die fchlechten und tadelnswerthen Gebräuche an⸗ derer Gegenden an; und verließen, was Kleidung be⸗ trifft, die Fußſtapfen ihrer Ahnen; indem ſie kurze und enge, ja ſogar ſchändliche Kleidungen trugen, melche unſittlich erſchienen, und dabei fo eng waren, daß man in ihnen kaum zu athmen vermochte. Um die Bruſt trugen die Männer große feidne Wülfte, daß fie MWeiberbrüfte zu haben fchienen; der Leib KR Pr 2 6 | Ä war dagegen fo zufammengefchnürt, daß fie hier: vollkommen den Windhunden glihen. Die hinteren Theile der Beinkleider preßte man fo feft mit Bän⸗ bern ein, daß man ſich kaum langſam bewegen konn⸗ te. Auch wurden fo Eleine Müsen getragen, daß man Viere aus einer Elle ſchnitt; doc, hatten fie ei⸗ ne Art von Verbrämung, die um den Hals geſchlun⸗ gen wurde und den Halsbändern glich, wie fie die Bauernhunde haben, um gegen die Wolfsbiffe ver⸗ wahrt zu ſeyn. Die Schuhe hatten ungeheure lange Schnäbel oder Nafen, fo dag man nur unſicher aufs treten Eonnte. So fam es denn, daß ein Theil die⸗ fer jungen Böhmen, welche in dbemfelben Jahre gegen - den ſächſiſchen Nitter von Wedr om zu Felde zogen, in dem Augenblide als fie von den Pferden abſaßen und dee Kampffitte gemäß zu Fuße kämpfen wolle ten, — durch ihre engen Kleider und langen Schuh⸗ ſchnaͤbel ſo ah wurden, daß fie der Feind fangen: und tödten Eonnte.” — Und im SI 1372 fommt derſelbe Verfaſſer noch einmal auf die langen me⸗ tallnen Schuhſchnäbel zurück, die ihm ein Gräuet, find, und erzählt: wie ein Blitzſtrahl fowohl dem. Mitter Albert von Stamwetin, Burggrafen auf der Burg Coſczal bei Leitmerig , als auch feiner Frau, diefe Schnäbel gleichzeitig —— habe, ohne - 387 den Perfonen Schaden zuzufügen. Aber die ‚Leute tiefen ſich dadurch nicht ſtören z; fondern , fagt er, fie trugen nachher faſt noch Eürzere Kleider und noch lãngere Schuhſchnäbel, als zuvor. — Daß Deutſchlan d's Sitten in jenen — *—— nachgeahmt wurden, darf übrigens nicht befremden. Meiners verſichert in ſeiner Vergleichung des Mit⸗ telalters mit der gegenwärtigen Zeit, Band II. S. 45: „Im 14. 15. und einem großen Theile des 16, Jahrhunderts waren Spanien, Frankreich und England im Vergleich mit Deutfchland arm oder er⸗ fhöpft, und ſelbſt Stalien Eonnte die Zuſammenſtel⸗ tung mit Deutſchland nicht aushalten.” Und ©. 46: „Deutfhland befchreiben Aeneas Sylvius und Machiavell (v. Ritratti della Allemagna - pı 244 — 246) als ein Reich, das alle Übrige euro: päiſche Länder , und felbft Stalien, an Volksmenge, Reichthum und Betriebfamkeit übertreffe, und das allein für Rs Zücher ungeheure Summen aus Ita⸗ lien ziehe. — war, wie ich ſchon oben S. 217 an: deutete, auh Frankreich ein zweites Vorbild für die höheren Stände jener Zeit; und Meiners be: merkt a. a O. Seite. 168 der Wahrheit gemäß: „Das Unfehen der hohen Schule von Paris , war Ra 383. | es gewiß viel mehr, als die Macht und der Mohr: ftand der Nation, oder als der Glanz des franzöfis fchen Hofes, welches die Franzoſen im 14. Jahrhun⸗ derte auch in Nüdficht des Decorums oder der Eti⸗ quette, zum. Muſter für die Deutfehen machte, Die Sieger der Sranzofen, die Engländer, hatten als Krieger und Ritter einen viel größern Ruhm als bie Franzoſen; und bod bildete der Kaifer Kart WW, feinen Hof nach dem fran zö⸗ fifhen; und JIſabella von Baiern mußte erſt mehrere Wochen lang von der Herzogin von Bra⸗ bant unterrichtet und ganz neu. gekleidet werden, be: vor man das Herz hatte, die deutfche Prinzeſſin dem jungen Könige Karl VL vorzuführen *). — Die de utſchen Ritter waren im 14. Jahrhun⸗ derte ſowohl in Frankreich als in England ſehr ges ſchätt *9 5 im Ganzen aber wurden die Deutſchen *) „Et.la Duchesse, qui moult estoit sage, ‚endoctrinoit la jeune Damoiselle de Ba- viere en maniere et en contenance: et ne la laissa pas en l’'habit, qu’elle portoit, car il estoit trop simple selon l’Estat de ‘ Frange, mais la. fit parer et vestir aussi comme propre fille” (v.Froissart V, 1. Ch. 162. p. 287.) | a > **) ‚Ce Chevalier avoit nom Messire Melis. 389 für weniger fein, als die Franzoſen oder die Nieder: Länder gehalten.” — Daher dürfte wohl auch jenes Lob, welhes Venens Sylvius den Deutfchen ertheilte: daf außer ihrer Sprache gar nichts Bars barifches mehr an “ihnen ſey N noch ſehr — Einſchränkung bedürfen. Es ließe ſich noch auf den Htatienifhen Eins fluß hindeuten, der ſich gleichfalls in Böhmen geltend zu machen wußte, da Kart IV, außer feiner Rö⸗ merfahrt mehrere Kriegszlige in diefes Land unters nahm 5 da fein Älterer Freund und Lehrer Peter R os ger von Limoges (geb. 1292) als Clemens VI. auf den päpftlihen Stuhl berufen wurde, und der Kaiſer endlich mit Staliend Gelehrten und Dichtern, insbefondere mit Petrarka in einem geiftigen Bere bältniffe Iebte, das mic in mancher Hinficht unwill⸗ tührlih an König Fried rich Il. von a — — | Frisque et Joli Chevalier: estoit A Pisaye et. (Froissart V. Il, 170 .2 *) —— hodie hominibus vestris et rebus nitor interpositus est, ut praeter sermo- nem patrium nihil inter vos barbarum remansisse videatur (De morib, Germ. P- 1059). 390 | und an Voltaire erinnert. Auch könnte ich noch ein langes Verzeichniß vorzüglich deutfcher Fürſtinnen mittheilen,, welche mit böhmiſchen Königen und Her⸗ zogen vermählt waren, und durch das Wand der Vers ſchwägerung beide Länder einander näher brachten *). Aber es iſt Zeit. diefen Abfchnitt zu enden, da er ohnedied [hon manchen warmen Vaterlandsfreund fchmerzlicher berührt haben dürfte, als es mir lieb iſt. Was läßt ſich aber über diefen. Punkt fagen? Sollte es wohl ein Mißgefchick oder gar ein Unglück feyn, fremde Elemente in fi aufzunehmen, wenn die eigenen Verhältniffe -dadurdy Erweiterung und neuen Aufſchwung gewinnen? Auf diefe Art wäre ‚gerade Deutfchland am meiften zu. bedauern, wels ches aus allen Zonen der Erde Dies und Jenes zus ſammenrafft, und unerfättlich ift im Aneignen der allerverfchjiedenartigften Beſtandtheile. — Deutſch⸗ land hatte ebenfalls ſein Jahrhundert der knechtiſchen Nachäfferei; man hatte ſich ſelbſt verloren in der blin⸗ deſten Huldigung alles deſſen, was unter Ludwi ig 9 Wünſcht man noch näher über biefen Gegenfland unterrichtet zu feyn,, fo lefe man Pelz el’ "Ges {dichte der Deutfcen und ihrer Sprache in Böhmen nach; in den Abhandlungen der böhm. Gefellfchaft der Wiffenfhaften auf die Jahre 1798 und 1790. — 391 XIV, und feinen Nachfolgern aus Frankreich her⸗ über kam; aber diefe Zeit der geiftigen Entkräftung iſt überſtanden: Wiſſenſchaft und Kunft Haben ihre verjüngte Selbſtſtändigkeit glänzend bewährt, und erden jegt von Franzoſen, Engländern und Stalies nern angeflaunt „die fo. lange Zeit — Töne ten als ſich ſelbſt. | r Auch Bö — kann ſich ſeines Eigenthümlichen freuen; es kann mit ſeinen frühen Nationalliedern ſich jeder anderen Literatur getroft beigeſellen; es hatte ebenfalls fein goldenes Zeitalter, und würde noch auf unzähliges Andere hindeuten Eönnen , was einft in’ Leben trat, wenn nicht die Orkane des Huffiten- - ‚und. dreißigjährigen Krieges manches Blatt feines Ruhmes verweht hätten, — Noch find ſchöne und jugendliche Kräfte vorhanden, und die Uebung ders felben wird reife Srüchte tragen und ficher vole Ans erkennung finden ! Andeutungen über das Ritterthum and die höheren Stände Böhmens ‚überhaupt i | Aus den eben mitgetheilten Nachrichten hat es ſich bereitö ergeben, daß die genauefle Kenntniß des 392 | deutſchen und felbfi franzöfifhen Mittelal: ters dazu gehört, um ein vollſtändiges Gemälde des böhmifhen Ritter weſens entwerfen zu Eön- nen, wie es ſich vom Beginn des 13. bis zum Ende des 14. SZahrhunderts zeigte, Es iſt nicht genug, zu diefem Behufe nur die Werke eines Büfhingund Curne de ©t. Palay e ſtudirt zu haben; ſon⸗ bern bag Zurückgehen an die Quellen ſelbſt wird erfor⸗ dert, die reichlich genug fließen, wenn man, — was unerläßliche Pflicht iſt — ebenfall& die Erzeugniffe der’ altdeutfchen und altfranzöſiſchen Poeſie zu dieſem Be⸗ hufe gründlich, und den Anſprüchen der geſunden Kritik gemäß benutzen wil. Die Wahrheit dieſer Anſicht haben unſere Hiſto⸗ riker erſt in der neueſten Zeit genügend anerkannt; aber man hat ſie noch viel zu ſelten oder zu verein⸗ zelt in Anwendung gebracht, als daß ſich bereits der reiche Stoff gehörig überſehen ließe, deſſen ſich der Geſchichtsſchreiber noch zu bemächtigen haben dürfte, Zwar verfchmähte es Wilken bei feinem treffiichen ‚Werke über die Kreuzzüge eben fo wenig, als Raus mer be feinen ausgezeichneten Forſchungen über bie Zeit ber Hohenftaufen : fi der gleichzeitigen Dichs tungen als einer der vorzüglichſten Erfenntnißguellen bamaliger Anfihten, Sitten und Gebräuche zu be: 53 ee a TE 595 dienen 5 aber natürlich vermochten felbit diefe Gelehr⸗ te nicht ihren Stoff zu erſchöpfen, um das ver Ebenmaß ihrer Leijtungen nicht zu flören. | Einzelne Engländer und Sranzofen, ja. ſelbſt Klüber, der Ueberfeger und Bearbeiter des Curne de St. Palaye, geflatteten ſich die Behauptung: das deutfche Mittelalter, felbft das 12. und 13. Jahr⸗ hundert nicht ausgenommen, habe kein intereſſantes und eigenthümliches Ritterleben, und der Bearbeiter dieſes Gegenſtandes würde einzig und allein von ro: hen Ausbrüchen der Willkühr berichten können. Ich aber bin erbötig den Beweis zu führen: daß ſich, geftügt auf die vorhandenen, zum Theil noch unges druckten altdeutfihen und lateiniſchen Poefien , Chro⸗ niken und fonftigen Geſchichtsbücher der deutfchen Vor: zeit, ein fo anziehendes , in jeder Hinficht belehren⸗ des, und felbft das Gemüth ergreifendes "Merk vers faffen ließe, wie es weder Frankreich noch England bis jetzt aufzumeifen haben. Welcher: Schag van wichtigen Bemerkungen liegt nicht allein in den Epos pen des deutfchen. Heldenbuches, wie in dem Sa⸗ genkreife von König Artus und feiner Vafelrunde, und von Kaiſer Kart dem Gr, und feinen Paladi- ‚nen, gleichfam nod ganz und gar ungehoben ? Selbſt zugegeben, daß ſich im vielen dieſer Poefien fremde Rz - 394 Beſtandtheile befinden , die durch die Kreuzzüge aus dem Orient kamen, oder von den provenzaliſchen und altbritaniſchen Sängern herüber genommen wurden; ſo bleibt doch noch unendlich viel Eigenthümliches, acht Germaniſches zurück, und zwar gerade der beffes re Beſtandtheil, der ſich weſentlich und außerſt vor⸗ theilhaft von vielen ſehr faden Liebeleien und Zwei⸗ deutigkeiten der Provenzalen unterſcheidet. Wo hat die ganze aitfranzöſiſche Poeſie, z. B. zwei Frauen: Charaktere aufzuweiſen, wie ſie uns die einheimiſchen Dichtungen des 13. Jahrhunderts: der Titurel und die Nibelungen, in Sigune und Chrimhilde zeichne⸗ ten? — Es wäre demnach fehr zu. wünfcen, daß die altdeutfche. Poefie endlich einmal genügender als es bisher geſchah, für die gefhichtlihe Dass ftellung benugt würde; man follte über die ſe befon- dere Richtung, — in der That ein eben fo ange: _ nehmer, als faſt gänzlich unbekannter Gegenftand, — öffentliche Vorleſungen halten, die ihr Publikum finden würden, wenn ‚man nur bei unbedeutenden Einzelnheiten nicht allzu. pedantiſch verweilen wollte. Leider. hat Deutſchland jedoch binnen Eurzer Zeit durch) — den Tod der ausgezeichneten Alterthumsforſcher Bü⸗ ſchinmg, Docen und Primiſſer in Breslau, München und Wien, einige jener. bedeutenderen Ger A 9 J — Bi 4 Ä 595 lehrten verloren, die größtentheils folhen Studien fih widmeten, d. h. gelehrten Unterfüchungen , die mehr Ausdauer ‚mebe Handfriften = Studium und Reifen erfordern, als man dies bie u. da zu ver⸗ mæuthen ſcheint I — | Um jedoch wieder auf den N der. Unter: fuhung zurückzukommen, fo wiederhofe ich es: daß durch die. eben angedeuteten Forſchungen über germas nifhe Vorzeit, ſelbſt auf das böhmifche Ritterthum ein bis jetzt ungekanntes Kicht fallen würde, So enthalten 3. B. „um nur Einiges anzuführen, bie deutfchen Minnefänger viele Stellen , welche fih auf die. legten Könige aus dem Stamme der Präemyflis den beziehen; in dem poetifchen Sittengemälde der Zeit Kaiſer Albrecht I. von Seyfrid Helb— ling, finden ſich mande beachtenswerthe Nachrichz ten Über Böhmen ; eben fo in den Neimchronifen Ottokar's von Horned, in den Dichtungen Os wald's von Wolkenflein, in dem foge: nannten Buche der Wiener von Michael Beheim u. fe w. Gern würde ih alP dieſe, größtentheils noch ungedruckte, umfangreiche Poefien, welche ich ſämmtlich zur Herausgabe vorbereitete, hier näher befprechen 5 aber vorläufig müffen bloße Andeutungen ‚genligen, da der beſchränkte Raum des Buches mir | NA | 596 davon abzubrechen gebietet. — So wie bie ältefte vöhmiſche Gefchichte aus den lateiniſchen Annalen des deutfchen Mittelafters erkannt wird; eben fo findet Böhmen in den altdeutfchen Poefien und Chroniken vom 13. Sahrhunderte bis zum Beginn des Huffis tenkrieges, reiche Beiträge für feine Bildungsgeſchich⸗ x te; d. h. aus jener Zeit, "wo Deutſchlands Einwir⸗ kung auf dieſen Staat ſo bedeutend erſchien, wie er in dem vorſtehenden Abſchnitte angedeutet. wurde. Anders verhält es ſich freilich mit der früheren Periode, 100 der dechiſche Adel denw Auslande noch weniger Aufmerkfamkeit zumandte ‚ und er feine fremdartigen Beftandtheile aufzunehmen geneigt mar. Ueber diefen Nationatadel , über feine verfchiedenen MWiirden und Adftufungen find von Balbin, Dobs ner, Voigt u. a, Forfohungen angeftelle worden, die mit wenigen Worten , folgendes Reſultat geben: "Der böhmifhe Adel des höchſten Ranges nannte ſich niemals anders ald Herren (Panj) und die Titel Graf, Freiherr ꝛc. wurden in Böhmen erſt fpät ‚angenommen, Eine Sitte, welche unter andern die erften Kanzleibeamten der römifchen Curie zu einem fonderbaren Irrthume verleitete, wie Dobner in dem Commentar zur Chronik des Hagek erzählt C(T. II.p. 64). Mehrmals hatten nämlich die böh— 897 mifdhen Landſtände an ſie gefcheieben. und ſich flets unterzeichnet: Sa Pan zRozgemberga (Sch Herr von Rofenberg), Ja Pan z Kolo⸗ wratıw Dies Ja Pan hielt manin Rom für einen Titel, und es wurden nunmehr verfchieber ne päpſtliche Bullen mit: der Aufſchrift Kar an. Japanos Regni Behemiae, Als ein etwas niederer Grad des Adels — | nen die Zupani, Euppanen (nad Anton, von Sud und Pan, d. h. Gerichtöherr); die Vor: fieher und Nichter einzelner Kreife , obrigkeitliche Be⸗ amte, welche der Juſtizpflege vorſtanden. In dem Geſetzbuche Ottokar I vom J. 1229, flehen fie jee doch in der Meihenfolge der Edlen obenan (Jura Suppanorum, Baronum, Nobilium ete.) Die Kmeten, eigentlich Greiſe, bildeten keie nen beſonderen Stand, ſondern waren die Aelteſten im Rathe oder in der Gemeine. Es gab Kmeten (heißt es in den Wiener Jahrbüchern der Lit. Bd. 27, Seite 107) im königlichen Rathe, Kmeten in iedem Kreife als erfie Beamte vom Herrenſtande, Kmeten in jedem Dorfe, bie Atbauern , die Ges - | ſchwornen, aud) jeder ganze: Bauer, Die Kmeten in Kreifen nannte man in den älteften Beiten, wie es Lateinifche Urkunden und Chroniten beftätigen, co⸗ 598 miles, wobei man am rauen in ehemaliger Bedeu⸗ tung denken muß. Und fo entfpricht der Etymologie nach Kmet mehr dem deutſchen Graue, woher dann die Grafen, als dem lateiniſchen comes, Zeman bezeichnete den adelichen Beſitzer eines Landgutes, von Zem, Land; dann einen Richter, Gemeinälteften ꝛc. Die Wladyken, von wlabu ober wie dnaut, dd. beforgen, beherrſchen ꝛc. waren eben» falls Grundbeſitzer oder vielleicht Vorſteher in den Städten, da man noch jetzt die Rathsherren einzels ner böhmifcher Städte mit diefem Namen bezeichnet ; aber fie gehörten zum niedern Adel, und auch Benes führt fie ſtets in folgender Ordnung auf: Princi- pes, Barones, Nobiles, Wladicones et Ci- vitates regni Boemiae. In Karls Majeſtas Karolina werden außerdem noch die Czudarien, d. h. Kreishauptleute und oberfte Landrichter erwähnt; die Burggrafen und Kaftellane, als Vorſteher und Richter der Eöniglihen Schlößer; der Sluzebnik, königliche Beamte oder — der Komo rnik, Kammer⸗ bote = ii | Es iſt mie nicht möglich‘ geweſen, in ben bekann⸗ teren böhmifchen Spreniten eine Stelle aufzufi nden, 599 welche bas frühefte böhmiſche Ritterleben fehildert ; doch lieft man n Rüxner's Turnirbuch Frankf. a M. 1578 fol.) einige Nachweiſungen von böh— miſchen Fürſten, welche, wie dieſer Verfaſſer behaupe _ tet, deutſchen Turniren beigewohnt haben follem Nürner zeigt ſich in feinen älteſten Angaben frei: lich noch unzuverläffi Tiger als Hagek; indeß will ih Alles , was er über die Theilnahme böhmifcher Für— ften an deutfchen Kampffpielen "erwähnt, hier. ein« fchalten, da fi doh vielleicht einige Morte Wahrs - heit darin entdeden laffen. Nach ihm, wurde das erfte Zurnir im J. 928 zu Magdeburg ge: halten. Unter den Anmwefenden führt er auf: „Ber a⸗ tiflam Herzog zu Böhem, mit 65 Helmen, Nach dem Turnir gab den dritten Dank Herzog Bras tiflaus Tochter von Böhem, Herzog Ebers barden von Lothringen — Das vierte Turnir zu Merfeburg 968; hier war gegens wärtig Wenzeslaus Herzog zu Böhem ꝛ⁊c. Den dritten Tanz gab man Herzog Heinrichen von Bais ern, mit ‚Herzog Menzels - Tochter von Böhem. Den vierten Tanz gab man Herzog Wenzeln vn Böheim, mit. Markgraf Otten Tochter von Franken und dem Nordgau— Das füne te Turnir zu Braunſchweig im J. 996. 400 | Es erſchien Neſtrieus, Herzog zu Böhem. Den fünften Tanz gab man Herzog Neftrico von B⸗ hem, mit Frau Adelheiden, ein Gemahel Herrn Berengarii Grafen zu Affanien. — Das fie bente Turnier zu Hallein Sachſen, im J. 042. Es turniete Burginoeus,*) Herzog. in Böhem Den dritten Tanz gab man Herzog Bursinoens von Böhem, mit Markgraf Albrecht? Gemahelvon Brandenburg —Das neunte Zurnir zu Göttingen ng. Den dritten Tanz gab man Herzog Bratiſlawen von Bi: bem, mit Markgraf Otten Gemahel von Meißen. — Das zwölfte Turnier zu Nürnberg, 1177. Alſo gab man ben erften Tanz Herzog Friedri⸗ chen von Böhem, mit Herzog Berchtolds Ge: mahel von BA RRAMREIREER Zur ) Heillos find ſchon in den früheſten deutſchen Chro⸗ niken die böhmiſchen Namen verſtümmelt. In den St. Galler Annalen wird der unglückliche Zug er⸗ wãähnt, den im J. 1040 Kaiſer Heinrich gegen den Herzog Braciflam oder Bretiilam unternahm, und der Chronift: ſagt: Boema- num ducem Pezpremonem-edoma- ER aggressus, Diefer Pezpremo ift Bies tiflam, aus welchem Rürner einen B ure tz inoe us macht! | nie m Werme: , 3209. Boffeniflaus EN a Böhem, der bracht mit ihm zu diefem Nitter- fpiel die hochgeboren Fürftin Frau Hiltburg, ein Tochter des ehrentreichen Herzog Leupolden von D e: fferreich, und nachgelaſſene Wittib mweiland des alferdurdyleuchtigften Kaifee Heinrichs des VI.; und wiewohl die öfterreichifche Chronika anzeigt , fie hab’ Margaretha geheißen, wird fie doch in dem alten Zurnirbuh Srau Hiltburg genannt, erfunden, — Das vierzehnte Turnir zu Würzburg, 1235. Den vierten Tanz gab man Herzog Friedris hen von Böhem, mit Graf Gerhards Gemahel von Gülich, ein geborne Gräfinne von Flande⸗ ven. — Den fiebenten Tanz gab man Markgraf - Menzeln von Mähren (Bruder bes Herzogs Fries derich zu Böhem), mit einer Fürftin von Uns halt, Herzog RER Gemahel von — und Wenden.” ‚Bei den Fortfegern des Cosmas findet ſich die merkwürdige Stelle: „Zur Beit König Wenzel IL. wurden in Böhmen die Zurnire eingeführt” (Sub ejus etiam temporibus. adinventus est in Bo- hemia, ludus Tornamentorum, Mill. CCXLV). Eben fo erzähle der Domherr Franz: König Przemyſt Ottokar Il, habe gleich bei feinem Regierungsantritte 402 (1255) den Söhnen feiner, Baronen-befohlen, ſich in , Mei zu üben (Baronum suorum liberos jussit tyrocinia exercere) und zu Iernen, wieman Zeinde bekämpfen und die Übrigen Eriegerifchen Eigen: Tchaften fich erwerben müffe- Und bei Abt Peter lieft man nicht minder: unter Ottokar II, habe der Ruhm des böhmiſchen Volkes. durch, die Turnire zus . genommen („in torneamentis incepit eloria Be tis istius- augeri.”) Aus dieſen Angaben ließe fich demnach wohl der Schluß machen : daß bie intereffante Dichtung: der Königinhofer Handfrift von Lubor und Ludiſche erft nach 1245 verfaßt wurde. Auf jeden Fall findet man Darin, die erfte Schilderung eines böhmifchen Turnirs, weshalb ich mehrere charakteriſtiſche Verſe, nach dee Meberfegung ‘des Herrn Prof. Swoboda hier einfchalte: Es herrſchte hinter dem Elbſtrom ein Herzog, des _ hatte eine wunderſchöne Tochter, Ludifche genannt; und ließ einft ein Turnir ausrufen, um ſeine tapfer⸗ ſten Ritter dabei kennen zu lernen. Sie kämpfen: Lubor erhält den Preis, Der Dichter ſagt: nachdem Hörner und Pauken erſchallten, rüſtete ſ ich nun * les zum Turnire: Vor der Burg auf weiter Wieſe, Hoch auf prächtigem Balkone, Sigt der Fürft mit feinen Räthen, Unter Edelfrau'n die Fürftin, Und Ludifche mit den Fräulein. So entbeut der Zürft den Edlen: „Wer zuerft Toll in bie Schranken, ill ich felbft, der Fürft, beſtimmen.“ Und es winkt der Fürft auf Strebor, Den Ludiflam fordert Strebor, Beide fteigen fie zu Roffe, Nehmen feharfgefpigte Speere, Sprengen heftig auf einander, k Lange ringen fie zufammen, - Bis denn Beider Speere breden, So ermüdet waren beide, ' Daß fie von dem Kampfplag wichen. — Börnerhall und Paukentöne! Es entbeut ihr Fürft den Edlen: „Wer der zweite fol turniren, Mag die Herzogin beftimmen.” Den dritten, Lubor, wählt die fhöne Ludiſche. Er beſiegt ſämmtliche Gegner: Haufen und Trompeten tönen 3 Und der Edlen Schaar umringet ' * Zubor’n, führt ihn vor den Fürften, Bor die Fürftin und Ludiſchen. Einen Kranz reicht ihm Ludiſche, Einen Kranz von Eichenblättern. Paufen und Zrompeten tönen ! Wie Eräftig übrigens die böhmifchen Nitter jener Zeit waren, geht noch aus folgender Stelle hervor, 12 —30 I — 1 Bar , die ich der lateinifchen Chrönie des Abt Peter von Königsſaal entlehne: Bei der Bermählung, wel: » he Johann von Lux en burg im J. 1310 zu Spey: f er mit der Pringeffin Elifabeth von Böhmen, fpäterhin Karl IV. Mutter, feierte, wurden große Zurnire veranftaltet, denen auch böhmifche Nitter beis wohnten. Shre Sperre zeichneten ſich vor allen übris gen durch ihre Länge und Stärke aus; und fobald einer diefer Kämpfen mit eingelegter Lanze in die Schranken auf dem ſchnaubenden Roſſe fprengte, fchrie alles anmefende Volk: feht ein Böhme! ein Böhme! Kein Anderer‘ wagte. e8, mit ihnen zu flreiten ; die Meiften machten einen Umweg, um ihnen nicht in den Lauf zu kommen. Verſah es jes doch diefer oder j jener, und kam er dem Böhmen nah’ genug , fo war auch fein Speer. ER und es —9— vom Roſſe herabgeſtochen. Die eigentliche Blüthe des böhmiſchen Ritter⸗ | re Eonnte fih, nur am. Hofe der Könige ſelbſt entfalten, und Ottofar IL ‚galt mit Recht für eis nen der. ritterlichften Fürſten jener Zeit, da ſich Ta⸗ pferkeit, Religion und Milde, die Haupttugenden des wahren Helden, inihm vereinigten; fo daß die Deuts hen Minnefänger , welche an feinem Hoflager leb⸗ ten, nicht müde wurden, ihm in ‚noch vorhandenen * 405 Liedern zu befingen. Domherr Franz ſtimmt ihnen in feinem Geſchichtsbuche vollkommen bei, indem et fagt: - „Unter den übrigen Zugenden des Königes leuchtete in&befondere die Freigebigkeit hervor; denn. ' alle feine Fürften und Prälaten, von dem Satzburs ⸗ ger Erzbifchof anzufangen, Eleidete er zweimal des Jahres auf das feierlichftez und immer fpendete er die aller reichften Almofen. Von den Zollftätten, die er auf der Donau hatte, wurden eine große Menge gus ter und verfchiebenartiger Tücher nach Böhmen ge⸗ bracht, die er jedoch nicht in feinen Nugen verwende: te, fondern damit den gefammten böhmifhen Klerus auf das vollkommenſte bekfeiden ließ; denn mer nur immer mit der Zonfur eines Klerikers zu ihm kam, ben mußte der edle Herr Gregor von Draficz, fein. oberfter Nentmeifter, mit Kleidern verfehen. Auch die Meifigen und Schildträger (milites et sculiferos) erhielten zweimal des Jahres ausgeſuchte Anzüge Als der König der Zartaren von der Güte und Groß: muth Ottokar's hörte, fandte er ihm .fektene und _ - wahrhaft Eönigliche Gefchenke, ihn brieflich verfichernd, daß er ihn wie einen Bruder liebe und ihm in Us Ä lem gefällig zu feyn wünſche. Ottokar empfing die . Gefandten ausgezeichnet und fandte ihrem Gebieter ähnliche Koftbarkeiten zurück.“ 406 , Sein Nachfolger König Wenzel II. (4 1705), zeigte fich eines folhen Vorgängers würdig, „Kaum hatte er das 16. Jahr erreicht, fo wurde ihm der erfte Sohn geboren, dem er in der Taufe den Nas men feines Waters d. h. Ottokar beilegte: damit er fich beim Anblick des Kindes ſtets des erlauchten Er⸗ zeugerd und daran erinnern möge, ihm nachzueifern.“ — So lieft man bei dem Königfaaler Chroniften, der | faſt täglich um die Perfon des Königes lebte, und ung von diefem würdigen Megenten außerdem berich⸗ tet, er habe fo gut Latein geſprochen, daß er ſelten einen grammatifalifchen Fehler machte: „Mit den Theologen unterhielt er ſich über kirchengeſchichtliche Gegenſtände, mit den Juriſten über Rechtsfälle und mit den Aerzten über das Heilverfahren. Profeſſo⸗ ven des Canoniſchen Rechtes, und in anderen Fakul⸗ täten oder Künſten erfahrene Männer ließ er häuftg an ſeinen Hof kommen, um von ihnen in die Ge⸗ heimniſſe mancher Wiſſenſchaft eingeweiht zu werden. Auch hatte er ſtets Leute in ſeiner Naͤhe, welche meh⸗ ‚tere Sprachen verſtanden, und in allen Gegenden der Melt umbergereift waren. Msn Im 3. 1292 vr 9 Quibus varia linguarum genera putaban- tur cognita, quique temporibus suis cuncta mundi transiverunt climata, — 407 ſchenkte er dem von ihm geſtifteten Kloſter Königsſaal ein goldenes, mit Eofibaren Edelſteinen beſetztes Kreuz, welches er kurz vorher um 1400 Mark Silber er⸗ kauft hatte; außerdem erhielt die Abtei viele Mon⸗ ſtranzen von Gold und Silber, den reichſten Kirchen⸗ Ornat, mit zahlreichen filbernen Kelchen und außer⸗ dem noch 200 Mark Eilber, um Bücher dafür ans sufchaffen. Die drei Aebte von Waldfachfen, Sedlecz und Königsfaal reiften noch in demſelben Jahre nach Paris, wo fie viele Manuſkripte erkauften. *) — Miewohl man diefen König den Guten nannte, fo bielt er doch auf firenges Recht, und ließ deshalb um das Jahr 1290- in dem mährifchen Kloſter Neygern (Reygrad) gleichzeitig gegen 400 Räuber theild ent⸗ haupten, ‚theils auffnüpfen, Mit einer zweiten Räus berhorde hatte fih Sriedrih von Schönburg in eben dieſer Zeit verbunden. Er wurde in der’ mährifchen Stadt Triebau gefangen genommen, und wiewohl ihm der König das Leben ſchenkte, fo wurde: er doch gezwungen, ſich zur Strafe an der rechten Hand einen Finger abzufchneiden (in dextra manu *) Predicti Abbates Pa risius venientes pro pecunia, quam rex eisdem dederat, multalibrorum volumina einerunt (a. a. ©.) 408 | solum sibi digitum amputavit.) — Diefen Mits theilungen fügt Abt Petrus noch hinzu: „Katzen zu fehen oder ihr Knurren zu hören, davor hatte Wen⸗ zel von jeher einen Abſcheu; eine Eigenheit, die an König, Wenzel J. (+ 12 53) erinnert, von dem Dom: here Franz erzählt: „Das. Glockengeläut war ihm außerordentlich zuwider; fo daß Niemand die Glos Een zu läuten wagte, fam er nad) Prag, oder in irgend eine andere Stadt.” — Bened von Weit⸗ mühl fügt dieſen Nachrichten noch hinzu: „Sm J. 1300 im Monate Juli trafen auf Befehl des Königee einige erfahrene Männer aus Florenz in Kuttenberg ein, und prägten neue Münzen, nämlich Prager Groſchen und auch Eleinere Stüde. Die beftändige Veränderung diefer Münze hatte früherhin den Kaufs leuten und armen Leuten großen Schaden zugefügt. Um alfo dem. DVerluft der Bebrängten zu fleuern, fie der fromme König jene reine und fehr gute Müns | ze verfertigen, die nach feinem Zode auf das kläglich⸗ fe verderbt, und Gott und der Gerechtigkeit zuwider verſchlechtert ward.“ — Voigt übertreibt nicht, wenn er von dieſem ausgezeichneten Monarchen a. a O. Seite 119 ſpricht: „Fü ürwahr, wenn ich die Klugheit, Tapferkeit, Mäßigung, Frömmigkeit, Gerechtigkeits ⸗ liebe und andere Tugenden Wenzel's erwäge / weiß a 409 ih nicht, ob ich demfelben vor allen Regenten Böh⸗ mens, ſelbſt in manchen Stücken vor Kaiſer Karl dem IV. dem Vater des Vaterlandes, den Vorzug einräumen ſoll.“ Eine Erſcheinung in den Mi des böhmifihen Ritterthums, ift die Krönung Wenzel's zum böhmifhen Könige, welde im J. 297 flatt fand, und worüber Hagek berichtet: „Nachdem am Krönungstage und zwar zu Pfingfien, aller Gottesdienft verbrasht, 309 man von dannen zur Mahlzeit an einen Ort, welcher dazu im Felde und auf der Wieſe, zwiſchen dem Berge Petrin genannt und dem Zlechow, am Ufer des Waffers Muldau zubereis tet getvefen, da die Etadt Prag dieſes Volk nicht beherbergen Eonnte, Allda wurden Häufer und Pal— Lüfte von wunderlichem Zimmerholz, welches alles mit Eiſenwerk zufammiengefügt , und die Gemächer von gehobelten Bretern, mit Tafelwerk zubereitet gemwefen, nicht anders, als wenn. es viel Jahr' hätte fliehen föllen, aufgeſchlagen. Die Wände waren ein Theil mit Tüchern vom feltfamen und manderlei Karben behangen. Viel und mandherlei Art von Speife, wur« de Männiglichen die Genüge, ſowohl auch mancherlei fremde, wälſche und ſpaniſche Weine, mit Ueberfluß gegeben. Der Poſauner, Pauker, Pfeiffer, Geiger S 410 und anderer Spielleute, waren etlich Hundert. Nach verbrachtem Mahl ritten die Fürſten, Grafen und Her⸗ ren in den Turnir, und übten. mancherlei Freuden und Ritterſpiel, daß alſo Männiglich, deme die Welt liebet, allda wohl etwas zu ſehen ‚gehabt hätte,” Ausführlicher als Hagek fpricht der. Steyermärz. ker Dttokar von Horned (S. Sceriptores re- rum Austr. T. III. pag. 597. 8) in feiner Reim: chronik von dieſer Feſtlichkeit. Herzog Albredt von Defterreich, — der Bruder der Königin, welche eis. ne Tochter Kaifer Rudolph?s I. von Habsburg war — 309, nach Hornecks Verſicherung, mit 10000 Reiſi⸗ gen in Prag ein, und fand fo allgemeinen Beifall, daß man behauptete: ſein Muth, ſeine würdige Hal⸗ tung und ſein glänzender Hofſtaat übertraͤfe alle Pracht der Übrigen fremden Herren, die aus Schwaͤben, Franken und aus andern Rändern ebenfalls herbeige⸗ kommen waren. — König Wenzel empfing feine Gä— ſte nicht minder glänzend. Die Krone, welche er damals trug, war 2000 Maik werth, Schwert und Schild wurden ihm vorgetragen; auf dem letzteren glänzten edle Rubinen und der weiße, aus trefflichen Perlen zuſammengeſetzte Löwe. Sein ſammtener Rock J war über und über mit goldenen Blättern dicht be⸗ deckt, von denen jedes mit fünf großen Edelſteinen A 4ır peangte, d. h. mit Nubinen , Sardonyxen, mit To⸗ pas, Dnyr, Smaragd, Calcedon, Saphir, Saspis u, f w. Der Rod allein wurde auf 4000 Mark ger ſchätzt; “eben fo reich von Diamanten ſtrahlten fein ‚Hut, feine Gürtel, Mehrgehänge und Ringe. — Man fpeifte aus filbernen:-und goldenen Gefäßen, die mehr als 6000 Mark gefoftet hatten; es. gab auf den Tafeln ,. bei denen ſich auch „varunde Diet” d. h. herumirrende Bänkelfänger eingefunden hatten, — Fleiſch, Fiſche, Wildpret und Mein, die Hülle und Fülle, mit einem Wort, es war ein, fo köſtliches Mahl bereitet worden, „daß noch die Prager davon zu erzählen wiffen” wie Horned behauptet. . Alles Uebriggebliebene, felbft das Zifchzeug und Küchenges räth nicht ausgenommen, ‘ward den Wolfe Preis ge: geben; und fodann wurden 52 edie und reiche Helz _ den oder „Swert = Degene” zu Rittern geſchlagen, oder, mit des Chroniſten Worten, „ſie empfingen Se⸗ gen und: Schild,” und reichlich beſchenkte fie der Herz 30g mit. Gefchmeide und Gewändern. Dann erhob ſich der Lanzenkampf („Buhure”), und nach ihm: abermaliges Speiſen, wobei es nicht an wandernden Sängern fehlte, welche den Fürften von Oeſterreich feiner Milde wegen priefen: er ©. - „Viel der varunden Diet, Die fungen manig Lied * * Zu Lob und Preis Von Oeſterreich dem Fürſten weil, ; Umb' die Ehr', die er da begie (beging.)” Die Häufer in ganz Prag erſchienen während dieſes Feſtes, — bei welchem auf Koften des Kö⸗ * nias 191,000 Pferde (fo ſagt der Chroniſt Franz) verpflegt wurden — prachtvoll ausgeziert. „Auf dem neuen Markte, lieſt man bei Pubitſchka, a. a. DO, Thl. IV. Bd. U. ©. 547, floß für jedermann Mein aus mehreren Quellen, und das Gold, was, dem alten Gebrauch zu Folge, aus den Kenftern des Eöniglichen Dallaftes unter das Volk ausaemorfen ward, betrug. auf 10000 Gordftüde. . Die Größe des ganzen Auf⸗ wandes läßt ſich ſchon daraus abnehmen, daß man 8108 für Eier goo Mark, das ift, bie Mark zu 16 Gulden gerechnet, 12900 Gulden ausgab, Die Eofts baren Sefchenfe, die, aufer jenen von hundert Mark, welche der Mainzer Erzbiſchof nach hergebrachter Ge⸗ wohnheit empfing, der König unter die anweſenden Gäſte austheilte,, will ich gar. nicht erwähnen. Viele leicht ſcheint dies Alles unglaublich ; indeſſen finde ich e3 bei dem glaubwürdigſten Chroniſten, dem Dom⸗ herrn Franz, genau verzeichnet, der ſeine ſorgfältige Erzählung mit einem poetiſchen Glü ückwunſch an den 413 König, in dem Geſchmack der er Seiten, beſchließt.“ — Von Wenzel des I, Sohne, der im 17. Jahre bereits König von Böhmen, Polen und Ungarn war, d. h. von Wenzel dem IM. ift dagegen nicht viel Erfreuliches zu fagen; denn wiewohl er zierlich (ele- ganter) lateiniſch, deutſch, ungrifih und behmifh ſprach (S. Abt. Peter) und fein Aeuferes ſchon ges nannt werden mußte: fo wurde er dach, — wie Bes nes von Weitmühl wörtlich berichtet : „von Knaben, nicht dem Alter, fondern dem Berftande nach, uns ter Knaben erzogen. Er hatte feinen Lehrmeiſter oder Erzieher, der. fich feiner erbarmte, fondern lebte ſchon von der zarteften Sugend auf ganz wie es ihm ges fiel und wurde nid;t regiert, fondern regierte. . Er be: fand fich nämlich in Ungarn , wohin man ihn als König berufen hatte, von feinem Bater entfernt; und die jungen behmifhen Baronen, feine nächte Umge: bung, verleiteten ihn bald auf Abmwege, Er trank täglih Wein bis zum Uebermaß, die Nächte vers brachte er ſchlaflos, fo daß er dann des nächſten Tas ges bis gegen zwölf Uhr fehlief, ftatt auf den Got: tesdienft und feine Regierungsgeſchäfte bedacht zu ſeyn. Bald nach Tiſche überließ er ſich wieder thörichten Geſprächen, und lieh wahren Kindereien und leerem 414 | Geſchwätz fein Ohr. Bald wär fein Herz durch) die Derführer fo verdorben, daß er weder Gott noch bie Menfhen fürchtete. Zur Nachtzeit, wenn er ſich betruns ten zeigte, drangen ihm die jungen Edelleute Verfchreis bungen auf königliche Güter und Burgen in Böh⸗ ‚men ab. Ach, ah! es iſt mie gänzlich unbekannt, warum fein Vater, dieſer weifefte Fürſt, nicht dar⸗ auf bedacht war, ihn von Jugend auf mit einem beſſeren und ſtrengeren Leiter zu verſehen. Man er⸗ ‚zähle, als der junge Fürſt bereits, nach dem Tode des Vaters, die Regierung Böhmens angetreten hat⸗ te, ließ er einſt eine Reihe neuer Töpfe aufitellen, die er nach den verfihiedenen Baronen benannte, Er zerſchlug einen nad dem andern, dabei ausrufend \ Du MN, gib mir meine abgebrungenen Befiguns gen zurück, oder ich vernichte dich, wie dieſen Topf” xt, Dies wollte man verhüten; er wurde demnach 1306 zu Olmütz von einem Thüringer, Einige nen: nen ihn Konrad von Potenftein, mit dem Schwert ers - mordet 5. der König war erft ıg Jahr alt, und mit ihm erlofch der. Przemyſliſche Stamm der böhmifchen Kö⸗ nige , der 594 Sabre lang Böhmen beherrſcht, und ihm 23 Herzoge und 7 Könige gegeben hatte, et fielen Kaiſer Albrecht 1:, Herzog Rudolph von Deflerreich und Herzog Heinrich von Kärnthen — 415 faft gleichzeitig im Böhmen ein, und verwüfleten es mit Feuer und Schwert. Fremde Truppen führten auch fremde Mißbräuche im Lande ein, weshalb ſich Hagek Aufert: „Damals (im J. 1309) hatte bus teichtfertige kärnthniſche und tiroliſche deutſche Volk “ein ungewöhnlich und zuvor unerhört neu Ding in Böhmen gebracht, als nämlid) : ſechseckige weiße Bein⸗ lein, darauf ſchwarze Pünktlein, den Augen gleich, ausgegraben waren: mit denſelben warfen ſie auf die Tiſche, und wetteten um's Geld, welcher derſelben Augen mehr werfen würde. Als die Böhmen ſolche neue (7? f. S. 427) Speife angebiſſen hatten, ließen fie von ihrem Steins und Kaulenwerfen, und hingen fih an viefes Spiel, und lauferten einander das Geld aus dem Beutel, Die Priefter redeten den Herren we⸗ gen dieſem unbilligen Ding auf der Kanzel übel zu, ſagend: daß das Böhmerland wegen diefes Beinwer⸗ fens und Müfiggangs fehr zu Grunde gehen werde 5 aber die Herren achteten deffen am wenigſten, und ih⸗ rer etliche verließen daheim ihre Wirthſchaften und Weiber, und lagen ſtets in den Stä idten und baus ten diefem Spiel die Herbergen, daraus dann oft viel Zanks, Unruhe, Blutvergiefen und Todtſchäge ent⸗ ftunden. Die Ritterſchaft aber, die das Land vor den Feinden und Beſchädigern billig beſchützen 416 ſollte, trieb mancherlei Gauckelwerk und Kurzweil mit Stechen und Wettlaufen zu Roß ohne Sattel; die ans dein aber turnirten mit hölzernen Schwertern auf maucherlei Meife, und trieben e8 alfo vielmehr ſpött⸗ lich als ritterlich. Die Sungfrauen aus der Königin Frauenzimmer (die Hoffräuleins), melde. fonften, den fireitbaren Rittern pflegten große Verehrung zu fens den, fhiften ihnen bazumal wegen ihrer. Mannheit Molkendiebe (weiße Schmetterlinge) und Käfer” u. ſ. w. Diefer Zufland verbefferte ſich nicht, fo lange Heins - vi vom Kärnthen König von Böhmen blieb, „Es gingen damals, viel: und mancherlei Näubereien. im Schwange; es war, weder Herr, Priefter, Bürger noch ‚Bauer ficher ». daß den Menſchen Angft zu. les ben, denn es gefchahen täglichen ungemöhnliche Mor⸗ de? (Hagek). Deſſen ungeachtet lobt der Wiener Spruchdichtet Peter Suhenmwirt, in ben von Primiffer herausgegebenen Poefien, diefen König und feinen Hof, „wo Springen , den Stein floßen, Schirmen, Ringen, Schießen, Turniren und Ste⸗ chen um der Frauen willen viel geſchah; auch — weil unterließ man nicht, als: Tanzen und rayenꝰ (im, Reigen. tanzen.) Gleichzeitig entwarf derſelbe Dichter ein Bild des ächt en Ritterlebens, das zu charakteriſtiſch iſt, als daß man ihm nicht Beachtung 417 ſchenken folite. Cr fagt: „Der wahre Ritler ehret einer Frau zu Liebe alle Frauen auf Erden; fein, züchtiger Scherz würzt die Tafel, fein Mort geht aug feinem Munde, dag die Ehrbarfeit beleidigte, Coll man des Nachts um der Ehre Willen wachen, fo ift . ihm Nacht wie Tag; er bleibt voll Luſt und Freude, daß Niemand bei ihm verdroſſen wird. Was ſein Mund verſprochen hat, das hält er ohne Falſch und Trug. Am frühen Morgen dient er Gott dem Bes ften und Höchſten, dann der Melt zu Lob und Preis. — Der edle Ritter kommt geziert auf die Bahn, fo daß die Engel fih an Roß und Harnifh, Zeug und Mappenkleid freuen möchten: das Moß befigt er gı= waltig; er ift zu fihauen wie ein ſchönes Bild, fo zierlich ſetzt er die Füße: der Minne Zeichen führt er auf Helm und Schild. Er fürchtet Keinen; uner— ſchrocken und ritterlich führt er fein. Epeer, mißt die Stöße, braucht die Sporen und Mann und Roß zeis gen fih wacker. Der Roſſe drüdt er viele nieder, - manchen fällt er, der fich ficher vor ihm wähnet. Nos the Munde geben ihm das Zeugniß : „Der thut wahrs lich das Beſte!“ und erkennen ihm die Ehre (den Turnirdank) zu. So im Luſtkampf; — doch wie zeigt er fih im Ernſt? Wenn er die Feinde erblict, ‚und wenn die Heechaufen geordnet werden, das ers i S; un v feifht iin an Leib und Ehre: feinen Muth theilt er Zaufenden mit. „Biderbe Helden — fpricht er, — wohlan, feyd unverzagt und muthvoll; gedenkt, daß, was ein Biedermann in einem Tage mit den Waffen vollführe, ihm und feinem Geſchlechte für immer Ehre bringt. Als ſolche Taffet ung heute erzeigen. Die zagenden Feinde find unfer, wir bes fiegen fie mit Herrengemalt !“ — Sofort verforge er mannlich und umfihtig das Panier und die vorderfte Reihe mit bewährten Biedermännern: er zeigt, wie man die feindliche Vorderſchaar beobachte (die Spitz abteite), auf welcher Seite man den Feind übers flügle (das Nachreiten gewinne) ; er ordnet die Sei— nen, und geht in Et. Jörgen Namen raſch auf den Send (06. Da richtet er große Verwüſtung an, und _ ſchlägt viele tiefe Todeswunden: den Freunden aber ſteht er Hilfreich bei. Iſt er durch die Haufen den Feinden auf den Naden gedrungen, fo hebt fich ein Gekeile und Gehade, daß Leute und Roſſe laut aufs ſchreien. &o verwirrt et die Motten, bis der Feind beſiegt iſt, beſiegt — duch, ihn. Freund und Feind ges ſtehen: er ift ber tap ferfte Held, der auf beiden Theis len die ſen Tag geſehen worden. Ohne Wunde kommt er felten heim, er fey nun gefangen oder Sieger. * — ji 419 Br ER im Jahre 1310 einer, der ritterlichſten Fürften, König Sohbannvon Lurenburg, die Regierung Böhmens antrat, fo wurden doch folche volltommene Ritter immer feltener, Das Aus— land übte von Tag zu Zage ftets größeren Einfluß, und man wetteiferter im: Aufnehmen fremder Gebräus he, wie fie in dem vorfiehenden Abſchnitte gefchildert wurden. „Ein großer Theil der höheren Klaſſen, ſagt Dobromwffy, fand jegt an fremden Sitten, Kleidern, Stiefeln (daher nun bo ty anſtatt Fjorne), am neuen Haarpuge und an der deutfchen Sprache Geſchmack. Sie ahmten das Fremde nah, nicht anders, ald wenn fie geglaubt hätten, fie müßten nun, nach erlofhenem Premystifhen Stamme, auf: hören Böhmen oder Stawen zu feyn.” — Mean wird es hoffentlich für angemeffen halten, über Karls Bater hier noch einige Andeutungen zu finden, der in mehr als einer Beziehung an den fpäteren Kaffee Marimilian I]. erinnert, denn ‚beide waren gleich begeiſtert für Ritterthum und krie-⸗ geriſche Luſt. — Johann von Luxenburg, deſſen Schönheit und anmuthiges Weſen Abt Peter im J. 1311 preiſt, entwickelte von Jugend auf eine außer⸗ ordentliche Thätigkeit; und nur von Wenigen bes ‚gleitet, ritt er ſtets wie im Fluge durch die Länder, S4 420 | - fagt Bened. „Wunderdinge erzählte man ſich von ihm : wie fehe er in Frankreich, und den Niederlans den fi ch allen ritterlihen Uebungen ergeben ı zeige, wie er Turnire befuche ,. Luſtkämpfe veranſtalte, reiche Geſchenke vertheile, koſtbare Gelage und Gaftmäler halte; wie er in Burgund einen feiner Gegner im Turnire mit der Lanze durchftochen habe? u. ſ. w. Ueberall, hieß es, zog er Lanzenkämpfen und kriegeri⸗ ſchen Feſten entgegen; ſtets führte er einen glänzen⸗ den Hofſtaat und erwarb ſich den Ruf, der kühnſte Krieger zu ſeyn *). Doc man klagte auch, wie cr allzu unſtät von einem Ort zum andern eife, ſo daß ihn die Geſandtſchaften nicht aufzufinden vermoch⸗ ten. Abt Peter verſichert: das Königreich erfreute ſich bei feiner Abmwefenheit einer größeren Ruhe, als bei feinem Verweilen im Lande, Er wurde von Vie⸗ len gefürchtet , und fürchtete felbft die Meiſten; das ber mied er fo ſchnell als möglich Böhmen wieder, um ſich zu ſichern. Die Regierung desLandes über⸗ trug er jedesmal demjenigen, der ihm das * gab oder zu geben acltiach u. ſ. w. 9 Hastiludia ei 'exercilia Be ubique | querit, expensas maximas gerit, et no- men sibi, quod sit miles strenuissimus, — (S. Abt Petrus und D emherr Stanz.) | . er Ar - Mebrigeng trat Sohann aller Orten, insbeſon⸗ dere in FSranfreih, am Rhein, in Baiern 16. als Vermittler, als gewandter Rathgeber auf, fo dag fein Scharfſinn allgemeine Anerkennung fand , und ſich bereits das Sprichwort verbreitet: hatte: ohne den König von Böhmen kann man. uichts zu Stande bringen *). — Man befang mande feiner Kriegss thaten auch in behmifchen Verſen, z. B. den Felt: zug gegen den ungtifhen Grafen Matthiad von Trentſchin, im J. 1515, Ee unternahm ihn, fo lieſt man in der Königſaaler Chronif , mit 1500 -Hitterm , die auf ſchwäbiſche Art volfommen behelmt waren (more Suevico aptissime galeatos) ; aber nächftdem folgten ihm mehrere Taufende , aus: gerüftet mit Bruft> und Beinharniſchen, mit eifer: nen Müpen (mitras ferreas), mit Bidelhauben (cassides), mit Speeren, Wurffpießen,, Pfeilen, Bogen und Wurfgefhoffen. Diele Prager nahmen an diefer Unternehmung Theil; dech im J. 1328 rüſtete, wie ſchon erwähnt, „die Stadt Prag gegen 10,000 Streiter im Intereſſe diefes Königes aus, *) Jam enim volat proverbium : sine Rege » Bohemie nemo valet expedire finali- ter suum faclum (©, Abt Petrus, aufs Jahr 1350). * AR 4s2 mittel und Waffen (S. Abt Petrus). — Böhmiſche Dichter bearbeiteten einzelne Anekdoten aus feinem Leben, wie unter andern jene, als er fein Neitpferd einem Laſtwagen vorfpannen ließ (noch handſchriftlich in der fürſtl. Lobkowitziſchen Bibliothek zu Prag vor⸗ handen), In den Reimchroniken jener Zeit, z. B. in der fogenannten DalimiPfchen, fpielte er eine Rolle, und auf feinen Zod in der Schlacht von Kreſſy wur⸗ den Gefänge in der Nationalfprache‘ verfertigt. — Schon früher fprachen böhmiſche Lieder von den Heil: ‚denthaten oder dem Zode berühinter Eingebornen, fo nämlich Son Plichta’s von Zerotin, der ız19 in der Schlacht bei Mühldorf gegen Friedrich von Dee ſterreich fiel; und man feierte den Heldentod Milz helm's von Watdek, genannt Hafe, der in dems ferben Kampfe blieb, und in deffen von Abt Pe: trus mitgetheilter Grabſchrift die Verſe vorkommen: Non erat equalis huic, in regno neque talis Qui sic famosus exisiteret, aut animosus, 9— ragt | * Kam König — ohann einmal nad Böhmen, fo geſchah es größtentheils nur, um Geldſummen Bez. hufs neuer Ritter = Abenteuer aufzutreiben ;. obwohl doch auch nicht vergeſſen werden darf, daß er Vieles und verfah das Heer mit 740 Wagen voll Lebens %“ AN, 425 N für das and that: er RR das Königreich durch das Gebiet von Eger, durch einige Theile der Lau⸗ ſitz und Schleſien's; zog gegen die Raubritter zu Felde, verſchönerte Prag ꝛc. Die Anordnung der Luſt- und Ernſtkämpfe blieb freilich fein Lieblinge: gegenſtand, den er auch in Prag niemals außer Acht ließe So fprachen unter andern im J. 151 9 — nad eines Augenzeugen, des Abtes Petrus Beriht — ‚ einige junge leichtgefinnte Baronen zu ihm: „Herr König, durch Turnire und Lanzenfämpfe und nicht durch andre Eriegerifche Uebungen kann unfer Ruhm verbreitet, und unfer Name durch alle Lande gepries - . fen werden, Schreibet alfo eine Tafelrunde oder einen Urtushof aus, und Ehre muß ung für alle Zeiten daraus hervorgehen. Alsbald gab der König dem jugendlichen Rathe Gehör und ſchrieb an alle Kürften, Grafen und Eden durch ganz Deutfchland Einladungsbriefe , woran die Siegel vieler Edelleute hingen, und morin Bedeutendes verfprochen wurde, Von den Städten und Klöftern bezog Sohann gro— fe Seldfummen, um dies Feſt begehen zu Eönnen; auch ließ er in dem Thiergarten bei Prag (in der. Gegend des heutigen Neuſtädter Karlhofes, ſ. Dob⸗ ner T. V. Seite 371) einen großen Holzbau zum Behuf des öffentlichen Schauſpieles errichten. So — 424 kam endlich der Tag des heil. Johannes des Täufers herbei, welcher zu dieſer Luſt anberaumt war; aber von Fremden erſchien faſt niemand, ſo daß es wohl heißen fonntes Parturiunt montes ete,” — Ein zweites Turnir veranflalte der König im J. 1321. auf dem Alrftädter Ringe zu Prag, wobei er aber das Unglüd hatte zu flürzen, und von den Kampf: toffen der Mitkämpfer fo getreten zu werden, daß er bedeutende Verwundungen erhielt, und halb todt weg⸗ getragen werden mußte, „als, fagt Abt Petrus, der König um das J. 1337 empfand, daß feine Augen, die niemals fharf gewefen waren, ihre Sehkraft immer mehr verloren, nahm er feine. Zuflucht zu den Aerzten, um diefem Uebel entgegen -zu wirken, iner derfetz ben, ein Franzoſe, der ihn ganz falfch behandelte, wurde auf den Befehl des Könige in einen Sad ges ſteckt und zu Breslau in die Oder geworfen. Nun berief Johann einen zweiten und zwar heidniſchen Arzt aus Arabien nach Prag, der den König wie eis nen Märtyrer leiden ließ, und ihn fo lange mit Morten verteöftete, bis er ihn auf das rechte Auge völlig blind gemacht hatte, Diefer Heide , der noch viele Andere durch feine Chirurgie hinterging, würz de gleidy dem erfteren daS Leben verloren haben, hätte \ * er 7 5 425 ihm der König nicht früherhin freie Herz und Zurüds reife, verbürgt.“ — Su Montpellier büfte er im J. 15340 , ebenfalls durd) Ihledhte Behandlung der Aerz⸗ te, auch noch das zweite Auge ein; doch ſchwand damit nicht zugleich fein Muth; ja er fiheute fogae auch jetzt den Kampf nicht, ſo daß dies unwillkühr⸗ lich an den blinden Zijka erinnert, Petrarka fragt (De Reinediis utr. Fortunae ‚Dial, 95): „Was ſchadete wohl die Blindheit dem Ruhme diefes Hel⸗ den? da alle Welt ſeine Tapferkeit bewunderte, ſo 2 dr erregte er eben durch dieſe ‚Blindheit überall neues Erjtaunen.” Bei König Kafimir von Polen ſchien died jedoch nicht der Full gewefen zu feyn, fonft würs de er es fich fehmerlich erlaubt haben, ihn im Jahte 1345 zum. Zweikampf berauszufordern; worauf 03 hann erwiederte: gern wolle er ed. thun, da aber bekanntlich die Kämpfer ſich an Kraft ungefähr gleich ſeyn müßten, ſo ſolle er ſich vorher nur beide Augen ausſtechen laſſen. — Aber, wie geſagt, Johann ſcheute auch in dieſem Zuſtande das Schlachtgewühl nicht; er focht am 26. Auguſt 1346 in der Schlacht bei Kreſſy in der Pikardie, und antwortete auf den Zuruf zu entfliehen, da die Engländer immer mehr vordrangen. „Das wird, will's Gott, nicht geſche⸗ ‚hen, daß der König von Böhmen aus der Schlacht 426 fliehen follte 1”. Ctohot, buohda, IIND aby Kraͤl deſth z Bitwy vtikal). Froiſſard, dieſer ausge: zeichnete franzöſiſche Chroniſt, erzählt (Vol. I. chap. 130): Johann habe den ihn unigebenden Rittern noch vor dem Beginn des Kampfes zugerufen: Fihr ſeyd in dem heutigen Treffen meine. Gefährten ‚und Freunde; ich erfuche euch, mic) ſo weit vorzuführen, daß ic) die Feinde mit meinem Degen erreichen Eann !” Die Ritter umringten den König und banden fein Pferd fogar an die ihrigen feft, um ihn im Schladit- gewühl nicht zu verlieren. Er focht tapfer; doc) Alle wurden das Opfer ihrer Streitluft und man fand fie — bie Pferde an einander — — * dem —2 todt. Aus der in Regierungszeit Johann's von ' Lurenburg, de h, vom I. ız15, hat man eine kleine böhmiſche Dichtung , welche als die „VBefchrets bung des Turnirs zwifhen Rudolphs und Wie nek's Knappen” angeführt wurde. Bei näherer Prüfung zeigt fich jedoch, daß es Fein Zurnir, fons dern ein förmlicher Gerichtskampf war, * unerhört Gericht, in Böhmerland noch nie gefehen,” weiches folgenderniagen ftatt "fand vo Nudolf von Koßic hatte feinem Nachbar WieneE einen Edel: "427 knecht FRE MWienektödtete aus Rache Ru: dolf's Sohn, und Rudolf ermordete jegt wieder⸗ um eines von Wiene®s Kindern. Dies fhred- liche Verhältniß folte endlich durch eine Art von Gottesurtheil oder Ordal, d. h. durch einen öffent⸗ lichen Gerichtskampf befeitiget werden, Jede der bei⸗ den feindlichen Parteien, die Rudolf'ſche in grünen, die Wienek'ſche in rothen Waffenröcken, ritt mit ſechs Gerüſteten in die für ſie zubereitete Kreisbahn der Burg, die nunmehr geſchloſſen wurde. Anfänglich ſchien ſich der Sieg auf Rudolf's Seite zu neigen, doch endlich drangen Wiene k's Kämpfen durch; und obgleich der Streit wüthend war, ſo verlor doch kein Einziger dabei das Leben, Man begnügte ſich mit dem Herabftehen vom Roſſe und mit NER den Gegnern abgenommenen Rüſtung. Ehen fo alt als diefe Sweifämpfe, wo nicht äl⸗ ter, find auch in Böhmen der Gebraud der Wafs fees und Feuerprobe, die König Wenzel l. In feinem 1229 erlaffenen Geſetzbuche befpricht, und welche erft duch Karl IV. abgefhafft wurde. — Ein anderes Ordal als dieſes, beſtand darin, dag man fi unter König Wenzel J. der Würfelfpie fer (Trucellarii) und Kartenfpieler (Tri- umphatöres), bediente. Jede Partei wählte einen IR 428 - dieſer Gaukler, der die Würfel warf; die Mehrzahl der geworfenen Augen galt nunmehr für die Ents ſche dung einer höheren Macht. So war e8 auch mit - den Kartenfpieleen: der Geminnende feierte zugleich über alle rechtlichen Anfprüche feiner Gegner den Tri: umph, und von diefem Frank blieb nody die heu⸗ tige Benennung „Trumpf“ im Kartenfpiele zurüd. (S, Loigt a. a. O. Seite 101). Selbft die Frauen und Zungfrauen muß: ten in gewiffen ‚Fällen mit den Männern einen Ge: richtskampf beſtehen. In dem böhmiſchen Landrech⸗ te, welches der Oberſte Landrichter Duba im J. 1402 zuſammentrug, heißt es ausdrücklich: „Wenn eine Wittwe jemanden, der ihr an Geburt gleich iſt, eines an ihrem Manne oder ihren Verwandten bes gangenen Todtſchlages megen vor Gericht fors dert, fo foll fie wider den Beklagten nach derfelben Meife vorgehen , wie ein Mann. Wenn fie mit ihm kämpft, fo muß der Beklagte in einer Grube bis an ben Gürtel ſtehen, mit einem Schwert und einem ‚großen Schilde verfehen,, in welcher Grube er ſich ‚wenden und. wehren: foll, tie er kann. Sie aber fell ‚auch mit einem Schwert und Schild verfehen, inden rund herum gezogenen , dazu. beflimmten Schranfen bleiben, wo weder er. aus der Grube, noch fie aus ee ar De — ——— 429 den Schranken darf, fo lange einer ben andern nicht überwindet; wenn aber einer oder der andere herauss treten follte, der würde fein Recht verlieren. — Eis ne Jungfrau von 18 Fahren oder noch älter, wenn. fie mit dem des Mordes Beſchuldigten kämpfen wollte , foll deffeiben Rechtes fich bedienen ; wo aber . nicht, fo hat fie, gleich einer Waife, das Recht der Vertretung durcy einen Verwandten, — „Diefe Zweikämpfe vor Gericht, heißt es, ſcheinen fih in Böhmen weit länger erhalten zu haben, als in. den benachbarten Ländern; in dem Zalenbergifhen Coder des böhm. National = Mufeums wird noch uns ter dem J. 1456 aus der alten Landtafel ein von dem Gericht beflimmter Zweikampf zwifchen einem J'o⸗ bannvon Ferien und Nikolaus von Lobkowitz angeführt.” Es ift eine, auffallende Erfcheinung , daß felbit in ben großen Zeughäufern der Reſidenzſtädte, nur ſehr wenige ganze Rüftungen oder einzelne Waf: fenſt ück e aus früheren Jahrhunderten angetroffen werden. Alles, was man hie und da von gut er— haltenen Gegenftänden diefer Art dem Wifbegterigen zu zeigen pflegt , reicht gewöhnlich kaum bis in das * 430 14. Jahrhundert hinauf; nur in einzelnen Kunfts kammern, oder unter den Seltenheiten alter Kirchen findet ſich bisweilen ein Stück, das dem Kenner des Alterthums beſonders merkwürdig erſcheint. Man lernt demnach die Beſchaffenheit der Ritterwaffen, wie fie vor einem halben Jahrtauſend und: etwas ſpä⸗— ter beſchaffen waren, größtentheils nur aus gleiche zeitigen Schilderungen in den Epopden des Mittels alters , oder durch Bilderhandfchriften kennen; und es wäre fehr zu wünſchen, daß die letzteren auch in diefer Beziehung gehörig benutzt, d. h. durch Tithos ‚graphirte Zeichnungen bekannter würden. — Selbft mein gegenwärtiger Verſuch müßte unendlich an In⸗ tereſſe gewinnen, wenn ihm manches treue Abbild der geſchilderten Gegenſtände beigegeben wäre. Was mir diäe beſchränkte Zeit zu leiſten unterſagte ‚ möge doch ja ein anderer Kunftfreund ausführen; denn es fehlt, tote man gefehen hat, auch in Prag nicht an Ma: terialien, welche den Maler, fo wie den Anordner ber Theater und Maskenkoftüme lehren Eönnten: bie bisher ſtets wiederkehrenden Mißgriffe zu vers meiden,‚»und einen reichen und intereffanten Wechſel in das Einerlei ſeiner Erzeugniſſe zu bringen, ohne deshalb — in — ——— ig verfallen w dürfen, PR ERRE y 9 ia Mi iz Re % 431 Bereitd auf Seite 324 ff. war von de Bil derbibel des Herrn Prof. Schufter bie Rede, woraus fih, nach meiner Anfiht, Bieles für die Kunde jener Äußeren Lebensverhältniffe geminnen läßt, wie fie etwa um das Jahr. 1250 am Hofe der böh— — miſchen Könige, beſtanden. Solchen bemalten Perga⸗ mentblättern darf man vertrauen, und wäre ihr Kunftwerth auch noch zehnmal geringen, als er es wirklich ift. Wollte. man fie außer Acht laffen, wo wäre fonft von Älteren einhbeimifhen Waffen: ftifen bewährte Kunde einzuziehen? Mill man ete wa Hagefs Worten, bei denen fich eigentlich gar nichts denfen läßt‘, glauben, daß man um’s Jahr 854 in Böhmen „mohlgeüderte Schilde, Pechwäm⸗ ſer, fammt--anderer NRüftung mit Namen Zo zen⸗ er Lubenücjey Profhomanicze und Sturmhüte von Farrenhäuten, mit — und ſtäh⸗ lernen Reifen verwahrt” trug? Doch um auf die Bitderhandfchrift —— | men, — fo lehrt fie ‚oin Bezug auf das Ritters leben aus ihrer Entftehungszeit, Folgendes : "Die Ritter find durchaus in den Kettene, Schups ı pen⸗, Maſchen⸗ oder Ringpanzer gekleidet, den man Halsberg (im Gegenfag der Beinberge, dhe Fußbekleidung) oder Brünme zu nennen pflegte 432 Bon den fpäteren, aus ganzen Eiſenſtücken ober Ei⸗ fenfihienen zufammengefegten Harnifchen, — gemeins hin als Krebs bezeichnet, — iſt hier. noch feine Spur, Das Panzerhemde ſchließt fih dem Körper, vom Kopf bis zur Fußſpitze eng an, und iſt über den ledernen Wappenrock oder Bruſtkoller gezogen. — Die Sättel zeigen ſich eng und hoch, und ſchließen den Ritter vorn ſowohl als hinten feſt ein, die Spor⸗ nen find mit langen Stacheln verſehen, die Steiges bügel oder Stegreife dreiedig, die Pferde far bes fehlagen , und ihre Fuß = oder Hufeifen «haben ſcharfe Haken. Der Borbug und das NRüd - Satteljeug des Pferdes tragen: Eleine Quaſten oder Schellen; es zeigen ſich Fähnchen an den Lanzen, im Schlachtges tümmel Streitwagen, Hüfthörner 26, — Ueberall ſind Eräftige Pferde bemerkbar , welche man in Roffe, db. ſtarke Streithengfte und in Ma yes den, d. h. leichtere Pferde, Wallachen eintheilte. — Bisweilen erfcheinen die Männer mit unbedecktem Haupte, und haben dann entweder Diademe, oder ı verzierte Bänder und Gürtel durch die Haare geſchlun⸗ gen; doc ficht man: dagegen wieder ‚auch. als Kopf⸗ bedeckungen einfache Bickelhauben; geſchuppte dann auch viereckige oder nach phry giſcher Art geformte Mügen; ein Tuch um den Kopf gewunden, von De Ar ar u u — — — 455 ‚welchen bei den Ohren zwei lange Zipfel ſteif her: vorfiehen. Hüte, die einem umgeftürzten Barbiers been gleichen, nur daß oben in der Mitte derfelben noch eine fpitige, hornartige Erhöhung emportagt; eine Art Sturmhaube, mit flammenartigen Verzier rungen oben und zu beiden Seiten; geflochtene Kap⸗ pen, zugeſpitzte Strohhüte mit Beſatz und oben mit einem Knopf, Kapuzen, wie ſie jetzt die Mönche tragen; dann auch Kopfbekleidungen wie ein Zucker⸗ huth, mit Bändern umwunden, unten aufgeſchlagen und im Zipfel herabhängend. In etwas ſpäterer Zeit, unter Kart-IV., trugen die Ritter außerdem Schapel (leichte Hüte) und Strauffedern, mit Gold, Sit. ber, Edelfteinen, großen und Eleinen Perlen, Krän: sen und Kleinodien fo verziert, daß Alles gegen die Sonne wiederglänzte. | | Don Waffen bemerkt man: Kolben, Streits oder Mordärte , breite Hellebarden , Lanzen, Spies fe, Armbruſte, Mefler , Haken, Bogen und die Pfeile dazu, — melche die Bogenfchügen in dem Kö: cher , der einem offenen Zutteral oder einer Scheide . gleicht, an ihrer rechten Seite herabhängend tragen. — Die Schwerte find fang und breit; ihr Handgriff iſt mit einem runden Knopf verfehen, worauf hie und da ein Kreuz eingefchnitten iſt; übrigens zeigen \ 434 fih die Schwertgriffe mit feinem Draht dicht ums runden, und die Schwertfcheiden mit: ſchwarzem und weißen Leber. bandartig und mit Knöpfchen beſetzt, bisweilen aber auch ganz ſchwarz. — Die Schilde find bald Elein und dreieckig, bald wie eine heutige Harfe ausgefchmweift; bald endlich eirund, doch gegen das Ende zu etwas abgefpigt und mit einer Budel in der Mitte, von welcher aus fich eine ftrahlenars tige Verzierung über den ganzen Schild verbreitet, Der linke Arm wird auf ihrer innern Seite durch _ zwei befeftigte Riemen geſteckt. Diefe Schilde tragen fchon hie und da einfahe Wappenbilder: den Adlers flügel und Querbalken, den fchwarzen Adler, rothen Stern , eine rothe arabeskenartige Blume, eine Teus felslarve; fie find auf einigen Darftellungen ganz roth geſtreift, ſchwarz und gelb gezeichnet, wellenförmig, und dann wieder grün und ſchwarz gemalt. — In dem Epos Zaboj, Slawoj und Ludiek der — hofer Handſchrift heißt es: Ludiek haut mit ſeinem Schwerte dem Baie, und durchhaut drei baute. . Zur. Vergleichung md öge eine Stelle atıe der für Eit: tengefchichte merkwürdigen Limburg iſchen Chro⸗ nik bier ſtehen, welche im 14. Jahrhundert geſchrie⸗ — 455 ben wurde: „In derfelben Seit (um das J. 1350) und manch Jahr zuver, da waren die Waffen als nachher gefchrieben ſtehet: Ein jeglich guter Mann, Fürſt, Graf, Herr, Ritter und Knecht, die waren gewappnet mit Platten, und auch die Bürger mit ihren Wappenröcken darüber zu fürmen und zu fireiten mit Schoſſen und Leibeiſen, das zu der Platten gehörte; mit ihren gekrönten Helmen, darunter hatten fie kleine Bundhaus ben, Und führte man ihnen ihre Schild’ und Tartſchen (franz. Targe, ital. Targa d. h. eine Art fehe langer Schilde, welche. den Körper faft ganz bedeckten) nach, und eben fo auch ihre Glene (Lan- 3). Und den gekrönten Helm führte man ihnen nach auf ihren Globen. Auch trugen fie an ihren Bei— nen Streichhofen und darunter große weite Ters fen; auch führten fie Beingewand, das mar vornen: von Keder gemacht, mie die Armleder, und eiferne Böcklein vor den Knien.” u. ſ. w. — Unter den männlihen Spielen liebte man vor allen Dingen das Turnir oder Turnay, wobei der tapferfte Ritter von der fhönften Stau einen blüs henden Kranz von Roſen; der beſte Knecht ein grüs nes Schapel Barret, auch Laubhut) erhielt. — Au⸗ ßerdem hatte man (fo ſagt der Spruchdichter Peter 28 rd 456 le Springen „ Schitmen, Schießen, Ringen, Laus fen., Steinftofen, über Höfe laufen, zu Roß bu: hurten, das Tanzen und Rayen ; doch die Weichlinge entzogen ſich wegen ihrer fnappen unmännlichen Kleis dung, auch diefen Uebungen. — Darüber Äußert ſich der, in Karl des IV. Zeit zu Wien Iebende Su: ch enwirt (herausgegeben von Primiſſer, Wien 1827): „Die ſchändlichen Kleider ſind es, deren ſich jetzt die Welt bedient, darein man ſich mit Riemen vorn und hinten ſchnürt, daß die Junker wie die. Holzſcheite fteif und firaff darin ſtecken. Scherzt eis ner mit dem andern, wie es. zu gefchehen pflegt, gleich ſchreit er: „Hoͤr' auf, mir iſt ein Neftel (Schnürs rlemchen) hinten zerbrochen !” — Die Zunker ſchnü⸗ ren ſich, und legen ſich Baumwolle in die Seiten: ſie ſchminken das Antlitz an Stirn und Wange mit falſcher Fatbe und binden falſches Haar an. Die Zehen wellen ſie anders machen, als Gott ſie erſchaf⸗ fen; ſie ſollen lang, ſpitz und krumm ſeyn; recht wie des Teufels Naſe find ihre Schuhe.” — Diefe un: geheuren Schnabelfhuhe gaben übrigens der fprich wörtlichen Redensart „auf einem großen Fuße leben” den Urfprung. — Die Kleider waren damals auch mit Schellen befegt. . In “einem "alten Weib: Su he nmwirt) als rifterlihe Uebungen : das fchnels — 437 nachtöliede lautet eine Stelle: „wo bie Schellen Elin- gen, in regis curia, Und in.der Schilderung eines - Turnires, welches Herzog Ot to im J. 1376 zu Göt⸗ tingen veranſtaltete, lieſt man: „So find auch da geweſen viele viele Weiber und Jungfrauen, ſo zu [hauen waren angefommen ; waren ſehr heftig ſchön geziert, mit herrlichen Purpurkleidern, und mit klin⸗ genden, ſilbernen und güldenen Gürtel und Borten, mit langen Röcken und Kleidern ; die gingen alle ſchnur, ſchnur, ſchnur! und kling, Eling, Eling!” (S. Göttingiſche Chronik J. S. 28 und daraus bei Mei⸗ ners). — Man lebte damals viel unter Zelten. Ein Prachtzelt jener Tage ſchildert Suhenwirt: „Das Dad) war aus faphyrblauem Sammt, mit. von Gold geſtickten Baumäften und Bögeln, mit Smaragden und Amethpften, Perlen und Rubinen befegt. Sn dem Gezelte.war ein Stuhl von Elfenbein meifterlich gefhnitten, und darauf wilde Thiere und goldne Liz lien in erhobener Arbeit‘ angebracht, Auf anderen Zelten waren Inſchrifttafeln mit Perlen geſtickt, wors ein man deutfche, aa und franzöſiſche Schrif⸗ ten lee * \ Waer von Böhmens ehemaligen Burgbelag e⸗ rungen etwas zu leſen wünſcht, der findet eine ſich 453 darauf beziehende Stelle in dem Epos Czeſtmyr und Wiaslam der Königinhofer Handſchrift, deffen “ ‚Scene im 9. ‚Sahrhundert fpielt. Nachdem die Krie: ger Schild an Schild ſich gereipt und den Burgberg erfiiegen haben, gebietet Cyeftmyr einem Theile ULB derfelben , die Burg von rückwärts anzufallen, wäh— rend Andere von vorn auf bie Mauer ſpringen ſollen: Und die hochgewachſenen Stämme, Die da dicht am Felſen ſtehn Beugen fie zum Burgwall, Daß darüber weg die Balken rollen Ob der Krieger Häuptern z Drunter reihen ſich die Starken, Mann an Mann ſich drängend, Dicht die breiten Schultern aneinander. Auerbalken legen fie ſchräg auf die Achſeln, \ Binden fie mit Strängen längs zufammen, Stützen ſie zur Seite mit den Speeren. Krieger ſchwingen ſich auf dieſe Balken, Eine dritte Schaar dann auf die zweite, Eine vierte auf die. dritte, Und. die vierte, bis fie Hoc) An der Veſte Binnen reichen, Bon woher die Schwerter bligten, on woher die Pfeile zilchten, Bon woher die Stürmerbalken rollten. — Das Wurfgefhüg, womit man zu Kat des IV, Zeit die Burgen belagerte, hatte ſehr verfchiedene 459 Namen. Es hieß (ſ. Wiener Sahrbücher, Bd. XXIX S. 229): Antwerk, Mangen oder Boler , Tumm⸗ . ler, Blyden oder Bleyden, Pettrer, Nutten, der Bomber oder die Bombarde , die Kage oder‘ Krebs, auch der Igelswer, gleih dem Widder der Alten, und-der Ebenhoch oder der auf Räder gefegte, meh⸗ rere Stockwerke hohe Thurm. Die Zeugmeiſter nann⸗ te man: Ingenioſi, Ingeniarii, Artillatores. — Die Belagerer warfen Antwerk auf und ſchoben Katzen an die Mauern. Erſteres war ein Wurfwerk, aus welchem ſchwere Steine, wohl auch Pech und Schwe⸗— fel gegen die Erker und Wehren der Thürme, und über die Mauern hineingeſchleudert wurden. Im ns nern diefer Werke war Stoß = oder Wurfzeug, wo⸗ durch, unter dem Schuge eines vorn angebrachten Schirmes, ſchwere Steine fortgeſchnellt wurden. Die Belagerten ſchoſſen nicht nur Pfeile und Steine, ſon⸗ dern auch Schwefel und Pech aus der Stadt auf die Feinde, vorzüglich auf ihre hölzerne Katzen. Dieſe vor dem Brande zu mehren, war das gefährliche Ges ſchäft manches tapfern Helden, Ja fogar von Büch— fen, aus welchen ein Steinhagel auf die Belagerer niederſchlug, iſt bei Belagerungen die Rede. Es mögen wohl die damals noch ganz neuen Donner— büchfen gemwefen ſeyn.“ (9, Primiffer, nah Suchen⸗ | wirts Dichtungen). 440 PN In Betreff diefee Donnerbüchſen und der. Erfins dung des Pulvers überhaupt , welche ebenfalls wäh⸗ vend Kaifer Karl IV: Regierung ftätt fand , äußert fi ein gelehrter Berichterflatter in den Wiener Jahr⸗ büchern a. a. D.: „Der noch immer nicht geendige te Streit über den eigentlichen Erfinder und über die Erfindung des Pulvers, wird in dem Werke von Franz Kurz: „Defterreiche Mititärverfaffung in Als tern Beiten” (Linz, 2925. 8) neuerdings erörtert. Dem Marcus Grecus möchte diefe Ehre auf jeden Fall beſſer zukommen, als dem Mönche Berts hold Schwarz, dem fie gleichwohl beinahe einen eben fo ausgebreiteten und dämoniſchen Ruf, wie -, tie Buchdruderfunft dem Doktor Kauft beigelegt hat. Daß der gleichzeitig mit Rudolph von Habsburg verſtorbene Robert Baco die Be— ſtandtheile des Pulvers genau gekannt und angege: ben, iſt ohne Zweifel. — Des Feuergeſchützes älteſte urkundliche Spur iſt 1558 in einer Rechnung des Kriegsſchatzmeiſters von Frankreich: „pouravoir poudres et austres choses necessaires aux ca- nons;” — 1343 vertheidigten die Mohren Alg es ziras mit eifernen Kugeln, durch Pulver mit Feuer und Knall aus Kanonen geſchoſſen. 1544 ſpricht Petrarka in den remediis utriusque fortunae * 441 vom Feuergewehr als von einer in ganz Italien verbreiteten Sache. 1346 gewann ber ſchwarze Prinz den blutigen Zag von Kreſſy durch die Kanonen über die Sranzofen, deren Reiterei vorzüglich dadurch in Unordnung gerieth. 1359 erfcheinen ſchen Kano⸗ nen zu Schiffe; in Defterreich aber zuerſt 1380, da Herzog Albrecht *— des — Raubneſt Leonſtein bezwang.“ Fortwãhrend hielten ſich unter Karl IV, deut⸗ ſche Ritter in Prag am kaiſerlichen Hoflager auf, welche zu irgend einer größeren ritterliche n Ge⸗ Teltfhaft gehörten, von denen man damals vor= züglich folgende kannte: Die Geſellſchaft der Ster— ner, die Sternergefellfehaft oder der Sternerbund, Er zählte fajt 2000 Mitglieder in Weftphalen, Sud: fen, Stanken , am Rhein ꝛc.; ihnen gehörten bei— nahe 400 Burgen. Sie trugen goldene und filberne Sterne auf den Kleidern, und hatten fich zu gegens feitigem Schug gegen Beleidigungen vereinigt. — Der Gefellenbund von der alten Minne (Liebe), — Die Gefellen vom Horne, der Hörnerbund oder die Hörz nergefellfchaft, weil fie Hörner als Abzeichen trugen. — Die Falknergefellfchaft. — Der grimme Löwenbund oder die Löwengeſellſchaft. Der Nittee trug am 3 442 R Halſe einen goldenen , ber Knecht einen filbernen Lö⸗ wen zum Wahrzeihen. — Unmittelbar nad diefen Vereinen bildeten fih: der Benglerbund, die Fleg⸗ lergeſellſchaft, die St. Georgengefellfhaft, die Gefells {haft neig dem Rüden (Jagdhund⸗) Bande; die Ge: ſellſchaften vom Sifh und Falken, die Gefellfhaft mit den rothen Aermeln, der Verein vom Rofens franz, von den Roßkämmen, bie Löffelgefeufhaft, die Gefellfhaft der Martinsvögel, die St. Wilhelms- geſellſchaft, der Lübekiſche Dreifaltigkeitsorden, die löbliche Gefellfchaft des Cfels, des Einhorns, die Geſellſchaft in der Fürſpang, im Leitbracken (Fagds hund) und Kranz, im Wind (Windhund), im Wolf, im Steinbock, in der Krone, im Bären, außerdem die zahlreichen ſogenannten Kalandsbrudergeſellſchaf⸗ ten u. ſ. w. worüber ſich in Rürners Turnirbuch und in Klüber's Zufägen zu Curne de St. Palaye gute Nachrichten befinden. WUebrigens wurden die Ritter jener Zeit in vier Hauptklaffen eingetheilt : 1) Die Nitter des heilis gen Grades (die Würdigſten). Sie hatten das Vorrecht: unehrlich geborene Kinder zu legitimi⸗ ren, die Taufnamen zu ändern, Stammwappen aus⸗ zutheilen, und waren von allen Zöllen, Steuern, Mauthen ꝛc. befreit. Sahen fie Einen an der Stra: | ? 445 wi am Galgen hängen; fo war «8 ihnen unbeſcha⸗ det ihrer Ehre, geſtattet, den Körper mit ihrem De— gen abzuſchneiden und ihn begraben zu laſſen ꝛc. — 2) Die St, Katharinen-, Berg» und finſtern Sternesritter (die Theuerften). 3) Diejenigen, welche von den römifchen Kaifern auf der Tyber⸗ brüde zu Nittern gefhlagen worden waren (die Beften) und A) jene endlich, welche den Ritter⸗ ſchlag während oder nach einer Schlacht erhielten (die Geftrengften). S. Klüber a. a. O. Bd. Ih S. 186 und 405. Um das Leben der höheren Stände unter Kari IV., und ihre Bildungsftufe noch näher zu bezeichs nen , laffe ich jetzt mehrere Anekdoten folgen, die mei« nem Gemälde einige Abwechſelung mehr verleihen dürften, und ſich von anderen Anekdoten vielleicht nur dadurch unterſcheiden — weil ſie wahr ſind: Kart IV. ift in Gefahr zu verbrem nen. Le Grand erzählt in feiner Histeire de la Vie privee des Frangais: König Philipp der Schöne von Frankreich ertheilte im J. 1317 einigen jungen Fürſtenſöhnen die Nitterwürde, und. ließ zur Erhöhung des Feftes auf der Inſel Notre Dame mehrere Maskenzüge und einen Sadeltanz aufführen. T4 444 Ein Ballet beftand aus Tönen, die man in. fein: wand eingenäht und mit Harz und Werg vermummt hatte, um fie. als Wilde erfcheinen zu laſſen; einer derſelben mar dee fpätere Kaifer Kart IV, Das Gedränge nahm fo überhand ,- daß der Herzog von Orleans den Verkleideten mit einer brennenden Fadel zu nahe Fam, wodurch das Werg Feuer fing und alle Mitden, bis auf unferen Karl ; fo ſehr verbrannten, daß fie anden Folgen diefes Unglüds ſtarben. — Ges rade bei diefer Mittheilung habe ich jedoch ein kleines Bedenken, daß nämlich der am 14. Mai 1316 gebo— rene Karl im I. 1313 nicht füglich in Frankreich tanzen konnte, wohin er erſt 7 Jahre und 7 Mos nate alt kam, d. h. um den Beginn des J. 1324. Das Hoffeſt zu Meg. Im dieſer Stadt hielt Karlim J. 1355 einen Reichstag , worüber fih Königshofen in feiner Straßburgifchen Chro⸗ nie, Seite 155 dußert: „Es kamen die Churfürs ften alle zu ihme und ihr jeglicher diente dem Kaifer zu Tiſche in feinem Amte, das er hatte von dem Reiche. Und von den Churfürften reit ihe jeglicher auf einem Roſſe bis für den Tifh. Und’ wenne Einer abfaß , fo 'gab man das Roß den Splelleuten. und fahrenden Leuten (Gauflern, Bettlern), — bie > vor des Kaifers Tiſche waren; und viel ander Hofies 445 ren und Erbieten geſchah da, davon viel wäre zu ſagen; denn es war der größte und herrlichſte Hof, den man von Kaiſern geſchrieben findet.” (Man ſehe darüber au) Chron, Comit. de Marea bei Mei- bom P. I. ‚pag. 406). Damals wurde zu Meg der Iegte Theil der goldenen Bulle bekannt gemacht, wie die erwähnte, Chronik verfichert. Die Nüffevon Przemyſles Hafel: ſt a ude. — Dem unfen Außig gelegenen Dorfe Stadicz, worin Przemyſl der Stammvater des Älteften böhmifchen Herrfcherhaufes , als Bauer geboren wurde ‚ beftätigte Karl den 11. Mai 1359 die Freiheit von allen Abgaben. Die drei Morgen Ackergrund, melde der Sage nad, Priem yfi felbft bebaute, wurden für ein Kron = Eigenthum. erklärt 5 zugleich verordnete der Kaiſer: Die „aus Prfempyfis Stab entftandene Hafelftaude? forge faltig zu pflegen, und ihre Nüffe an das Hofla: ger abzuliefern. Sein Freibrief wurde im I. 1456 von Kaifer Sigismund, im J. 1460 von Kb: nig Georg von Podiebrad und im J. 1478 von König Wladislaw beftätiget. (S. Pubitſchka a. a. O. VI, Seite 490). Die Königin Beatrir verliert ihre Hand. — Eine. der beiden reigenden Schweſtern 446 des Koͤniges Johann von — Bea trip, vermälte fih im J. 1318 mit Karl Robert aus dem Hauſe Anjou⸗ Neapel, König von Un⸗ garn. Zwölf Jahre darauf, als die Königin kaum 24 Jahr alt war, ſaß dieſer Monarch mit ſeiner Gattin im Pallaſt; ein ergrimmter Menſch ſtürzte herein und verwundete den König gefährlich. Beer: trir fuchte ihren Gatten zu ſchützen: fie ſtürzte ſich über ihn, um den Mörder abzumehren; doch mit einem Streiche hieb diefer Unmenfh der Liebenden Fürften die ſchöne and vom Arme, (So erzähle Abt Petrus) . Der älter Konrad v. Stiek⸗ na. Bei einem gleichzeitigen Schriftfteller, Benes von Weitmühl, dem -gefhägten Chroniften, lieſt man: „Im Jahre 1365 farb der berühmte Pres bdiger Bruder Konrad, Vorſteher der Teynkirche und auf ihrem Kirchhofe begraben, Als er, ein ge⸗ borner Defterreicher, ein Mann von großen Kennts niffen und noch größerer Beredſamkeit, nad Böh⸗ mien kam und die Menſchen großen Wollüſten erge: ben und alles Maß überſchreitend fand, begann er die Leute unſeres Vaterlandes allmälig durch ſeine heilige Rede zu beſſern, fo daß endlich Viele wieders um ſich eifrig zu Gott wandten, nachdem fie der i 447 j eitlen Luft des Sahrhunderts entfagt hatten. Unter vielem Guten, was diefer Mann bewirkte, iſt eines befonders groß und der Beachtung werth, daß jene Prager Frauen, welche Eurz zuvor noch mit Eöftlichen Schleiern und Kleidern von ausgeſuchter Schönheit prangten, nunmehr beides ablegten und in einfacher, beſcheidener Kleidung täglich den Belehrungen dieſes Redners und trefflichen Doctors zueilten. Er ſprach auch ohne Scheu gegen die Wucherer, gegen die Beſi⸗ Ger jedes unrechtmäßigen Gutes und insbeſondere gegen die Religiofen beider Gefihlechter, welche durch Si— monie oder Beftechung ihre Stellen erlangt hatten.” Zur Charafterifiit der Königin Elise fabeth, Karls des IV. Mutter. Diefe Für: ſtin, eine Tochter König Wenzels IT. und der ſchö— nen Jutta; fie, die Enkelin Kaifer Rudolph’s von Habsburg und Schwefter Wenzel's III. des kegten Przemyſliden, — wurde bis zu ihrer Vermähs lung mit König Johann von Lurenburg, in dem St. Georgenklofter unfern der Prager Burg er⸗ zogen. Jung an Jahren, war ſie doch damals ſchon reif an guten Sitten und an Verſtand; alle Welt erſtaunte über den Schmuck und die Zierlichkeit ihrer Kleider, welche Alles übertrafen, was man ſelbſt in andern Ländern ſehen konnte. „Ich aber, meint Abt 448 N Petrus, ich wundre mic über bie koſtbaren Gewän— der dieſer Jungfrau nicht; auch EFonnte dies Fein An⸗ derer thun der. ihren Hof zu befuchen pflegte: denn man fah die in der Kunft auf das forgfältigfte unters richtete Fürftin, größtentheils nur mit Handarbeiten beſchäftiget; fie aß ihe Brod nicht müßig, fondern indem fie die größte Thätigkeit entwickelte, leitete und brachte fie perfönlic Alles zu Stande, mas man nur immer zur Verberrlihung des Kirchenfchmudes und zur weltlichen. Zier von Gold, Silber, Perlen und Edelfteinen anzufertigen vermag. Sie war ftets von ebfen Sungfrauen umgeben, welche fie dabei auf "das befte unterftügten, und was fie in dieſer Art Zreffliches leiſtete, davon zeugen heut noch fo viele Kirchen⸗ Kleinodien.” — As Eliſabeth ihrem Bräu⸗ tigam entgegengeführt worden mar, und nach längerer, Trennung von den Kieben der Heimath, zu Merz gentheim.mit dem Abt Konrad von Königfanl und Peter dem Chroriften, zufammentraf, rief fie aus: es ift mir, als fähe ich ganz Böhmen, da ih euch, meine Väter, bei mir habe, — Im J˖ 1315 wurde fie zum zweiten Male entbunden und ebenfalls von einer Toter, Jutta genannt, die man fpäterhin in, Dresden erzog. Das Volk murrte laut, weil ed einen Kronprinzen erwartete, Sch hörte fie, erzählt "1 A A 449 . Abt. Peter, bei diefer Gelegenheit Äufern: „Weil dies Kind Niemand liebt, fo gebührt ed mir, es doppelt lieb zu haben,” — Diefe Eurzen Auszüge, die ih nicht vermehren darf, um mein Merk nicht allzufehe -auszudehnen , fhildern fie uns nicht ein äußerſt lies benswürdiges Weib? Der erfe PATER land' s. Diefer Garten, — fagt Here Graf Kaspar Sternberg *) — lag in der Heinricdisgaffe, auf der Neuſtadt Prags an der Stelle, wo fpäter Graf Franz Anton Sport ein Srauenklofter der Cöfeflinerinnen _ ftiftete, das nach der Aufhebung der Klöfter in eine Tabaksgefäll-Direkzion verwandelt if. Cr gehörte dem Dofapothefer Angelus de Floren- tia, von dem er nachher den Namen Hortus an- gelicus behielt. Kaifer Karl befreite Haus und Gars ten von allen Steuern und Abgaben durch eine im Sabre 1360 in Prag ausgeftellte Urkunde; im J. 1373 Murde in einer zweiten von Bautzen datirten _ Urkunde die Steuerfreiheit auf die Perfon des: Hofe apothekers ausgedehnt, und demfelben auch die Mauth⸗ *) S. die Verhandlungen der Geſellſchaft des vater: ländifchen Mufeums in Böhmen, Prag 1923, ıteö Heft, ' 450 j freiheit, fowohl in Böhmen, als in dem ganzen deut: fhen Reihe zugeftanden. Kaiſer Wenzel beftätigte fämmtlihe Freiheiten diefes Gartens dem Neffen ſei⸗ nes vorigen —— Ludovicus de Flo- rentia, im J. 1409 in Prag, mit der ausdrück⸗ lichen Bedingung, daß diefer jenen Garten mit wohl: tiehenden gemwürzhaften Wurzeln zum Vergnügen des Königs bebauen und bepflanzen ſolle. („Quem qui-- dem hortum pro speciali consolalione nostra commisimus per jipsum Ludovicum, diversis redolentibus et aromaticis herbarum radicibus excoli et plantari,”) — Noch jet heißt eine Ges gend in der Heinrichsgaffe „auf dem engliſchen Öarten;” nöthigften officinellen Pflanzen beftimmt feyn mochte; fo hätte dennoch Meiners, wäre ihm diefer Pras ger Garten bekannt gemwefen, ſchwerlich behauptet, a. D. 8b, I, Seite g82: „Boranifhe Gärten und Luftgärten, in welchen man alle fäjöne oder nütz⸗ liche Blumen, Gewächſe und Bäume ſelbſt fremder Erdtheile verſammelte, wurden erſt im ı5. und 16. Jahrhundert von Fürſten und Herren, vorzüglich aber von reichen Kaufleuten und Gelehrten in Italien, Deutſchland und den Niederlanden angelegt,” — Dieſe Fürſorge Karl's für Botanik und die trau⸗ und wiewohl er anfänglich nur für die — Ze" A i 451 rigen Erfahrungen, welche deſſen Vater an ſich ſelbſt gemacht hatte, wie ich oben anführte, berechtigen zu der Vermuthung : daß die damaligen Prager Aerzte doch ſchon mehr Erfahrung haben mochten, als es ein Sahrhundert früher der Fall war. Dem Sohne Kö⸗ nig Ottokar's, Wenzel dem II., war zu Prag im Fahre 1278 Gift beigebracht worden, worüber fich der gleich— zeitige Chronift Volkmar als Augenzeuge folgender: maßen äußert: „Wir ftudirenden ‚Knaben beftiegen, der Eitte der Jugend gemäß, die fih ohne Scheu überall zudrängt, den Schloßberg, eilten in den kö⸗ niglichen Pallaſt und ſahen dort den jungen König an den Füßen aufgehangen, den Kopf am Boden, um auf dieſe Art dem Rathe der Aerzte zufolge, das empfangene Gift wieder von ſich zu geben. Auch entging er ſomit unter Gottes Beiſtande dem Tode wirklich.“ (S. Pubitſchka a. a. O. V. Thi. S. 463.) Gola von Rienzi, der Tribunus au- gustus, in Prag. Im J. 1350 kehrte bei dem Prager Hofapothefer Ungelus, ein Mann mit Frau und Kind ein, der fi für einen italienis [hen Kaufmann ausgab und als folcher aud) eine Audienz bei Karl dem IV, begehrte und erhielt. Aber augenblidtich erkannte der Kaifer den Sohn des rös mifchen Gerichtfchreibers, den entflohenen Statthalter J 452 Rom's, der ſich in einem, 1346 — Send⸗ ſchreiben genannt hatte: „Ritter, Kandidat des heil. Beiftes, ftrenger und gnädiger Befreier der Sadt Nom, Eiferer für die Wohlfahrt Stalien’s, Liebha— ber. der Melt und Tribunus augustus;” der. es in demfelben Schreiben gewagt hatte, „den Herzog zu Baiern Ludwig, und den König in Böh— men Karl, bie ſich Kaifer nennen, nebfl den fünf übrigen ‚Churfürften” vor fein Korum zu laden; denn im Unterlaffungsfalle, fährt er fort, „erden wir mit ihnen fo. verfahren, wie es Rechtens iſt und nad) der Gnade des heil. Geiſtes.“ — Karl ließ ihn jest auf einige Zeit in das Schloß zu Raudnig ſper⸗ ren und dann dem Papſte ausliefern. Zwar wurde Rienzi auch ſpäterhin wiederum Statthalter Rom's, doch verlor er endlich fein Leben durch den wüthen⸗ den Pöbel, (S. Pelzel's Lehen Karl's des IV.) | Bocaccio und —— befuchen die Stadt Prag. Im. 1352 ſandten bie Städte Florenz, Sienaund Perufa den ausgezeiche neten Dichter und Staatsmann Bocaccio nebſt einigen anderen Männern, an den Markgrafen Lud⸗ wig von B van denb urg, um feinen. Beiftand ges - gen Joh. Vifconti von Mailand nachzuſu⸗ chen. Sie waren in ihren Iotthandeen nicht 465 glücklich und eilten daher nach Prag an den kaiſerli⸗ hen Hof» — Hier traf auch im 3. 1356 mit Aufe trägen eben jenes Viſconti, Petrarka ein, dies fer große Wiederherſteller der altem Literatur, das Mufter feiner gelehrten Freunde, mit denen zugleich er die Lange verfchloffenen Bibliotheken eröffnete, und die mit Staub und Moder bedeckten Denkmäler des Alterthums wieder an das Tageslicht zog, wie Vie \ ves fagt. Karl hatte Petrarka’s Geliebte, die fhöne Laura, im 5. 1346 zu Avignon wäh⸗ rend eines ihm zu Ehren veranſtalteten Feſtes Eens nen gelernt; bei welcher Gelegenheit er ihr, um fie öffentlich auszuzeichnen, Etirn und Augen küßte. Pes trarfa war zugegen und freute fih fo fehr darüber, daß er augenblicklich jenes Sonnet zum Lobe des Kai⸗ ſers ſchrieb, woraus ich weiter oben einige Zeilen mits — theilte. Aeußerſt intereſſant iſt der Briefwechſel des Monarchen mit dem Dichter, der von Karl'n bes ſtürmt wurde, noch ein zweitesmal nah Prag zu eifen. Er begab ſich wirflih im J. 1362 auf die Reife; aber der Krieg verhinderte ihn, weiter als bie Padua zu kommen; ſpäter ging er nach Venedig, um ſich hier niederzulaſſen. Er ſchenkte der Republik ſei— nen gefammten Büchervorrath, der durch die feuchte Athmosphäre Venedigs jegt aber faſt ganz in Staub Ah aufgelöft iſt. Wäre Petrarka big a Prag yes Eommen, fo würde wahrſcheinlich dieſe Stadt ſich des koſtbaren Vermächtniſſes erfreut Haben, und es ohne Zweifel noch befigen, wie. fo manches andere handſchriftliche Denkmal aus Karls IV. Zeit, — Bekannt ift es außerdem, daß Karl den Florentiner Benobio di Strata im F. 1555 zu Piſa eigenhändig mit einem Lorberkranze krönte; und daß er den berühmten Rechtsgelehrten Bartolo von. Saffoferrato gleichzeitig zu.feinem Hofrathe ers nannte, und ihm ben PERARER hönen zum Map: pen gab. Noch ein Wort Über die von Kaifer Karlgeftiftete Univerfität. Bis auf Kari IV. gab e8 in Böhmen nur Kloſterſchulen, Eeine Unis verfität (studium generale), da König Wenzel der IT. durch die Baronen des Landes verhindert wurde , fie zu ftiften, worüber: fih Abt Petrus bitter beklagt. Die Lernbegierigen mußten fi) im Auslande bit: benz wie 08 z. B. der heil. Adalbert und Theobald der Süngere in Magdeburg ; Heinrich Brzetislawa, Herzog in Böhmen und zugleich Biſchof von Prag, eben fo mie Karl ſelbſt in Paris; Erzbiſchof Arneſt in Bologna und Padua thaten. Andere gingen nad Oxford, in das Klofter St. Emmeran zu ie 455 burg, in die Schule zu Lüttih . — Lupacius verfichert in feinem Leben des Kaifers, Karl habe noch als Süngling in Paris geäußert: „Auch ic muß einft zu Prag nah denn Mufter der Parifer Unis verfität, eine hohe Schule errichten.” Und in der That erklärte er fich bei feinem legten Befuhin Pas ris (1377) in einer aus dem Ötegreif gehaltenen Rede, dankbar , für den Zögling der franzöfifchen Lehranſtalt. — Er fertigte den Stiftungsbrief für die Prager hohe Schule den 7. April 1348 aus, und erklärte darin: ſeine Unterthanen ſollten die Ge⸗ lehrſamkeit nicht fernerhin anderswo „erbetteln ;” viel⸗ mehr wünſche er „ihnen eine mit köſtlichen Speiſen verſehene Tafel vorzuſetzen, um ihren Hunger nach Kenntniſſen zu ſtillen.“ — Offenbar wurde die den 12. März 1365 begründete Wiener Univerſität mehr nach dem Vorbilde von Bologna eingerichtet, während der Prager insbeſondere Paris vorleuchtete; obzwar auch in dieſer Stadt bedeutende Sittenverderb⸗ niß unter den Studirenden herrſchte *), und ſicher Beh Grevier ſagt in feiner. Geſchichte ber Parifee Univerfität. I. Seite 358: Dans une méême maison, au premier etage sont des Eco- les, et en bas des Iieux' de debauche. C'est ce, qui occasionna la fondation des 455 ° binfichtlich der Kollegien in Prag eine andere Einrich⸗ tung getroffen wurde, als in Paris, wo die Schü⸗ ler um allen Rangflreit zu vermeiden, weder auf Bäns Een noch erhöhteren Seſſeln, fondern nur (suivant . l’ancienne coutume) auf dem mit Stroh beftreuten Fußboden figen durften. — Hinfihtlih der Menge der damald in Prag Etudirenden waren die Mei: nungen ſehr getheilt. Zalanſky gibt die Zahl der im 5. 1409 Weggezogenen auf 44000 an; Hagek fpricht von 40000, Dubravius von 24000, der Kortfeger des Benes von Dorjomwig von 20000; Aeneas Sylvius dagegen bezeichnet 5000, welche Angabe wahrſcheinlich richtig ift, wie dies auh Pels zel im Leben König Wenzel's, Theil I. ©. 550 ff. zu bemeifen ſucht. Was Meiners a. a. O. Bd. II. Seite 569 fagt, findet auch auf Prag volle Anz. wendung: „Es läßt ſich allenfalls glauben, daß Par ris und Bologna in den Zeitpunkten ihres höcften Flors 10 oder 22000 Studirende auf einmal in ih⸗ rem Echoofe genährt haben; ganz unglaublich aber iſt es, daß 25 oder gar 30000 junge Leute in Pa⸗ ris oder Orford gezählt worden.” colle ges ete. Die Studenten waren oft mit . Mördern, Näubern und Dieben verbunden, — * r | ‘457 Blide auf das Prager Bürgermwefen unter Johann von Luxenburg und. | Kartdem IV, ‚Kein Magiftrat der Älteren und neueren Zeit hat: te fo große Worrechte als jener: der Stadt Prag, fagt Hagek, — und Geſchichtſchreiber feiner Art, fagten es ihm, ohne roth zu werden, auf Treu und Glauben nad. — Hagek fand nämlich alte Privilegien auf, die nach feiner Meinung Herzog Sobieslam I. im S. 1135 der Stade Prag ertheilte, und mo: rin es mwörtlih lautet: „Wenn Fein Herzog oder Erbe im Lande iſt, fo fol der Bürgermeifter von Prag das verwaifte Land regieren, und auf genieine Unfoften ſich auf dem Nathhaufe aufhalten; der Burggraf von Prag, die Landrichter und alle Offie ztere haben ihm, als einem gewaltigen Negenten, Ge: horſam zu leiſten. Der Bürgermeijter der Stadt Prag läßt die Stände zu der Wahl eines Herzogs einberufen, und bei getheilten Stimmen foll er und die Prager Bürger die Wahl entfcheiden.” ꝛc. — Längere Zeit hielt man dies, während des Huſſiten⸗ krieges verfertigte Machwerk auch wirklich für unfrügs ih, bis endlih Dobner, Dobromffy und Graf Kaspar Sternberg die geiftlofe Myſtifi— cation zurückzudrängen verftanden. J 458 —J —— Wahrheit bleibt es jedoch, daß ſich der Prager Bürgerſtand ſchon frühzeitig, eben ſo Bedeutſamkeit erwarb, als dies ſeit den Kreuzzügen von allen grö⸗ ßeren Städten des Mittelalters galt. Karl IV. hat: te im $. 1364 mit Defterreich eine Erbverbrüderung F abgefchtoffen, worüber fich Pelzel im Leben des Kais fers, Eeite 742 äußert: „Seine erſte Eorge war, von der Gemeinde zu Prag die Cinwilligung dazu auszumirfen. Dieſe Vorſorge war um fo nothiwene diger, da diefe Stadt damals fehr mächtig Air und die Übrigen Städte im Königreiche fih nach derfelben zu richten pflegten.” — Natürlich waren die Bürs ger, mit den Anfichten ihres Negenten völlig einverz ftanden, wofür ihnen manches ſchöne Vorrecht, z.B" auch dieſes verliehen wurde: „Güter, Höfe, Felder und Zinſen nach ihrem Gefallen käuflich an ſich zu bringen, die ſie, an wen ſie wollten, nur an keine Geiſtliche, wieder verkaufen, und, ihren Kindern oder andern Anyerwandten vermachen durften.” (©. Pal: zel a. a. 2. Seite 775.) — Der Magiftrat fühlte ſich ſelbſtſtändig, und erließ für ſeine Schöppen oder Stadtraͤthe unter andern auch dieſes Geſetz, welches ſich in dem Stadtbuche Nr. I. Seite 205 findet: „Menn das ift, daß man nach einem Echöppen aus des Fürſten Hofe, unfers Herrn des Königs, ſendet, 459 fragt man * denſelben Schöppen nach Etwas, das den Rath betrifft, das foll er felber nicht beantwors ten, fondern er foll das vor feine Cidgenoffen brins gen. Fraget man ihn aber um ſeine eigenen Sachen, die mag er ſelber wohl verantworten.” Unter ſolchen Verhältniſſen mußte die Zahl as Prager Bürger fi bald höchſt bedeutend vermeh⸗ ven, d. h. jener Perſonen „die da täglich leiden Uebel und Gut mit der, Stadt, und die ihre Lofung (Steu⸗ ern) geben und verrichten, wenn man fie von ihnen fordert,” wie es in dem Gefege von 1341 heißt. — Gleichzeitig verordnete man: „Ein jeglicher Mann, der hier zu Prag will das Bürgerrecht gewinnen, der ſoll von der-Stadt früher erft beibringen einen Brief, wie er fich habe verhalten; ohne das foll man ihn nicht zu einem Bürger nehmen.” — Nur an Mündige. wurde das Bürgerrecht gegeben ; aber höchſt wahrfdjeins lich lag es damals im Sntereffe der Einzelnen, immer mehr Bürger und mithin auch zahlreichere Steuer— pflichtige herbeizuziehen, weshalb. die Stadt-Geſchwe⸗ tenen im J. 1350 erflärten, daß ein Süngling mit 19, und ein Mädchen mit 15 Jahren für mündig gehalten werden follten; und bald wurden auch die "Bedingungen zur Erlangung des Bürgerrechtes fo ers mäßigt, dag man vom Zahre 1350 (S. Stadtbud ©. U 2 N — 460 208) lief: „Wer vier Wochen In der Stadt, am eigenen Herde figt, oder die Tochter eines Bürgers heirathet, wird fogleich Bürger.” (Qui sedet in Ci- vitate qualuor seplimanis cum proprio ignere- - putatur stalim pro Cive, Item qui dueit filiam Civis alicujus eliam reputatur pro Cive), Vom Zahre 1760 heißt es ausdrüdlih (©. Stadtbuch ©. 200): Die Gemeinde erkennt zu Recht, daß der Richter Feinen Kriminalverbrecher ohne befondere Zu: jiehung zweier Geſchwornen, gefangen nehmen darf, wenn er fich in das Haus eines Bürgers geflüchtet hat;” wodurch meu beftätiget wird, was Hor⸗ manr in feiner Gefchichte Mien’s behauptet, Bd. 11. ©. 119: „So groß war um die Mitte des 14. Jahrhunderts das Anfehen der Stadt Wien und ih: ter mächtigen Blirgergemeinde, daß auch die Büts gerhäufer, U fy 18 »DBefugniß hatten, und jenes altenglifhe: „mein Haus iſt meine Burg, ift mein Reih!” in unferm Wien, gr VBerwixklichung genof.? Die Elngenden Bürger wandten fi an „die Ge: richtstafel, an die „Vierbänke des Gerichtes,” ober an „die gehägte Bank,” d. h. an ihren Rath, aus dem Stadtrihter und zwölf Schöppen zufammen: geſetzt, die ſich auch „Eidgenoſſen“ nannten und das ’ J A a wi: 461 “waren, was noch heut in fähfifchen Städten unter den Scabinen verftanden wird, — Auch auf Prag fand damals Meiners Aeußerung volle Anwen— dung (a. O. Bd. I, ©, 661): Die Gerichte oder Schöppenftühle mancher großen Städte erhielten im 14. 15. und 16. Sahrhundert einen folhen Ruhm von Weisheit und Gerechtigkeit, daß ftreitende Parz teien aus der Nähe und Ferne, und felbft. Sürften und Herren fih an die ſtädtiſchen Scöppenftühle wandten” (©, Lehmanns Speierifhe Chronik, IV. Kap. 21, ©, 242 — 244) © — „Bu dem Amte eines Rathmannes, — fo fpricht ein von König Johann im J. 1311 gegebenes und 13 16 beftätigtes Gefeg — foll kein ” wirklicher Hofbedienter , fein Bader oder Barbirer, Bein Pfeifer oder Epielmann, noch fonft ein Mann, der wegen feiner übeln Aufführung in fchlechtem Rus: fe ſteht, zugelaffen werden, Kein Nathsverwandter ſol dei Sffentlichen Gaſtereien, die auf Unkoften der Gemeinde gehalten werden, bei: Lebensftrafe erſchei— nen, noc auch in den Wirthshäufern auf die Zeche mit andern Bürgern trinken.“ — Nur zu dem Ma giftrate follten die Bürger ihre Zuflucht nehmen 5 das her befagt das Gefeg von 1540 ausdrüdlih: „Die Minkelräthe oder Vereinigungen follen verboten feyn, denn fie findein Verrath des Gemeinrechtes und des 462. offenen Nathes, davon das Sprichwort geht: Die Wahrheit ſucht nicht Minker!? — Der Shöppen: Eid, wie er ‚ar in Drag geſchworen wurde, lautete: „Mir ſchwören deß einen Eid, Gott und unſerem Herrn dem Könige und Ar⸗ men und Reichen, daß mir wollen an dem Schöp⸗ yon: Amt das Recht färken und das Unrecht krän— Een; und daß wir wollen den Armen und den Reis ehen vorftehen an aller Gerechtigkeit, wobei Gott ung helfe und alle Heiligen !“ — Und unter den Schöppen- Pflichten finde * auf Seite 204 und 205 des älte⸗ fen Stadebuches : Wer zum erſten kommt auf das Nathhaus / den ſoll man zum erſten ausrichten (ab: fertigen) ; ausgenommen Wittwen, Waifen, Güfte, Driefter, Mönche, Nonnen und der Stadt Sachen und andere höchſt nöthige Dinge, die foll man zuerft richten. Und wenn das ift, daß fich die Schöppen einer Sache unterwunden haben fie zu richten , Die ſollen fie enden, und fetten während ber Zeit keine andere Sache, aufer fiethäte gar Noth, vornehmen.” _ „Menn ein Schöppe aus der Rarhfiuben tritt in feiner Nothdurft , der ſoll nicht hinab von dem Xors haufe gehen, bei 6 Hellern zu Buße, ohne des Bür⸗ germeifters Urlaub,” — Alle Herren, die da die Schlüſſel haben zu der Truhe, darin der Stadt Siegel BE VDE DENE A: Aa EEE wa #,, N | ME Ba NE LANE, ba Se Ra a Bl FR ET 4 a a ER A N a ar RN AR AR, —2 * J j N —2 2 j + . N j J RR T — * — a I Pr 8 * Tr 7 5 7 . x N 4 4 \ 1 Re a \ + 463 verſchloſſen iſt, die follen ihre Schlüſſel halten mir. Fleiß; verliert aber jemand aus denfelben feinen Schlüffel, der foll — auch allen Herrn des Raths geben einmal zu effen.” Um die Nechtspflege zu befchleunigen , erteilte Karl im I. 1358 dem Erzbifhof Arneft und allen feinen Nacfolgern die Macht, Staatsnotare für Böhmen und das römifhe Reich zu ernennen, wel— che durch) einen Kuß und durch die Ueberreichung der Feder und des Schreibzeuges inveftirt wurden, Sie hatten die Berechtigung: Verträge, Zeftamente und andere Urkunden aufjufegen, zu denen fie ſich jedoch Feines Papiers, ſondern nur des Pergamentes "bes dienen durften, — Nächſtdem wurde im 3. 1340 eine, aus der Vürgerfchaft genommene Polizei» und Bermaltungsbehörde entweder gegründet , oder wahrs fheinlicher nur erneuert, welche man die Genanrs ten hieß (S. Stadtbuh Nr, J.) Häufig verrichteten fie die Dienite einer Scharwache; denn, fo lautet die Verordnung : „Sie follen auf der Stadt Ehre, _ ihre Rechte und Gefege halten und dazu mit Wor— ten und Werfen behülflich ſeyn, als ſie nur immer können. Auch ſollen fie den Schöppen gehorſam ſeyn, wo dieſe ihrer bedürfen. — Wenn der Bürgermei⸗ fter und die Schöppen heißen und gebieten aus der 464 | Genannten zween, drei oder vier, oder wie viel man ihrer bedarf, die Schildwach halten; ſo ſollen ſie chne alle Widerrede bereit ſeyn: in der Stadt bei der Nacht, in ihrem Wappen umherzugehen, und ſollen dieſelbe Schildwach als Recht iſt halten. Sie | ſollen auch dieſelbe Nacht, als ſie werden umherge⸗ hen, volle Gewalt haben gleicher Weiſe, als wenn die Schöppen ſelbſt dabei gegenwärtig wären. — Je— der Wirth oder Gaſtgeb, der in der Stadt geſeſſen iſt, ſoll keinen Gaſt bei ſich behalten, außer er wiſſe denn, daß er ein achtbarer Mann ſey. Iſt er deſſen nicht gewiß, fo thue er es den nächſten Genann— ten kund, die ihm eben zur Hand ſind. Die ſollen zu dem Gaſt gehen und ihn beſehen; kann er ſich | gewiß und gerecht vor ihnen machen, fo ift e8 gut 5 wo nicht, fo foll ihm der Richter in Gewahrſam neh⸗ men. Man fol ihn au fragen, wo er her oder was fein Geſchäft fey; kann er darauf nicht genüs gend anttvorten, fo leide er darum dag Mecht.” (Un: terlaſſen die Wirthe diefe Anzeige, fo find fie in die Strafe der Schöppen verfallen. ) Vielfältige Verwirrungen, Hinderniffe und Uns. annehmlichfeiten in Kriminalz und Polizeiſachen vers urfachten Übrigens ſchon damals und noch in fpäteret Zeit, die zahlreihen Nebenrehte der Stadt, ; .# 455 welche durch die landesfürſtlichen Stiftungsurkunden mancher Klöſter entſtanden; laut denen eine bedeus tende Strecke der Stadt einzelnen Klöſtern zum Eis genthum mit der Jurisdiktion über die dort ſich an⸗ ſiedelnden Einwohner verliehen wurde. Beim Durchblättern der Prager Stadtbücher finde ich noch folgende Stellen, welche mir der Beachtung werth zu ſeyn fheinen: „Tauſend Mauer ziegeln ſollen um 22 Groſchen, und tauſend Dachziegeln um 24 Groſchen verkauft werden. Wer ſie theurer verkauft, verliert die Ziegeln, und darf ein Jahr lang keine mehr brennen.” (Geſetz vom J. 1314) — „Kein Bürger oder Gaſt (Fremder) fol Gewand verkaufen, das er aus einer anderen Stadt nennet, als wo es gemacht iſt; oder ſoll kein anderes Zeichen darauf machen, als welches darauf zu Recht gehört. Und wird er deß überwunden mit einem Unterkäufel oder mit frommen Leuten, denen zu glauben iſt, der verliert daſſelbe Gut ohne Widerrede.“ (Geſetz vor, 1328.) — „Jeder Fremde ſoll mit ſeinen Fiſchen auf dem Markte bis an den dritten Tag ſtehen dürfen; und an dem dritten Tage nach Eſſen's, ſoll man den übrig gebliebenen Fiſchen die Schwänze abſchlagen, — man ſie weiterhin nicht mehr feil haben kön— > (Gefeg von 15,70) — Im J. 1365 erließ der u3 466 Magiſtrat eine Verordnung, woraus hervorgeht, daß damals vor den Kirchen oder den Kiöftern vor dem — Rathhaus und auf denn Markte bis an den Thurm beiden zeichen Krämen (Krambuden) Hurdler oder Zändler ihre Maaren, insbefondere Kleidungsftüs de: feil boten; es aber widerrechtlich thaten, da fie dies nur „unter den ſteinernen Krämen“ thun ſoll⸗ ten. Die Hurdler, heißt es in dem Geſetz: „ſollen vor dem Rathhaus, auswendig (auswärts) der Schwiebogen und auf dem Marfte und vor dem Thurme oder mo fie figen, nit größere Gegenftände, als welche A Loth wogen, und big zu einem Vier⸗ . dung (der vierte Theil einer Mark) an Werth vers Eaufen. Es wurde ihnen unterſagt, fernerhin noch Barchent, Leinwand, Zendal, Seidengewand ꝛc. aus⸗ zufegen 5; doch mochten fie immerhin ſchwarze, weiße, “ filberne oder goldene Borten feil bieten, ; wofern fie nur fingerbreit waren. ı Nor den Häufern der Bür: ger Reyſſenkittel und Leitniger bewilligte der Rath den Handel mit Feigen, Mandeln, eis, Weinbee⸗ ron, Del und Schwaden, doch nicht mit Zuder, Wachs und anderer Krämerei, die gewogen tvird, — Schneider , die Fein Bürgerrecht hatten, durften nur in-Böhmen verfertigte Kleider oder „allerlei polniſch Gewand” verkaufen; und alle Krämer mußten El: * 467 len und Gewicht von Eiſen haben, mit dem Stadt⸗ zeichen verſehen. Pi a Slorentinee Müngmeifter wurden nad Prag verſchrieben. Cie prägten Goldgulden, die man, da | fie eigentlich zuerft in Florenz entſtanden, Kiorint, Floren — und fpäter Dufaten nannte. — Nach Voigt's Befchreibung der böhmifchen Münzen betrug übrigens zu Kars IV. Zeit ein Schock böhmiſcher Groſchen oder, mas daffelbe war,‘ eine feine Mark Sitber, 20 fl. Metallgeld nach heutiger Währung. Schon in früher Zeit gab es in Prag gemwiffe Verbrüderungen oder Brüderfhaften, Einefols che hatte fih unter Johann von Lurenburg gebildet, die ald Zeichen einen Reif führte,. in deffen Mitte ein Hammer hing Eine ihrer Pflichten beftand darin: daß der Eranfe Bruder ſtets von zwei Mitgliedern des Vereins bei Tag und Nacht fo \ lange gepflegt werden mußte, bis er mieder gefund wurde; farb er, fo trugen ihn die Mitbrüder zu ‚Grabe. — Auch die vereinte juridifhe Fakul— tät der Univerfität hatte, zufolge ihrer Original— Matrikel, damals eine Todtenverbrüderung, welche ſich zu gemwiffen Feierlichkeiten bei der legten Delung der flerbenden, wie auch bei den Leichenbegängniffen u 4 * ‚468, 9 ‘ x A * und Exequien der —— Mitglieder, anheiſchig machte. Unter ber Aufſchrift \& idpfennig R lieft man: „Mer in dem Gericht gefchworen hat, der foll vor. das Kreuz zwei Prager Heller legen, und in großen Dingen vier. Heller und nicht mehr.” — Noch beim Regierungsbeginn Karl's IV. legte der Schwörende, (um mid der Worte Voigt's, a. a. D. Seite: go zu bedienen) nicht Die ganze Hand, fondern nur den ‚ Beige: und Mittelfinger auf das Kreuz, und ſprach dem Advokaten, der ihm die Formel des Eidſchwurs vorlas, deutlich nach. Wenn er mir ein einziges Wort nicht recht ausfprach, fo war das Surament ungültig, und er wurde nicht mehr dazu gelaffen, Sondern ein folcher Fehler galt für den Beweis des Falſchſchwören's. Wer übermwiefen worden, daß er falfch geſchworen habe, dem wurde die Zunge ausgeſchnit⸗ ten; welche Strafe auch den mitſchwörenden Zeugen. ——— Doch konnten ſie ſich mit einer Geldbu⸗ ße von 15 Talenten (75 Fl. nach dem Werthe des heutigen Geldes), welche der Hauptſchwörer erlegte, loskaufen. Denn der Beklagte ſchwur nicht allein, ſondern er mußte Mitſchwörende haben; der eine ſchwur, daß er unſchuldig ſey; drei andre ſchwuren, daß ſie Zeugen ſeiner Unſchuld ſeyen; und wieder — 469 drei Andere, daß diefe Viere recht gefchworen hätten; daher entfland die Redensart: Jurabit nel sep- timus, | harte Geſetz: „Wir Eidgenoffen und geſchworene Bürger der Stade zu Praghaben das zu einem Recht gefunden: Wenn ein Mann dem andern ein Geld ſchuldig iſt und es ihm nicht wieder bezahlen kann, fo ſoll man ihn demjenigen, dem er ſchuldig iſt, übers antworten, und diefer foll ihn nun feſt halten, weder und foll ihm nur Waſſer und Brod zu eſſen geben, es märe denn, daß er ihm aus Gnaden etwas mehr geben wollte, oder ob er es geftattete, daß ihm feine. « 78 \ hr Sn Betreff der Schuldner galt folgendes fehr - - - Ralt noch warm, aber nicht in Seffeln und Banden; _ Freunde etwas mehr gäben, das ſteht beiihm. Ente einnt er aber aus dem Gefängniß, fo foll man ihn Achten auf das höchſte Recht. Stirbt er aber in diefem Gefängnif, ſo hat derfelbe, der ihn gefangen hielt, Niemanden Antwort zu geben. (I!!!) Und ob Einer einem Juden ſchuldig wäre und ihm nicht bes zahlen Eönnte, fo foll der Zude einen ehrfamen Chris fien haben, der ihm feinen Schuldiger gefangen hal⸗ te, in aller Weiſ', als da vorgeſchrieben ſteht. Ges ſchehen am Tage des heil. Auguftinus 1350.” Noch ein Wort Überdie Strafgefege jener 470 2 Beit, die nicht ganz fo „golden“ war, wie Balbin ung überreden will, Im 3. 1349 erließ der Prager Magiſtrat ein Dekret, wie es in der Urkunde Heißt „des Friede und Gemaches willen, damit die Mord’ abgehen , welcher leider viel gefchieht in der Stadt und vor der Stadt.” — Ein Gefeg vom J. 1349 bee fagt : „Wer einen geflifteten Frieden bricht und def überwiefen wird, der iſt in die höchſte Buß, das beißt in die Strafe von ſiebentehalb Schock großer Nfennige verfallen. Wer fie nicht zu geben hat, der - ſoll Jahr und Tag aus der Stadt verbannt ſeyn bei fünf Meilen; und wird er während dieſer Zeit in der Stadt gefunden, ſo ſchlägt man ihm ein Glied ‚an der Hand oder an dem Fuß ab”? — Noch ale Markgraf fah fih Kart IV. genöthiget, unter ans bern auch folgende Statuten der Stadt Brünn zu — beftätigen : „Mer mit falfhen Würfeln fpielte , ver— lor den Daumen; Verkäufer, die geringes Gewicht. oder Maaß brauchten, wenn fie dag drittemal er— tappt worden waren, die Hand. Einem, der gegen den andern fein Gewehr gezückt hatte, wurde die Hand durchbohrt. Wer einen Geſchwornen unver— ſchuldeter Weiſe einer Ungerechtigkeit öffentlich bezüch— tiget hatte, deſſen Zunge wurde an den Pranger ans genagelt, und ihm ein Meffer in die Hand gegeben, ⸗ 4 \ ji womit er fih die Zunge abſchneiden konnte. Wenn jemand dem andern im Ernſte mit dem Tode gedroht hatte , und deffen überwiefen ward; wurden ihm die _ Augen ausgeflochen , damit der, Bedrohte in Sicher: heit leben möchte.” — Sonft gab e8 damals noch andere Strafen, ale: das Brandmarken im Geſich— te, das Schleifen am Pferdeſchweife durch die Gaſſen (per plateas labsatio vel raptatio), das Erfäus fen, das Enthaupten, Spießen; fogar in früherer Zeit das Begraben bei lebendigem Leibe, der Schei⸗— terhaufen, das Hängen, Abhauen der Hände, das Augenblenden und Abziehen der Kopfhaut, das le⸗ " pendige Rädern gegen den Knaben- oder Mädchen: Verkauf und gegen den Kirchendiebftahl u. ſ. m, Diefe Strafen nahm gewöhnlid der Henker vor, Tortor oder Suspensor genannt. ng? Sn den Iglauer Municipal= Gefrgen , ‚melde . | 1255 erlaffen wurden, fehlt es auch nicht an mans chem Lächerlichen, 3. B. daß der Zollbeamte, wel— cher die Offentlichen Gefälle Über die Gebühr übertrie= ben hatte, jenem Reiſenden, den er fie abgerom= men, diefer mochte fih an einem Drte des Erdbos . dens befinden , 100 er wollte, das. ungerechte Zofls geld in Perfon nachtragen, und demfelben zurüditels len mußte; — daß der Holzdieb gezwungen war, auf "472. einem jeben Stocke der 8 Baumes, bie er gefällt Hatte, - eine gewiffe Anzahl Denare aufzuzählenz; — daß der= jenige, der feinem Nachbar fein. Vieh auf deſſen Ader oder Wieſe getrieben und Schaden dadurch verurfacht hatte, demfelben eben fo viel Denarien zu bezahlen. fhuldig war, als das hineingetriebene Vieh zuſam— men Füße hatte; — daß der, welcher ein Pferd ger ſtohlen hatte, und es Läugnete, feinen Eidſchwur über dem Kopfe deffelben ablegen mußte u, f. m. (©, Voigt a. a. Ds Seite 105)» PrzemyſtOttokar I. beſtätigte in im J. 1274 der deutſchen Gemeinde in Prag ihre als ten Mechte in einer Urkunde, worin es unter andern mit König Wenzers Worten heißt: „Ich bemillige denfelben Deutfchen nach dem Gefeg und der Rechts— pflege (secundum legem’et justitiam) ber ’ Deutz fchen zu leben, wie ihnen dies mein Großvater bereits zugeftand. — Wenn der Negent auf einem Zuge außer Böhmen ſich befindet , dann follen die Deuts ſchen zur Befhügung der Stadt Prag zwölf Shide 7 ſtellen. — Hat ein Böhme mit einem Deutſchen . einen Streit, wobei Zeugenſchaft erfordert wird, ſo ſoll der Böhme gegen den Deutſchen zwei deutſche und einen böhmiſchen Zeugen ſtellen; im entgegenges festen alle, ift der Deutfche verbunden, zwei böh: 473 mifche und einen beutfchen Zeugen beizubringen. "Ders felbe Fall gitt in Bezug auf die Römer (de Roma- nis, Staliener überhaupt) und Juden ꝛc. — Auch bes willige-ich den Deutfchen, feine Gäfte, Tremdlinge und Ausländer aufnehmen zu müffen, weil die Deutz chen "freie Menfchen find (quia teutoniei liberi bomines sunt). Dill ein Fremder, fey er aus was immer für einem Lande, in der Gemeinde der Deutſchen leben, fo foll er auch ihrer Gefege theils haftig werden. An Eeinem anderen Orte find die Deutfchen verpflichtet zu ſchwören, als vor ber. Kirs- che des heiligen Petrus u. f. m. (König Johann von | ?urenburg beftätigte diefe Rechte). ’ In dem älteften Stadtbuche finden ſich die. zwis [hen 1550 — 1340 abgefaßten Judenrechte, überfchrieben : „das ſeynd der Juden Recht,“ derem Einteitung von den Privilegien fpricht , welche Papſt Snnocenz den Juden gab und ihnen König D ts to kar dann für Böhmen beſtätigte. Darin heißt es: „Kein Chrift.foll einen Zuden zu der Taufe zwingen; ; will. aber’ jemand- freiwillig ein Chriſt wer⸗ den, und erkennt man ſeinen Willen klar, ſo ſoll man denſelben Juden durchaus nicht daran verhins dern, — Man fell fie in ihren heiligen Tagen wes der mit Stecken, nod mit Steinen betrüben ıc. Ob * 474 | ein Chrift einen Juden verwundet, der gebe dem Kö— nige zu Buß 12 Mark Goldes, und dem Suden 12 , Mark Silbers und das Arztlohne — Ob ein Ehrift einen Juden zu Tod ſchlägt, den foll man peinigen - als billig iſt, und deffen Gut foll dem Könige gänz: —lich verfallen feyn ꝛc. — Ob die Juden nad ihrer Gewohnheit , einen todten Juden von einer Stadt in die andere führen, von dem follen die Mautner nichts fordern 5; zwingt ihnen aber der Mautner dennoch) etwas ab, fo fol man ihn. ftrafen als einen Räu—⸗ ber. — Ob ein Chriſt der Juden Sreithof zerſtreuet oder ausgräbt, der foll fterben des Todes, und fein Gut foll an den König fallen, — Db jemand fies fentlich wirft auf der Juden Schul, der fol geben dem Subdenrichter zwei Pfund zur Buße. Man ſoll Ahnen auch nicht. nn daß fie — menſchli⸗ ches Blut u — Aus — 7 Codex der Strafheſehe läßt ſich ein erfreuliches Sittengemälde aufftellen ; mithin erfiheint auch das Meinige bisher weniger lachend, als es mie für meine Lefer und mich felbft Lieb ift. Um die traurige Einförmigkeit demnach einigermaßen zuunters brechen, und das Prager Bürger: oder Volfss Leben doc) auch von ber heiteren Seite zu zeigen, | 475 | führe ich an: daß um’ das Jahr 1500 bereits eine Urt Oper, oder, wenn man will, ein Paftora: Le in böhmifcher Sprache, und wahrſcheinlich vor züglich in Prag unter freiem Himmel aufgeführt wurs de *). Diefe merkwürdige, Erſcheinung, melde eine auffallende Aehnlichkeit mit den fogenannten Moraliz täten des Mittelalters hat, und einigermaßen an die ſpäteren Faftnachtsfpiele des Hanns Sachs und Nos ſenblüth erinnert, ift unftreitig das älteſte dramatiſche Gedicht Böhmens; und wiewohl auf die GSrablegung Chrifti darin hingedeutet wird, fo wurde die Poeſie in dem Zuſtande, wie fie uns überliefert iſt, doc wohl richtiger al$ der Duadfalber bezeichnet, da diefer die Hauptrolle ſpielt, und das chrifttiche Element nur wie ein Zwiſchenſpiel erfcheint, Der unbekannte Verfaſſer des Ganzen, das einer ‚der merfwürdigften Beiträge zur Geſchichte des Theaters „Überhaupt iſt, Eönnte der böhmiſche Ariftophanes ges *) Leider ift diefe Dichtung, welche um das 9. 1300 auf Pergament gefchrieben, und von Bücherdeckeln abgeiöft wurde, nur Fragment. Ihr Original bee findet fich eben fo wie die Königinhofer Hands Ichrift in dem böhmifhen National » Mufeum. und wurde von dem Herrn Bibliothefar Hanka zum erſtenmale befannt gemacht. 476 nannt werden. Eine Art Wurmdoktor ift, mie ges fagt, der Held des Stüdes: er ſchlägt, mit Hilfe feines komiſchen Dieners und feines redfeligen Mei: bes, eine’ Bude auf offenem Plage auf, und em: " pfiehle nun, ganz in befannter Marktſchreierweiſe, die herrlichſten Medikamente, welche ein Königreich werth find, aber zum Beſten der Menſchheit, um wenige Kreuzer verkauft werden. Alle Welt drängt ſich herzu, unter andern auch ein Vater, der ſeinen ſich todt ſtellenden Sohn herbeiträgt und Hilfe ver— langt. Der böswillige Patient wird auf handgreifli⸗ che Weiſe, aber höchſt komiſch, hergeſtellt wobei es freilich nicht an ſo derben Redensarten fehlt, daß ſie ſich nicht füglich mittheilen laſſen. — Ein luſtiger Geſell mit ſchnell beweglicher Zunge, der ſich als den bekannten Rubin aus Venedig ankündigt, bietet dem Paracelſus Bombaſtus jener Tage ſel— nen Dienſt an, und. man unterhandelt um den Lohn. Sobald diefe Action vorüber iſt, übernimmt Rubin das Gefchäft, Käufer herbeizurufen oder eigentlich her— bei zu fingen; dann treten noch mehrere fchreiende und fi) in derbem Witz überbietende Perfonen auf, wie der Lehrling und die Frau des Arztes; und tolle, ja die vermeſſenſte Ausgelaſſenheit fprudelt einige Zeit fort, bis endlich einige. Jungfrauen erſcheinen, um Salbe einzukaufen und die Füße des Hellandeg das mit zu falben. Dieſe Scene wurde von dem Dichs ter edel gehalten und nicht herabgezogen, und es läßt ſich vermuthen, daß die Darftellung ernfter fchloß als fie begann, daß der Marktſchreier völlig in den Hin⸗ tergrund treten und mürdigeren Geftalten Plag ma: chen mochte; aber leider iſt dies Volksdrama, wie erwähnt, unvollftändig , deffen fih, was Lebendig— £eit der Sprache, raſche Handlung und derben aber echten Wig betrifft, weder Shafefpeare, Mo: Liere,noh Holberg in ihren komiſchen Zwi⸗ ſchenſpielen geſchämt haben würden. Mahlmann hat den Marktſchreier in ſeinem „Harlekin der Ehe⸗ flicker“ nicht mit größerer Wahrheit gezeichnet, als ſich Rubinus zeigt, deſſen vis comica , trotz aller Folgen des Huffiten : und breißtgjährigen Krie⸗ ges, noch jetzt unter dem Volke der Cechen fortlebt, ſo zwar, daß dieſe Nation hierin vielleicht nur von den Neapolitanern übertroffen wird; eine Bemerkung, die dem Kremden- freilich auffallen dürfte, der das Land feit drei Tagen kennt, oder der es für unbes Iohnend hält, einem Volke nähere Aufmerkfamfeit . zuzumwenden , das ihm fo oft als völlig verftodt, als tückiſch oder ſchwermüthig gefhildert wurde, — In ſeiner Vergleichung des Mittelalters mit der 478 neueren Zeit, fagt Meiners Bd. II. Seite 164: „Die Bergnügungen der Bürger in’den Städ⸗ ‚ten beftanden an Sonntagen und Zefttagen in Erieges tifhen Uebungen und Spielen (nad) Aeneas Sylvius P. 1058 und Madiavelii IM. p- 245); und in der Woche vorzüglich in dem Beſuche der Trinkfiu ben der Zünfte und Gefellfchaften , auf welchen Zrinkfinben meiftens auch die Mahlzeiten, Hochzeiten und Tänze gehalten wurden (nach Königshofen's Chro⸗ nit ©. 304, 307). Uebermäßige Pracht in Klei⸗— dern und Schmuck, unſittliche Trachten, Scherze und Poſſen, Schelmerei, Trunkenheit, Spiele und Rauferelen herrſchten zwar in den Städten nicht in dem Grabe, wie an den Höfen, aber doch viel mehr als in unfern Zeiten.” — So war es auch) ungefähr - in Prag; wo viele fremde Meine getrunken wurden, und in den Urkunden um 1550 oft von dem „Trink⸗ pfennige,” aber auch fehon von dem „Trinkgelde“ bie Dede if. — Kar IV. verbot im J. 1575 in ei— nem Eaiferlichen. Majeftätsbriefe (©, Stadtbuh, ©. 75): „fremde Meine in Böhmen, fie wären unge: riſch, öſterreichiſch, mähriſch, Franken-, Schwäbi: ſche-, Elſaßer-, Rheiniſche- oder anderer Lande Wei⸗ ne, die auswendig dem Königreich zu Böhem ge: legen ſeyn, wie man die benennen mag mit fonder: 4 u — 479 derlichen Worten, ohn' allein Vernatſch, Malvaſir, Romany, Wälliſchwein, Potzner, Rainval und an⸗ dere ſolche theure Meine einzuführen oder zu verfaus { fen und auszufchenfen ; ausgenommen in Kuttenberg, h Budweis, Piſek, Deutſchbrod. — In einer Urkunde vom J. 1390 (S, Etadtbud Nr. 1.) wird verords net: „Alten wälliſchen Wein fol man ein Pint ges ben um 3 Grofhen, Romany um 4 Grofhen, Mals vafir um 5 Gr., Schawernaf um 4 Gr., Nainval um 2 Gr., ungeifhen um 2 Gr. und nicht theurer ſchenken. Man foll ein Pine Ofterwein ſchenken um einen Grofchen und nicht theurer eine volle Maaß.“ — Die Richter und Schöppen der größeren Stadt Prag verordnen 1330 (©, Stadtbuch, ©. 181): „Nies mand foll fürbaß ſchenken (ausſchenken) in. der Her: ren und Hofleuten Höfen, und in der Pfaffen und in der Mönde und Nennen, und in der Juden Höfen und Häufern, die in unfer Stadt liegen, we⸗ der Bier noch Meth, noh Wein, e8 wäre denn, daß die Höfe und die Häufer mit uns und mit unfes rer Stadt frügen und litten als wir thun. Wollen wie auch, daß Niemand aus einer andern, Stadt führen folle. fürbaß zu ung zu Prag in unfere Stadt weder Merzig : Bier noch anderlei Bier zu ſchen— Een 2c. Es follen auch die Mälzer, die mit uns zu % ’ Prag figen, gute Malze machen.” — Und ı390 lieſt man die Verfügung des Prager. Magiftrats: „Man foll Zittauer Bier ſchenken eine Pint um 7 Häller; Schweibniger um g Häller, und alle Pra« ger Biere zu 6 Hällern und nicht theurer eine- rechte Maaß. — Man foll Eeinerlei Bier laffen berführen von fremden Städten, ausgenommen ——— und Zittauer Bier.” — Karl, der den Weinbau in der Gegend um Prag ſehr begünſtigte und in dieſer Hinſicht den Kör- . nig Wenzelll. nachahmte, der die Anhöhen um Kos nigsfaal, im $. 1292 mit aus Oeſterreich bezoges nen Neben bepflanzen lief, — Karl erließ 1358 einen Befehl, woraus ich wenigftens eine Stelle entlehnen will (S. Stadtbuh ©. 21): „Wer den Schaden (in den Weinbergen) bei der Nacht thäte und begrifs fen würde, der hat feinen Hals verloren, und fein Gut fol dem Bergmeifter verfallen. Geſchähe es aber, daß der Lebeithäter der den Schaden thäte, es wäre einer oder mehr, bei ſolchem Schaden er⸗ ſchlagen würde; ſo ſoll derjenige, "ber ihn oder fie zu > Zode ſchlüge, nicht mehr verloren haben, als alleine zwei Heller, die er auf dep’ Leib, pn er er er: fchlagen, legen fol.” — | Die Mahlzeiten. waren tährend des ıdten 481 Jahrhunderts nicht fo einfach, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. Die Speifen waren zahfeeich und ſehr ſtark gewürzt; doch fällt es beim Anblick dama⸗ liger Darſtellungen von feſtlichen Tafeln auf, daß man ſich nur ſehr weniger Meſſer und gar keiner Gabeln bediente. Bei der Einiglichen Tafel Karl's des IV,, zeigten fih alle Ef = und Trinkgeſchirre, ſelbſt das Almoſenfaß, von gediegenem Golde; die Ede niglichen Bedienten, ſogar die Küchenjungen, ſpei⸗ ſten bei beſonderen Feſten auf Silber (S. Pelzels Karl IV. J. S. 371). — An allen Arten von Wild⸗ pret insbeſondere, war bet Hufe fein Mangel, denn "die Könige hatten ſich ſämmtliche Wälder zur Jagd vor: behalten. Eo durften 3. B. der Abt und die übrigen Mönche des Eifterzienferkfoflers Plaf, in ihren Mal: dungen jährlich nicht mehr als zwei Hirſche erle— gen, — ein Geſetz, das erſt im J. 1387 aufges hoben wurde. Im Geſange Ludiſche und Lubor der —— Handſchrift lieſt man: Hinter langen Tafeln ſetzet Jeder ſich nah feinem Range . Und Gewild ward aufgetragen, Aufgetragen Trank von Honig, ‚ Unter Jubel ward getafelt, Köftlih war das Mahl und feflih, ‚482 " Und wiewohl die Faſttage weit firenger befolgt wurden als jeßt, weil man an ihnen nicht einmal Eier, noch Käͤſe oder Milch verzehren durfte, ſo hielt man ſich doch die übrige Zeit dafür ſchadlos und Abertrieb es zumal bei den Hochzeiten und Kindtaufen ſo ſehr, daß König Wenzel im J. 1397 den Bürgern von Leitmeritz eine förmliche Ordnung in Betreff dieſer Feſte vorſchrieb, weil ſich viele air dadurch zu Grunde richteten. In Betreff der ehemaligen mufitalifben Snftrumente, wäre zu bemerken, dag Otfried im gten Jahrhunderte bereits die Orgel, Leier, Fie⸗ bei, die Schwegelpfeife, Harfe und Rotte nennt. — | As Herzog Btetistam den 14. Sept. 1092. nad) Prag am, wurde er mit Inſtrumentalmuſik, d. h. mit. Pauden und Trompeten empfangen (8, Cosmas Lib. II. p. 192); und nad. feiner Ermordung im J. 1100 flimmte einer, der anweſenden Geiſtlichen am Grabe des Fürſten, d. h. neben der St. Veits⸗ Kirche in dem Kirchhofe des heil, Wenzel, einen Trauergefang an, ber, ‚freilich auf fehr geſchmackloſe Art, aus lateiniſchen, hebräiſchen und griechifchen Morten zuſammengeſetzt war. Cosmas theilt im feiner Chronik eine Strophe davon mit; fie heißt: Anima Brzeeislai Sabaoth Adonay vivat expers * | 483 thanaton (Iavdrew) Brzecislaus gangog! — Den aus der Brandenburgiſchen Aufſicht urůckkeh⸗ renden zwötfjährigen Fürſten Wenzel, empfing das Bolt, im J. 1292 mit Freuden: „Srommeln wurden gerührt und Zittern geſchlagen; Troms peten ſchmetterten, die Zöne der Lyra erflangen, Gaufler (mimi) hüpften, der ganze Chor freute - Eh und die Orgel fihallte mächtig darein;” fo erz zähle Abt Peter von Königsfaa. — Wenzelll, befuchte im J. 1290 feinen Schwiegervater. Kaifer Rudolph I. zu Erfurt; da vernahm man Pfals miften und man fihlug die Ala (eine Art ar bal); Bittern ud Paude n ermüdeten nicht.” Bei der Krönung des 26jährigen Königes Ben jel> 1. zum Könige. von ‚Böhmen. (im J. 1267) fpielte man in Prag auh auf Sumbern, Rote tenm und den bereits oben genannten Inſtrumenten. Es waren Sänger und Spruchfprecher zugegen. . Jene fprangen , diefe gingen auf den Händen. Es fanden Zurnire ſtatt, wobei unzählige Speere zerfplittert wurden ; in allen Straßen erſchallten ſowohl böhmifche als auch deutfhe Gefänge. Man fand alle Arten von Spielen : viele Tiefen nadend um die Wette, Fauſt⸗ kämpfer zeigten ihre Künfte rc. (S. Abt Petrus). — Die: Königinhofer Handſchrift erwähnt ebenfalls Trom⸗ £2 v 4 meln, Hörner, Pauden, Trompeten und‘ das Elang: reiche Varito, welches: den Gefang begleitet. — Und ' in den wiederholt angeführten Bilderbibel des Herrn Prof. Schufter finde ich ſehr deutlich dargeftellt * kurze Hörner , gleich altem Methhörnern; poſaunen⸗ artige Inſtrumente, Zittern, beinah in der Form einer heutigen Malerpalette, mit eilf Saiten; eine Art Guitarre und Mandoline; Trompeten mit roth und weiß geſtreiften Fähnchen einen Trommelſchläger, deſſen Trommel ganz einer heutigen gleicht, und ihm am Bande über den Hals hängt; eine kleine, oben mit einem Thierkopfe gezierte Harfe; ein anderes harfenartiges Inſtrument, das auf's Knie geſtützt, mit zwei fchreibfederartigen Griffeln geſchlagen wird, und drei Schalllöcher hat; ferner eine Art Harmo⸗ nika, d. h. acht hängende Glocken, die man mit zwei — mai ſchiägt und en — tige Geige. re yadkyın F a. Dieſe Handſchtift lͤßt uns ——— a einen‘ Blick in das häusliche Leben jener Tage richten. Man bemerkt 3. B. Lagerſt ät ten mit hohen Rüdpols ſtern, doch ſtets ohne Feberbette; fie find bald mit einfachen , bald mit farbigen , geblümten oder bor⸗ dirten Zeppichen und Tüchern bedeckt. — Ein P vie: fier fige erhöht hinter einem Zifhe, worin das Zins DEN 435. tenhorn, und daneben in Fleinen Einſchnitten die ftar- te Feder und das Meffer fteden. — Die Taufe des erwachſenen Menfchen, der bis an die Bruft im Taufkeſſel ſteht. — Die Leuhter find von ges fhmiedetem Eifen und ftehen gewöhnlich auf drei Füßen; fie erfcheinen faft nur als einfache Eifenftans gen mit leichten Verzierungen, z. B. oben als fran⸗ zöſiſche Lilie geſtaltet ꝛc. — Man findet Vaſen, Hands gießkannen und Becken von angenehmer Form; einen Ziehbrunnen, wo die Eimer durch zwei Kurbeln her: aufgewunden werbens die Leiche wird auf einer Art vi Reiter offen, und nur durch ein weites Tuch leicht bedeckt, zu: Grabe getragen u ſ. w. — Auch will ich fchließlich noch bemerken, daß man bereits! den Gebrauh der Wagen kannte; denn bei dem’ Bes . gräbniſſe Karls im 5. 1378 folgten die Kaiferin Eliſabeth, dann.des Königes Wenzel Gemahlin und die übrigen Hofdamen der Leiche in zwanzig Wagen, benen ſich 26 Wagen der — des übrigen Adels | —*** *3 Au. Andeutungen über die Burgen Zebrak und Tori. 3 Eu Meilen von Prag entfernt ib zwar an der alten Neichsftraße, welche über Beraun nach Pils - fen und Baiern führt , liegen dieſe Burgen dicht nes ben einander: Zebrak auf einem fihroffen Felſen— hügel, Tocänit auf einem noch fleiferen Berges Ein ſcharfer Felſengrat, der faft durch Kunft gefchafs fen zu feyn fcheint, und an welchem hin einft, fo erzählt das Volk, eine Iederne Brücke befeftiget war, die noch in den Kellern von Tocznik liegen fol, — diefer. Selfengrat verbindet und ſchützt fie zualeich 5 "fo daß man ihn als Beftandtheit beider Schlöſſer anjehen kann, die mithin wohl über eine Viertel⸗ ftunde ausgedehnt find, und den ———— Anblick gewähren. ut r Bi s 487 Das tiefer liegende & Zebrak iſt von drei Seiten mit Zeichen umgeben, Ba die Breite eines beträcht⸗ lichen Flußes haben; drei runde Vertheidigungsthür⸗ me, deren mittelſter wenigſtens zwanzig Klaftern Hd: he hat, fheinen kühner dem Zahne der Zeit zu fros gen , als die nahen Mauern, welche nur durch ihre bedeutenden Trümmer auf eine ee TON nung fohließen laſſen. Merkwürdige Aehnlichkeit hat die Lage dieſer Burg und insbefondere feine hohe Warte, mit dem Po= pieltburme des Sees Goplo , worin, wie die polnifche Mythe behauptet ‚ der tyrannifche Herzog Popiel: von den Mäufen gefteffen wurde, Auch König Wenzel erfcheint, nach den Erzählungen eis ner Partei, als ein folher Popiel, der fich dieſe Einfamkeit nur gewählt habe, um ungeftörter aufdas Verderben feiner zahlreichen Gegner finnen zu können. Aber Wenzel wär mehr unglüdlih, als völlig ent⸗ artetz und fcheint gerade in folcher Dede ſich menſch⸗ licher gefühlt zu haben, als an den glänzendften Hof⸗ lagern: den. Marktflecken am Fuße der Burg, — worin fich längere Zeit der Sig feines Hofgerichtes und Hofftaates, und zwar in der heutigen Königs⸗ gaſſe befand — erhob er im J. 1396 zur Stadt, und ſagt ausdrücklich in dem Eingange der Urkunde : „Ob⸗ x h ? au ! ‚ Be wohl unfere königliche Güte dafür ſorgt, daß wir das Wehl und den Nutzen aller Unterthanen unſers Könige reichs Böhmen befördern, ſo bemühen wir uns den⸗ noch fleißiger, das Beſte derjenigen zu vermehren, bei. denen wir uns öfters aufhalten, und viele unferer Tage mitBergnügen zuzubringen pfle gem Mori dies Vergnügen beſtehen mochte, iſt ſchwer zu beſtimmen, wenn man nicht die Jagd darunter verſtehen will, welcher Wenzel leiden⸗ ſchaftlich ergeben blieb. "Als Jagdſchloß diente es auch ſchon während des 13. Jahrhunderts den Herren von Hafenburg, deren Abftammung bie’ Tradi⸗ tion von den Mördern der heil. Ludmilla, von Kuman und Tuman herleitete. Vom Fluch getrie⸗ ben, irrten die Schuldbewußten lange Zeit umher, und zwar als ZJeb rac i d. h. als „Bettler, bis ihnen das Glück endlich wieder etwas lächelte und fie dieſe Burg aufführen konnten, der ſie den Nas men Bettler (böhm. Zebraf, lat. Mendieum)) gas ben, um das Andenken an jene Trauerzeit ihren Nachkommen zu vererben. — Eine zweite Sage ers zähfe Arhnliches von den böhmifchen Familien Wald: ftein und Gjernin, die , fett ihnen König Dt tokar I, im 371260 bie meiften Befigungen bis ‚auf eine entzogen hatte, — biefer letzteren den Na⸗ - — — y * men Chubenig, d. h. Armuth gaben, welchen fie ſpä⸗ tee erblich machten. — Hagek fagt: „Im J. 1349: kaufte Herzog Sohannes, König Karls IV. Bruder, welcher ein audächtiger, und goftesfürchtiger Mann ger twefen , mit, Bewilligung feines Brudern, um fein eigen Geld, das ‚Schloß Zebrak ‚(von Zbinko von Has fenburg), und ließ es alsbald, bauen und köſtlich an⸗ richten. Er ließ auch die Kapelle, ſo vorlängſt vom Herzog Ulrico gebaut geweſen, wieder zurichten, welche er mit reichem Einkommen verfehen, und einen Kapellan fammt feinem Unterhalt, dahin geordnet, wie dann folches alles ein darüber gegebener Brief bir ſaget.“ Diefe Urkunde machte auch Paproczky ber £annt; (de stat, domin, famil. Hazenburg, fol, 74) und ihr zufolge erfheint Johannes als von . Schmerz gedrüdt, der dieſe Kapelle: deshalb. wieder herſtellte, damit hier täglich vor. dem Altare für ihn gebetet werden folle , weil ſeine Sündenlaſt ſchwer auf ihm laſte. Als dieſer Fürſt im J. 1350 das Markgrafthum Mähren übernahm, fiel auch! Burg Zebrak Kaiſer KarldemlV, anheim, der aber ein Sahr darauf hier einen fo bedeutenden Verluſt erlitt, daß ihm das Schloß auf lange Zeit verhaßt wurde; denn im J. 1551 ſtarb hier fein erfigeborner und bis. dahin ein» ER, * Pre * MR \ ER » * 8 N \ zider Sehn Wenzel, wiewohl man alle Hilfsmit⸗ tel zu feiner Rettung aufgeboten hatte. „Der Vers luſt dieſes Prinzen, — Äußere fi fih Pe Izel, König i Wenzels Biograph — mar ein wahres Unglück für Böhmen; denn wäre er beim Leben geblieben, ſo würde der zu Nürnberg nachmals geborene Wenzel vielleicht nie auf den böhmiſchen Thron gelangt feyn.” Diefer Zürft 308 den Aufenthalt, in Zebrak allen feinen übrigen Burgen in Prag oder. in. Böhmen überhaupt vor; ‚Hier trafihn im J. 3 us die wider⸗ wärtige Urkunde, von den Churfürften von Mainz Trier, Költn und von der Pfalz ausgeftelt, worin er, als ein „Verſäumer, Entgelter und Her: abwürdiger des heil. römifhen Reiches, von demſel— ben heil. röm. Reiche und allen dazu — Wür⸗ den, abgethan und abgeſetzt wird.” — "u Im Jahre 1409 erfcheint das S4 bloß Zoch nik *) zum erftenmale in den Urkunden genannt,‘ weiches König Wenzel auf der benachbarten Ans höhe erbauen ließ, um noch mehr Gelaß und Si⸗— *) & genannt von totiti, d.h, Krümmung, weil fi der Weg auf den Schloßberg hinauf, zwei bis bdreimal Erümmt und windet, um das — An⸗ ſteigen zu. vermeiden. Yu * * Re te“ \ ’ “ cherheit zu gewinnen, als er beides in Zebrak fand. Burggraf Bohus von Drakfom führte damals die Aufficht Über, dieſes Schloß, worin noch ‚gegen wörtig vier Höfe. und zwei Thore mit gothifhen | Spigbogen bemerkbar ſind, und über deſſen Haupt⸗ eingange zehn Wappenſchilder jener Länder zierlich in Stein gehauen prangen, welche zu Wenzels Zeit mit dem, Königreiche Böhmen vereinigt, oder doch ee waren. Ich halte fie, der Reihen⸗ fo Ige nach, für die Wappen, von der Ober= und Nie— derlaufig, von Böhmen, Lurenburg, der Graffchafe Glatz, von dem römiſchen Reiche, Brandenburg, Schleſien, Mähren und von der Stadt und Grafſchaft Sulzbach. — In einer handfihriftlichen Schilderung diefer Burg vom J. 1722 werden das Eönigl. Zim⸗ \ mer, die gewölbten Stuben für die Ritter und Srauens zimmer, das Gemach „Laterne? genannt, der Frauen zimmer = Arreſt, das Buttergewölbe, Farbengewölbe, drei öde Gewölbe in dem Felſen, das Gewölbe unter der Laterne, die Rüſtkammer, das Jägerzeug-Ge— wölbe, der öde Saal, die Thorſtube, das Gefängniß und des Henkers Wohnung beſonders hervorgehoben, obwohl ſich hier Je — 50 Gemächer befinden mochten. Von alle dem iſt nicht mehr viel vorhanden ; doc) bemerkt man noch die Trümmer diefer chf bewohn⸗ 5 492 ee, Betiler haben ſich in !die Spalten ten in Dune, ha zwei ichen übereinander und ey Stattungen für vieleiht hundert Pferde. und —* | des. zerborſtenen ‚Gemäuers in eniſtet; Diſteln 9— Dornen wug ern überall auf biefen Zelfenmaflert, fe Kö Sürften und biewellen einen glän⸗ * jenden "Hofftnat trugen. Es blieb von al? jener Herr⸗ | uichkeit kein ſchwacher Schimmer zurlid® u und auch die Phantaſi ie weiß kei diefer Burg die Gegenwäi nicht zu veredeln, da wohl nur höchſt felten Anklan⸗ ge des Hohen und des Unvergängticien in. 2, Mau: | ern vernehmbar wurden! ge BR nr 2 36% De - 7 Fr ’% = f cal . 3 Ab. x Re ! 7, = Harz ” er r . J = 2: Anmerkung Fir den Bußsinsen. Das Kupfer : : ‚Karl IV. ift bei dem Titel, die Königin Jo⸗ hanna nach Seite 26, und die Darſtellung der Bur⸗ gen and Seite 486. einsubinbe, ie 7 — ? a ‚udt in are Bugbrudere, NV er * 8* —F 3 & Bi N A —— We —* Dry * N EN Bi | — — UNG U re FE" = Er IE u er x aan 7 22467 2706 > * 4 y * x r x r f ) 2 [3 * * 7 J J * > x . * N% ; f — RR — * * * a a F | - % 8 — * * * ⸗ = * - ı 12 1 ; a — = - N * “ — F Zw x * o * u: - ; [2 * - * — ⸗ * ° 2 2 R ‘ x : A a A ' a r > D - * ⸗ 1 E x . = Ä \ B x & £ 5 j h x / - ‘ rin x —— * — — = — > g . “ - = — ie W- f - - en 7 ; R 1 Mr i h ; “ — s , ı \ B D pi d u ⁊ * 1 4 * > - I r f 3 x - ü i » — 9 ‘ ? e, / 3 « 5 4‘ a ; : a > = 1 + * * v _ [2 - k } ü —* . Hu, , vr “ * * 5— & 5 F u % y W RE € - — t . & — J f N ” — - -